Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Inland 
Freitag, 4. Februar 2000 5 
«Diejenigen, die in der Kollektiv- 
versicherung waren, werden mehr zahlen» 
Interview mit Regierungschef Mario Frick zu BND-Dossier, zum Verhältnis zum Fürsten,Telefonie und Gesundheitsreform 
ter Sicherheit ausschliessen. Bei den 
einzelnen Firmen sind Abklärungen be 
züglich Preisstruktur im Gange. Diese 
Resultate werden uns die nötige Klar 
heit geben, welche weiteren Schritte wir 
unternehmen müssen. 
Das KVG ist sicher 
kein Lex Konkordia 
oder Lex LKK 
Der Preisunterschied zwischen der 
Schweiz und Liechtenstein ist enorm 
angestiegen. Es wird von den beteilig 
ten Firmen jetzt schon angedeutet, dass 
solch tiefe Preise, wie es sie jetzt schon 
in der Schweiz gibt, bei uns nie mach 
bar seien. Sind Sie immer noch über 
zeugt, dass Ihre diesbezügliche Politik 
die richtige ist? 
Ja, das bin ich was die Grundzüge an 
belangt. Wir müssen dies als Ganzes be 
trachten. Die Frage war: Lassen wir uns 
von der Schweiz aus bewirtschaften? 
Dies hätte einige Vorteile. Zum Bei 
spiel hätte man keinerlei Probleme, 
man profitiert vom Wettbewerb, man 
hätte mehr Leistungen und alles funk 
tioniert sofort. Doch dann kommt die 
nächste Frage: Soll alles, was in den 
nächsten Jahren in der Telekommuni 
kation geschehen wird, und das wird ei 
niges sein, für uns von schweizerischen 
Unternehmen gemacht werden oder 
wollen wir bei uns etwas aufbauen? 
Haben wir überhaupt die Chance hier 
zu? Ich behaupte: ja. Dies bedingt, dass 
wir ein eigenständiger Platz mit eigener 
Landeskennzahl sein müssen, damit 
wir wahrgenommen werden. Zudem 
sollte es ein liberaler Mark sein, damit 
wir attraktiv sind. Wir mussten gleich 
zeitig darauf achten, dass die Grund- 
Mario Frick in Sachen Telefonie: «Subventionen wären das letzte Mittel. Ich hoffe, das es nicht nötig wird. Ich kann es aber nicht 
mit absoluter Sicherheit ausschliessen.» 
Das rnuss vor allem die Post AG der 
Bevölkerung klar machen. Vorher hat 
ten wir mit der Schweizer Post einen 
Monopolisten in diesem Bereich. Wir 
hatten pro Jahr ein Minus von rund 4 
Millionen Franken! Durch die neue 
Strukturierung hat sich für den Konsu 
menten nichts geändert. Der Staat hat 
jedoch kein Minus mehr. Das heisst: Es 
wurde qualitativ nicht schlechter und 
wir sparen 4 Millionen. Jetzt kommen 
Regierungschef Mario Frick zur Gesundheitsreform: «Als wir die Reform diskutier 
ten, habe ich mir keine grossen Gedanken gemacht, welche Auswirkungen das neue 
KVG auf ausländische Versicherungen hat.» 
Versorgung im Festnetz geregelt ist. 
Hierbei haben wir einiges zu kompli 
ziert gemacht. Die Kritik zu diesem 
Problem habe ich annehmen müssen. 
Da wurden Fehler gemacht, das gebe 
ich offen zu. Hier wird auch einiges 
noch passieren.. 
Die Liberalisierung bei der Post geht in 
eine ähnliche Richtung. Die Post AG 
machte eine Ankündigung, die meines 
Erachtens nicht nachvollziehbar ist. 
Die Gebühren sollen erhöht werden, die 
A- und B-Post sollen beibehalten wer 
den. Das heisst: Wir zahlen für einen 
Brief von Vaduz nach Genf den gleichen 
Pirels wießr einen Brief von Vaduz nach 
Schaan. Wir haben doch eine eigenstän 
dige Post. Wie wollen Sie diese Ankün 
digungen der Bevölkerung erklären? 
V ,v 
die nächsten Schritte. Man muss sich 
vor Augen führen, dass die Post AG 
jetzt zuerst ins Laufen kommen muss. 
