Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

AUSLAND 
Montag, 25. September 2000 25 
Chaotische Zustände bei 
Wahlen in Jugoslawien 
Offenbar aber hohe Wahlbeteiligung in Serbien 
Die Wahlen in Jugoslawien gestern wurden als chaotisch beschrie 
ben. Die Opposition wirft Amtsinhaber Slobodan Milosevic Wahl- 
manipulation und andere Unregelmässigkeiten vor. Offizielle Zah 
len werden für heute Montag erwartet. 
NACHRICHTEN 
15 Zivilisten 
ermordet 
ALGIER: Bei Überfallen is 
lamistischer Extremisten 
sind in Nordalgerien laut 
Presseberichten des Landes 
Liechtensteiner VOLKSBLATT 
Rebellen 
umzingelt 
J0L0: Am neunten Tag ihrer 
Offensive haben die philippini 
schen Streitkräfte am Sonntag 
eine Gruppe der Abu-Sayyaf- 
Extremisten umzingelt. 
Vizegouverneur Munib Esti- 
no erklärte, die Rebellen hätten 
versucht, einen Strand zu errei 
chen, um so von der Insel Jolö 
zu fliehen. Etwa 2000 Soldaten 
hätten dies, unterstützt von Ar 
tillerie und Hubschraubern, 
verhindert. Estino sagte weiter, 
die Verfolgung der Entführer 
sei wieder aufgenommen wor 
den, nachdem es örtlichen Ver 
handlungsführern nicht gelun 
gen sei, die Freilassung des 
Amerikaners Jeffrey Schilling 
zu erwirken. 
Die etwa 500 Rebellen woll 
ten mit ihren Geiseln flüchte 
und sind mit Maschinengeweh 
ren und Panzerfäusten bewaff 
net, wie Estino erklärte. 
Die philippinischen Streit 
kräfte zerstörten bei ihrer Of 
fensive nach Berichten von Au 
genzeugen mindestens zwei 
Dörfer; mehr als 100 Bambus 
häuser brannten nieder. 
Am Samstag räumten die 
Streitkräfte erstmals ein, dass 
bisher ein Soldat getötet wor 
den sei. Die Zahl der getöteten 
Abu-Sayyaf-Kämpfer wurde 
auf 28 bis 60 beziffert. 
Einer ihrer Anführer sei 
schwer verletzt worden. Nach 
Militärangaben wurden bisher 
zwei Zivilisten getötet. Unbe 
stätigten Berichten zufolge soll 
die Zahl der Todesopfer unter 
der Zivilbevölkerung aber weit 
höher liegen. Die Sprecherin 
der Gesundheitsbehörde, Nelsa 
Amin, erklärte, die Dorfbewoh 
ner hätten Angst, Todesfälle zu 
melden. «Sie wollen keine Na 
men nennen», sagte sie. 
Die Behörden erwarteten 
weitere Todesfälle, dürften je 
doch einige Gegenden ohne Er 
laubnis der Streitkräfte nicht 
betreten werden. Sie bat die Re 
gierung um eine kurze Waffen 
ruhe, damit Ärzte die Verwun 
deten behandeln könnten. 
BELGRAD: Bei den Präsi- 
dentschafts- und Parla- 
mentswahlen in Jugosla 
wien ist es am Sonntag 
offenbar zu erheblichen 
Unregelmässigkeiten ge 
kommen. 
Trotz teils chaotischer Zustände 
war die Wahlbeteiligung nach 
Angaben der Opposition in Ser 
bien aber überdurchschnittlich 
hoch. Beobachtern zufolge 
fehlten in vielen Wahllokalen, 
besonders im Kosovo, die 
Wahlkabinen, so dass die Bür 
ger ihre Stimme nicht geheim 
abgeben konnten. Vertretern 
der Opposition sei der Zutritt zu 
Wahllokalen verwehrt worden, 
sie hätten weder Wählerlisten 
noch Urnen oder Stimmzettel 
überprüfen können. Das unab 
hängige Zentrum für freie 
Wahlen und Demokratie cha 
rakterisierte die Abstimmungen 
als «absolutes Chaos». 
