Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

1 
4 Dienstag, 17. Oktober 2000 
FBP-VERANSTALTUNG «KATASTROPHENSCHUTZ» 
Liechtensteiner VOLKSBLATT 
Die Humanitäre Hilfe der Schweiz als 
mögliches Vorbild für Liechtenstein 
Charles Raedersdorf, Leiter des Schweizerischen Katastrophenhilfekorps, zu Gast am FBP-Abend 
Die Humanitäre Hilfe der 
Schweiz, ein . weltweit 
rasch einsetzbares Instru 
ment der Aussenpolitik 
unseres Nachbarlandes, 
geniesst international .ei 
ne grosse Wertschätzung. 
In mancher Hinsicht 
könnte sie auch für Liech-. 
tenstein Vorbild und 
Beispiel dafür sein, in 
der Katastrophenhilfe ei 
ne aktivere Rolle einzu 
nehmen. Dies kam gestern 
Abend an der FBP-Veran- 
staltung deutlich zum 
Ausdruck. 
Manfred Ohri 
Durch die Unwetterkatastro 
phen im Wallis und in Nordita- 
licn hatte die Informations- und 
Diskussionsveranstaltung der 
Bürgerpartei zum Thema Kata 
strophenschutz eine zusätzliche 
- wenn auch sehr traurige - 
Aktualität bekommen. Die Bil 
der aus den Unwettergebieten 
machen uns derzeit besonders 
betroffen. Die von den Naturka 
tastrophen heimgesuchten Re 
gionen erleben dieser Tage eine 
grosse Solidaritätswelle. 
Das weltweite Umfeld 
Solidarität und Hilfe braucht 
es aber auch andernorts, wie 
Gastreferent Charles Raeders 
dorf, Delegierter für die Huma 
nitäre Hilfe des Bundes und 
Leiter des Schweizerischen Ka 
tastrophenhilfekorps, gestern 
Abend in einem Vortrag auf 
zeigte. Seinen Angaben zufolge 
ist die Zahl der Natur-Grosska 
tastrophen seit 1985 von jähr 
lich 50 auf 130 und die Zahl 
der von Menschen verursach 
ten Katastrophen von 100 auf 
über 200 angestiegen. Weltweit 
leide die Zivilbevölkerung heu 
te unter rund 50 bewaffneten 
Konflikten. Über 50 Mio. Men 
schen befänden sich auf der' 
Flucht und 800 Mio. Hungerlei 
dende seien auf Hilfe angewie 
sen. Mindestens 110 Mio. Anti 
personenminen würden täglich 
viele Opfer fordern. 
Podiumsdiskussion: von links Charles Raedersdorf, Peter Lantpert, Alfred Vogt und Wally Frommelt. 
fende Jahr zeichne sich bereits 
ein neuer Rekord ab. 
Im Bedarfsfall kann das SKH 
jederzeit die Rettungskette 
Schweiz in Anspruch nehmen, 
die auf die Ortung, Rettung und 
Erstversorgung von verschütte 
ten Personen nach Erdbeben 
spezialisiert ist. Im Vollbestand 
umfasst sie rund 100 Personen, 
18 Katastrophenhunde und 16 
Tonnen Spezialausrüstung. Als 
Milizorganisation ist die Ret 
tungskette, der acht Partneror- 
ganisationen angehören, inner 
halb von 8 bis 10 Stunden nach 
dem Einsatzentscheid von 
Charles Raedersdorf abflugbe 
reit und' kann bis zu 7 Tage 
autonom operieren. Mit einem 
kurzen Video film vom'Erdbe 
beneinsatz in Izmit (Türkei) 
Unterkünften etc.) und der 
Wiederaufbau (von zerstörten 
Infrastrukturen, Aufbau von 
Gesundheitsprogrammen usw.). 
Laut Charles Raedersdorf wäre 
es durchaus denkbar, dass sich 
Liechtenstein in einem dieser 
Einsatzbereiche konkret und 
personell engagieren würde. 