Ich hoffe, dass sie auf dem internationa 
len Markt ebenfalls etwas machen wird. 
Zuerst muss sie aber Boden unter die 
Füsse bekommen und die Basis für 
zukünftige Investitionen schaffen. Das 
bedeutet, dass sie sich zu Beginn mit der 
Schweiz im Gleichtakt bewegen muss. 
Diese Geduld müssen wir haben. Ich 
bin Uberzeugt, dass in den nächsten Jah 
ren Differenzierungen kommen wer 
den. Wenn man von den Gebühren re 
det, muss man die internationalen Ver 
gleiche betrachten. Postdienste sind in 
der Schweiz und in Liechtenstein abso 
lut top. Das Preis-Leistungs-Verhältnis 
ist hervorragend. Dies wird oft überse 
hen. 
Sie sagen, es gebe keinen Qualitätsver 
lust. Ich habe jedoch gehört, dass bei 
spielsweise Express-Pakete nach Feld 
kirch länger brauchen würden als zu 
Zeiten der Schweizer Post. Das ist doch 
ein Qualitätsverlust oder nicht? 
Dies ist für milch absölut neu. Dies 
wäre in einer Einzelfrage ein Qualitäts 
verlust. Ich habe gehört, dass es in an 
deren Bereichen Probleme gab, die je 
doch mit der Schweiber Post in Verbin 
dung stehen. Ihr Beispiel ist mir jedoch 
nicht bekannt. Hierzu wird die Post AG 
Stellung bezieheii. 
i i 
Mir war bewusst, dass 
das KVCj einen 
gewissen 
Verwaltungsaufwand 
bedingt 
Nochmals ein Themawechsel: Der 
Exodus an Krankenkassen hält an. Der 
Rückzug der CSS 1 scheint nur noch 
Formsache zu sein.' Mal ehrlich Herr 
Regierungschef: Haben Sie diese Ent 
wicklung mit dem iteuen KVG wirklich 
in Kauf genommen oder wurden Sie 
ebenfalls überrascht? 
Als wir die Reform diskutierten, ha 
be ich mir keine grossen Gedanken ge 
macht, welche Auswirkungen das neue 
KVG auf ausländische Versicherungen 
hat. Mir war beWusSt, dass das KVG ei 
nen gewissen VerWaltungsaufwand be 
dingt. Deshalb hat man das Inkrafttre 
ten des Gesetzes erst auf den 1. April 
2000 gesetzt. Die Versicherungen 
brauchten Zeit für die Vorbereitungen. 
Dass jetzt die CSS Liechtenstein ver 
lassen wird, überrascht mich. Ich finde 
es schade. Ich hätte gerne zwei, drei 
oder vier grosse 'Krankenkassen in 
Liechtenstein gehabt. Konkurrenz be 
lebt immer das Geschäft. Ich erachte es 
jedoch für wichtiger, dass wir ein KVG 
haben, das den liechtensteinischen Be 
dürfnissen gerecht'Wird'Und die extre 
men Kostensteigferungen brechen 
kann. Ich hatte den'lEindruck, dass eher 
die kleineren Krankenkassen die Ten 
denz haben, das neue KVG nicht zu 
übernehmen, da es' für sie zu kompli 
ziert wäre, nach iwei verschiedenen 
KVGs - nämlich \denv liechtensteini 
schen und dem ScHweizerischen zu ar 
beiten. Dass es die CSS macht, über 
rascht mich. Da spielen wohl auch an 
dere Gründe mit. 11 
Die Stimmen mehren sich, dass dieses 
Gesetz die LKK sanieren solle und die 
Konkordia, bei welcher Ihr Parteiprä 
sident Oswald Kranz eine führende Po 
sition einnimmt, mehr Versicherte er 
halten soll. Wie stellen Sie sich zu die 
sen Vorwürfen? 
Solche Vorwürfe weise ichentschieden 
zurück. Ich weiss auch, dass die Konkor 
dia an Konkurrenz interessiert ist. Ich 
weiss auch, dass Herr Kranz daran inte 
ressiert ist, die 8500Versicherten der CSS 
vernünftig aufzuteilen. Das KVG wurde 
in verschiedenen Arbeitsgruppen ausge 
arbeitet und ist sicher kein «Lex Konkor 
dia» oder «Lex LKK». Es war das 
Bemühen da, ein Gesetz zu machen, das 
den Bedürfnissen der Versicherten ent- 
Versicherungsart. Man machte erhebli 
che Reduktionen bei den Prämien. 
