Liechtensteiner VOLKSBLATT
AUSLAND
Montag, 2. Oktober 2Q00 21
Israel fahrt Panzer auf
Mindestens 27 Tote bei blutigen Unruhen im Westjordanland seit Freitag
JERUSALEM: Angesichts
der schwersten Unruhen
in den palästinensischen
Gebieten seit vier Jahren
setzen die israelischen
Streitkräfte verstärkt ihre
militärische Übermacht
ein.
Im Gazastreifen wurden Artil
lerieraketen auf palästinensi
sche Stellungen abgefeuert, am
Stadtrand von Nablus fuhren
Panzer auf. Bis Sonntag wur
den bei den dreitägigen Zusam-
menstössen 27 Menschen getö
tet und mehr als 700 verletzt.
Zu schweren Kämpfen kam
es am Sonntag um das Grab des
biblischen Patriarchen Joseph,
einem israelisch kontrollierten
Gelände in der Stadt Nablus im
Westjordanland. .Palästinenser
verschanzten sich dort auf
Dächern der Umgebung und
nahmen israelische Soldaten
unter Beschuss. Andere schös
sen vom Boden aus über die
Umzäunung oder warfen
Brandsätze in das Gelände. Die
israelischen Truppen erwider
ten das Feuer und wurden Au
genzeugen zufolge von Hub
schraubern unterstützt. Nach
Auskunft von Ärzten wurden
am Grab Josephs vier Palästi
nenser erschossen, unter ihnen
ein zehnjähriger Junge. Ein
weiterer Schauplatz von ge-
Zwischen Palästinensern und Israelis kam es auch am Wochenende wieder zu Auseinandersetzungen.
waltsamen Zusammenstössen
war die jüdische Siedlung
Netzarim im Gazastreifen. Dort
wurden israelische Soldaten
auch von palästinensischen Si
cherheitskräften in Uniform
wie in Zivil beschossen und
von mehreren hundert Men
schen mit Steinen beworfen. Im
gesamten Gazastreifen wurden
am Sonntag drei Palästinenser
erschossen und mindestens 60
verletzt. Eine weitere Schiesse
rei tobte in der Stadt Ramallah,
wo israelische Soldaten von ei
nem Hotel aus auf palästinensi
sche Kämpfer schössen. In Na-
zareth, einer israelischen Stadt
mit hohem arabischen Bevölke-
rungsanteil, griffen mehrere
hundert Jugendliche israelische
Polizisten mit Steinen an. Diese
setzten Tränengas und gummi
ummantelte Stahlgeschosse ge
gen die Palästinenser ein. Die
Hauptstrasse der Stadt war von
brennenden Reifen blockiert,
schwarzer Rauch stieg in den
Himmel.
Keine Ergebnisse brachte ein
Telefongespräch des israeli
schen Ministerpräsidenten
Ehud Barak mit dem palästi
nensischen Präsidenten Jassir
Arafat. Anschliessend Hess Ba
rak erklären, er werde nicht zu
lassen, dass Gewalt für die Frie
densverhandlungen instrumen
talisiert werde.
Serbische Opposition rüstet sich zum Generalstreik
Lastwagen blockieren Strassenkreuzungen - Kohlekumpel und Eisenbahner legen Arbeit nieder
BELGRAD: Mit ersten Stras-
senblockaden und Arbeitsnie
derlegungen haben sich die
Regimegegner in Jugoslawien
auf den für Montag geplanten
Generalstreik vorbereitet.
Die Wahlkommission lehnte ei
nen Einspruch der Opposition
gegen das offizielle Wahlergeb
nis ab, mit dem eine Stichwahl
am 8. Oktober angesetzt wird.