Die Gegner von Staatspräsi 
dent Slobodan Milosevic hatten 
Manipulationen schon erwar 
tet, da der Amtsinhaber in Um 
fragen deutlich hinter dem Op 
positionskandidaten Vojislav 
Kostunica lag. Die Wahlbeteili 
gung lag nach Informationen 
des Zentrums für freie Wahlen 
und Demokratie in Serbien bis 
zum Nachmittag bei fast 50 
Prozent. Die Opposition berich 
tete am Abend von einer un 
glaublich hohen Beteiligung 
der serbischen Wähler. In der 
Stadt Arije habe sie bei 85 Pro 
zent gelegen, in der Oppositi 
onshochburg Novi Sad bei 70 
Prozent. «Das bedeutet, die Op 
position hat gewonnen», sagte 
Mile Isakovvon der Demokrati 
schen Reformpartei. Cedomir 
Jovanovic, Wahlkampfleiter 
des Oppositionsbündnisses, 
rechnete mit einer Stichwahl 
um das Präsidentenamt. 
Im regierungstreuen Fernse 
hen wurde kurz nach Schlies 
sung der Wähllokale berichtet, 
Milosevic habe im Kosovo ei 
nen «überwältigenden Sieg» er 
rungen. Dagegen erklärte der 
Leiter der UN-Verwaltung im 
Kosovo, Bernard Kouchner, die 
Abstimmung habe internatio 
nalen Demokratiestandards 
nicht entsprochen. Oppositi 
onsvertreter bestätigten am 
Sonntagabend den Wahlsieg 
Milosevics für die Kosovostadt 
Kosovska Mitrovica, beklagten 
aber gleichzeitig undemokrati 
sche Bedingungen. 
In Montenegro, dessen pro 
westliche Führung die Wahlen 
boykottierte, lag die Wahlbetei 
ligung nach Angaben der Re 
gierung unter 20 Prozent. Die 
Regierung kündigte für den 
Fall eines Wahlsiegs von Milo 
sevic ein Unabhängigkeitsrefe 
rendum an. Die staatliche 
Wahlkommission erklärte, die 
Wahlen seien ohne Zwi 
schenfälle ablaufen, was unab 
hängige Beobachter zurück 
wiesen. «Es ist schlimmer denn 
je», sagte Marko Blagojevic 
vom Zentrum für freie Wahlen 
und Demokratie. «Ich glaube 
nicht, dass es seit der Steinzeit 
irgendwo Wahlen wie diese ge 
geben hat.» In Negotin im 
Osten Jugoslawiens verschaff 
ten sich Oppositionsvertreter 
gewaltsam Zutritt zu einem 
Wahllokal und fanden dort eine 
Urne vor, die schon im Voraus 
mit Stimmzetteln zu Gunsten 
Milosevics gefüllt worden war. 
Vertreter der Europäischen Uni 
on oder der Organisation für 
Sicherheit und Zusammenar 
beit in Europa (OSZE) waren 
nicht als Beobachter zugelassen 
worden. 
Gegner an Stimmabgabe 
gehindert 
Zum ersten Mal in der Ge 
schichte Jugoslawiens waren 
die Wähler der Teilrepubliken 
Serbien und Montenegro auf 
gerufen, direkt über das Amt 
des Staatspräsidenten abzu 
stimmen. Die EU hatte ein Ende 
der Sanktionen versprochen, 
falls Milosevic abgewählt wird. 
Dieser gab sich gelassen. Er 
glaube, die Wahl werde «Gutes 
für das Land und unser Volk» 
bringen, sagte er. Aber auch 
sein Kontrahent Kostunica 
zeigte sich zuversichtlich: «Das 
Regime ist sich darüber be- 
wusst, dass es diese Wahlen 
verliert, und das Volk hat keine 
Angst zu sagen, was es über ei 
ne solche Führung denkt.» Er 
hält keiner der insgesamt fünf 
Präsidentschaftskandidaten die 
absolute Mehrheit, findet am 8. 
Oktober ein Stichwahl statt. 
; vom Sonntag 15 Zivilisten 
: ermordet worden. Allein 
sieben Mitglieder einer Fa 
milie, darunter drei Klein 
kinder und zwei Frauen, 
; wurden am vergangenen 
Freitagabend von einem 
Killerkommando in ihrem 
I Wohnhaus in Bougara, ei 
nem südlichen Vorort Al 
giers, hingemetzelt, berich 
tete die private Tageszei 
tung «Le Matin». 
