Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
AUSLAND 
Dienstag, 10. Oktober 2000 21 
Ultimatum ist abgelaufen 
Keine Aussicht auf Ende der Gewalt: Unruhen gehen weiter - wieder acht Todesopfer 
JERUSALEM: Die israeli 
sche Regierung hat am 
Montagahend das Ultima 
tum an Palästinenserprä 
sident Jassir Arafat für 
beendet erklärt. Ein Ende 
der Gewalt sei aber nicht 
abzusehen, hiess es von 
Seiten der israelischen 
Regierung. 
Während UNO-Generalsekretär 
Kofi Annan in der Region ein 
traf, um eine Verschärfung der 
Krise zu verhindern, machten 
israelische Regierungsvertreter 
deutlich, dass es bisher «keiner 
lei Anzeichen» gebe, dass Palä 
stinenser-Präsident Jassir Araf 
at die Bedingungen der Israelis 
erfüllt habe. 
Aussenminister Schlomo 
Ben-Ami lehnte nach einem 
Gespräch mit Annan das von 
den USA vorgeschlagene Gip 
feltreffen in Ägypten zum ge 
genwärtigen Zeitpunkt ab. «Ei 
ne solche Konferenz kann erst 
stattfinden, wenn die Gewalt 
vollständig gestoppt wird», 
sagte der Minister. Ministerprä 
sident Ehud Barak rief am 
Abend sein Kabinett zu einer 
Sondersitzung zusammen. 
Aufruf zu Besonnenheit 
Kofi Annan sagte nach seiner 
Ankunft in Tel Aviv, wichtigs 
tes Ziel seiner Reise sei es, die 
Ausweitung der Krise zwischen 
Israel und seinen Nachbarn zu 
verhindern. Auch der russische 
Aussenminister Igor Iwanow 
rief am Montag alle Seiten zu 
Besonnenheit auf. 
«Die Gefahr einer Eskalation 
besteht weiterhin», sagte er 
dem nissischen Fernsehsender 
ORT in einem Telefoninterview 
während seiner Blitztour durch 
die Krisenregion. Er war nach 
Gesprächen in Syrien und Liba 
non am Montag auf dem Weg 
nach Israel. 
Iwanow bestätigte, dass ein 
Mitglied seiner Delegation in 
Libanon mit Hisbollah-Chef 
Scheich Hassan Nasrallah zu 
sammengetroffen sei. Die Schi 
iten-Miliz hat drei israelische 
Soldaten verschleppt Der rus 
sische Aussenminister sollte in 
Israel mit Ministerpräsident 
Ehud Barak und im Gazastrei 
fen mit Palästinenserpräsident 
Jassir Arafat sprechen. 
Der aussenpolitische Reprä- 
Palästinenser demonstrierten auch gestern lautstark im Gazastreifen und im Westjordanland. 
sentant der EU, Javier Solana, 
wollte am heutigen Dienstag in 
die Region reisen. Solanas Mis 
sion solle vor allem dazu bei 
tragen, die Situation in Südli 
banon zu klären, hiess es in ei 
ner in Paris veröffentlichten Er 
klärung der EU- Ratspräsident 
schaft. 
In Kairo berieten in der Zwi 
schenzeit Ägyptens Präsident 
Husni Mubarak und Palästi 
nenserpräsident Arafat über 
Möglichkeiten zur Entschär 
fung der explosiven Lage. Der 
ägyptische Aussenminister 
Amr Mussa erklärte unterdes 
sen, der Nahost-Friedenspro- 
zess stehe vor dem Scheitern. 
Gewalt geht weiter 
Ungeachtet der internationa 
len Bemühungen um eine Bee- 
endigung der Gewalt zwischen 
Israelis und Palästinensern kam 
es am Montag in Israel und den 
Palästinensergebieten zu zahN 
reichen Gewalttätigkeiten, bei 
denen sieben Palästinenser und 
ein Israeli getötet wurden. 
Bei Zusammenstössen zwi 
schen hunderten palästinensi 
schen Demonstranten und isra 
elischen Soldaten wurden im 
Gazastreifen und im Westjord 
anland darüberhinaus bis zum 
Abend mindestens 60 Men 
schen verletzt. Die Ausschrei 
tungen folgten meist nach Be 
erdigungen von Opfern der 
jüngsten Unruhen. 
In der überwiegend arabisch 
besiedelten nordisraelischen 
Stadt Nazareth wurden bei 
schweren Zusammenstössen 
zwischen israelischen Arabern 
und Juden in der Nacht zu 
Montag zwei israelische Araber 
(Bild: Keystone) 
von der Polizei erschossen. 
Mehrere Araber wurden schwer 
verletzt. Aus ganz Israel wur 
den erneut Übergriffe von Ju 
den gegen israelische Araber 
und Palästinenser gemeldet. 
Die wichtigsten Daten des Friedensprozesses 
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Sozialdemokraten gewinnen WaM in Litauen 
Herbe Niederlage für die regierenden Konservativen 
WILNA: Die Sozialdemokraten 
haben die Parlamentswahl in 
Litauen gewonnen, könnten 
sich aber trotzdem in der Op 
position wiederfinden. Nach 
Auszählung aller Stimmen am 
Montag erhielten die Sozial 
demokraten 31 Prozent und 
damit 51 der 141 Parlaments 
sitze. 
Auf dem zweiten Platz folgte 
mit 19 Prozent und 29 Sitzen 
die linksgerichtete Neue Union. 
