32 Freitag, 13. Oktober 2000
LETZTE SEITE
Liechtensteiner VOLKSBLATT
NACHRICHTEN
Wegen sexuellem
Mlssbrauch
verurteilt
LUGANO: Ein 49-jähriger
Familienvater ist am Don
nerstag vom Geschwore
nengericht in Lugano zu
siebeneinhalb Jahren
Zuchthaus verurteilt wor
den. Er wurde des sexuellen
Missbrauchs seiner beiden
damals neun- und dreijähri
gen Kinder für schuldig be
funden. Der Mann stand
seit Montag vor dem Ge
schworenengericht Bellin-
zona, das in Lugano tagte.
Der Prozess fand hinter ge
schlossenen Türen statt. Der
Angeklagte, ein Italo-
Schweizer aus der Region
von Beliinzona, war im
September 1999 nach An
schuldigungen durch seine
Frau festgenommen wor
den. Er hatte die gegen ihn
erhobenen Vorwürfe stets
bestritten.
Raumfähre
«Discovery»
gestartet
CAPE CANAVERAL: Die
amerikanische Raumfähre
«Discovery» ist am Mitt
wochabend (Ortszeit) nach
mehrfacher Verzögerung zu
ihrem Jubiläumsflug ge
startet. Der Spaceshuttle
hob pünktlich um 23.17
Uhr (Donnerstag 01.17 Uhr
MESZ) vom Weltraum
bahnhof Cape Canaveral im
US-Staat Florida zur 100.
Mission der Raumfahrt
behörde NASA ab. An Bord
sind sieben Astronauten,
darunter eine Frau. Der
Start gelang erst im vierten
Anlauf, nachdem der Ter
min zuvor drei Mal wegen
technischer Probleme und
schlechten Wetters ver
schoben worden war. Zu
letzt hatten Mechaniker am
Dienstagabend einen zehn
Zentimeter langen Metall-
stift auf einer Treibstofflei
tung entdeckt. Weil nicht
ausgeschlossen werden
konnte, dass dieser die
Raumfähre beim Start be
schädigen könnte, wurde
die Mission um einen Tag
verschoben.
Geiselnehmer Im
Gefängnlss Baut
zen überwältigt
BAUTZEN: Die Geiselnahme
im Gefängnis von Bautzen
ist gestern ohne Blutver-
giessen beendet worden.
Nach Angaben von An
staltsdirektor Burghart
Jäckel überwältigte ein
Sondereinsatzkommando
der Polizei den 27 Jahre al
ten Geiselnehmer. Eine 35-
jährige Sozialarbeiterin, die
der Strafhäftling am Mitt
wochnachmittag in seine
Gewalt gebracht hatte, kam
unversehrt frei.
Kein Tag für Abergläubische
Heute fällt Vollmond und Freitag der 13. auf den gleichen Tag
Vollmond und Freitag der 13. ,
an einem Tag. Da wird sich si
cher manch einer sagen:«Heu
te bleib ich lieber zu Hause».
Wieder andere lässt das Ganze
kalt. Aber sicher steht, dass
der Mond, ob voll oder nicht,
die Menschen in seinen Bann
zieht. Die ängstlichen Leute
sollten lieber zu Hause bleiben
und alle Luken dicht machen.
Den Himmel nach Hexen ab
suchen, dass lässt sich sicher
kein Abenteurer entgehen.
Praktische Naturen richten
sich nach dem Mondkalender.
Gesellige Menschen finden
sich im *Vollmond-Club» und
fiillen sich mit gleich benann
ten Bier die Lampe. Leiden
schaftliche heulen mit den
Wölfen ein Lied und trauern
der verßossenen Liebe nach.
Nostalgisch Verhafiete werden,
am Fenster lehnend, von der
ersten Mondlandung träumen.
Um mit getrageneren Worten
zu sagen: Was kümmerts den
Mond, wenn ihn der Hund an
bellt? Es kommt sowieso, wie
es kommt. Und das immer
wieder. Die nächste Konstella
tion Vollmond und Freitag der
13. gibt es erst im Jahre 2014
wieder.
Literaturnobelpreis erstmals an Autor aus China
Gao Xingjian für «Werk von universaler Gültigkeit und bitterer Einsicht» geehrt
STOCKHOLM: Als erster
Schriftsteller aus China erhält
der im französischen Exil le
bende Gao Xingjian den Lite-
raturnobelpreis. Der 60-Jähri
ge, der seine Heimat 1987
nach dem Verbot eines seiner
Dramen verliess, werde «für
ein Werk von universaler Gül
tigkeit, bitterer Einsicht und
sprachlichem Sinnreich tum»
ausgezeichnet, teilte die
Schwedische Akademie ge
stern in Stockholm mit.
