4 Dienstag, 24. Oktober 2000
INLAND
Liechtensteiner VOLKSBLATT
Liechtenstein bietet viele Schätze
Die Möglichkeiten im Tourismusbereich sind noch nicht ausgeschöpft
«Lieber kürzer, dafür öf
ters im Jahr!» Liechten
stein Tourismus sieht in
diesem Reisetrend eine
Chance für unser Land.
Sowohl Geschäftsführer
Roland Büchel, als auch
HSG-Professor Thomas
Bieger betonten in ihren
Vorträgen, dass Liechten
stein sehr wohl eine se
henswerte Destination ist
und sich als Ferienort noch
weiter ausbauen lässt.
Janine Köpßi
«Liechtenstein hat einiges zu
bieten, was die Menschen rei
sen lässt,» meinte Roland
Büchel und verwies unter an
derem auf die Bereiche Kultur
und Natur. Entdeckurigslust
zieht viele Abenteurer hinaus
in die weite Welt. Sie wollen
Neues sehen und kennenlernen.
Das kleine Land, das sich ein
gebettet zwischen Österreich
und der Schweiz an die Alpen
schmiegt, verbirgt so manchen
Schatz. Genau dort sieht Ro-
Im gut besuchten Vaduzersaal informierten Referenten über die Chancen der zukünftigen Entwicklung des liechtensteinischen Tourismus.
die Welt hinausgetragen wer
den». Die Imagepflege und eine
HSG-Professor Thomas Bieger betonte, dass es in Liechtenstein
mehr Attraktionspunkte geben sollte. (Bilder: bak)
land Büchel die ganz grossen
Chancen für den Tourismus.
«Die Marke Liechtenstein soll in
bewusste Öffentlichkeitsarbeit
seien dabei unerlässlich, so der
Geschäftsführer in seinem Re
ferat «Liechtenstein Tourismus
im Wandel».
Mehrwert erwirtschaften
Insgesamt 177 568 Lo
giernächte konnten 1999 ge
zählt werden. Die Auswertung
des Zahlenmaterials des ersten
Halbjahres 2000 ergaben sogar
eine erfreuliche Zunahme von
kumuliert acht Prozent. Auch
die Ankünfte haben um sieben
Prozent zugenommen. Die mei
sten Gäste kommen aus
Deutschland und der Schweiz
aber auch aus Österreich, Italiv
en, den USA und aus ganz Asi
en. In Zukunft will Liechten
stein Tourismus mit gefestigten
und ausgebauten Strukturen
sowie mit Partnerbeziehungen
noch mehr für alle Interessier
ten tun. Ein gelungener, infor
mativer Internet-Auftritt stellt
auf der Prioritätenliste genau
soweit oben wie Broschüren,
Drucksachen und Medienar
beit. Nur so kann unser Land in
einem Licht erscheinen, d;is
weiterhin möglichst viele zah
lende Touristen anlockt. «Ziel
ist es, einen Mehrwert zu er
wirtschaften», sagte Roland
Büchel und sprach damit einen
der ausschlaggebensten Punkte
im Tourismusbereich an. Nur
«fürstliche Momente» alleine
reichen nicht aus, um Men
schen im Sommer und Winter
aber auch im Frühling und
Herbst nach Liechtenstein zu
ziehen. Eine konstante Weiter
entwicklung ist nötig. Informa
tionstafeln an der Autobahn
N13 oder ausführliche Veran
staltungskalender und Gäste-
Tipps, sind nur einige Beispiele
der laufenden Projekte. «Wir
sind gut gestartet, wir sind
längst nicht am Ziel, doch ge
meinsam mit unseren Partnern
wird es viel besser gehen»,
meinte Roland Büchel zum Ab-
schluss.
Nicht Disneyland
Liechtenstein ist nicht Dis
neyland, dennoch sollte es
nach Ansicht von HSG-Profes-
sor Thomas Bieger im Land
mehr Attraktionspunkte geben.
«Ich bin überzeugt, dass Liech
tenstein eine sehenswerte
Destination ist. Die laufenden
«Europa-Treffpunkt» Liechtenstein
Wie kommen in Zukunft mehr Gäste in unser Land?
Warum nicht ein Gourmet-
Festival, ein Skulpturenpark
im Städtle oder ein Handels
und Wirtschaftssymposium in
Liechtenstein? In seinem Refe
rat «Standortpromotion auf
Event-Basis» präsentierte
Michael Gattenhof Ideen und
Vorschläge, die in Zukunft
mehr Gäste in unser Land
locken sollen.
Janine Köpßi
Das Potential, um den Touris
mus aufblühen zu lassen, ist da.
Es ruht in den Bereichen Kunst,
Kultur, Sport, Handel und Wirt
schaft, Bildung und Wissen
schaft sowie in der Politik.
Michael Gattenhof zeigte Wege
und Möglichkeiten, die Liech
tenstein durch Veranstaltungs
reihen attraktiver und damit
besser besucht machen könn
ten. Der bestehende «Kultur
sommer» soll weiterentwickelt
und andere Event-Reihen, wie
die Classic-Days oder die Gitar-
ren-Tage, ausgebaut werden.
