Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
AUSLAND 
Montag, 9. Oktober 2000 21 
Nahost-Friedensprozess 
vom Aus bedroht 
Barak stellt Arafat Ultimatum - Mit noch härterem militärischem Einsatz gedroht 
JERUSALEM: Nach zehn 
tägigen blutigen Kämpfen 
zwischen israelischen Sol 
daten und Palästinensern 
war der Friedensprozess 
im Nahen Osten am 
Wochenende unmittelbar 
vom Aus bedroht. 
Der israelische Ministerpräsi 
dent Ehud Barak wiederholte 
am Sonntag seine ultimative 
Aufforderung an den palästi 
nensischen Präsidenten Jassir 
Arafat, die Angriffe von Paläs 
tinensern gegen Israelis im 
Westjordanland und Gazastrei 
fen bis Montagabend zu been 
den. Geschehe das nicht, werde 
er die Friedensgespräche dann 
als vorerst beendet betrachten 
und den israelischen Streitkräf 
ten ein noch härteres Vorgehen 
als bisher befehlen. 
Auch an der Grenze zu Liba 
non drohte eine neue Eskalati 
on der Gewalt, nachdem dort 
am Samstag drei israelische 
Soldaten von Guerillas der ra 
dikalislamischen Hamas-Miliz 
gefangengenommen worden 
waren. Der stellvertretende 
Verteidigungsminister Efraim 
Sneh sagte, Israel sei auch be 
reit, einen «Zweifrontenkrieg» 
zu führen, gegen Libanon und 
die Palästinenser. Gleichzeitig 
erklärte Minister Benjamin Ben 
Elieser, Libanon werde einen 
«hohen Preis bezahlen», wenn 
die Gefangenen nicht schnell 
frei gelassen würden. 
Unterhandlungen dafür wa 
ren im Gange. Der libanesische 
Ministerpräsident Selim el Hoss 
traf sich am Sonntag in Beirut 
mit dem dortigen Repräsentan 
ten des Internationalen Komi 
tees vom Roten Kreuz (IKRK), 
Henri Fournier. Fournier, der 
bereits früher solche Vermitt- 
EU will Lehren 
ziehen 
LUXEMBURG Dte^gU-; 
sehe Union will die Konse- ; 
quenzen aus den achtinona- 
tigen bilateralen Sanktionen 
gegen Österreich: ziehen und : 
einen Mechanismus zur 
Überwachung von unbot- 
mässigen Mitgliedstaaten in 
den EU-Vertrag einführen., " 
f Nach'.Verhandlungen. der 
EU-Aussenminis"ter, . hinter- 
Die Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern haben inzwischen'einen hohen Blutzoll gefordert. Ministerpräsident Ba 
rak drohte gestern mit härterem Vorgehen des Militärs, sollten die Palästinenser ihrerseits die Angriffe gegen Israelis nicht einstellen. 
lungsmissionen unternommen 
hatte, soll über den Austausch 
der drei Israelis für in Israel 
festgehaltene libanesische Ge 
fangene verhandeln. 
Barak sagte, er sei pessimis 
tisch, was die Fortführung 
der Friedensgespräche mit den 
Palästinensern betreffe. Der 
palästinensische Unterhändler 
Nabil Schaath machte hinge 
gen Israel für die sich drama 
tisch verschlechternde Lage 
verantwortlich. 
Wenn Barak wirklich Frieden 
wolle, solle er seine Soldaten 
aus «unseren Städten und Bal 
lungszentren» abziehen, sagte 
er dem US-Sender CNN. Araf 
ats Berater Nabil Aburdeneh 
bezeichnete das Ultimatum als 
eine Erpressung, die. die Region 
in Kriege führen werde. 
US-Präsident Bill Clinton te 
lefonierte am Wochenende 
mehrmals mit Barak und Ara 
fat, um den weiteren Zerfall 
seiner Friedensinitiative zu ver 
hindern. 
Israelische Regierungsvertre 
ter sagten, Clinton wolle für 
Dienstag ein Gipfeltreffen ar 
rangieren. Im Washingtoner 
Aussenministerium hiess es 
aber, davon wisse man nichts. 
Der UN-Sicherheitsrat for 
derte in einer Resolution am 
Samstagabend die sofortige 
Wiederaufnahme der Friedens 
verhandlungen und sprach sich 
für eine eingehende Untersu 
chung der Kämpfe aus, bei de 
nen bislang 82 Palästinenser 
getötet wurden. Er verurteilte 
die israelische Provokation 
vom 28. September, womit der 
demonstrative Besuch des rech 
ten Oppositionsführers Ariel 
Scharon am Tempelberg ge 
meint ist, der die Unruhen aus 
gelöst hatte. 
