Liechtensteiner VOLKSBLATT
KULTUR
Samstag, 14. Oktober 2000 1 1
Harry Potter im PR-Feuerkelch
Band 4 der super-erfolgreichen Harry-Potter-Buchserie ist erschienen
Nein, nicht Goethe ist ge
meint, wenn vom Zauberlehr
ling die Rede ist, sondern
Harry Potter. Nie davon
gehört? Hogwarts, Quidditch
oder Muggels sind Fremdwor
te für Sie? Kann fast nicht
sein. Schwankt doch die halbe
Welt zwischen Harry-Potter-
Fieber und Potter-Mania.
Gerolf Hauser
Es ist eine Infektion, verursacht
durch eine gigantische PR-Ma-
schinerie, die z. B. die Auflage
künstlich verknappt, um die
Nachfrage zu steigern. So wird
die deutsche Ausgabe von Band
4 mit einer Erstauflage von 1
Million Exemplaren beim Carl-
sen Verlag gestartet - und wie!
Alle Buchhändler mussten un
terschreiben, den neuen Band 4
«Hany Potter und der Feuer
kelch» nicht vor dem 14. Okto
ber, also heute, anzubieten oder
Werbung dafür zu machen.
Da hängt Geld dran
Erfolg: Das Fieber treibt Blü
ten. Da gibt es Geschäfte, die
letzte Nacht Punkt 24 Uhr öff
neten, dies als Partys deklarier
ten, um das Ladenschutzgesetz
umgehen zu können. Da gibt es
Wettbewerbe, Geschenke, Mer
chandising-Artikel und einen
REKLAME
HARRY POTTER TAG
14. Oktober 2000
Nun ist er da - der vierte
Band Harry Potter ist im
Land. Macnsf du mit beim
grossen Quiz - ist dir ein
Preis im Bücherwurm
gewiss!
Bücherwurm
AG ■ Buchhandlung ■ Städtle 19
FL-9490 Vaduz
Telefon:+423/233 33 70
Nicht nur Leseratten lassen den Gameboy links liegen, greifen zu Harry Potter und sind, wo auch immer, kaum mehr davon wegzubringen.
ersten Spielfilm (1999 kauften
Warner Brothers die Filmrechte),
der vermutlich im Herbst 2001
in die Kinos kommen wird, Film
zwei und drei werden so sicher
folgen wie das Amen in der Kir
che. Kein Wunder, hängt da
doch eine Menge Geld dran, z.
B. gingen 1997 auf einer Ver
steigerung in New York die US-
Rechte für den ersten Band für
105 000 Dollar über den Tisch -
eine beispiellose Summe für ein
Kinderbuch. Ebenso beispiellos
ist der Preis für den neuen Band
4: Noch nie ging ein Kinderbuch
fiir 41 Franken über den Laden
tisch. Inzwischen verkauften
sich die ersten drei Bände über
35 Millionen Mal, wurden in
fast 40 Sprachen übersetzt und
Autorin Joanne Kathleen Röw-
ling gilt mit einem geschätzten
Vermögen von umgerechnet
knapp 50 Millionen Franken als
drittreichste Frau Grossbritanni
ens.
Wer ist Harry Potter?
Wer ist Joanne Kathleen
Rowling? «1990 purzeln auf ei
ner verspäteten Zugreise von
Manchester nach Kings's Cross
in London Harry Potter und
seine Charaktere «ausgeformt»
in ihren Kopf», heisst es in der
PR-perfekt aufgemotzten Bio-
grafie, die kräftig auf die Trä
nendrüsen drückt: «Rowling
befindet sich in der klassischen
Armutsfalle: Sie wohnt in einer
Ein-Zimmer-Wohnung, be
kommt für ihre Tochter keinen
Platz in der staatlichen Kinder
betreuung, kann aber ohne Job
auch keine private Tagesmutter
bezahlen. Sie lebt von Sozial
hilfe und bekommt 69 Pfund
pro Woche. Sie schreibt «Harry
Potter» auf einer alten Schreib
maschine zu Ende und tippt es
immer wieder ab: Kopien kann
sie nicht bezahlen.» Das hat
sich kräftig geändert. Wer ist
Harry Potter? Ein kleiner Zau
berlehrling aus London. Im 1.
