22 Dienstag, 26. September 2000
AUSLAND
Liechtensteiner VOLKSBLATT
NACHRICHTEN
Ex-CDU-Finanz-
berater Weyrauch
unter Beschuss
FRANKFURT: Im Zusam
menhang mit dem Spen
denskandal der deutschen
Christdemokraten steht jetzt
auch ihr Ex-Finanzberater
Horst Weyrauch unter dem
Verdacht der Steuerhinter
ziehung. Das bestätigte die
Staatsanwaltschaft Frank
furt am Montag. Das einge
leitete Ermittlungsverfahren
betreffe aber ausschliesslich
das Privatvermögen Wey
rauchs, sagte ein Behörden
sprecher. Der Ex-Finanzbe
rater gilt als Schlüsselfigur
des CDU-Schwarzgeldskan
dals. Ansatzpunkt des der
zeitigen Verfahren sind nach
Medieninformationen etwa
1,5 Millionen Mark Schwei
zer Franken aus Schwarz-
geldem der CDU. Sie sollen
aus der Stiftung «Norfolk
Foundation» in Liechten
stein stammen. Gegen Wey
rauch laufen bereits Ermitt
lungen wegen Betrugs und
Untreue.
Ermittlungen
gehen zu langsam
STRASSBURG:Der Europarat
hat die russischen Ermitt
lungen zu Kriegsverbrechen
in Tschetschenien kritisiert.
«Was bisher getan wurde, ist
bei weitem zu wenig und zu
schleppend», sagte der Prä
sident der Parlamentari
schen Versammlung des
Europarats, der schottische
Liberale Lord Russell-John
ston, am Montag zum Auft
akt der Herbstsitzung in
Strassburg. Die russischen
Behörden müssten ent
schlossener handeln, um die
Verantwortlichen von
Kriegsverbrechen vor Ge
richt zu stellen. Mit Vorrang
müsse über drei Massaker
ermittelt werden, die zwi
schen Dezember 1999 und
Februar dieses Jahres nahe
Grosny verübt worden. Nach
Informationen von Nicht-
Regierungsorganisationen
wurden dabei mindestens
130 Menschen getötet. Am
Donnerstag will sich die
Parlamentarische Versamm
lung, der knapp 300 Abge
ordnete aus den 41 Europa
ratsländern - darunter der
Schweiz - angehören, erneut
mit der Lage in Tschet
schenien befassen. Dabei
dürfte auch über das weitere
Vorgehen des Staatenbundes
gegenüber Moskau entschie
den werden.
OAU will
vermitteln
ABIDJAN/LOME: Die Orga
nisation Afrikanischer Ein
heit (OAU) will in Cöte d'I-
voire {Elfenbeinküste) end
lich vermitteln. Mehrere
westafrikanische Staaten be
fürchteten ein Überschwap
pen der politischen Instabi
lität, sollte nicht am 22. Ok
tober ein neuer Präsident
gewählt werden. Das staat
liche Radio in Togos Haupt
stadt Lom£ meldete am
Montag, der togolesische
Präsident und derzeitige
OAU-Vorsitzende Gnassing-
be Eyadema werde in Kürze
nach Abidjan reisen. Vor
allem die Präsidenten Süd
afrikas und Nigerias, Thabo
Mbeki und Olusegun Oba-
sanjo, hätten sich für einen
Vermittlungsversuch ausge
sprochen.
Hoffnung für Korea und Korea
Die beiden in Nord und Süd wollen die Beziehungen weiter ausbauen
CHEJU: Die Verteidigungs
minister von Nord- und
Südkorea haben am Mon
tag den Ausbau ihrer Be
ziehungen und den Abbau
der militärischen Span
nung beschlossen. Das
Treffen gilt als das be
deutsamste Zeichen der
Annäherung seit dem
Gipfel der beiden Staats
chefs im Juni.
Beim ersten Treffen der Vertei
digungsminister der beiden
Korea seit der Teilung der Halb
insel schlug Südkorea vor, ein
Rotes Telefon für den Fall mi
litärischer Spannungen einzu
richten und die Gespräche zwi
schen den Verteidigungschefs
künftig regelmässig stattfinden
zu lassen. Beide Koreas befin
den sich seit dem Ende des
Korea-Kriegs (1950-53) tech
nisch gesehen immer noch im
Kriegszustand.
