Liechtensteiner VOLKSBLATT WIRTSCHAFT Dienstag, 24. Oktober 2000 1 5
Bundesrat Couchepin in Spanien
Madrid will bilaterale Verträge mit der Schweiz noch vor Ende Jahr ratifizieren
MADRID: Spanien wird
die bilateralen Verträge
zwischen der Schweiz und
der EU über den freien
Personenverkehr «noch
vor Weihnachten» ratifi
zieren. Dies versicherte
gestern der spanische
Staatssekretär für eu
ropäische Angelegenhei
ten, Ramon de Miguel, ge
genüber Bundesrat Pascal
Couchepin.
«Diese Frage wirft keine Proble
me mehr auf», sagte der
Schweizer Volkswirtschaftsmi
nister im Anschluss an das er
ste Gespräch im Rahmen seines
zweitägigen offiziellen Besuchs
in Spanien. Von den 15 EU-
Ländern hat bisher nur Öster
reich die bilateralen Verträge
ratifiziert.
Geste der Freundschaft
Der letzte Spanien-Besuch
eines Bundesrats datiert aus
dem Jahre 1997. Die Kontakte
zwischen den beiden Ländern
standen insbesondere während
den Verhandlungen über die
bilateralen Verträge in Brüssel
auf Sparflamme. Spanien be
kundete damals etliche Mühe
mit der Haltung der Schweiz in
der Frage des freien Personen
verkehrs.
Diese Unstimmigkeiten seien
Volkswirtschaßsminister Pascal. Couchepin (links) im Gespräch mit dem spanischen Wirtschaftsmi
nister Rodrigo Rato (zweiter von rechts). (Bild: Keystone)
unterdessen ausgeräumt. Spa
nien wolle deshalb die Kontak
te mit der Schweiz intensivie
ren, sagte Couchepin in Madrid
gegenüber der Nachrichtena
gentur sda.
Übertriebene Kritik
Bei einem Treffens mit dem
spanischen Vize-Regierung-
schef und Wirtschaftsminister
Rodrigo de Rato kam auch die
international umstrittene Hal
tung der Schweiz bei der Steu
erhinterziehung zur Sprache.
Im Kampf gegen Wirtschafts
kriminalität verfüge die
Schweiz über hervorragende
Gesetzesgrundlagen, sagte
Couchepin. «Nach Bekanntwer
den der Affäre um die Gelder
des nigerianischen Diktators
auf ausländischen Bankkonten
hat die Schweiz mustergültig
gehandelt», fügte der Volks-
wirtschaftsminfcter an.
«Keines der 18 Länder, die
Abacha-Gelder entgegennah
men, hat die Ermittlungen so
weit wie die Schweiz vorange
trieben, um die fehlerhaften
Banken zu ermitteln.» Die Kri
tik an der Schweiz sei übertrie
ben, sagte Couchepin. In Sa
chen Zinsbesteuerung sei die
Schweiz zwar «offen für Dis
kussionen». Ein systematischer
Informationsaustausch, der das
Bankgeheimnis in Frage stelle,
sei aber ausgeschlossen, unter
strich Couchepin. Noch für die
sen Herbst wünsche sich die
Schweiz, dass die Unstimmig
keiten mit der.EU ausgeräumt
werden können.
Zweistelliges Handels
wachstum
In den ersten acht Monaten
dieses Jahres haben die
Schweizer Exporte nach Spani
en um 11,2 Prozent auf 2,5
Mrd. Fr. zugenommen,
während die Importe um 17,3
Prozent auf 1,5 Mrd. Fr stiegen.
Nach fünf Jahren mit einem
Wachstum des Bruttoinland-
produktes (BIP) von über 5 Pro
zent ist Spanien einer der grös-
sten Investoren in Lateinameri
ka geworden, wie Couchepin
weiter sagte. Spanien sei aber
nicht nur ein wirtschaftliches
«Trampolin», sondern selbst
sehr wichtig.
Die Schweizer Wirtschaft
wartete denn auch nicht dar
auf, bis sich die politischen Be
ziehungen beider Länder ab
kühlen. Die meisten multina
tionalen Konzerne verfügen in
zwischen über Zweigstellen in
Spanien.
Holderbank will neues Angebot für Cimpor vorlegen
Portugal stellt Bedingungen für den Ver
GLARUS: Im Übernahme
kampf um das grösste portu
giesische Zementunternehmen
Cimpor legt die Schweizer
Holderbank-Gruppe ein neues
Angebot vor. Sie will insbe
sondere bei der öffentlichen
Ausschreibung der bisherigen
Staatsanteile mitbieten.
Der portugiesische Staat tritt
im Rahmen der Privatisierung
seinen Anteil von 10,049 Pro
zent an Cimpor ab. Das Paket
von 13 505 502 Aktien hat
gemäss dem Kurs von gestern
einen Börsenwert von rund 350
Mio. Euro. Im Hinblick auf die
anvisierte Cimpor-übernahme
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beteiligt sich auch der Schwei
zer Weltmarktführer Holder
bank an der Verkaufsrunde, wie
Unternehmenssprecherin Ka
thrin Stierli am Montag auf
Anfrage bekannt gab. Sie zeig
te sich zuversichtlich, dass die
Bedingungen der portugiesi
schen Regierung erfüllt werden
könnten.