Kunstmessen, Auktionen oder
Michael Gattenhof präsentierte Ideen, die den liechtensteinischen
Tourismus außlühen lassen könnten.
publikumsfreundliche Anlässe
im Kunstmuseum, Landesmuse
um und in Galerien würden das
Land beleben. «Liechtenstein
bietet attraktive Plattformen für
Sportanlässe», betonte Michael
Gattenhof. «Dabei sollten wir
auch neue Trendsportarten
wahrnehmen und beispielswei
se das Frühlingsskirennen wie
dereinführen.» Märkte, Degus
tationen, Kongresse, Seminare
oder sogar die Durchführung
von Fachkonferenzen aus Euro
pagremien - an Ideen fehlt es
jedenfalls nicht. Wer weiss,
vielleicht steigt Liechtenstein
eines Tages ja tatsächlich zum
Projekte gehen in die richtige
Richtung. Dennoch liegt die
grosse Herausforderung darin,
mehr zu bieten.» In seinem Re
ferat «Perspektiven des Liech
tensteiner Tourismus» zeigte
Thomas Bieger deutlich, wo die
Nachfragetrends in Sachen Rei
sen liegen und welche Erkennt
nisse bezüglich rentablen Ge
schäftsmodellen daraus gezo
gen werden können.
Tagesreisen sind top
Einerseits schweifen Schwei
zer gerne ins Weite und erkun
den die Welt. Andererseits ge
messen sie Ferien auf Balkoni-
en oder setzen sich ins Auto
und machen einen Tagesaus
flug. Sie wandern, schwimmen,
fahren Ski oder Inlineskates.
Die Reisemotive sind unter
schiedlich, doch eins steht fest,
Natur und Ambiance sind ge
fragt. Diese Erkenntnisse zeigt
eine umfassende Schweizer
Tourismusstudie. Gerade im
Bereich Tagesreisen sieht Tho
mas Bieger für Liechtenstein ei
ne Möglichkeit das Angebot zu
erweitern und zu erneuern.
«Auch für Familienorientierte,
Kulturliebhaber und Sportbe
geisterte ist das Attraktionspro
gramm weiter ausbaubar.» Eine
gute Zusammenarbeit sei je
doch nötig, so Bieger, denn nur
wer genügend stark sei, könne
sich gegenüber den ganz Gros
sen behaupten.
Keine amerikanische Ver
kitschung
Attraktionen sind gefragt.
Ein Grund warum Themen
parks wie Disneyland, Kreuz
fahrten oder integrierte Feri
enressorts boomen wie noch
nie. Auch in Liechtenstein soll
te mehr geboten werden, mein
te Professor Thomas Bieger.
«Auf den grossen Plätzen rund
um das Kunstmuseum könnten
Gaukler ihre Spässe treiben.
Dazu eine Outdoor-Gastrono-
mie und liberale Ladenöff
nungszeiten, dann füllen sich
die Plätze und werden attrakti
ver.» Trotz interessanten Per
spektiven und Anregungen für
Liechtenstein war vereinzelte
Skepsis im Publikum erkenn
bar. «Wir können nie ein Mas
senprodukt anbieten. Wir wol
len auch keine amerikanische
Verkitschung. Ich sehe kein
Schloss mit Special-Events
rundum», meinte ein Gast.
Geschäftsföhrer Roland Büchel
weiss, dass Liechtenstein viel
zu bieten hat.
«Europa-Treffpunkt für Politik
und Wirtschaft» auf. «Wichtig
ist, dass wir das Bestehende
ausbauen, Neues konzepieren
und Synergien schaffen mit be
reits bestehenden Organisatio
nen», meinte Michael Gattenhof
und erklärte, dass nur mit ge
bündelten Kräften die Marke
«Liechtenstein» nach aussen ge
tragen werden könne.
Mit wieviel Schwung und
Kreativität Firmen, Gastrono-
,miebetriebe, unterschiedliche
Gruppierungen und Einzelper
sonen den Liechtensteiner Tou
rismus heute schon beleben,
zeigten die bunten Präsentatio
nen in «Examples of Excellen-
ce». Ob origineller Citytrain,
modernes Kunstmuseum, Hotel
mit Falkenflugschau, geplanter
Ausbau der Hofkellerei, Adven-
ture-Tour, internationale Sport-,
anlässe, Naturwunder oder Ent
deckungsreise durch Balzers,
die Beispiele aus der Praxis ver
anschaulichten, wie weitläufig
der Tourismusbereich sein
kann. Es steht jedoch fest, dass
noch lange nicht das ganze Po
tential ausgeschöpft ist.
Peter Laukas im Gespräch mit Eva Brechtbühl.
Arnold Matt, Oliver Gerstgrasser und Karl-Heinz öhri (von links)
diskutieren über Tourismusfragen.