Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
INLAND 
Samstag, 21. Oktober 2000 3 
«Der Letzetunnel muss unwiderruflich 
Thema der Alpenkonvention sein» 
Ein Gespräch mit Johannes Kaiser, Vorsteher von Mauren, über die aktuellen verkehrsthematischen Ereignisse 
Die Weigerung der Vor 
arlberger Landesregie 
rung, dem Verkehrsproto 
koll der Alpenkonvention 
zuzustimmen, weil davon 
auch Letzetunnel und 
S 18 betroffen wären, ist 
nach dem Ausstieg Öster 
reichs aus der trilateralen 
Verkehrsstudie schon der 
zweite Affront gegenüber 
Liechtenstein. Wir haben 
den Maurer Vorsteher Jo 
hannes Kaiser zu dieser 
sich für Liechtenstein ne 
gativ entwickelnden The 
matik befragt. 
Mit Johannes Kaiser 
sprach Alexander Batliner 
VOLKSBLATT: Vonseiten 
Österreichs ist Jetzt zu ver 
nehmen, dass das Bundes: 
land Vorarlberg als einziges 
von insgesamt 43 Mitglied- 
Regionen der Alpenkonventi 
on nicht bereit Ist, das ge 
meinsam ausgehandelte Ver 
kehrsprotokoll zu akzeptieren 
bzw. zu unterzeichnen, weil 
das Letzetunnelprojekt und 
die S 18 ebenfalls darunter 
fallen würden. Die Interventi 
on erfolgte praktisch in letz 
ter Minute. Was halten Sie 
davon? ■. • ^ 
^öhännes Kaiser: Es ist' tftt- 
geKeuerlich, wie Vorarlberg 
nun reihenweise versucht, vor 
allem den unmittelbaren Nach 
barn Liechtenstein über den 
Tisch zu ziehen. Der erste Fall 
Landesregierung 
Vorarlberg will 
Sonderregelung 
erzwingen 
betraf die Realisierung eines 
grossen LKW-Abstellplatzes 
beim Zollamt Schaanwald-Ti- 
sis, den auch die FL-Regierung 
und Bundesminister Schmid 
stiegen aus dieser gemeinsam 
vereinbarten Geschichte aus, 
ohne auch hier die FL-Regie- 
rung zu informieren. 
Nun der Ausstieg bzw. die 
Ohrfeige Nummer 3: Die Weige 
rung Vorarlbergs, das Verkehrs 
protokoll zu unterzeichnen. 
Man muss sich vorstellen, dass 
43 Regionen der Alpenkonven 
tion - inklusive dem sog. «Part 
ner» Österreich - die Formulie 
rung dieses Verkehrsprotokolls 
in grenzübergreifender Zusam 
menarbeit minuziös genau er 
arbeitet haben und dass nun 
Vorarlberg in letzter Sekunde 
der Unterzeichnung die Ver 
weigerung erteilt. Vorarlberg 
ist seit Mai dieses Jahres inten 
siv bestrebt, diese Unterzeich 
nung als einzige Region zu ver 
hindern. Weiss unsere Regie 
rung in Vaduz überhaupt da 
von? Kennt unsere Regierung 
das Schreiben von Landes 
hauptmann Sausgruber vom 
17. Mai 2000 (vor 5 Monaten!) 
an den Bundesminister Molte- 
rer in Wien etwa auch nicht? 
Grund der Verweigerung: Die 
Landesregierung Vorarlberg 
will für Österreich eine Sonder 
regelung erzwingen, damit das 
Verkehrsprotokoll keinen Ein- 
fluss auf die S 18 und das Let 
zetunnelprojekt nehmen kann. 
Die Landesregierung Vorarl 
berg hat im Weiteren dieses 
Vorhaben an allen Umwelt-Or 
ganisationen und Gemeinden 
vorbei Richtung Ministerrat 
nach Wien verwiesen mit der 
Bitte, der zuständige Umwelt 
minister Molterer - ein Partei 
freund von Sausgruber - solle 
die Ermächtigung erhalten, im 
Sinne von Vorarlberg eine Än 
derung des Verkehrsprotokolls 
vorzunehmen. Dies ist wahrlich 
ein desasteriöses Vorgehen. 