Band erlernt er in Hogwarts,
der Schule für Hexerei, das
Zauberhandwerk und erlebt ei
nige Abenteuer, z. B. kümmert
er sich um ein Drachenbaby
oder lernt ein dreidimensiona
les Ballspiel namens Quidditch.
Im 2. Band erlebt Potter auf
der Schule für Magie Unheimli
ches, denn Unerklärliches treibt
in der Schule sein Unwesen. Im
3. Band ist ein gefürchteter
Verbrecher in die Schule einge
drungen und hat es offensicht
lich auf Harry abgesehen. Die
sogenannte Fachwelt reagiert
auf diese Geschichten so: «Tie
fenpsychologen glauben in den
Potter-Bänden den Mythos
vom göttlichen Kind zu finden,
Politikwissenschaftler sehen
die britische Klassengesell
schaft gespiegelt, Literaturex
perten schwärmen wahlweise
von Detektivgeschichte, Fanta-
sy-Stoiy und modernem Bil
dungsroman.»
Wie auch immer, abgesehen
vom PR-Rummel, sind die Pot-
ter-Bücher auch deswegen so
populär, weil sie einfach gut
sind - und, in seiner Wirkung
hoffentlich grosser Nebenef
fekt, Kinder, die bisher nur mit
Gameboy und Computerspie
len beschäftigt waren, versin
ken geradezu in den Potter-
Geschichten.
Harry Potter in der Buchhandlung «Harlekin»
, 940 Tonnen; Hany,'Potter auf
• deutsch, davon 56 Tonnen fiir
die Schweiz, das sind 60.000 ;
; Bände, warten heute in den
fBucMäderi auf
- aber sicher'nicht'lange.'Mit
eiita «Zaubernachi» (Basel),
einem Volksfest (Amriswil) oder
einem Mitternachtsverkauf
saint «Zaubertrank» (Luzern) /
wira allüberall die Niederkunft
deü 4. Hany-Potter-Buches ze
lebriert Das Hany-Potter-Fie-
ber hat auch Liechtenstein er-
fasst und die Buchhandlung
•Harlekin» an der Landstrasse
in Schaan trägt dem Rechnung.
Eine Mitternachtsparty sollte
im Geschäft in Buchs stattfin
den, konnte aber nicht durch
geführt werden, da es keine Ge
nehmigung der 1 Gemeinde
dafür, gab. Dafür öffnet die
Buchhandlung «Harlekin» heu
te; Samstag, bereits um 8 Uhr
ihre Tore. Wer sich also früh auf
den Weg macht, hat die gröss-
ten Chancen, eines der begehr-,
ten Exemplare von «Hany Pot
ter und der Feuerkelch», dem
neuen Band 4 der Jugendbuch-:
autorin Joanne Kathleen Row
ling, im «Harlekin»'zu ergat
tern. Zusätzlich erhält jedes
Kind ein Überraschungsge
schenk. Und wer zu spät
kommt, den bestraft diesmal
nicht das Leben, sondern er
odttrieerhalteni^Tro
terchen und die Möglichkeit für
die in knappt zwei Wochen er
wartete zweite Auflage voizu-
reseryieren. Ausserdem stehen
ausreichend Exemplare von
Band 2 und 3 im «Harlekin» zur<
Verfügung (Band 1 ist schwei
zweit vergriffen). Für ganz Un- *
geduldige gibt 1 , es mehr
, über Harry Potter im Internet
'unter www.hanypotter.de oder
wwwJtl.de
Die Zeit können wir noch nicht
überlisten, ausser im Kino
Am Wochenende im Takino: «Frequency» und «High Fidelity»
Wir können zum Mond fliegen
oder in Sekunden ganze Städte
auslöschen, aber die Zeit kön
nen wir (noch) nicht überlisten
- ausser im Kino.