Dies jedoch zulasten der Solidarität 
und auch zulasten einer finanziellen Si 
cherheit. Es ist kein Geheimnis, dass 
die verschiedenen Versicherungen fi 
nanzielle Verluste auf sich nehmen 
mussten. Das Kollektivsystem ist nicht 
solidarisch, weil die guten Risiken be 
vorteilt werden. Dies bedeutet, dass 
diejenigen, die in der Kollektivversi 
cherung waren, in Zukunft etwas mehr 
zahlen müssen. Aber: Es werden mit 
dem Gesetz Entlastungen kommen - 
wegen dem Hausarztmodell, wegen der 
Kostenbefreiung (Grundprämie) der 
Kinder und wegen der besseren Kos 
tenkontrolle. Mit dem Hausarztmodell 
ist auch eine Kontrolle der Ärzte ver 
bunden. Auch im Gesamtsystem wird 
es zu einer Dämpfung der Kosten kom 
men - wegen der Kostenbeteiligung. 
Unter dem Strich wird sich dies ent 
sprechend auswirken - nicht sofort, 
aber sicher binnen einem Jahr nach 
In-Kraft-Treten. 
Diejenigen, die in der 
Kollektiwersicherung 
waren, müssen in 
Zukunft mehr zahlen 
Ich möchte noch kurz auf die anste 
hende Volksabstimmung zum preiswer 
ten Wohnungsbau eingehen. Mit wel 
chen Hoffnungen steigen Sie in den Ab 
stimmungskampf? 
Es wird ein schwerer Abstimmungs 
kampf. Das Gesetz an sich ist ein gu 
tes Gesetz. Dies sagen auch die Initian- 
ten des Referendums. Diese sind der 
Meinung, dass der Staat mehr Geld 
ausgeben soll. Die Befürworter des 
Gesetzes, und zu denen gehöre ich, sa 
gen, dass wir eine Verantwortung ha 
ben, damit sich die Leute nicht über 
schulden. Mit diesem Gesetz haben 
wir eine Garantie und eine Steuerung, 
damit man nicht in die Überschuldung 
hineinkommt. Auch wenn die Hypo- 
Regierungschef Mario Frick führt im Interview aus, dass ersieh auf einen schweren 
Abstimmungskampf in Sachen preiswerter Wohnungsbau einstellt. 
spricht, die Ärzte zu mehr Verantwor 
tung zwingt und die Kostensteigerung 
bremst. Ich meine, dass unser KVG jeder 
Versicherung, die bereit ist, sich auf das 
Gesetz einzulassen und sich auf den Platz 
Liechtenstein konzentriert, die Möglich 
keit bietet, damit vernünftig und gut zu 
überleben. Man muss es jedoch wollen. 
Wenn eine Schweizer Versicherung den 
Platz Liechtenstein einfach «mitneh 
men» möchte, funktioniert dies nicht. 
Ein weiterer negativer Punkt ist die 
Abschaffung der Kollektivversicherung. 
Dies wird zu einer Kostensteigerung für 
die Versicherten führen. Es passiert 
also genau das Gegenteil von dem, was 
Sie versprochen haben, oder nicht? 
Die Kollektivversicherung ist, wenn 
man es genau nimmt, eine spezielle 
thekarzinse wieder auf 5,5 Prozent an 
steigen sollten, sollten die Personen 
die Kosten ertragen können. Wenn 
man teurer bauen darf, wachsen den 
Leuten die Schulden über den Kopf. 
Das ist die Gretchenfrage: Sagt man, 
dann geschieht das eben? Damit habe 
ich Mühe und ich finde es nicht ver 
antwortbar. Wenn man Verantwortung 
tragen will, muss man das Gesetz an 
nehmen. Der zweite Punkt: Im neuen 
Gesetz ist der gemeinnützige preis 
werte Wohnungsbau integriert. Damit 
könnte vielen Leuten geholfen wer 
den. Dieser würde ebenfalls wegfal 
len, wenn das Referendum eine Mehr 
heit bekäme. Ich hoffe, dass sich diese 
Argumente durchsetzen. Mir ist be 
wusst, dass es sehr, sehr schwierig 
wird. 
A
	        

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