Liechtensteiner VOLKSBLATT
SYDNEY 2000
Freitag, 29. September 2000 23
Historische Medaille für die Schweiz
Silber für die Schweizer Springreiter-Equipe hinter Deutschland Melligers Revanche mit Calvaro
Programm:
Sydney 2000.
Die Schweizer Springrei
ter haben im Horsley Park
nach einem nervenaufrei
benden Männschaftswett-
kampf Silber gewonnen.
Mit 16 Punkten wurden
Lesley McNaught mit
Dulf, Markus Fuchs mit
Tinka's Boy, Beat Mändli
mit Pozitano ünd Willi
Melliger mit Calvaro
Zweite mit nur einem
Punkt Rückstand auf
Weltmeister Deutschland,
das sich zum achten Mal
als Team-Olympiasieger
feiern Hess.
Im Stechen um Platz 3 setzte
sich Brasilien gegen Frankreich
überlegen durch und sicherte
sich wie vor vier Jahren in At
lanta Bronze. Überragender
Reiter in der Schweizer Equipe
war Willi Melliger mit Calvaro.
Zweimal blieb der nervenstarke
Solothurner mit seinem 14-
jährigen Holsteiner Schimmel
ohne Fehler und strafte all die
Kritiker Lügen, die das Ausnah
mepferd nach seinem miss
glückten . Auftakt im ersten
Qualifikationsspringen am
Montag schon abgeschrieben
hatten.
Calvaro in Hochform
«Calvaro war sensationell.
Ich spürte schon beim Abreiten,
dass er in Hochform war. Der
Regen hatte den Boden griffi
ger gemacht.
Deshalb konnte Calvaro nun
so abstossen, wie er sich das
gewohnt ist. Er hat bewiesen,
dass er auch mit 14 Jahren
noch ein Ausnahmepferd ist»,
sagte Willi Melliger. Der Solo
thurner Schlussreiter erwies
sich einmal mehr als die grosse
Stütze der Equipe und berührte
mit seinem mächtigen Schim
mel keine einzige Stange.
Willi Melliger und sein Schimmel Calvaro trugen
folg der Schweizer Equipe bei.
mit zwei fehlerlosen Ritten - wesentlich zum Er-
76 Jahre Wartezeit
Team-Leader Melliger führte
die Schweizer Equipe zur
ersten Mannschaftsmedaille
der Schweizer Springreiter seit
1924. Vor 76 Jahren gewann
die damals nur aus drei Reitern
bestehende Equipe mit Alphohe
Gemuseus/Lucette, Werner
Stuber/Girandole und Hans
Bühler/Sailor Boy ebenfalls Sil
ber.
Im ersten Umgang blieben
auch Markus Fuchs mit Tinka's
Boy und im zweiten Beat
Mändli mit Pozitano ohne Ma
kel. Zweimal lieferte Startreite
rin Lesley McNaught das
Streichresultat. Sie wird deshalb
die Einzelkonkurrenz der besten
45 am Sonntag, die wieder bei
null Punkten beginnt, nicht be
streiten. Martin Walthers Ent
scheidung war vorher mit den
Reitern abgesprochen worden.
McNaught vermochte als einzi
ge die in sie gesetzten Hoffnun
gen nicht zu erfüllen und fiel als
des Einzel-Zwischenklasse-
ents aus der Selektion. Pro
Land sind nämlich für den
Kampf um die Einzelmedaillen
nur drei Reiter zugelassen, wes
halb zum Beispiel auch der drei
fache deutsche Olympiasieger
Ludger Beerbaum oder Jan Tops
(Ho), Team-Olympiasieger von
Barcelona aus den Traktanden
fielen.
Mändli und Meiliger mit
Nullfehler-Ritten
Zusammen mit Welt- und
Europameister Deutschland
und Frankreich hatten die
Schweizer Reiter schon nach
dem ersten Durchgang mit je
acht Punkten geführt und hiel
ten dem Druck selbst dann
stand, als McNaught mit 8,5
und Fuchs mit 8 Punkten ihre
zweite Runde beendeten und
die ersehnte Medaille zu ent
gleiten drohte. Dann stellten
aber Mändli und Melliger ihre
Klasse mit Nullfehler-Ritten
unter Beweis.