Gao zeigte sich sehr überrascht
und geehrt. «Schreiben war für
mich der einzige Weg, zu über
leben», sagte er in Paris. «Er
vertritt die Auffassung, die
Freiheit sei nur im Schreiben
anzutreffen», würdigte die
Akademie den Erzähler und
Dramatiker, der 1989 nach dem
Massaker auf dem Platz des
Himmlischen Friedens aus
der Kommunistischen Partei
Chinas austrat. Sein Werk sei
frei von jeder Anbiederung: Mit
dem düsteren Symboldrama
«Die Flucht» habe Gao auch die
Demokratiebewegung in seiner
Heimat' verärgert. Der Avant-
gardeautor und Maler empfing
am Donnerstagnachmittag
Journalisten in seiner beschei
denen Wohnung im 18. Stock
eines Hochhauses im Pariser
Vorort Bagnolet. «Für mich ist
Gao Xingjian erhält als erster Schrifisteller aus China den Literaturnobelpreis. (Bild: Keystone)
Schreiben eine Frage des Über
lebens», bekannte der vor drei
Jahren naturalisierte Franzose.
In der vergifteten Atmosphäre
China habe er nicht einmal der
eigenen Familie trauen können,
sondern nur den Worten. Er
schreibe nicht, um veröffent
licht zu werden, sondern nur
für sich selbst.
Sein nächstes Buch werde
von seiner Wahlheimat Paris
handeln, kündigte Gao an, der
> seit einigen Jahren in Franzö
sisch schreibt. Für einen Chine
sen sei der Nobelpreis etwas
ganz Besonderes. Er habe alle
Verbindungen mit seiner Heimat
abgebrochen, damit er sich ohne
Rücksicht auf Verwandte oder
Bekannte äussern könne. In
China rief die Preisvergabe ge
mischte Reaktionen hervor. Die
Regierung und die staatliche
Kulturvereinigung äusserten
sich nicht. Der Autor Bei Ling
sprach von einer Unterstützung
der unabhängigen und exilier
ten Schriftsteller. Der Bonner Si
nologe Wolfgang Kubin kriti
sierte im Berliner Inforadio, Gao
sei nur ein mittelmässiger Au
tor. Man könne den Eindruck
gewinnen, «inzwischen kann je
der den Nobelpreis bekommen».
Während Kulturrevolu
tion im Lager umgeschult
Die Schwedische Akademie
erklärte dagegen, Gao habe der
chinesischen Romankunst und
Dramatik neue Wege eröffnet.
Sein Hauptwerk «Der Berg der
Seele» sei einer der seltenen li
terarischen Schöpfungen, die
offenbar mit keinem anderen
Werk verglichen werden könn
ten. In diesem Roman verarbei
tet Gao Eindrücke von Reisen
in abgelegene Regionen im Sü
den und Südwesten Chinas. «Er
ist ein Zweifler, der alles durch
schaut, ohne Anspruch darauf
zu erheben, die Welt erklären
zu können.» Gao wurde am 4.
Januar 1940 in Ostchina gebo
ren. Während der Kulturrevolu
tion wurde er zur Umschulung
in ein Lager geschickt. Er habe
hunderte Kilos von Manuskrip
ten verbrennen müssen und
jahrelang im Geheimen ge
schrieben.
Crossair in Nizza festgehalten
NIZZA: Wegen Überalterung
ist ein Flugzeug derXrbssajf.'li)
Nizza festgehalten worden:
Der Pilot i des 1 lugs n ach
Zürich hat diefranzöstsche-Lk
mite von 60 Jahrenfiberschrit
ten. Das französische Recht ist
strenger als Resteuropa. Die-
Behörden in Nizza, Hessen' die
Maschine erst mit 'einem aus
Zürich eingeflogenen, Eisatz»
jplloteristarten. Die Passaglere
kamen so erst nach 20 Ühr im
«Unique Altport» an, Dieser
erstmalige Fall War tatsächlich
ein Unikum fllrdle SAir-Toch-
roit Sitz jn : B^pl./ Nur
Frankreich kenne diese 60-
Jahre-Limite,. Jöjagte^ Dos£, ;
Überall sonst'In j^ürapa wttK<
>' den 65 Jahre gelten. Indes hät-1
ten andere Fluggesellschaften, "
■t namentlich deutsche, däinli<ji
schon Ärger gehabt^. , .'v^i
. Bei Crossair sind laut Dos* :
• sieben oder acht der rund 800
Piloten über 60: Da müsse,,
man nun halt die Einsatzpfone\
entsprechend anpassen^'Die
60-Jahre-LJmite gilt seit 1997.
Piloten jQber 65 Jahre ist targar .
verboten,, das Jf^oj^eitsgebiejL,
von Piwjudcfc'.avch, 1 W»r>j
fj überfliegen. <& r 1
käs« i m
Überflutungen
in England
LONDON: Nach schweren Re-
genföllen sind weite Teile Süd
ostenglands gestern übe/flutet
worden. Am schwersten betrof
fen ist nach Auskunft der Um
weltagentur die Küstengraf
schaft East Sussex, südöstlich
von London. Die Umweltagentur
sprach von einer«bisher einma
ligen» Situation. Im Zentrum
der Kleinstadt Uckfield trat der
Fluss Uck über seine Ufer. Dort
waren am Morgen bis zu zehn
Zentimeter Regen gefallen. Der
Wasserstand hat zwischen 1,30
und zwei Metern.