Besprechungen
Das anderthalb Stunden lan
ge Gespräch zwischen den Ver
teidigungsministern in einem
Hotel auf der südkoreanischen
Insel verlief nach Angaben von
Delegationsmitgliedem in
«freundschaftlicher Atmosphä
re». Der südkoreanische Minis
ter Cho Sung Tae und sein
nordkoreanischer Kollege Kim
II Chol besprachen zunächst die
Hoffnung in Korea: Nordkoreas Verteidigungsminister Kim Il-Chol (rechts) reicht dem südkoreanischen
Armee-General Kim Hee-Sang die Hand. Auf so ein Bild haben die Menschen dort lange gewartet.
Räumung von Landminen ent
lang der geplanten Zugstrecke
zwischen den beiden Staaten.
Südkorea hatte vergangene
Woche mit den Bauarbeiten an
der Schienenverbindung zwi
schen den beiden Ländern be
gonnen. Entlang der Strecke,
die einmal Seoul mit der nord
koreanischen Stadt Shinuiju
nahe der chinesischen Grenze
verbinden soll, liegen in Grenz
nähe zehntausende Landminen.
Auch der Bau einer Strassen-
verbindung zwischen den bei
den Ländern ist geplant.
Die Eisenbahn- und Stras-
senverbindungen sollen in ei
nem Jahr fertig sein und aus
Nord- und Südkorea Transit
länder für den Handel zwischen
Japan und Europa machen.
Auch der bislang auf dem See
weg abgewickelte innerkorea
nische Handel würde erleich
tert. Der innerkoreanische Han
del hat sich auch unter den der
zeitigen Bedingungen von 18
Millionen Dollar im Jahre 19B9
auf 333 Millionen Dollar 1999
ausgeweitet. Südkorea ist in
zwischen wichtigster Handel
spartner Nordkoreas nach Chi
na und Japan.
Garantien aus Nordkorea
Die beiden Koreas nahmen
am Montag zudem ihre 1986
unterbrochenen Wirtschafts
verhandlungen wieder auf. Da
bei geht es um ein Doppelbe
steuerungsabkommen und
nordkoreanische Garantien für
südkoreanische Investitionen,
die erst dann in grossem Um
fang zu erwarten sind. Die Ge
spräche sollen am Dienstag
fortgesetzt werden.
Das nordkoreanische Land
wirtschaftsministerium teilte am
Montag zudem mit, die Getrei
deernte werde in diesem Jahr
wesentlich geringer ausfallen als
erwartet. Durch Trockenheit und
Taifune seien 1,4 Millionen Ton
nen Reis und Mais zerstört wor
den, zitierte die staatliche Nach
richtenagentur KCNA einen Ver
treter des Ministeriums.
Labor-Parteitag in Brighton -
Härte im Sprit-Krieg
Öl-Kontroverse steht im Mittelpunkt beim Labour-Parteitag
LONDON: Die jüngsten Prote
ste gegen die hohen Spritprei
se sowie Gewerkschaftsforde
rungen nach einer höheren
Staatsrente sind am Montag
im Mittelpunkt des Labour-
Parteitages in Brighton in Sü-
. dengland gestanden.
Im Vorfeld einer Grundsatzrede
zur Budgetpolitik lehnte
Schatzkanzler Gordon Brown
erneut ein Nachgeben bei der
Mineralölsteuer ab. Die Regie
rung werde sich nicht zu «Lö
sungen auf die Schnelle» drän
gen lassen, sagte Brown. Er war
direkt vom Treffen der G7-Fi-
nanzminister in Prag zum Par
teitag gekommen. Vor dem
Konferenzort im Seebad de
monstrierten am Nachmittag
mehrere tausend Bauern und
Vertreter anderer ländlicher
Gruppen gegen die Regierungs
politik.
Sie machten unter anderem
auf die finanzielle Mehrbe
lastung durch die hohen Treib
stoffpreise aufmerksam, protes
tierten aber auch gegen das
von der Regierung geplante
Verbot der Fuchsjagd. Labour
war in einer am Sonntag veröf
fentlichten Meinungsumfrage
in der Wählergunst auf 32 Pro
zent abgerutscht, verglichen
mit 40 Prozent für die Konser
vativen. Dies bedeutet für La
bour das schlechteste Umfrage
ergebnis seit acht Jahren.