Jordanien verschiebt Ent 
sendung von Botschafter 
Die Beziehungen Israels zu 
den arabischen Nachbarlän 
dern verschlechterten sich 
durch die jüngsten Ereignisse 
ebenfalls. Jordanien verschob 
die Entsendung seines neuen 
Botschafters in Tel Aviv am 
Sonntag auf unbestimmte Zeit. 
Baraks Sicherheitsberater 
Generaloberst Uzi Dajan erklär 
te, es könnten auch die Haupt 
quartiere der Verantwortlichen 
für die Gewalt angegriffen wer 
den. 
Die Streitkräfte würden bei 
einer Eskalation der Gewalt 
nicht länger nur reagieren, 
sondern gezielt eingreifen. Im 
Westjordanland und im Gaza 
streifen kam es am Sonntag 
wieder zu Auseinandersetzun 
gen zwischen israelischen Sol 
daten und Palästinensern. 
Israelische Truppen spreng 
ten unterdessen am Sonntag im 
Gazastreifen zwei mehrstöckige 
Wohnhäuser, aus denen in den 
vergangenen Tagen immer wie 
der auf sie geschossen worden 
war. 
Vojislav Kostunica vereidigt 
Gespräche zur Regierungsbildung in Jugoslawien beginnen 
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BELGRAD: Nach dem histori 
schen Machtwechsel in Jugo 
slawien steht der neue Staats 
präsident Vojislav Kostunica 
vor der schwierigen Aufgabe 
der Regierungsbildung. 
Sein Wahlkampfmanager Zo 
ran Djindjic sprach sich für «ei 
ne Regierung der Diskonti 
nuität» aus. Die Parteigenossen 
des gestürzten Präsidenten Slo 
bodan Milosevic sollen aus der 
neuen Führung des Landes 
weitgehend ausgeschlossen 
werden. Im Parlament verfügen 
die Sozialisten und ihre Ver 
bündeten jedoch noch über ei 
ne Mehrheit. Bei seiner Vereidi 
gung am Samstagabend rief 
Kostunica die Abgeordneten 
auf, alte Feindseligkeiten zu 
begraben, die zu Blutvergiessen 
und Chaos geführt hätten. 
«Ich glaube, dies ist ein wirk 
lich historischer Moment», sag 
te der sichtlich bewegte Kostu 
nica, als er vor dem Parlament 
in Belgrad seinen Amtseid ab 
legte. «Wir haben in einem 
System ohne Demokratie ge 
lebt. Jetzt existiert sie», betonte 
Kostunica. «Mir kommt das al 
les vor wie ein Traum. Ein 
Traum, der wahr geworden ist.» 
Er werde Jugoslawien in die 
internationale Staatengemein 
schaft zurückführen, versprach 
der neue Präsident. Nach seiner 
Vereidigung erhielt er stürmi 
schen Beifall von den Abgeord 
neten. ' 
Anwesend waren auch Par 
teigenossen Milosevics, darun- 
Mit der Vereidigung von Kostu 
nica zum neuen Präsidenten 
wurde in Serbien der histori 
sche Machtwechsel vollzogen. 
ter der serbische Präsident Mi 
lan Milutinovic. Die Teilrepu 
blik Serbien, in der 90 Prozent 
der jugoslawischen Bevölke 
rung leben, wird noch immer 
von Anhängern des entmachte 
ten Milosevic regiert. Milutino 
vic, der wie Milosevic wegen 
Kriegsverbrechen vor dem UN- 
Tribunal in Den Haag ange 
klagt ist, kontrolliert fast 
100.000 Polizisten und einen 
Grossteil der Wirtschaft des 
Landes. Die Verfassung gibt 
dem serbischen Präsidenten 
grundlegendere Machtbefug 
nisse als dem jugoslawischen 
Staatsoberhaupt. 
Unterdessen beanspruchte 
die Sozialistische Volkspartei 
der Teilrepublik Montenegro 
den Posten des jugoslawischen 
Ministerpräsidenten für sich. 
Wenn der Präsident aus Serbien 
kommt, muss der Regierungs 
chef laut Verfassung ein Mon 
tenegriner sein. Die montene 
grinischen Sozialisten unter 
stützten Milosevic bis zu sei 
nem Sturz. Milosevic selbst 
hatte am Freitagabend seine 
Niederlage anerkannt. «Ich gra 
tuliere Herrn Kostunica zu sei 
nem Wahlsieg und wünsche 
allen Bürgern Jugoslawiens 
viel Erfolg», sagte Milosevic in 
einer Fernsehansprache. 