Einmal mehr wird die Idee der
Zeitreise filmisch umgesetzt,
und das funktioniert vorzüg
lich: John (Jim Caviezel) ist 36,
Polizist und lebt in der Gegen
wart. Sein Vater Frank (Dennis
Quaid), Feuerwehrmann, starb
vor 30 Jahren. Doch die beiden
haben Glück: Dank einem sa
genhaften Zufall kann John mit
seinem Vater über ein Funk
gerät Kontakt aufnehmen und
ihn vor dem drohenden Un
glück warnen. Frank überlebt -
und augenblicklich verändern
sich Johns Erinnerungen an sei
nen Vater: Jetzt weiss John
plötzlich, dass sein Vater an
Lungenkrebs sterben wird.
«Dad, hör doch mit dem Rau
chen auf», lautet folgerichtig
der Tipp über die Generationen
hinweg. Sohn John hat seinem
Vater also mehr als einen Gefal
len getan.
Frank könnte sich doch re
vanchieren und ab 1969 die Ge
schichte neu schreiben, denn
Polizist John steht vor einem
grossen Rätsel: Ein notorischer
Killer, der schon vor 30 Jahren
seine Serie begann, treibt noch
immer sein Unwesen. Da John
genau weiss, wann und wo der
Killer in der Vergangenheit zu
geschlagen hat, dirigiert er sei
nen Vater an die richtigen Stel
len. Doch so einfach ist es nun
auch wieder nicht fiir einen
Feuerwehrmann, einen Mörder
zu fassen. Also verstrickt sich
Frank in allerlei Kalamitäten,
die ihn und seine ganze Familie
in Gefahr bringen.
Regisseur Gregoiy Hoblit ins
zeniert mit Tempo und Witz
und schmeckt die Story mit
Spannung und Action. Jim Ca
viezel und Dennis Quaid unter
halten einen in ihren Parallel
welten ausgezeichnet. Und ihr
Staunen und ihre Verwirrung
über die Geschehnisse teilt jeder
im Kinosaal. Wer an «The Sixth
Sense» Vergnügen fand und
schätzte, dürfte auch von «Fre
quency» nicht enttäuscht wer
den. «Frequency» ist von Sams
tag bis Montag jeweils um 20
Uhr im TaKino zu sehen.
«High Fidelity»
In Stephen Frears' Verfilmung
von Nick Hornbys Kultroman
dreht sich alles um Pop und Lie
be. Der DJ und Plattenhändler
Rob Gordon (John Cusack) ist
von seiner Freundin Laura (Iben
Hjejle) verlassen worden. Um
den Schmerz zu verdauen,
taucht er zum Sound seiner LP-
Sammlung in die Erinnerung an
frühere Romanzen. Auf diesem
launig geschilderten Weg in die
Vergangenheit findet er schliess
lich zurück in eine Gegenwart
mit Laura.
John Cusack at his best! -
streunt zwischen seinem LP-
Shop, dem «Championship
Vinyl», und seiner Wohnung hin
und her und spielt den Blues. Di
rekt in die Kamera spricht er sei
ne Hits der fünf unveigesslich-
sten Trennungen, der fünf besten
Songs für den Montagmorgen,
die fünf besten Songs für den
Tod: «High Fidelity» ist die grosse
Lovestoiy des Sommers 2000,
konzipiert für Ohr und Herz!
«High Fidelity» ist am Samstag
um 22 Uhr sowie am Sonntag
um 18 Uhr im TaKino zu sehen.
Bilder in Acryl und Kreide
Ausstellung Leni Näff in der Galerie Domus in Schaan
«Lern Näff malt in einem gegenständlichen erkennbaren Stil mit Abstraktion aufs Wesentliche, ver
bunden mit einer intensiven, warmen Farbgebung. Die Bilder gestatten uns einen Einblick in Leni
Näffs künstlerisches Schaffen und sie stehen im Einklang mit der Künstlerin*, sagte Vernissagered-
nerin Zita Schatz vorgestern bei der Eröffnung der Ausstellung «Leni Näff - Einklang, Bilder in Acryl
und Kreide» in der Galerie DoMus, Schaan, die bis 19. November zu sehen sein wird (Öffnungszeiten:
Freitag 14 bis 20 Uhr, Samstag und Sonntag 14 bis 18 Uhr). (Bild: Ingrid)