Weiss unsere Regierung in Va 
duz überhaupt davon? Wenn 
jede der insgesamt 43 Regionen 
mit dem Verkehrsprotokoll so 
umspringen würde, wie dies 
Vorarlberg jetzt tut, ist und war 
LUST AUF ZUKUNFT 
ss- V- 
Die Zukunft kommt von selbst. 
Was wir daraus machen, 
liegt an uns. 
befürwortete und bei dem sie 
einen unmittelbaren Zusam 
menhang mit dem Letzetunriel 
mit derselben Sprache wie Lan 
desrat Gorbach in Abrede 
stellte. Erst nach intensiver In 
tervention der Gemeinde Mau 
ren erteilte die Regierung 
diesem LKW-Parkplatz-Vorha 
ben schliesslich widerwillig 
eine Absage. 
Der zweite Streich Öster 
reichs war der nicht nachvoll 
ziehbare Ausstieg aus der trila 
teralen Studie zwischen der 
Schweiz, Österreich und Liech 
tenstein bezüglich dem Ver 
kehrsaufkommen im Oberen 
Rheintal. Landesrat Gorbach 
J 
diese grossräumige und grenz 
übergreifende Zusammenar 
beit absolut nutzlos. Der Letze 
tunnel muss unwiderruflich 
Thema der Alpenkonvention 
sein. 
Kürzlich Ist Österreich auf 
Druck von Landesrat Gorbach 
und Bundesminister Schmid 
aus der trilateralen Verkehrs 
studie Im Oberen Rheintal 
(Schweiz, Österreich, Liech 
tenstein) ausgestiegen. Jetzt 
folgt offensichtlich der zwei 
te Ausstieg. Was bedeutet 
dies nach Ihrer Ansicht für 
Uechtensteln? 
Langsam sollte sich die FL- 
Johannes Kaiser, Vorsteher von Mauren:«Wenn jede der insgesamt 
43 Regionen mit dem Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention so 
umspringen würde, wie dies Vorarlberg jetzt tut, ist und war diese 
grossräumige und grenzübergreifende Zusammenarbeit absolut 
nutzlos. Der Letzetunnel muss unwiderruflich Thema der Alpen 
konvention sein.» ' (Archivbild) 
Regierung darin ertappen, dass 
sie von der Vorarlberger Lan 
desregierung nicht ernst ger 
nommen und permanent über 
Dies ist wahrlich 
ein desasteriöses 
Vorgehen 
den Tisch gezogen wird. Ein 
solcher Umgang mit dem Nach 
barn dürfte von unserer Regie 
rung allmählich nicht mehr ak 
zeptiert werden. Doch ihre Re 
aktionen sind immer gleich fad, 
wenn sie kapitulierend sagt: 
«Wir sind erstaunt», «Wir be 
dauern», usw. 
Bei diesem Verkehrsprotokoll 
geht es gerade für Liechtenstein 
um eine essenzielle Sache. Es 
darf und kann nicht sein, dass 
Vorarlberg als einzige der 43 
Mitglieder-Regionen mit dem 
Letzetunnel- und S-18-Projekt 
im Hinterkopf auf Kosten des 
Nachbarn - dies ist das Fürs 
tentum Liechtenstein, ebenfalls 
eines von diesen 43 Mit 
gliedern der Alpenkonvention 
- eine Sonderregelung er 
zwingt. Wenn die FL-Regierung 
sich von Vorarlberg und damit 
von Österreich ein weiteres Mal 
vorführen lässt, ist ihre Ver- 
. kehrspolitik im entscheidensten 
aller Punkte wirklich geschei 
tert. Dies vor allem auch des 
halb, da die FL-Regierung den 
Vorarlbergern mit der Umfah- 
rungsstrasse durch das Liech 
tensteiner Unterland von 
Staatsgrenze (Schaanwald) zu 
Staatsgrenze (Bendern) einen 
Letzetunnel-Transitanschluss 
mit grossem Werbeaufwand 
(Lihga-Stand - Kosten ca. eine 
Viertelmillion Franken an 
Steuergeldern) anbietet. 
