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n stein er
Donnerstag
12. Oktober 2000
Fr. 1.-
Amtliches Publikationsorgan • 122. Jahrgang, Nr.235
VlRBÜMDlSÖDOSTSCHWtlZ
DONNERSTAG
Ist Liechtenstein
für den
Katastrophenfall
gerüstet?
MAUREN: Ist Liechtenstein
für einen Katastrophenfall
gerüstet? Wie könnten sich
unsere Hilfsorganisationen
allenfalls aktiv in die inter
nationale Katastrophenhilfe
einbringen? Diese Fragen
stehen im Mittelpunkt
einer weiteren Informati-
ons- und Diskussionsver
anstaltung der Fortschritt
lichen Bürgerpartei, die am
kommenden Montag,
16. Oktober, um 19.30 Uhr
im Gemeindesaal Mauren
stattfindet. Seite 3
Dank FL-Hilfe:
«Ein Diamant Im
Kosovo»
VADUZ: Drei mobile Wohn
heime, welche ursprünglich
für die Unterbringung von
Flüchtlingen geplant waren,
bilden heute das Frauenge-
sundheitszentrum in Kline.
Das Gemeinschaftsprojekt
mehrerer Hilfswerke konnte
dank namhaften Beiträgen •
aus Liechtenstein realisiert
werden. Seite 9
SRCV ist auf Sieg
eingestellt
SQUASH: Vaduz empfängt
im zweiten NLA-Saisonspiel
Top Bellach (19.30 Uhr)
Top Bellach sollte filr das
Nationalliga-A-Team des
Squash Rackets Club Vaduz
im heutigen Heimspiel
(19.30 Uhr) nicht zum Stol
perstein werden: Bei Vaduz
sind alle Akteure top moti
viert und körperlich fit, die..
Schweizer Gäste müssen auf
ihre Nummer 1, Andre Hol-
deregger, verletzungsbe
dingt verzichten. Seite 17
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Erneuter Skandal bei der
Land
Polizei schon lange im Besitz der Akten, die Gabriel Marxer angeblich beiseite schaffte
Zum wiederholten Male
wird die Polizei von ei
nem Skandal erschüttert.
Denn: Die Landespolizei
war schon seit Monaten
im Besitz jener Akten,
welche Gabriel Marxer
angeblich beiseite ge
schafft haben soll. Er
schwerend kommt hinzu,
dass das Fehlen dieser
Akten eines der Hauptar
gumente war, Gabriel
Marxer in U-Haft zu neh
men und seine diesbezüg
liche Beschwerde erstin
stanzlich abzulehnen.
Alexander Batliner
Die Landespolizei ist erneut
heftig In'die Kritik geraten. Der
Grund hierfür liegt im, nicht or
dentlichen Verzeichnen jener
Akten, die bei der Hausdurch
suchung bei Gabriel Marxer be-,
schlagnahmt wurden. Erwäh
nenswert ist, dass es sich bei
diesen Akten nicht nur um ei
nige A4-Seiten Papier handelte,
sondern um insgesamt 14 Bun
desordner, die von der Polizei
nicht in ein Verzeichnis ge
bracht wurden. Diese unsach-
gemässe Handhabung führte
dazu, dass seit Mai dieses Jah
res bei der Polizei jene Akten
deponiert waren, die Gabriel
Marxer angeblich beiseite ge
schafft haben soll. Erschwerend
kommt noch hinzu, dass zum
einen teilweise die U-Haft von
Gabriel Marxer mit dem Fehlen
dieser Akten begründet wurde
und zum anderen dass die Ab
lehnung der Haftbeschwerde
von Gabriel Marxer in erster
Instanz durch den Präsidenten
des Obergerichtes ebenfalls
teilweise mit dem Fehlen dieser
Akten begründet wurde. Cle
mens Achammer, der Anwalt
von Gabriel Marxer, spricht in
einer gestern veröffentlichten
Presseroitteilung von einer ge
setzwidrigen Vorgehensweise
Gabriel Marxer wurde beschuldigt, Akten beiseite geschafft zu haben. Genau jene Akten, welche die
Polizei vermisste, waren nun schon s^it Mai dieses Jahres bei der Polizei deponiert. Sie wurden nicht
erkannt, da es die Polizei unterliess, diese Akten in ein Verzeichnis aufzunehmen. (ArchivbildJ
der Landespolizei. Zudem war
das Fehlen dieser Akten gemäss
Achammer «mitursächlich für
die Verhängung der Untersu
chungshaft gegen den Beschul
digten Dr. Gabriel Marxer. Je
denfalls kann festgehalten wer
den, dass der Beschuldigte Dr.
Gabriel Marxer weder Akten
noch sonstige Beweismittel bei
seite geschafft hat, sondern
umgekehrt die Landespolizei
für den monatelangen Verstoss
von ihr selbst als äusserst wich
tig angesehenen Akten die Ver
antwortung trägt.»
Verantwortung liegt bei
der Polizei
Die Verantwortung für diese
unsachgemässe Handhabung
liegt eindeutig bei der Landes
polizei. Hierin scheint man sich
einig zu sein. Landrichter Dr.