Das Oppositionsbündnis DOS
beansprucht schon nach dem
ersten Wahlgang die absolute
Mehrheit für ihren Kandidaten
Vojislav Kostunica. Staatschef
Slobodan Milosevic geriet am
Wochenende auch im Ausland
weiter unter Druck. Unter dem
Beifall einer jubelnden Men
schenmenge rollte am Sonntag
ein Konvoi von 60 Lastwagen
durch die mittelserbische Stadt
Cacak, unterwegs zur wichtigs
ten Autobahnverbindung zwi
schen Belgrad und den südli
chen Landesteilen. Diese soll
am Montag vollständig
blockiert werden. Zu kleineren
Strassenblockaden kam es am
Sonntag in Belgrad. An vier
Kreuzungen blieben die Autos
stehen, während Passanten mit
Pfeifen und Spielzeugrasseln
ihren Protest gegen die Ent
scheidung der Regierung zum
Ausdruck brachten, fiir den 8.
Oktober eine Stichwahl anzu
setzen. Bereits am Samstag
gingen in der Hauptstadt er
neut mehrere tausend Men
schen gegen Milosevic auf die
Strasse. Die Arbeiter des gröss-
ten serbischen Kohlebergwerks
in Kolubara legten am Samstag
die Arbeit nieder. Etwa 1000
Arbeiter einer Kohlegrube in
Kostulac schlössen sich ihnen
am Sonntag an, wie die unab
hängige Nachrichtenagentur
Beta meldete. Zu ersten Ar
beitsniederlegungen kam es
auch in einer Ölraffinerie und
im Bahnverkehr. «Am Montag
piuss alles still stehen, um Mi
losevic von dem Platz zu ver
treiben, der ihm nicht länger
gehört», sagte Oppositionsfüh
rer Zoran Djindjic.
CDU und FDP
feiern Einheit
Wiedervereinigung: Streit unter Parteien
BERLIN: In Deutschland strei
ten sich die Parteien um ihre
Verdienste bei der Wiederver
einigung vor zehn Jahren.
Bei einer Feier zum Zusam-
menschluss der CDU aus West
und Ost griff Ex- Kanzler Hel
mut Kohl am Sonntag erneut
die SPD-Führung an, drückte
sich aber moderater aus als an
den Vortagen.
Die deutsche Einheit gehöre
keiner Partei, räumte Kohl an
der Feier in Berlin ein. Sie
gehöre allen Deutschen. Es sei
aber leider auch wahr, dass die
grosse Mehrheit der Führung
der SPD in dieser Schicksalsfra
ge versagt habe. So habe sich
Schröder 1989 über die Chan
cen einer Wiedervereinigung
getäuscht.
Schröder hatte wegen solcher
Attacken schon am Samstag
CDU- Politikern Geschichtsfäl
schung vorgeworfen. Die CDU
versuche, damit von ihrer
Spendenaffäre abzulenken,
sagte er beim Parteitag der SPD
Baden-Württembergs in Stutt
gart. «Mit Attacken gegen die
Sozialdemokraten abzulenken
von den kriminellen Machen
schaften in der eigenen Partei»,
das dürfe nicht sein. Ohne die
ehemaligen SPD-Bundeskanz
ler Willy Brandt und Helmut
Schmidt hätte Kohl «keine
Chance bekommen, das zu tun,
was er glücklicherweise getan
hat». Dem stimmte Kohl am
Sonntag zu: Brandt habe mit
seiner Ostpolitik und Schmidt
beim KSZE-Prozess sowie dem
Nato- Doppelbeschluss gegen
die sowjetische RaketenrUstung
die Voraussetzungen für die
Wiedervereinigung geschaffen.
Ende der Debatte
Der frühere deutsche Aussen-
minister Hans-Dietrich Gen
scher nannte den Streit um das
Verdienst an der Einheit «eben
so kleinlich wie peinlich». Er
werde der Bedeutung und Wür
de dieses Tages nicht gerecht,
kritisierte er bei einer Feier zum
zehnten Jahrestag der ersten
gemeinsamen Fraktionssitzung
der FDP aus Ost und West auf
dem Hambacher Schloss. Bun-'
destagspräsident Wolfgang
Thierse von der SPD forderte
im Radio ein Ende der Debatte.