Für Menschen in Not 
Wie der Gastreferent schliess 
lich erklärte, erfolgt die huma 
nitäre Hilfe ohne Rücksicht auf 
Nationalität, Hautfarbe, Religi 
on, politische oder soziale Zu 
gehörigkeit. Zielgruppen seien 
immer Menschen in Not und 
nicht die Regierungen der be 
treffenden Länder. Humanitäre 
Hilfe sei politisch neutral und 
richte sich nicht nach schwei- 
Prominenter Gastreferent an der FBP-Veranstaltung: Charles Raedersdorf, Delegierter für Humanitäre 
Hilfe des Bundes und Leiter des Schweizerischen Katastrophenhilfekorps. (Bilder: bak) 
In dieser Situation ist laut 
Charles Raedersdorf auch die 
schweizerische Humanitäre 
Hilfe, ein «kleines Mosaikstein- 
chch in der internationalen Hil 
fe», auf- und ständig ausgebaut 
worden. Im Katastrophen- bzw. 
Krisen- oder Konfliktfall unter 
nimmt sie zugunsten notlei 
dender Menschen einerseits di 
rekte Einsätze und unterstützt 
andererseits Aktionen interna 
tionaler Organisationen sowie 
der schweizerischen Hilfswer 
ke. Wie der Referent weiter dar 
legte, erfolgen die Hilfeleistun 
gen in Form von personellen 
Einsätzen durch das Schweize 
rische j Katastrophenhilfekorps 
(SKH),j von Finanziellen Beiträ 
gen sojwie von Nahrungsmittel- 
und Materiallieferungen. 
SKH ünd Rettungskette 
Dem SKH gehören rund 1500 
Freiwillige an, von denen etwa 
500 jederzeit für humanitäre 
Einsätze abrufbar sind. Bewer 
ber müssen hohe Anforde 
rungskriterien erfüllen und ein 
mehrstufiges Aufnahmeverfah 
ren durchlaufen. Laut Charles 
Raedersdorf standen 1999 ins 
gesamt 405 Korpsangehörige 
im Auslanddnsatz. Für das lau- 
Bürgerpartei-Präsident Dr. Ernst Walch, der in den Abend ein 
führte, bezeichnete Charles Raedersdorf als einen «Mann der Tat*. 
wurde gestern Abend die Leis 
tungsfähigkeit der Rettungs 
kette eindrücklich dokumen 
tiert. 
Vier Einsatzbereiche 
Die Rettung ist einer der vier 
Einsatzbereiche, in denen das 
Instrument «Humanitäre Hilfe 
der Schweiz» tätig ist. Hinzu 
kommen die Prävention (z. B. 
Evakuierungen oder medizini 
sche Leistungen bei Epidemi 
en), das Überleben (Abgabe von 
Trinkwasser, Nahrungs- und 
Hilfsgütern, Bereitstellung von 
zerischen aussen- und innen 
politischen oder wirtschaftli 
chen Interessen. 
Die Humanitäre Hilfe des 
Bundes finanziert ihre Akti 
vitäten mit Steuergeldern. Laut 
Charles Raedersdorf legt das 
Parlament die jährlichen Kredi 
te jeweils im Rahmen des Bun 
desbudgets fest. Für das Jahr 
2000 sind dies insgesamt 243 
Mio. Franken, wovorr 176 Mio. 
Franken für die operationelle 
Hilfe und 67 Mio. Franken als 
Beitrag an das IKRK mit Sitz in 
Genf verwendet werden. 
Diskussion am Rande der FBP-Veranstaltung in Mauren: Alt-Re- 
gierungsrätin Dr. Cornelia Gassner und Ludwig Schädler. 
REKLAME 
LUST AUF ZUKUNFT f| 
^n 
FBP 
Jeder Tag, 
an dem du nicht lächelst, 
ist ein verlorener Tnq. 
Reges Interesse: Rund 250 Gäste wohnten gestern Abend der FBP-Veranstaltung zum Katastrophenschutz im Gemeindesaal Mauren bei. 
>j V ■ i '•
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.