«Mit Silber hatten wir ge
rechnet, auf Gold gehofft», ge
stand Beat Mändli, der mit Po
zitano den zweiten Umgang im
Feld der 14 Equipen viel locke
rer und sicherer bewältigte. Am
Morgen tappte der Thurgauer
mit seinem Rheinländer noch
in den Wassergraben und ver
schätzte sich am Sydney-Tor.
«Pozitano braucht" immer zwei,
drei Runden bis er in Schuss
kommt. Seit Aachen hat er kei
ne Parcours mehr bestritten.
Die Pause war zu lang für ihn»,
ergänzte Mändli.
Markus Fuchs, der mit sei
nem Hengst Tinka's Boy für die
Einzelwertung zu beachten ist,
brachte die Schweiz nach
McNaughts Fehlstart ins Ren
nen um die Medaillen zurück.
Der EM-Zweite verzeichnete
wohl drei Rumpier, doch alle
Stangen blieben im fairen Par
cours liegen und fielen nicht in
die von Wasser zersetzte Unter
lage. Mit der Reprise war Fuchs
weniger glücklich: «In der
Kombination versagte ich,
dann liess mich mein Pferd an
einem Steilsprung im Stich und
strich die Stange knapp mit der
Hinterhand ab. Dieser Fehler
war vermeidbar. Diese minime
Touche hat uns Gold gekostet.»
Weitere Infos: wwwxilympics.com
Moderner Föiifttmpf Fechten >
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Sydney; 2000: Olympia Splitter
HELD. Toni Held, der Chefarzt
der Schweizer' Olympiamann
schaft, ist vorzeitig aus Syd
ney abgereist. Der Einsatz fast
rund um die Uhr provozierte
einen Überlastungseffekt mit
Fieberschüben. Unter: diesen
Umständen erachtete die
Teamleitung eine: frühere
Rückreise in die Schweiz. als
sinnvoll. , '
der. zweiten Olympia-Woche
jedoch stieg der Anteil der po
sitiven Stimmen auf 73 Pro-,
zent-
GLÜCK,; Am Tag nach der
Sjirfstunde fiir die Gold-
schwimmer Jenny Thompson,;
Lenny Krayzelburg und Mi-
den starken Männern. -i-
BIERTRINKER,, Der 800-m-
Olympiasieger Jens Schu
mann, Bezwinger der Schwei
zer Medaillenhoffnung, Andri
Bucher, gilt als leidenschaftli
cher Biertrinker und bestellte
am Ziel auch gleich eineiFla-
sche des edlen Gerstensaftes.
Drei Monate habe er jetzt
abstinent gelebt, meinte Schu
mann, «aber jetzt werde ich ei
ne Woche durchsaufen». 'Nur
für den Samstag hat er Vorü
bergehend eine nüchterne
Phase eingeplant: Da tritt sei
ne für Deutschland istartende
ghanesische Freundin Amewu
Mensah im Hochsprung an.-' •
ALKOHOL-VEkBOT. s Um den
«Familieii-Geist» nicht, zu ge
fährden, wurde flir die olympi-
. sehe Abschlussparty in der, In
nenstadt Sydneys ein Alkohol- .,
verbot iverhängU vöber' eiw !
Million Menschen werden zu
den Feierlichkeiten im Herz /
der Olympia-Stadt erwartet.
Mehr als 1000 Feuerwerkkör- •
per sollen, entlang des Parrä-
matta River entzündet werden^..
GOOD JOB. Bemerkenswert"
gestiegen in der Gunst der öf r
, fentlichen Meinung ist im Ver- ■,
, laufe der Olypischen Spiele die
Leistung des Organisationsko
mitees (SOCOGJ.' Noch Mitte
August waren in einer reprä-:
sentativen ' Umfrage bloss 26;
Prozent' der. Ansicht, -.das OK'
leiste gute Arbeit (good Job); In
; chael Klini an der berühmten-' •
ßondi Beach mussten in Syd-'
ney mehrere Strände wegen. 1 ■
- Verschmutzung gesperrt wer
den. Durch die starken Regen
fälle der Vortage waren unterv
anderem. . Chemikalien . und
Müll angespült-worden. Das
Risiko bakteriellerlnfelctionen'
stieg dadurch sprünghaft an/'' •
EHRUNG.' Die'f Olympiasiege •,
der; 'iranischen; Gewichtheber
Hossein Rezazadeh' und Hos- ' :v
sein Tavakoli zahlen' sich aus.