Umstrittene Heiligsprechung
Ungeachtet der Proteste aus Peking hat Papst Johannes Paul II. gestern 33 Missionare und 87 chine
sische Katholiken heilig gesprochen. Trotz Regens fanden sich Tausende Gläubige auf dem Petersplan
in Rom ein, unter ihnen viele Katholiken chinesischer Herkunft. Die 120 heilig Gesprochenen seien
in China für ihren Glauben gestorben, hiess es in einer Erklärung, die während der Zeremonie verle
sen wurde. Die meisten von ihnen kamen 1900 während des Boxer-Aufstands um, der sich gegen das
Christentum und die westlichen Staaten richtete. China betrachtet den Aufstand als Widerstand ge
gen den Imperialismus. (Bild: Keystone)
NACHRICHTEN
Kommunalwahlen
in Albanien
TIRANA: Unter massiven
Sicherheitsvorkehrungen
haben am Sonntag die
Kommunalwahlen in Alba
nien stattgefunden. Die Ar
mee sicherte die staatlichen
Einrichtungen, die Natio
nalgarde bewachte die Re
gierungsgebäude in der
Hauptstadt Tirana. Laut Mi
nisterpräsident Ilir Meta
verliefen die Wahlen jedoch
ruhig.
Zypern feiert
40. Jahrestag der
Unabhängigkeit
NIKOSIA: Mit einer Mi
litärparade ist in Zypern
am Sonntag der 40. Jah
restag der Unabhängigkeit
von Grossbritannien gefei
ert worden. Der zyprische
Präsident Glavkos Klerides
brachte seinen Wunsch
nach einer Wiedervereini
gung des griechischen und
türkischen Teils der Insel
zum Ausdruck. «Ich rufe
die türkischen Zyprer auf,
mit uns an einer friedli
chen Lösung des Problems
zu arbeiten», sagte Kleri
des. Zypern ist seit der tür
kischen Invasion von 1974
geteilt.
Albright In
Frankreich einge
troffen
PARIS: US-Aussenministe-
rin Madeleine Albright ist
am Sonntag in Bordeaux zu
einem Arbeitsbesuch in
Frankreich eingetroffen. Sie
wollte nach Angaben aus
ihrer Umgebung noch am
Abend in Paris mit ihrem
britischen Kollegen Robin
Cook die angespannte Lage
in Jugoslawien erörtern.
Cook, Albright und der
französische Aussenminister
Hubert Wdrine gehören der
so genannten Kontaktgrup
pe für das frühere Jugosla
wien an.
Rentenreform In
Österreich In
Kraft getreten
WIEN: In Österreich ist
gestern die Rentenreform
der Mitte-Rechts-Regierung
in Kraft getreten. Wichtig
ster Punkt ist die schrittwei
se Anhebung des Frühpen-
sionsalters um eineinhalb
Jahre auf 61,5 Jahre für
Männer und 56,5 Jahre für
Frauen. Ausserdem werden
die Frührenten leicht
gekürzt. Das gesetzliche
Rentenalter beträgt weiter
hin 65 Jahre für Männer
und 60 Jahre für Frauen.
Der Streit um die vorzeitige
Pensionierung war im Janu
ar einer der Gründe, dass
die Koalitionsverhandlun
gen zwischen den Konser
vativen (ÖVP) und den
Sozialdemokraten (SPÖ)
platzten.
PanAlpina Sicav
Alpina V
Preise vom 29. September 2000
Kategorie A (thesaurierend)
Ausgabepreis: € 55.60
Rücknahmepreis: € 54.43
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Ausgabepreis: € 54.70
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Zahlstelle In Liechtenstein:
Bank Wegeltn (Liechtenstein) AG
Heiligkreuz 49, FL-9490 Vaduz