Liechtensteiner VOLKSBLATT
LAND UND LEUTE
Mittwoch, 4. Oktober 2000 9
Miteinander ja - aber wie?
Interregionale Fachtagung in Bregenz
Die Integration von Zu-
wanderern kommt den
Staat billiger als die Folge
kosten durch Nichtintegra-
tion. Dies war eine der
zentralen Aussagen an der
Fachtagung «Integration
von Migrantinnen in der
offenen Jugendarbeit»,
welche mit über 80 Teil
nehmern am 25. Septem
ber in Bregenz stattfand.
Die Fachtagung griff ein bren
nendes und aktuelles Thema
auf: In vielen Gemeinden und
Einrichtungen der offenen Ju
gendarbeit stehen die Verant
wortlichen vor teilweise grossen
Schwierigkeiten, die u.a. mit der
Begegnung verschiedener Kul
turen zusammenhängen. Die
Fachtagung griff diese Probleme
auf, vermittelte ein tieferes Ver
ständnis für die Wirkungszu-
sammenhänge, gab neue Impul
se und zeigte Modelle für die In
tegrationsarbeit auf.
Mag. Peter Zuser, Politologe
und Mitarbeiter des Wiener In
tegrationsfonds wies in seinem
Gmndlagenreferat darauf hin -
was vorher bereits der Vorarl
berger Landrat Dr. Hanspeter Bi
schof in seinen Begrüssungs-
worten betont hatte dass alle
zentraleuropäischen Staaten
Einwanderungsländer sind. Die
se seien auf ausländische Ar
beitskräfte angewiesen. Ohne
Migranten käme es zudem zu
Fachtagung in Bregenz: von links, Martin Benteie (Sozialakademie Bregenz), Thomas Wieland (Kanton St. Gallen), Dr. Marcus Büchel
(Amt für Soziale Dienste), Landesrat Dr. Hans Peter Bischof (Bregenz), und Andreas Hobi (Kanton St. Gallen).
einem rapiden Bevölkerungs
rückgang bei einer gleichzeiti
gen Vergreisung der Gesell
schaft. Zuser fordert, Integration
müsse als «demokratiepoliti
scher Imperativ» verstanden
werden. Hinter diesem Begriff
steht, dass Zuwanderer durch
die Dauer ihres Aufenthaltes Teil
der Bevölkerung werden.
Nicht eine Form der kulturel
len Angepasstheit, nicht die Zu
gehörigkeit zu einem als Ab
stammungsgemeinschaft ge
dachten Volk und auch nicht die
rechtliche Unterscheidung in
Staatsbürger und Ausländer,
sondern die Dauer der Nieder
lassung stelle das entscheidende
Kriterium dar. Wenn die Gesell
schaft akzeptiere, dass sie zu ei
ner Einwanderungsgesellschaft
geworden sei, müsse aus demo
kratiepolitischen Gründen eine
Angleichung der Rechte der Zu
wanderer an jene der Mitglieder
der Aufnahmegesellschaft ge
ben. Dies bedeute im Bereich der
kulturellen Integration zunächst
einmal die Anerkennung der
Zuwanderer und ihrer mitge
brachten Kultur als prinzipiell
gleichwertig. Migranten müss-
ten als gleichberechtigte Mit
glieder anerkannt werden.
Viel Beachtung fand das Re
ferat des Leiters des Amtes für
Migration-Integration der Stadt
Basel, Thomas Kessler, der das
Basler Integrationsleitbild vor
stellte. Der Kern dieses Pro-
grammes: Der Staat wartet nicht
mehr, bis er durch die Probleme
fehlender Integration zu teuren
Massnahmen (Arbeitslosigkeit,
Fürsorge, Gesundheitswesen,
Justiz) gezwungen wird. Er
sorgt stattdessen durch eine en
gagierte Begrüssung der Zu
wanderer, professionelle Infor
mation, soziale Vernetzung im
Quartier und ein Sprachkursan
gebot dafür, dass diese auf ho
hem Niveau in den Integra-
tionsprozess einsteigen und
möglichst selbstständig zu Er
folg kommen.
Dieser ressourcenorientierte
Ansatz komme zudem dem
Staatshaushalt wesentlich billi
ger als die bisherige defizitsori
entierte Ausländerpolitik.
In den Arbeitsgruppen am
Nachmittag wurden Beispiele
flir geglückte Projekte interkul
tureller Jugendarbeit vorgestellt
und diskutiert. Der Wunsch
nach einer Vernetzung in die
sem Bereich wurde von vielen in
der Jugendarbeit Tätigen ausge
sprochen. Mit einer humorvol
len Zusammenfassung durch die
Kabarettistin Lydia Pfister fand
die Tagung einen passenden
Abschluss. Optimismus, Motiva
tion und viel Engagement der
Teilnehmenden waren spürbar.
Die interregionale Fachta
gung wird im Zweijahres Turnus
vom Familien- und Jugendrefe
rat der Vorarlberger Landesre
gierung, dem Amt für Soziales
des Kantons St. Gallen und dem
Amt für Soziale Dienste Liech
tenstein organisiert und richtet
sich schwerpunktmäßig an in
der Jugendarbeit tätige und Ju
gendkommissionsmitglieder.
Kinder- und Jugenddienst,
Amt für Soziale Dienste
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