Über 100 000 
demonstrieren 
gegen ETA-Gewalt 
SAN SEBASTIAN: Die Pro 
testbewegung gegen den 
: Terror der baskischen Sepa 
ratistenorganisation ETA in 
Spanien erhält immer mehr 
Zulauf. In San Sebastian in 
Nordspanien demonstrierten 
am Samstagabend mehr als 
100 000 Menschen gegen 
die terroristische Gewalt. 
Die Kundgebung wenige Ta 
ge nach der erneuten Er 
mordung eines Kommunal 
politikers war nach Ra 
dioberichten vom Sonntag 
die grösste Demonstration 
in der Geschichte der baski 
schen Küstenstadt mit der 
zeit 180 000 Einwohnern. 
Präsidenten- 
i Amtszeit wird 
verkürzt 
PARIS: Die Amtszeit des 
französischen Präsidenten 
wird von sieben auf fünf 
j Jahre verkürzt. Diese Ver 
fassungsänderung wurde 
am Sonntag bei einer 
Volksabstimmung klar an 
genommen, wenn auch mit 
: einer Beteiligung auf Re 
kordtief. Laut Hochrechnun- 
, gen lag der Ja-Stimmenan 
teil bei rund 73 Prozent. An 
dem Referendum beteiligten 
sich jedoch nur 30 Prozent 
der Wahlberechtigten, so 
wenig wie noch nie bei den 
bisher acht Volksvorlagen. 
Israel bringt 
Teillösung ins 
Gespräch 
. JERUSALEM: Wegen Prob 
lemen bei den Friedensver 
handlungen mit den Paläs 
tinensern hat Israel eine 
: Teileinigung ins Gespräch 
gebracht. Die Palästinenser 
lehnten das ab und verwie 
sen auf die schon über 
schrittene Einigungsfrist 
vom 13. September. Eine 
, Teileinigung würde den 
! grössten Teil der Themen 
abdecken, und für den Rest 
könnte eine Einigungsfrist 
: gesetzt werden, sagte 
; Ministerpräsident Ehud 
; Barak am Sonntag im 
; Kabinett nach Angaben 
der Regierung. 
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Heiligkreuz 49. FL-9490 Vaduz 
Demonstranten machen IWF für 
Kindersterblichkeit verantwortlich 
PRAG: Mit einer gespielten terdrückungsind genug», sag-■■ 
Beerdigung haben am Sonn-.'Me $in. jcejüapischer Demon$t- 
tag in Prag Demonstranten 
gegen die Politik, der 
bankund des Iriteniation&fetf 
Währungsfonds ''(IWF) Demonftrail: 
testiert. 
ten zurück»',. - ; ; 
«Die Behauptung, der Fonds \ 
.töte, Baby^^'Uü^i^D^r I 
l Fon.ds,un<ji 
ien die Arpiüt verringeirii/ er- j 
, klärte er. IWF und Weltbank? 
eröffnen • am Dienstag Ihrei 
Jahrestagung in Prag. Die De^ ■ 
raon^tranten kündigten/ an,j 
;pbahh zifj 
Die Menschenrechtsorganisar., 
tion Jubilee 2000, erklärte, in-, 
; folge der Politik der beiden 
Institutionen sterben täglich 
19.000 JÜnder weltweit. Die 
armen Länder könnten wegen 
Ihrer hohen Schulden. keine 
angemessene GesimdMtefBir^ 
■ sorgCMaWeri. 
Weitere Familientreffen 
Weiterhin Tauwetter zwischen Nord- und Südkorea 
i 
Das Tauwetter in den Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea hält an. Die beiden Länder einigten 
sich auf weitere Familienbegegnungen noch vor Ablauf des Jahres. Am Montag soll erstmals ein Tref 
fen der Verteidigungsminister stattfinden. Vertreter der Rot-Kreuz-Verbände beider Länder kündigten 
am Samstag ant Verhandlungsort in Nordkorea in einer Erklärung direkte Kontakte von 200 Men 
schen aus beiden Teilen der geteilten Halbinsel an, die seit mehr als einem halben Jahrhundert von 
einander getrennt leben. Danach soll ausserdem erstmals 300 Menschen aus beiden koreanischen 
Staaten offiziell der Briefwechsel gestattet werden. Die Verwandtenbesuche sind Teil eines Abkom 
mens, das die Staatschefs beider Länder während ihres als historisch geltenden Gipfeltreffens im Ju 
ni in Pjöngjang geschlossen hatten.
	        

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