Die Liberale Union unter 
Führung des populären Bürger 
meisters von Wilna und frühe 
ren Regierungschefs, Rolandas 
Paksas, erreichte zwar nur 17 
Prozent der Stimmen, auf sie 
entfielen wegen zahlreicher Di 
rektmandate aber 34 Sitze. Bei 
de Parteien erklärten, sie woll 
ten gemeinsam die Regierung 
übernehmen. 
Parteivorstaende. Algirdas Bra- 
zauskas bei der Stimmabgabe. 
Die regierenden Konservati 
ven mussten eine herbe Nieder 
lage hinnehmen; Lediglich acht 
Prozent der Stimmen entfielen 
auf die Partei von Ministerpräsi 
dent Andrius Kubilius, die für 
die wirtschaftlichen Probleme 
des Landes verantwortlich ge 
macht wird. In einer Stellung 
nahme des Büros von Präsident 
Valdas Adamkus hiess es, die Li 
berale und die Neue Union hät 
ten erklärt, sie könnten sich im 
Parlament eine Mehrheit si 
el :rn. 
)ie beiden Parteien verfügen 
toi lammen über 66 Sitze,, für ei- 
m Mehrheit benötigen sie 71. 
P ; Zentrumsunion,' die drei Sit 
ze* erlangte, hatte vor der Wahl 
angekündigt, sie wolle sich der 
Koalition anschliessen. Ausser 
dem könnten unabhängige Ab 
geordnete die Liberale und die 
Neue Union unterstützen. 
Sozialdemokraten sind 
rärgert 
Die Sozialdemokraten rea 
gierten verärgert auf die 
Ankündigung. «Es erscheint mir 
merkwürdig, dass die Partei, die 
den grössten Stimmanteil er 
reichte, in die Opposition ge 
zwungen wird», sagte der Par 
teivorsitzende Algirdas Bra- 
zauskas. Beobachter hielten 
zunächst eine Regierungsbil 
dung der Sozialdemokraten mit 
der Neuen Union fiir wahr 
scheinlich. Die Neue Union hat 
te sich jedoch einigen Gesetzes 
initiativen der Sozialdemokra 
ten widersetzt, darunter einer 
Reform der Einkommenssteuer, 
die wohlhabendere Bürger stär 
ker belastet hätte. 
Bereits Wochen vor der Wahl 
hatten die Neue Union, die Li 
berale Union und die kleinere 
Zentrumsunion angekündigt, 
wenn möglich eine Regierungs- 
koalition einzugehen. 
« 
NACHRICHTEN 
Anklage gegen 
Klump zugelassen 
\ STUTTGART: Noch in die- 
- sem Jahr soll in Stuttgart 
der Prozess gegen die mut 
massliche RAF-Terroristin 
Andrea Klump beginnen. 
Das Oberlandesgericht hat 
■ jetzt die Anklage gegen die 
im September 1999 in Wien 
gefasste 43-Jährige zugelas- 
' sen, wie ein Sprecher ge- 
: stern auf Anfrage sagte. Das 
Verfahren vor dem Fünften 
Strafsenat wird voraussicht- 
; lieh im Hochsicherheitstrakt 
- in Stuttgart-Stammheim 
i stattlinden. Die Bundesan 
waltschaft wirft Klump Mit 
gliedschaft in einer terrori 
stischen Vereinigung, Ver- 
\ abredung des Mordes und 
versuchten Mordes vor. 
Siegfür 
Kwasniewski 
WARSCHAU: Der polnische 
Staatspräsident Aleksander 
j Kwasniewski ist mit 53,9 
Prozent der Stimmen für ei 
ne zweite Amtszeit gewählt 
i worden. Damit ist er nach 
\ dem amtlichen Endergebnis, 
das der Leiter der Staatlichen 
Wahlkommission am Mon 
tagabend in Warschau vor- 
! legte, klarer Wahlsieger. 
Kwasniewski erreichte als 
erstes polnisches Staatsober- 
: haupt in der jüngeren Ge- 
i schichte des Landes im ers 
ten Wahlgang die erforderli- 
' che absolute Mehrheit 
Kwasniewski, der seine 
| zweite Amtszeit am 23. De- 
; zember antritt, wurde für 
' fünf Jahre wiedergewählt. 
: Unter den zwölf Kandidaten 
! für das Präsidentenamt er- 
i reichte der parteilose And- 
izej Olechowski mit 17,3 
I Prozent der Stimmen den 
; zweiten Platz, gefolgt von 
■ dem konservativen Partei- 
i chef Marian Krzaklewski mit 
15,6 Prozent. 
Temelln geht ans 
Netz 
: PRAG: Die tschechischen 
> Behörden haben gestern die 
' Inbetriebnahme des umstrit 
tenen Atomkraftwerks Te- 
; melin genehmigt. Wie die 
j tschechische Nachriehtena- 
" gentur CTK berichtete, 
; konnten damit die Arbeiten 
! zur Aktivierung der Brenn- 
^ stäbe aufgenommen wer- 
. den. Dies dauert den Anga- 
; ben zufolge etwa 20 Stun 
den. Mehrere hundert öster- 
, reichische Demonstranten 
, blockierten zwei Grenzüber- 
; gänge nach Tschechien, um 
■ gegen die Inbetriebnahme 
i Temelins zu protestieren. 
; Der tschechische Staatsprä- 
• sident Vaclav Havel reagier- 
• te verhalten auf die Ent- 
■ scheidung. «Das einzige, 
; was wir zu diesem Zeit- 
' punkt tun können, ist zu 
: hoffen, dass die Anlage 
wirklich sicher ist». 
C
	        

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