4 Donnerstag, 19. Oktober 2000
BAUEN UND WOHNEN
Liechtensteiner VOLKSBLATT
Wundertüte in Maisgelb
Der Neubau von Dietmar und Marlene Flatz an der Schaaner Saxgasse ist für Überraschungen gut
Von aussen gibt es sich
zugeknöpft, fast abwei
send; von innen öffnet es
sich wie ein Buch für die
funfköpfige Familie. Das
Vorarlberger Architekten
team Baumschlager 8t
Eberle sorgte mit dem
markanten, schachtelarti
gen Einfamilienhaus aus
maisgelb gefärbtem Beton
und Glas an der Schaaner
Saxgasse für ein Kon
trastprogramm inmitten
von putzigen Landhäu
sern.
Dagmar Oehri
Wie ist die Bauherrschaft über
haupt auf das Team F.berle Ft
Baumschlagcr gekommen?
Dietmar Flatz erzählt, dass er
schon seit Jahren immer wie
der, wenn er eine Architektur-
Zeitschrift zur Hand nahm und
ihm etwas gefiel, auT diese Na
men gestossen sei. Auf seine
Anfrage reagierte das vielbe
schäftigte Architektenteam, das
sich grundsätzlich eher für ver
dichtetes Bauen und das Frei
halten von Flächen einsetzt,
zurückhaltend. Man müsse
schauen, ob man formal und
prinzipiell die gleichen Vorstel
lungen von Bauen und Wohnen
habe, sonst mache das Ganze
keinen Sinn. Diese Zweifel
konnte die Familie Flatz leicht
aus der Welt schaffen. «Uns ge
fallen einfache Bauten, in Form
und Material, ohne Schnick-
Schnack, ohne Firlefanz», sagt
Bauherr Dietmar Flatz, der die
endgültige Bestätigung für die
richtige Wahl fand, als er die
Architekten in ihrem Gross-
raumbüro in Vorarlberg be
suchte. «Sie hatten wie wir Bil
der des Vorarlberger Künstlers
Boesch an den Wänden.»
Bewusste Ein-/Ausblicke
Die Bauherrschaft liess dem
Architektenteam grösstenteils
freie Hand. Nur der Raumbe
darf, der freie Ausgang auf
Grünflächen rund ums Haus,
der Blick auf die Berge, nicht
auf die Durchgangsstrasse, wa
ren Wünsche, die das Arcliitek-
tenteam teilweise sogar mehr
fach umsetzte. «Bewusste Ein-
und Ausblicke, Landschaft ge
zielt erleben, die Beziehung
zwischen innen und aussen,
das ist das Thema des Hauses
und definiert die Gebäude-
form», sagt Dietmar Eberle. Das
Gebäude besteht aus einem
parallel zur Strasse und zwei
quer dazu verlaufenden recht
eckigen Baukörpern aus mais-
gefiirbtem Beton. Über eine
langgezogene Rohbetonstiege
gelangt man zum vollverglas
ten Eingangsbereich; eine
Transparenz, die sich im Inne
ren des Hauses mehrfach wie
derholt.
Lichtdurchflutete, luftige
Räume
Die Verbindungstüren im
Wohngeschoss und der Trep
penschutz sind aus Glas, das
spannende Ein- und Durch
blicke gewährt. Sämtliche
Fenster und Türen sind decken
hoch in die Wände eingesetzt,
was lichtdurchflutete, luftige
Räume zur Folge hat und die
ländliche Umgebung wie in ei
nem Bilderrahmen erlebbar
macht. Die konsequente Mate
rialwahl zeigt sich: in den
schilfgrünen Einbaufronten
von der Garderobe und der
massgefertigten Küche, den
Einbauten in Wohnzimmer und
Schlafräumen, im geölten Pla
tanenholz für Böden und Trep
pen, dem grünen Granit aus
dem Bünderland für Küchenab
deckung und sämtliche Nass
räume, in den integrierten
Lichtblenden oberhalb von
Schränken, im Kellergeschoss
oder der Decke, die im ganzen
Haus nur eine freihängende
Lampe nötig machen.
Fortsetzung auf Seite 6
Das Architekten-
Team
Carlo Baumschlager (44) und
Dietmar Eberle (48) stammen
aus Vorarlberg, haben beide
in Wien studiert, arbeiten seit
1984 zusammen und gehören
zu den erfolgreichsten Archi
tekten Österreichs. Eine hohe
Vielseitigkeit der verwirk
lichten Bauaufgaben zeich
net sie aus. In den letzten
zehn Jahren entstanden ne
ben vielen Wohnbauten un
ter anderem die Gewerbliche
Berufsschule in Bregenz, der
Gemeindesaal in Mäders oder
der Gewerbebau Holz-Alten
ried in Hergatz. Jüngstes
Projekt in Österreich: der
Flughafen Wien-Schweehat.
In Liechtenstein: die neue
Nufa-Garage.
Literatur: Carlo Baumschla
ger/Dietmar Eberle L. Waech-
ter-Böhm Springer Verlag,
Wien.