Kwasniewski 
bestätigt 
WARSCHAU: Der polnische 
Präsident Alexander Kwasniew 
ski ist am Sonntag laut einer 
Wählernachfrage mit 56 Pro 
zent der Stimmen für eine 
zweite Amtszeit wiedergewählt 
worden. Der 46-Jährige setzte 
sich damit gegen elf Konkur 
renten durch, darunter auch 
Solidarnosc-Gründer Lech Wa 
lesa, der nur auf 0,8 Prozent 
der Stimmen kam. Bei der Wahl 
1995 hatte Kwasniewski Wale 
sa knapp besiegt. Um eine 
Stichwahl zu vermeiden, 
benötigte er im ersten Wahl 
gang die absolute Mehrheit der 
Stimmen. Deutlich hinter 
Kwasniewski, der als klarer 
Favorit ins Rennen gegangen 
war, auf Platz zwei lag der 
Nachfrage zufolge der un 
abhängige Wirtschaftswissen 
schaftler Andrezj Olechowski 
mit 18 Prozent der Stimmen. 
Dritter wurde demnach der 
Führer des Wahlbündnisses 
Solidarnosc, Marian Krzaklewsk, 
der 13,7 Prozent erhielt. 
NACHRICHTEN 
Clinton: Rückblick 
auf achtjährige 
Regierungszelt 
WASHINGTON: In einem 
Rückblick auf seine acht 
jährige Regierungszeit hat 
US-Präsident Bill Clinton 
erneut sein Bedauern über 
sein Verhalten in der Le- 
winsky-Affäre geäussert. 
«Ich habe einen schreckli 
chen persönlichen Fehler 
gemacht, den ich erst ein 
Jahr später versucht habe, 
wieder gutzumachen, und 
mit dem ich leben musste», 
sagte Clinton dem Magazin 
«New Yorker». «Der Fehler 
hat meiner Familie, meiner 
Regierung und dem Land 
sehr viel Schmerz zuge 
fügt.» Die Lewinsky-Affäre 
hatte 1998 die Öffentlich 
keit monatelang in Atem 
gehalten. Clinton hatte eine 
sexuelle Beziehung zu der 
Ex-Praktikantin im Weissen 
Haus zunächst unter Eid ge 
leugnet, später jedoch ein 
geräumt. 
Machtwechsel 
in Litauen 
wahrscheinlich 
WILNA: In Litauen ist am 
Sonntag ein neues Parla 
ment gewählt worden. Es 
wurde mit der Abwahl der 
konservativen Regierung 
gerechnet. Die hohe Wahl 
beteiligung liess auf die Un 
zufriedenheit der Bevölke 
rung schliessen. Die Wahl 
lokale schlössen um 20.00 
Uhr. Erste Ergebnisse wur 
den nach Angaben der 
zentralen Wahlkommission 
nicht vor Mitternacht er 
wartet. Die Wahlbeteiligung 
lag wahrscheinlich knapp 
unter 60 Prozent und war 
damit höher als bei früheren 
Wahlen. 
Belgien: Rechte 
extreme legten zu 
BRÜSSEL: In Belgien bleibt 
der rechtsextreme Vlaams 
Blok eine starke politische 
Kraft im Land. Bei den 
Kommunalwahlen vom 
Sonntag konnte die auslän 
derfeindliche Partei in ihrer 
Hochburg Antwerpen offen 
bar stark zulegen. Nach 
ersten offiziellen Angaben 
vom frühen Sonntagabend 
legte die Partei, welche die 
Auflösung Belgiens und ei 
nen eigenen flämischen 
Staat fordert, in Antwerpen 
stark zu. Die Hafenstadt 
und Industriemetropole ist 
die Hochburg des Vlaams 
Blok. 
Erneut Anschlag 
auf Reedereibüro 
In Griechenland 
ATHEN: Zum dritten Mal 
seit dem Untergang der 
griechischen Fähre «Express 
Samina» Ende September ist 
am Sonntag ein Anschlag 
auf ein Büro des Schiffseig 
ners verübt worden. Wie die 
Polizei mitteilte, explodierte 
am frühen Morgen ein 
Brandsatz vor einem Büro 
der Reederei Minoan Flying 
Dolphins in der nordgrie 
chischen Stadt Saloniki. Es 
entstand Sachschaden an 
der Front des Gebäudes, 
verletzt wurde niemand. Der 
Brandsatz bestand aus zwei 
Propangasflaschen. Ein 
Feuer, das nach der Explosi 
on ausbrach, konnte nach 
Polizeiangaben rasch 
gelöscht werden. 

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