1 0 Mittwoch, 4. Oktober 2000
WELTTIERTAG
Liechtensteiner VOLKSBLATT
«Wer will mich haben?»
Das Tierheim Schaan setzt alles daran, dass obdachlose Tiere ein neues Zuhause finden
Bello und Fiffi hatten ei
gentlich ein Hundeleben
wie aus dem Bilderbuch.
Doch dann trennten sich
Frauchen und Herrchen
und die beiden Wauzis
landeten im Tierheim.
Unzählige Hunde und
Katzen warten am heuti
gen Welttiertag auf ein
neues, gutes Plätzchen.
Janine Köpfli
«Miau, miau!» Mit traurigen
Augen beobachtet Kater Tom,
was sich vor seinem Käfig ab
spielt. Seit Anfang September
lebt der Stubentiger im Tier
heim in Schaan und hofft auf
ein neues Zuhause. An die 100
Katzen und ebensoviele Hunde
erleiden in Liechtenstein jähr
lich dieses Schicksal. In Müll
tonnen entsorgt oder bei Um
zügen vergessen, kommen sie
als Findel- und Verzichtstiere
ins Heim, wo sich tierliebende
Menschen vorübergehend um
14-jährige Hündin ihren
bensabend.
Le-
Gibt es ein Happy End?
Auch Wuschi, Ferdinand,
Rambo und Schouschou wün
schen sich ein Happy End. Die
Tierheim-Crew in Schaan ist
sehr engagiert und setzt alles
daran, dass ihre kleinen
Schützlinge so schnell wie
möglich ein neues und gutes
Plätzchen finden. Das Tier
schutzhaus im Rietacker ist je
doch kein Supermarkt, wo jeder
seine «Ware» begutachten, zah
len und gleich mitnehmen
kann. Zu oft vergessen Möchte
gernhaustierhalter, dass es sich
um Lebewesen und nicht um
eine Sache handelt. «Wenn je
mand ein Tier zu sich nehmen
möchte, muss derjenige vor
weisen, dass er für das Tier sor
gen kann. Das soll keine Schi
kane sein. Wir wollen den Leu
ten einfach klar machen, was es
bedeutet, ein Haustier zu hal
ten», so Yvonne Risch. «Wir be
suchen sogar das mögliche
neue Zuhause, um zu sehen, ob
es wirklich für das Tier geeig
net ist.»
Dass Geissbock Ferdinand
heute in einem schönen grossen
Garten am Klee knabbern kann,
•hat er dem Tierheim zu verdan
ken. Eine Frau hat den herren
losen Streuner damals gefun
den und ins Tierheim gebracht.
Es hat sich niemand gemeldet
und die Tierpfleger machten
sich ernsthafte Gedanken, wo
sie mit dem «Stinktier» hin
Die Tiere bekommen sehr viel Zuneigung im Heim. Die Pfleger kümmern sich regelmässig um ihr Fell und wenden viel Zeitßr lange
Spaziergänge auf, damit die Hunde genügend Auslauf bekommen.
(Bilder: manu)
sollten. Schliesslich nahm eine
Familie mit Kindern und einem
grossen Haus mit riesigem Gar
ten den Geissbock auf.
Seit Anfang September hofft Ka
ter Tom auf ein neues Zuhause.
sie kümmern. «Es gibt auch
Leute, die ihre Haustiere für ei
nen Ferienaufenthalt abgeben
und danach einfach nicht mehr
abholen», erzählt Yvonne
Risch, Präsidentin des Liech
tensteiner Tierschutzvereins,
und krault der Hundedame Dai-
sy liebevoll den Kopf. Daisy
war fünf Jahre alt, als sie in ei
nem schlimmen Zustand ins
Tierheim kam. Niemand wollte
den Rauhaardackel mit den ge
brochenen Beinchen. Yvonne
Risch nahm das arme Tierchen
bei sich auf. Heute geniesst die
Beatrice Cornuz (links) und Yvonne Risch liegt sehr viel daran,
dass ihre Schützlinge schnell ein gutes Zuhause finden.
Ein neues Tierheim
Zu schnell herrscht im 1973
erbauten Tierschutzhaus «Full-
house». Daher freuen sich nicht
nur die Katzen, Hunde und an-
, dpren Kleintiere auf den Umzug
ins neue Tierheim im kommen
den Frühjahr. Das Gebäude und
die Auslaufgehege im Schaaner
Grossriet sind grösser und er
möglichen eine noch artge
rechtere Haltung. Yvonne Risch
weiss jedoch, dass verstossene
Tiere so oder so ungeheuer lei
den. Oberstes Ziel des Tierhei
mes ist und bleibt daher, so
schnell wie möglich ein neues
und vor allem gutes Plätzchen
für alle Wauzis, Pussycats,
Meerschweinchen und Bugs-
bunnies zu finden.