Die-' Staatsbank benannte ■
spontan zwei Filialen in den "
Heimatstädten der Heber -in
Mazandärariund'Ardebil naqh
VERGEBLICH. .■ Ein', norwegi-,
'scher Student hat versucht,',
den Abbau ' des olympischen •
Beach-Volleyball-Stadions: am ji
; Bondi Beach|mit einer
Mann-Demonstration zu vefr i
hindern. v Der Rettungsversuch
hatte keinen Erfolg, die Kult
stätte, wurde- planmässig, «ab-'..
getragen», Aufmerksamkeit er
regte der 25-jährige aber doch.'
Zwei TV-Anstalten interview?-
ten den verhinderten Detter.
P • • ••
WÄRNUNG. Die Behöben des
Flughafens haben die Bevölke^'»
nln^ Sydneys aufgeforiert,am
Montag denFlughaferi"zumel-j <
den. Am Tag nach der SchlMS«^
feier der.' Olympischen - Spielfe'
wird 'mlt '40 000 Passagieren^ 1
gerechnet, sp viele wie nie ztf^
vor:*'-Neben 1 derf; Abreisende^
zum 1 Olympia-Ende; werden |
auch ivleleaustralische* Tou*w
■ ' '
Venus Williams holt Double
Kafelnikow ringt Haas in 3:35 Stunden nieder
Jewgeni Kafelnikow hat wie
der einmal bewiesen, dass er
zu allem fähig ist, wenn die
Motivation stimmt. Der 26-
jährige Russe rang im Olym
pia-Final den Deutschen Tom
my Haas in 3:35 Stunden 7:6
(7:4), 3:6, 6:2,4:6, 6:3 nieder.
Gold im Frauendoppel gewan
nen Serena und Venus Wil
liams mit 6:1, 6:1 gegen die
Holländerinnen Kristie Boo-
gert/Miriam Oremans.
«Es ist fantastisch, dass ich
liier gewonnen habe. Jetzt habe
ich drei unglaublich wichtige
Titel, und man wird meine Kar
riere in meinem Land nie ver
gessen», zeigte sich Kafelnikow,
der sich nach dem Matchball
eine russische Flagge schnapp
te und eine Ehrenrunde drehte,
stehr stolz. Der Blondschopf
macht mit diesem Sieg eine für
seine Verhältnisse schlechte
Saison vergessen.
Haas trotzdem zufrieden
Nicht allzu enttäuscht war
Tommy Haas. Der Deutsche
hätte vor dem Turnier nie mit
dem grössten Erfolg seiner Kar
riere und einer Medaille speku
lieren dürfen, da er wegen eines
Bandscheibenvorfalls zu länge
rer Pause gezwungen war und
ein miserables Jahr hinter sich
hatte. Nach dem Startsieg ge
gen Wayne Ferreira war ihm
Venus Williams erreichte, nach Helen Wills vor 76 Jahren, das
olympische Double im Frauentennis.
dann sogar mit der Disqualifi
kation gedroht worden, da sei
ne Bekleidung zu viele Werbe
sticker aufwies. «Ich habe mein
bislang bestes Tennis gezeigt.
Ich bin auch mit Silber glück
lich», erklärte der Federer-Be-
zwinger,
Spaziergang für die Wil-
liams-Sisters
Im letzten Final dominierten
wie erwartet die Wimbledon-
Siegerinnen Venus und Serena
Williams. Die kalifornischen
V
Schwestern deklassierten die
holländische Kombination Kri
stie Boogert/Miriam Oremans
förmlich. Das Powerduo wurde
dabei weniger gefordert als in
einer normalen Trainingsein
heit. Venus Williams ist erst die
zweite Frau nach Helen Wills
1924, der im Tennis das olym
pische Double gelingt. Seit
1988 haben die US-Frauen sie
ben von acht Goldmedaillen
gewonnen, einzig Steffi Graf
vermochte die Phalanx 1988 in
Seoul zu durchbrechen.