26 Samstag, 21. Oktober 2000
KULTUR
Liechtensteiner VOLKSBLATT
Treffpunkt «Kulturtankstelle» in Frankfurt
Empfang und Apero beim Liechtenstein-Stand an der Frankfurter Buchmesse
Eine «Kulturtankstelle» in Halle 4.1 B 101 der besonderen Art bietet Liechtenstein den Besuchern an der 52. Frankfurter Buchmesse.
Eine Tankstelle der beson
deren Art bietet Liechten
stein den Besuchern an
der 52. Frankfurter Buch
messe an, die vom 18. bis
23. Oktober 2000 statt
findet - die «Kulturtank
stelle» in Halle 4.1 B 101,
an der Elisabeth Sele-
Kaufmann und Kathrin
Sele die interessierten Be
sucher beraten.
Gerolf Hauser
Gestern luden in Frankfurt Ar
nold Kind, Präsident des Kul
turbeirates, Walter Kranz, Mit
glied des Kulturbeirates, sowie
die Stand- und Messeleitung
um 16 Uhr zu einem Ap£ro ein.
Viele der Autoren und Verleger,
deren Bücher am Liechten
steinstand aufliegen, trafen
sich zu regen Gesprächen und
Gedankenaustausch an der
Liechtensteiner «Kulturtank
stelle».
Rundum ein Erfolg
Wie uns Elisabeth Sele-Kauf-
mann gestern nach dem Apero
telefonisch mitteilte, herrschte
am Liechtensteinstand eine
ausgezeichnete Stimmung. «Die
Menschen staunen, wie viele
Bücher es gibt bei uns, von uns
und über uns», sagte Elisabeth
Sele. Das Treffen an der «Kul
turtankstelle» könne als ein
Rundum-Erfolg verbucht wer
den. Trafen sich dort doch viele
im Buchwesen wichtige und
anerkannte Menschen: u. a. der
Schriftsteller Michael Donhau-
ser, Jens Dittmar (seit Oktober
Dramaturg am TaK), Kathrin
Hilbe (Regisseurin von
«Falstaff» an der Frankfurter
Oper), Lars Müller, der das neue
Buch über das Vaduzer Kunst
museum gestaltet hat, die Her
ren Kleist (Hirmer Verlag), Vogl
(Vogl Print, Vaduz), Til Schaap
(Benteli Verlag), Frau Wess
(Flora Print Vaduz), Frank van
Eck (Neugebauer und Nord-Süd
Verlag), Frau Ottnad von der
Vereinigung «Die schönsten
Bücher der Welt», ein Wettbe
werb, an dem sich auch Liech
tensteiner Verlage regelmässig
beteiligen, und Herr Menhaupt,
Präsident der Schweizerischen
Buchhändler- und Verleger-Ver
einigung (SBW). Paul Trüm
mer aus Mauren, er arbeitet für
renommierte Reisebuchverlage,
fotografierte in Frankfurt für
das VOLKSBLATT.
Positive Reaktionen
Vor 10 Jahren hatte Liechten
stein mit einem eigenen Stand
an der Frankfurter Buchmesse
Premiere. Erst acht Jahre da
nach war das Fürstentum an
der grössten Buchmesse der
Welt wieder mit einem eigenen
Länderstand vertreten. Auf
grund des damaligen Erfolges
(auch Liechtensteins Auftritt
1999 an der Leipziger Buch
messe war sehr positiv) und
aufgrund der positiven Reak
tionen auf eine in Liechten
steins Verlegerkreisen durchge
führten Umfrage im Frühjahr
dieses Jahres, beschloss die Re
gierung, jedes Jahr an der
Frankfurter Buchmesse teilzu
nehmen. Da Liechtenstein nicht
über einen nationalen Verle
gerverband verfügt, wurden
durch den Kulturbeirat, wie be
reits früher, Elisabeth Sele und
Matthias Ospelt mit der Pla
nung und Durchführung dieses
Projektes beauftragt, das auf
das Video-, Buch- und Litera
turschaffen in Liechtenstein
aufmerksam machen soll. Da
eine Teilnahme Liechtensteins
für die nächsten fünf Jahre be
willigt wurde, werden jeweils
nur noch die Buch- und Film
produktionen der vergangenen
zwei Jahre gezeigt. In diesem
Jahr sind dies die Neuerschei
nungen seit Oktober 1998. Alle
diese Neuerscheinungen wer
den in einem kleinen Katalog
zusammengefasst, in dem auch
die Adressen aller Verlegerin
nen und Verleger der Bücher
und Filme zu finden sind.
Kaum zu fassende Grossartigkeit
«Approaching Clouds» - Ballett von Heinz Spoerli im Vaduzer Saal
Nicht zum ersten Mal konnte
das TaK das Zürcher Ballett
mit Choreografien von Heinz
Spoerli nach Vaduz einladen -
ein Ballett mit Spitzentänze
rinnen und -tänzern, wie man
sie nicht alle Tage zu sehen
bekommt.