In ihrer Mitteilung vom Frei
tag hielt die Regierung in Lis
sabon fest, dass sie die Aktien
in einer öffentlichen Ausschrei
bung veräussern will. Als Krite
rien für die Auswahl des Käu
fers nannte sie die Bewahrung
der unternehmerischen Iden
tität und die Verstärkung der
internationalen Konkurrei
fähigkeit Cimpors. Der
spiele erst bei vergleichbaren
Angeboten eine Rolle. Mit dem
Verkauf seines Aktienanteils
gibt Portugal auch die bisheri
gen Sonderrechte ab. Mit seiner
«goldenen Aktie» (Sperrminof-
rität) hatte der Staat bislang dj£
von Holderbank und Secil, detp
zweitgrössten portugiesischen
Zementhersteller, gemeinsam
lancierte Übernahmeofferte %
Cimpor verhindert.
Grund für den Widerstand
Portugals war vor allem die
bislang von Holderbank und
Secil vorgesehene Aufteilung
der Cimpor-Gruppe. An dieser
,ej. Staatsanteile
hlafeung will Holderbank
nicht mehr unter allen
jtänden festhalten. «Beim
freuen Angebot, das wir unter
breiten werden, ist wieder alles
offen», sagte Stierli. Auch ein
Alleingang von Holderbank sei
deckbar. Weiter liess sich Hol-
erbank. vorerst nicht in die
arten blicken.
Entscheidung bis Ende
Jahr
Nach Angaben Stieriis wird
Portugal Anfang November die
Ge&tzesvorlage zur Privatisie
rung veröffentlichen. 45 Tage
später plane das Kabinett eine
entsprechende Resolution. Dar
aufhin hätten die Kaufinteres
senten einen Monat Zeit, ihre
Angebote vorzulegen. Ende
Dezember 2000 oder im Januar
2001 werde die Regierung den
Zuschlag erteilen. Noch ist of
fen, wer um die Staatsanteile
mitbieten wird. Analysten hat
ten bislang den französischen
Zementkonzern Lafarge zu den
Bewerbern gerechnet. Ein Spre
cher von Lafarge hatte am Frei
tag gegenüber der Nachrich-te-
nagentur Reuters jedoch er
klärt, Lafarge trete nicht als
«weisser Ritter» für Cimpor auf.
Ein Übernahmeangebot für die
ganze Cimpor-Gruppe sei nicht
geplant.
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NACHRICHTEN
Aktionäre billigen
Fusion mit UBS
NEW YORK: Die Aktionäre
der US-Investmentbank Pai-
neWebber haben der Fusion
mit der UBS zugestimmt.
Wie das Finanzhaus am
Montag mitteilte, stimmten
99,29 Prozent der stimmbe
rechtigten Aktionäre für den
Zusammenschluss mit der
UBS. UBS hatte PaineWeb-
ber am 12. Juli für 10,8 Mrd.
Dollar (19,3 Mrd. Fr.) ge
kauft. An der Aktionärsver
sammlung in New York wur
de die Fusion mit 123 144
094 gegen 348 953 Stimmen
gutgeheissen, wie die Invest
mentbank mitteilte.
Genehmigung für
HIV-Medikament
LONDON: Der britische
Pharmakonzern Glaxo Well
come hat von der Europäi
schen Kommission die Ge
nehmigung zur Vermark
tung seines Medikamentes
Agenerase zur HIV-Behand
lung bekommen. Diese Ge
nehmigung gilt für alle 15
Länder der Europäischen
Gemeinschaft, wie das Un
ternehmen am Montag mit
teilte. Das AIDS- Medika
ment Agenerase ist in der
Schweiz bereits zugelassen.
Daneben ist es auch in Ar
gentinien, Brasilien, Chile,
Kolumbien, Ghana, Israel,
Mexiko, Uruguay und den
Vereinigten Staaten auf dem
Markt. In diesen Ländern
habe das Unternehmen mit
Agenerase im ersten halben
Jahr 2000 einen Umsatz
von 25 Mio. Pfund (rund 65
Mio. Fr.) erzielt, hiess es in
der Mitteilung weiter.
Notenbankgeld
menge gestiegen
ZÜRICH: Die saisonberei
nigte Notenbankgeldmenge
der Schweiz ist im Septem
ber nach zwei Monaten mit
einem schwächeren Wachs
tum wieder kräftig gestie
gen. Im Vergleich zum Vor
jahr nahm sie um 2,3 Pro
zent zu, nach 0,3 Prozent
im August und im Juli.
Erstmals seit April 1999
wiesen die Giroguthaben
wieder ein positives Wachs
tum auf, wie die Schweize
rische Nationalbank am
Montag in ihrem Vorab
druck zum Monatsbericht
Oktober bekannt gab. Ge
genüber der Voijahresperi-
ode stiegen sie um 1,5 Pro
zent. In den vergangenen
sechzehn Monaten waren
die Giroguthaben zum Teil
kräftig gesunken. Im August
hatte der Rückgang 18,7
Prozent betragen. Der No
tenumlauf erhöhte sich im
September innert Jahresfrist
um 2,5 Prozent nach 2,9
Prozent in der Vorperiode.
Die Geldmengen lagen im
August weiterhin unter dem
Vorjahresstand.
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