«Anlässlich des Welttiertages
wünsche ich mir eine bessere
Rechtsstellung für alle Tiere
und dass fühlende Wesen nicht
länger als Sache für verschie
denste Zwecke missbraucht
werden», meint die Tierliebha
berin.
Viele Tiere - wie zum Beispiel dieser Wauzi - kommen auch nur
als Tages- oder Feriengäste ins Tierheim Schaan.
Minidrachen: Ungewöhnliche Haustiere
Vier Schlangen und drei Leguane teilen sich mit Achmad aus Mauren ein Zimmer
Achmad Ritter aus Mauren hat eine Vorliebe für exotische Haus
tiere. Seine Königsbyton ist jedoch sehr pflegeleicht.
Zusammen mit Schlangen und
Leguanen in einem Zimmer zu
schlafen, dass ist sicher nicht
jedermanns Sache. Doch für
Achmad Ritter aus Mauren ist
das kein Problem. Sein Bett
steht in einem Urwald von
Terrarien mit ganz unter
schiedlichen Reptilien darin.
Manuela Schädler
Unter einer Wurzel züngelt ein
helles Boa Constrictor-Weib-
chen (Abgottschlange) hervor.
Sie ist ca. 1,40 Meter lang.
«Diese Schlangenart kann bis
zu 3 Meter lang werden», be
richtet Achmad Ritter. Die
Schlange trägt zur Zeit Junge
und ist deswegen ein bisschen
reizbar. «Ich hoffe, es werden
nicht allzu viele», sagt der
Schlangenbesitzer. Eine Boa
kann bis zu 100 Junge bekom
men. Ein Terrarium weiter
schlängelt das Männchen der
Boa Constrictor umher. «Diese
Boas haben bis zu 20 verschie
dene Unterarten, und es werden
immer mehr entdeckt», erzählt
Achmad. Irgendetwas raschelt
hinter dem Bett.
Byton für Anfänger
Eng in sich zusammenge
schlungen liegt die Königs
byton in einem ausgehöhlten
Baumstamm hinter sicheren
Glasscheiben. Sie ist etwa 1,20
Meter lang und sehr einfach zu
halten. «Diese Schlangen sind
besonders für Anfänger geeig
net», erklärt Achmad und öff
net das Terrarium und hebt den
Baumstamm ein bisschen an,
damit man das faszinierende
Tier besser sehen kann. In einer
transparenten Kiste wohnt
Achmads ganzer Stolz. Auf
dem Boden ist Wasser mit Torf
vermischt. Um einen Ast ge
wickelt, schaut der grüne
Hunzkopfschlinger mit leuch
tend gelben Augen ins Zimmer.
«Diese Schlange ist sehr heikel.
Sie braucht mindestens 90 bis
100 Prozent Luftfeuchtigkeit,
ansonsten stirbt sie», erzählt er.
Wieder kratzt etwas hinter dem
Bett.
Reptilien aus privater
Zucht
Wie in einem Urwald sieht es
im Terrarium der drei jungen
Leguane aus. Achmad öffnet
die Glastüre und holt den
Kleinsten von allen heraus. Der
etwa 15 Zentimeter grosse Mi
nidrache läuft auf der Hand hin
und her und versucht den Dau
men zu schnappen. «Der kann
noch bis zu zwei Meter gross
werden», sagt Achmad. Der Un
terländer hat seine Tiere von
privaten Leuten, die selbst exo
tische Tiere züchten, oder aus
eigener Zucht. Es raschelt im
mer noch hinter dem Bett.
«Wer sich so ein Tier anschaf
fen will, sollte sich mit einem
Halter in Verbindung setzen,
eine ruhige Hand haben, sich
mit Büchern über die Tiere in
formieren und auf keinen Fall
Tiere direkt aus der Freiheit
kaufen», empfiehlt der Reptili
enliebhaber. Achmad selbst ha
ben diese Tiere schon immer
gut gefallen. «Ich war auch im
mer gerne im Zoo», erzählt er.
Es raschelt wieder hinter dem
Bett. Achmad bückt sich und
holt eine griechische Schild
kröte hervor. «Die läuft immer
frei in meinem Zimmer herum»,
lacht er und streichelt ihr über
den ledrigen Kopf.