Gerolf Hauser
Gab es bei der Premiere An
fang September im Zürcher
Opernhaus langanhaltenden
Applaus und Bravo-Rufe,
zeigte sich das Vaduzer Publi
kum am Donnerstagabend re
servierter. Vielleicht auch,
weil beim letzten Stück, den
«Folk Songs», als die beiden
Nebelmaschinen den Saal in
Herbst-Nebel-Stimmung ver
setzten, der für die Stimmung
dieses Ballet-Stücks wichtige
Laserstrahl und die Schein
Einladung zur Finissage
Die Ausstellung «Das Licht besiegt die Dunkelheit* im Pfrundhaus
Eschen ist noch bis kommenden Sonntag geöffnet. Gezeigt werden
Skulpturen von Martin Negele in Alabaster und Marmor sowie
Metall und Keramik. Die Öffnungszeiten am Samstag und Sonntag
sind von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Am Sonntag findet ab 16.00
Uhr die Finissage statt, zu der alle Kunstinteressierten herzlich
eingeladen sind. Unser Bild: Lichtgefdss III (Alabaster).
werfer nicht richtig funktio
nierten.
Begegnung-Trennung
60 Jahre ist Choreograf
Heinz Spoerli geworden - und
kein bisschen alt. Da zeigte die
Aufführung (nach der Pause)
ein Ballett, das Spoerli schon
vor sechs Jahren schuf, «Sze
nen» zur Klaviermusik («Kin
derszenen op. 15») von Robert
Schumann (sehr einfühlsam
und romantisch live gespielt
von Alexey Botvinov). In «Sze
nen» lässt Spoerli seine Tänze
rinnen, allen voran eine in ih
rer Grossartigkeit kaum zu fas
sende Yen Han, eine Familien-
und Kindergeschichte erzählen,
Kinderfreundschaften, ihr
Wechsel, das Zurückweisen, die
zaghafte Annäherung, alles
sehr humor- und vor allem be
eindruckend liebevoll. Der
Abend begann mit «Phase» zu
«Violin Phase» für Violine und
Tonband, von Steve Reich 1967
geschrieben. Zufällig hatte er
entdeckt, wie durch die unter
schiedlichen Laufgeschwindig
keiten der Tonbandgeräte beim
zeitgleichen Abspielen zweier
identischer Musikstücke Zeit
verschiebungen entstehen. Bei
«Violin Phase» spielte die Gei
gerin Monika Baer zusammen
mit einem Tonband endlose
und sehr rhythmische Ostinato-
Phrasen. Erst allmählich wur
den diese Verschiebungen hör
bar, und so liess Spoerli die
Tänzerinnen langsam die per
fekten synchronen Bewegun
gen verlassen, hinein in se
quenzartig aufeinanderfolgen
de, die, je mehr die zwei Violin-
stimmcn auseinander Hefen, in
Gegenläufigkeit mündeten, bis
hin zu zwei Gruppen, die sich
begegneten und trennten. Die
dazwischen liegenden Soli
Das Ballett mit Spitzentänzerinnen und -tänzern boten eine hervorragende Leistung im Vaduzer Saal.
zeigten, wie Individualisierung
fast hoffnungslos zurückführt
zum Motorisch-Gemeinsam-
Uniformierten.
Scheinbare
Körperlosigkeit
Beim zweiten Stück des
Abends, «Approaching Clouds»
zur 1. Sonate für Violoncello
und Klavier von Alfred Schnitt-
ke (1934-1998), setzte Spoerli
die Sehnsucht und Trauer der
Cellomelodien (live gespielt von
Luzius Gartmann, Klavier Ale
xey Botvinov) in perfekte Bewe
gungen um. Karina Seneca, Jens
Weber, Yen Han, Akos Sebesty-
en, Mathieu Rouviere und Nico
las Blanc tanzten in scheinbarer
Körperlosigkeit, ätherisch wir
kend, als gingen sie durch den
anderen hindurch, mit schwere
los wirkenden, akrobatischen
Hebefiguren, die, mit der zuneh
menden Schwermütigkeit der
Musik immer körperhafter und
lastender wurden. Die bei der
Zürcher Premiere grandiosen
Bilder im letzten Stück, «Folk
Songs» für Gesang (Christian
Schadeberg) und Kammeren
semble (im Vaduzer Saal leider
als Konserve gespielt), in denen
Luciano Berio 1964 das vorweg
nahm, was heute im Rock-Pop-
Bereich Worldmusic genannt
wird, konnten durch die techni
schen Unzulänglichkeiten leider
nicht wirken. Gedacht vom
Lichtgestalter Robertus Cremer
war, dass ein Laserstrahl die
Bühne diagonal teilt, parallel
begleitet von grünem Schein
werferlicht. Die so beleuchteten,
auf die Bühne geblasenen Ne
belschwaden sollten ein sich
ständig in Bewegung befindli
ches Bühnenbild schaffen. Dazu
sollten Schattenbahnen entste
hen durch das sich durch den
Laserstrahl Hindurchbewegen
der Tänzerinnen. Im Vaduzer
Saal fehlte die magische Stim
mung, aus der heraus in Zürich
die Wurzeln der Volksmusik er
lebbar wurden.