Gerhard Mislik betonte auf An
frage des Volksblatts, dass nun
untersucht werden müsse, ob
diese Akten wahrlich unsach-
gemäss verzeichnet worden
seien. Wenn sich dies aber be
stätigt, sieht er die Schuld bei
der Landespolizei. Er führte
aus: «Wenn es einen Fehler
gibt, dürfte er eher bei der Poli
zei liegen.» Polizeichef Reto
Brunhart wollte sich gegenüber
dem Volksblatt zu den Vorwür
fen nicht äussern. Am Dienstag
betonte er auf Anfrage des
Volksblatts: «Ich weiss von gar
nichts.» Zudem verwies er auf
den offenen Gerichtsfall, zu
dem er keine Auskünfte erteile.
Am Mittwoch war dann Reto
Brunhart für das Volksblatt aus
Zeitgründen, wie es hiess, nicht
mehr zu sprechen. Gegenüber
Radio L führte er aus, dass er zu
diesem Fall nicht viel zu sagen
habe und erneut verwies er auf
das laufende Verfahren.
Offene Fragen bleiben
Tatsache ist nun, dass die Po
lizei im Besitz aller Akten war,
die für den Fall von Relevanz
sind. Damit könnte ein weiterer
Skandal zum Vorschein kom
men. Im Antrag des Fürstlichen
Landrichters Pius Heeb auf
Aufhebung der parlamentari
schen Immunität von Gabriel
Marxer kann nämlich nachge
lesen werden: «Dabei wurde
festgestellt, dass offensichtlich
Unterlagen ... aus den Büro
räumlichkeiten des Dr. Gabriel
Marxer in erheblichem Aus-
mass beiseite geschafft wur
den.» In der Begründung des
Haftbefehls hiess es gar wört
lich: «Zudem haben bisher
nicht genannte Informanten
der Landespolizei beobachtet,
wie aus der Kanzlei Dr. Gabriel
Marxer Akten entfernt wur
den.» Hier stellt sich die Frage:
Wie kann ein Informant ange
ben, dass Akten entfernt wur
den, wenn nun festgestellt wur
de, dass gar keine Akten feh
len? Hat die Landespolizei viel
leicht einen Informanten er
funden? Seite 5
ISRAEL
Erneut Tote
bei Unruhen
JERUSALEM: Nach zwei
Tagen relativer Ruhe kam es
am Mittwoch in den Palästi
nensergebieten wieder zu
blutigen Ausschreitungen,
bei denen mindestens drei
Palästinenser getötet und
mehrere verletzt wurden. Bei
einer Bombenexplosion im
Gaza-Streifen wurde am
Abend ein Israeli leicht ver
letzt. Internationale Vermittler
haben in diplomatischen
Bemühungen versucht, die
Lage zu entschärfen. Seite 27
KOMMENTAR
Zum wiederholten Male pras
selt auf die Landespolizei hefti
ge Kritik ein. Der nun publik
gewordene Vorfall um das Ver
schwinden der Akten von Gab
riel Marxer übersteigt alles bis
her Dagewesene. Einem Be
schuldigten zu unterstellen, er
habe Akten beiseite geschafft
und diesen Vorwurf auch noch
als einen Grund für die Ver
hängung der U-Haft und die
Ablehnung der Haftbeschwerde
heranzuziehen, ist die eine Sei
te. Dass dann aber genau jene
Akten schon seit Wochen bei
der Polizei gelagert sind und
einfach nicht bemerkt werden,
da sie nicht in ein Verzeichnis
aufgenommen wurden, ist die
andere Seite.
Erschüttertes
Vertrauen
Einen solchen Vorfall könnte
man eher in einem unterent
wickelten und korrupten Polizei
staat erwarten als in einem in
dustrialisierten Staat im Herzen
Europas, wie Liechtenstein einer
ist. Die Polizei hat mit dieser
Schlamperei nicht nur Gabriel
Marxer, sondern dem ganzen
Land geschadet. Denn hier han
delt es sich um einen Fall, der
weltweit für Aufsehen sorgte.
Deshalb wird auch weltweit
über diese Schlamperei berichtet
werden. Da können alle fblitiker
noch so sehr an der Glaubwür
digkeit unseres Landes arbeiten.
Mit einem solch unglaublichen
Vorgang wird das Vertrauen so
wohl in den Staat als auch in
die Justiz nicht gemehrt, son
dern gemindert. Der Spott der
internationalen Medien ist un
serem Land und speziell unserer
Polizei sicher.
Es stellt sich nun die Frage
nach der Verantwortung. Mei
nes Erachtens liegt die Verant
wortung hierfür bei Polizeichef
Reto Brunhart. Ein Polizeichef
ist ßr eine ordnungsgemässe
Hausdurchsuchung und eine
ordnungsgemässe Verzeich
nung der beschlagnahmten Un
terlagen verantwortlich - be
sonders bei einem ßr unser
Land so wichtigen Fall. Man
muss sich mal vorstellen; Bei
der Polizei weiss man seit min
destens rund drei Wochen von
diesem Vorfall und der Polizei
chef erklärte vorgestern ge
genüber dem Volksblatt, er wis
se von nichts. Ein deutlicher
Beweis daßr, dass zwischen
der Belegschaft der Polizei und
Polizeichef Reto Brunhart keine
Kommunikation mehr vorhan
den und somit ein Zusammen
arbeiten nicht mehr möglich
ist. Wie lange will die Regie
rung diesem Treiben noch zuse
hen? Liechtenstein braucht ei
nen neuen Polizeichef - und
zwar dringend. Es geht um die
Glaubwürdigkeit der Landespo
lizei - auch gegenüber dem
Ausland. Diese kann nach die
sem Fall nur durch den Rück
tritt des Polizeichefi wieder
hergestellt werden.
Alexander Batliner
V