Der Verkehrsdruck oder kon 
kret der Letzetunnel-Druck 
verstärkt sich auf Uechten 
steln. Die Frage drängt sich 
deshalb auf, ob Liechtenstein 
überhaupt noch den Kopf aus 
der Schlinge ziehen kann? 
Was meinen Sie dazu? 
Bei einer konsequenten und 
klaren Verkehrspolitik der Re 
gierung müsste man gar nicht 
von einer Schlinge reden. Be 
trachten wir jedoch die perma 
nent kläglichen Reaktionen, 
entwickelt sich die gesamte Ge 
schichte tatsächlich zu einer 
bedrohlichen Schlinge. An die 
sem Würgegriff ist jedoch gera 
de die FL-Regierung selbst be- 
Beim Verkehrs 
protokoll geht es 
gerade für Liech 
tenstein um eine 
essenzielle Sache 
teiligt. Mit dem Angebot der 
Umfahrungsstrasse durch das 
Liechtensteiner Unterland, die 
gemäss ihren eigenen Aussa 
gen in der Postulatsbeantwor 
tung vom 14. Dezember 1999 
mit dem Letzetunnel kombi 
nierbar sei (1), gibt die Regie 
rung dem Letzetunnelprojekt 
eine positive Rückendeckung. 
Solange die Regierung die Um- 
fahrungsstrassen-Idee nicht be 
gräbt, leistet sie dem Letzetun 
nelprojekt tatkräftige Unter 
stützung. Zudem wissen wir, 
dass mit dem Nein der bisheri 
gen S-18-Hochburgen Dorn- 
bim, Lustenau, Lauterach und 
Wolfiirt die S 18 im Sterben 
liegt. 
Vorarlbergs Politiker Saus 
gruber, Gorbach, Rein, usw. 
klammern sich nun an den ver 
bliebenen Strohhalm namens 
^Letzetunnel». Dies im Wissen, 
dass mit dem Zutun Liechten 
steins - sprich Umfahrungs 
strasse durch das Unterland - 
nun auf der Höhe dieser Quer 
spange die Rheintalautobahnen 
A14 (Frastanz) und At3 (Haag) 
verbunden werden können, oh 
ne dass dies Vorarlberg weh tut. 
Bundesminister Schmid hat ge- 
Solange die 
Regierung die 
Umfahrungsidee 
nicht begräbt, 
leistet sie dem 
Letzetunnelprojekt 
tatkräftige 
Unterstützung 
rade kürzlich bestätigt, dass es 
sich bei der S 18 nicht um eine 
Entlastungsstrasse, sondern in 
Tat und Wahrheit um eine 
Transitstrasse handelt. Nichts 
anderes würde sich nun hier 
entwickeln. 
Die Rechnung ist einfach: 1 
plus 1 ist 2. Letzetunnel plus 
«Umfahrungsstrasse. Liechten 
steiner Unterland» ist eine 
Transitverbindung. Das ist das 
Ziel der Landesregierung Vor 
arlberg, und wenn die FL-Re 
gierung dieses entscheidende 
«Spiel» nicht durchschaut, hat 
sie völlig kapituliert. Dies hat 
sie bereits schon, und nun be 
dient sie sich fleissig der Spra 
che Gorbachs, indem sie hart 
näckig der Bevölkerung zu sug- 
Letzetunnel muss 
unwiderruflich 
Thema der Alpen 
konvention und 
damit des Ver 
kehrsprotokolls 
sein 
gerieren versucht, dass es sich 
beim Projekt im Liechtensteiner 
Unterland nicht um eine Um 
fahrungsstrasse handle, son 
dern um eine «Ersatzstrasse». 