Führende Gewerkschaftsvertre
ter wiederholten am Montag
ihre Forderung, Rentenanhe-
bungen künftig an das Erwerb
seinkommen und nicht an die
Preisentwicklung zu koppeln.
Obwohl dies von Brown ab
gelehnt wird, wurde eine Anhe-
bung der staatlichen Min
destrente von 70 Pfund (175
Franken) auf 90 Pfund pro Wo
che nicht ausgeschlossen.
lr> der brisanten und heiss-
diskutierten Frage einer Sen
kung der Mineralölsteuer wur
den von Brown keine Zuge
ständnisse erwartet. Die harte
Haltung des Finanzministers
war am Sonntag indirekt von
seinem Kabinettskollegen Peter
Mandelson als «hochmütig»
kritisiert worden.
Motive wie diese prägten die Bildserien im September in allen Europäischen Medien. Die derzeitige Ölkri
se stand auch im Mittelpunkt der Diskussionen während des Labour-Parteltages im englischen Brighton.
Aktien eingefroren
Russischer Medienkonzern mit Problemen
MOSKAU: Im Konflikt um den
Kreml-kritischen Medienkon
zern Media-Most sind am
Montag die Aktien des Fern
sehsenders NTW auf Gerichts-
besehluss eingefroren worden.
Das meldete die Nachrichte
nagentur Interfax.
Der weltgrösste Erdgaskonzern
Gasprom will die Papiere der
mehr als 30 Unternehmen der
Medienholding sperren.
Verwarnungen
Der Haupteigentümer von Me
dia-Most, Wladimir Gussinski, •
hatte Gasprom den Verkauf sei
nes hochverschuldeten Unter
nehmens zugesagt. Gussinski
will den Verkauf entgegen der
Vereinbarung nicht abwickeln,
weil er zur Unterschrift erpresst
worden sei. Presseminister
Michail Lesin ist wegen seines
Eingreifens in den Streit vom
Ministerpräsidenten Michail
Kasjanow offiziell verwarnt
worden. Lesin hätte den umstrit
tenen Vertrag über den Verkauf
von Media-Most nicht als Ver
mittler mit unterzeichnen dür
fen, sagte Kasjanow. Gussinskis
Vertraute hatten Lesin zudem
vorgeworfen, massiv Druck aus
geübt und auch eine Provision
gefordert zu haben. Gussinski
hatte Media-Most verkauft,
während gegen ihn ein Betrugs
verfahren lief. Die Ermittlungen
wurden unmittelbar danach ein
gestellt. Media-Most betrieb in
den vergangenen Jahren eine
deutlich Kreml-kritische Be
richterstattung, unter anderem
über die Kriege in Tschetscheni
en und angebliche Korruptions
fälle in der nissischen Führung.
Treffen im Nahen Osten
Barak und Arafat planen Gipfel
ISRAEL: Israels Regierungs
chef Ehud Barak und Palästi
nenser-Präsident Jassir Arafat
treffen sich nach offiziellen
Angaben beider Seiten noch
diese Woche zu einem neuen
Gipfelgespräch. Der genaue
Termin blieb bis Montagnach-
mittag offen.
Das Treffen diene als ver
trauensbildende Massnahme,
erklärte Israels Aussenminister
Schlomo Ben-Ami. Ein Termin
war nach Angaben von Baraks
Büro noch nicht festgelegt.
Ben-Ami hatte erklärt, das
Treffen werde im Verlauf der
Woche stattfinden. Der palästi
nensische Informationsminister
Jassir Abed Rabbo sagte seiner
seits im palästinensischen Ra
dio, das Treffen Arafats mit Ba
rak könne noch am Montag
abend oder am Dienstag statt
finden. Danach sollten die Ver
handlungen in Washington
weitergehen. Der palästinensi
sche Unterhändler Hassan As-
fur erklärte,-das Treffen Arafat-
Barak sei arrangiert worden,
um «den Friedensprozess vor
anzubringen. Zuletzt waren Ba
rak und Arafat im Juli in Camp
David in den USA zu einem Gip
feltreffen zusammengekommen.
Die Gespräche waren vor allem
wegen des Streits um den Sitatus
von Jerusalem gescheitert. Isra
els Aussenminister Ben-Ami er
klärte am Montag nach einem
Gespräch mit Ägyptens Präsi
dent Husni Mubarak in Kairo, al
le Gesprächskanäle seien akti
viert. Nun müssten harte Ent
scheidungen gefällt werden.