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Liechtensteiner. VOLKSBLATT
INLAND
Dienstag, 24. Oktober 2000 3
VU-Parteitag: Viel Eigenlob und
Schulterklopfen und nichts Kritisches
Union verabschiedete Wahlprogramm - Eigene Politik teilweise rückgängig gemacht
Die VU hat ihr Wahlpro
gramm verabschiedet. Mit
diesem Programm hat die
Union teilweise ihre Poli
tik, die sie nun vier Jahre
vertrat, gänzlich ins Ge
genteil umgekehrt. So ist
die VU jetzt plötzlich für
die Bildung von Fonds,
deren Gründungen sie
nun vier Jahre bekämpfte.
Des Weiteren wurden
zahlreiche Anliegen der
FBP, welche die VU im
Landtag ablehnte, in das
Programm übernommen.
Alexander Batliner
Die Vaterländische Union ver
abschiedete am gestrigen Par
teitag das Wahlprogramm für
die Landtagswahlen vom kom
menden Februar. Das rund 22
Seiten umfassende Papier geht
auf alle Bereiche ein, welche es
überhaupt gibt. Vom Ausbau
des Landesspitals und der Seni
orenheime bis hin zur Siehe-'
rang des Finanzplatzes, die Bil
dungspolitik und die Verfas
sungsdiskussion - alles wir im
Wahlprogramm erwähnt. Den
Schwerpunkt bildet die Wirt
schaftspolitik und die Bil
dungspolitik, welche sich ganz
Die Redner des Parteitages: Präsident Oswald Kranz, Regierungschef Mario Friek und Regierungsrätin Andrea Willi. Landtagspräsident
Peter Wolff sass zwar auf dem Podium blieb aber stumm. (Bilder: bak)
fraktion einige Male vorge-
schlajgen und von der VU-
Mehrheit ständig abgelehnt.
Ja zum Finanzplatz
Regierungschef Mario Frick
ging in seiner Ansprache auch
auf den Finafizplatz ein. Er
sprach sich für einen liberalen
und qualitativ hochstehenden
Finanzplatz aus. Da die liech
tensteinische Wirtschaft sich in
Zukunft aber nicht nur auf den
Finanzplatz und die Industrie
bzw. das Gewerbe stützen
dürfe, müsse eine dritte Säule
geschaffen werden, welche die
VU durch die «Offensive Zu
kunft Liechtenstein» aufzubau
en gedenkt. Als Grundlage die
ser Offensive sieht Mario Frick
den raschen Wandel von der
Industrie- zur Wissenschafts
gesellschaft. «Die digitalen
neuen Medien bringen eine der
grössten Kulturrevolutionen
der Menschheit mit sich, die
nahezu alle Bereiche unseres
Lebens erfasst», so Mario Frick.
Ein Schwerpunkt dieser Offen
sive soll auch die Wirtschafts
politik sein. Diesbezüglich
plant die VU die Ansiedlung
unendliche Fülle an Themen
die Übersicht, dies obwohl die
Union das Programm auf 10
Punkte aufbaut. Zu allen 10
nem etwaigen Wahlsieg umzu
setzen gedenkt. Brisant hierbei
ist: Bei einigen Bereichen kehrt
die VU ihre Politik der letzten
übernimmt die VU genau die
Vorschläge, welche die FBP vor
kurzem in ihrem Postulat zum
Stipendiengesetz in den Land
tag einbrachte. Des Weiteren
widerspricht dieser Vorschlag
der bisherigen Politik der VU..
-§ie hatte nämlich vor rund ei-
-rieb J&hr mit dem neuen Lehr
plan, den Sprachunterricht re
duziert. Nun soll auf eine ande
re Art und Weise der Sprachun
terricht wieder gefordert wer
den. Auch damit übernimmt sie
ein altes Anliegen der FBP. Die
sen Punkt nimmt die VU auch
unter dem Stichwort Bildung
nochmals auf, indem sie den
Sprachunterricht zu fördern
gedenkt. Dies ist sicher ein
positiver Ansatz. Doch es stellt
sich die Frage: Warum erst jetzt
und nicht schon mit dem
neuen, heute gültigen Lehrplan?
Finanzpolitik
i Vier Jahre lang hat die VU-
Regierung und die VU-Fraktion
dies Landtages die Bildung von
Fonds mit ihrer Mehrheit ver
hindert. Nun soll auf einmal al
les anders sein. Die Union
möchte bei einem Wahlsieg
wieder Fonds anlegen. Hierzu
gehört unter anderem ein Wis
senschaftsfonds und ein Zu
kunftsfonds. Regierungschef
Mario Frick betonte in seiner
Rede, dass die erzielten finanzi-
Überschüsse zur Siche-
Parteipräsident Oswald Kranz erklärte den Delegierten das 22 Sei
ten umfassende Wahlprogramm der Union.
rang der Zukunft unserer Kin
der und Jugendlichen in den
Zukunftsfonds und in Sicher
heitsreserven investiert werden
sollen. Genau ein solcher Fonds
wurde von der FBP-Landtags-
Regierungschef Mario Frick: »Wir werden Liechtenstein zu einer Wachstumsregion für Zukunftstech- j
nologie in Europa machen.»
auf den Aufbau neuer Techno
logien in Liechtenstein konzen
triert. Verloren geht durch diese
Punkten werden mehrere Vor
haben genannt, welche die
heutige Mehrheitspartei bei ei-
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Jahre gänzlich um, bei anderen
Bereichen übernimmt sie Zide,
welche die FBP schon im Land
tag einbrachte und von der VU
abgelehnt wurden und des Wei
teren führt die VU Vorstellun
gen aus, welche einigen Ent
scheiden gänzlich widerspre
chen.
Offensive Zukunft FL
Die VU gründete mit ihrem
Programm auch die «Offensive
Zukunft-Liechtenstein», wie sie
es selbst nennt. Darin soll der
High-Tech-Standort Liechten
stein gefördert werden. Des
Weiteren möchte sie Auslands
aufenthalte im englischspra
chigen Gebiet fördern. Damit
Regierungsrätin Andrea Willi
Schlusswort.
hielt am gestrigen Parteitag das
neuer Unternehmungen in den
Bereichen Technologie wie
Multimedia, Telekommunikati
on, Internet und E-Commerce,
Biotechnologie und Forschung.
So positiv dies sein kann, so
negative Auswirkungen hat
eine solche Zielsetzung. Woher
soll das Personal für solche Un
ternehmungen stammen? Wie
viele neue Arbeitsplätze sollen
damit geschaffen werden? Wel
ches zusätzliche Verkehrsauf
kommen kommt damit auf uns
zu? Wieviele neue Bauten sind
durch solche Unternehmungen
von Nöten? Wieviel Grünfläche
bleibt dann noch übrig? Ist das
nicht die Entwicklung zu einem
Stadtstaat, welche von vielen
befürchtet wird? Auf all diese
Fragen blieb Mario Frick eine
Antwort schuldig. Hierin be
steht aber auch der grosse Un
terschied zu FBP-Regierungs-
chefkandidat Otmar Hasler, der
vor kurzem betonte: «Nicht al
les was möglich ist, ist gut für
unser Land.» Hat er nicht recht
damit?