Genau das Gleiche sagt Gor 
bach über das Letzetunnelpro 
jekt in Feldkirch. Auf diese 
Weise ist Liechtenstein - insbe 
sondere das Unterland - ver 
kauft. Es gibt nur zwei Ziele für 
die FL-Regierung: 
1. Der Letzetunnel muss un 
widerruflich Thema der Al 
penkonvention und damit des 
Verkehrsprotokolls sein. 
2. Die FL-Regierung soll ih 
re (angekaufte) Transit-Um- 
fahrungsstrasse durch das 
Liechtensteiner Unterland mit 
Letzetunnel-Anschluss end 
lich begraben. Damit würde 
sie der Unterländer Bevölke 
rung am meisten helfen. 
Johannes Kaiser 
über die Podiums 
diskussion zum 
Letzetunnel 
An der ORF-Diskussionsver 
anstaltung vom Donnerstag 
abend in Feldkirch zum The 
ma «Letzetunnel» (gestern im 
Volksblatt) sass der Maurer 
Vorsteher Johannes Kaiser 
nicht auf dem Podium. Seine 
Abwesenheit begründete er 
auf Anfrage des Volksblattes 
wie folgt: 
«Meine Nicht-Teilnahme 
habe nicht ich, sondern der 
veranstaltende ORF bzw. Mo 
derator Jürgen Schenken 
bach entschieden. Es ging 
mir im Kernpunkt um die Be 
setzung des Podiums und um 
die isolierte Letzetunnel-The 
matik. Gegenüber dem ORF- 
Moderator machte ich meine 
Teilnahme von meinem An 
liegen der Podiums-Erweite 
rung abhängig. In dieser 
wichtigen Thematik erschien 
mir das einseitige Ausspielen 
von zwei Ländern nicht ver- 
tret- und verantwortbar. 
Es ging mir bei meinen Be 
strebungen immer darum, 
dass diese Verkehrsthematik 
im Rheintal nicht nur auf das ■ 
Letzetunnelprojekt be 
schränkt wird und auch nicht' 
nur auf das S 18-Projekt. Es 
geht hier im Dreiländereck 
und im Grossraum «Rheintal» 
um eine sehr ernste, sachbe 
zogene und .zukunftsträchti 
ge Verkehrsproblematik. Um 
eine zielfilhrende und sinn 
volle Podiumsdiskussion 
führen zu können, wäre es 
meiner Ansicht nach wichtig 
gewesen, dass alle drei Län 
der an diesem Podium einge 
laden worden wären, also die 
Schweiz, Österreich und 
Liechtenstein. Stattdessen 
wurden vom ORF mit Lan 
desstatthalter Gorbach, Lan 
desrat Rein und Bürgermeis 
ter Berchtold drei einge 
schworene Letzetunnel-Be- 
fÜrworter aufgeboten. Mein 
Anliegen war, dass man von 
Vorarlberger Seite auch Bür 
germeister Ludescher aus 
Frastanz, einen Vertreter der 
Plattform Letzetunnel sowie 
einen Vertreter der SPÖ und 
von Liechtensteiner Seite ne 
ben Regierungschef Frick 
und Regierungsrat Marxer 
auch eine Vertretung der 
Freien Liste einlädt. Herr 
Schenkenbach teilte mir 
dann per Fax mit, dass dieses 
Anliegen von ihm nicht er 
füllt werde. Somit war ich 
also ausgeladen. 
Ich hätte auch von der FL-* 
Regierung erwartet, dass sie 
in diese Richtung ihre Forde 
rungen an den ORF gestellt 
und sich nicht unkritisch mit 
dieser äusserst einseitigen 
Podiums-Besetzung abge 
funden hätte. Diese Beset 
zung widersprach im Weite 
ren auch in hohem Masse der 
trilaterälen Zielsetzung der 
Studien-Bearbeitung im 
Rheintal (CH, FL und A), bei 
welcher gerade Gorbach und 
' Co. den Nachbarstaaten 
Liechtenstein und Schweiz 
mit dem einseitigen Ausstieg 
einen unpartnerschaftlichen 
Korb gaben.
	        

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