Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
INLAND 
Freitag, 22. September 2000 5 
Eine lesenswerte Lektüre 
Der 99. Band des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein 
«Ich hoffe, die Vorstellung 
hat neugierig gemacht», 
sagte der Vorsitzende des 
Vereins, Rupert Quaderer, 
nach der Präsentation des 
neuen Jahrbuches. «Es 
freut mich und macht 
mich stolz, so ein Buch in 
der Hand halten und lesen 
zu dürfen.» 
Gerolf Hauser 
Es hat so neugierig gemacht, 
dass über dem Lesen fast das 
Schreiben vergessen wurde. 
So kann man sich dem Dank 
des Vorsitzenden an die 
Autoren anschliessen, für die 
grossartige Gestaltung (Silvia 
Ruppen), an das Land und die 
drei «Urbanken» Liechten 
steins für die finanzielle Un 
terstützung. 
Geschichte begreifen 
Paul Vogt schreibt in seinem 
Beitrag «Der 18. Januar 1699 - 
Wendepunkt unserer Geschich 
te»: «...Wird Geschichte nicht 
für vermeintlich staatspolitisch 
wichtige Anlässe instrumenta 
lisiert? Werden nicht Mythen 
gebildet, die mit der histori 
schen Realität wenig oder 
nichts zu tun haben?» Und er 
fragt, ob historisch bedeutsame 
Ereignisse nicht instrumentali 
siert werden dürfen, wenn sie 
heute noch Bedeutung haben. 
Wichtig sei vor allem die Frage 
nach den Inhalten. «Welche Bil 
der werden benutzt, um Ge 
schichte begreifbar und an 
schaulich zu machen? Welche 
Geschichtsbilder prägen unsere 
Identität? Was für Handlungs 
impulse entnehmen wir diesen 
Klaus Biedermann (links), Autor und Geschäftsführer des Historischen Vereins, und Rupert Quaderer, Vorsitzender des Historischen Ver 
eins, präsentieren das neue Jahrbuch. (Bild: bak) 
Geschichtsbildern?» Das haben 
sich wohl alle Autoren als roten 
Faden bei ihren Recherchen 
vorgenommen: Inhalte und Bil 
der so darzustellen, dass sie Ge 
schichte verständlich machen, 
die Möglichkeit des sich damit 
Verbindens schaffen, so, dass 
das eigene Handeln in der all 
gemeinen und der individuel 
len Geschichte seinen Platz fin 
det. 
Die Beiträge 
Paul Vogt stellt, mit Blick auf 
die Unterzeichnung des Schel- 
lenberger Kaufvertrages von 
1699, die Frage, ob dies ein 
Wendepunkt der liechtensteini 
schen Geschichte ist; Daniel 
Schmutz rollt den Schatzfund 
vom Schellenberg neu auf, bei 
dem 611 Münzprägungen zum 
Vorschein kamen; Alois Nie- 
derstätter beschreibt die Ursa 
chen, den Verlauf und die Aus 
wirkungen des «Schwabenkrie- 
ges»von 1499; Claudius Gurt 
untersucht die «Schlacht bei 
Triesen 1499»; Arthur Brunhart 
beschreibt, wie nach der Fran 
zösischen Revolution 1789 zu 
erst Frankreich, später ganz 
Europa in einen Kriegsstrudel 
gerissen wurde, vor dem auch 
Liechtenstein nicht verschont 
blieb; einen anderen Bereich 
schildert der Arzt Rudolf 
Rheinberger in «Bemerkungen 
über den sogenannten Milz 
brand», bei dem er sich auf das 
Manuskript eines Referates be 
zieht, das der liechtensteinische 
Landesphysikus Gebhard 
Schädler 1822 vor der 
Graubündner Ärztegesellschaft 
in Chur gehalten hatte; aus 
gelöst durch ein Gespräch, das 
die 1935 nach Liechtenstein 
emigrierte Lotte Weil 1995 mit 
Robert Allgäuer führte, gehen 
die Autoren Klaus Biedermann, 
Robert Büchel-Thalmeier, Mär 
ten Geiger, Ruth Kranz und 
Barbara Ospelt der Frage nach, 
inwieweit die liechtensteini 
sche Pfadfinderschaft, antise 
mitischen Forderungen fol 
gend, jüdische Mitglieder aus 
geschlossen habe und Verena 
Hasenbach untersucht anhand 
spätantiker glasierter Keramik 
(Reibschalen) die damals exis 
tierenden Handelswege. 
Korruption: Widerspruch zu Pieth-Aussagen 
Stellungnahme der Regierung zu Aussagen von OECD-Taskforce-Präsident 
VADUZ: Zitate des Präsiden 
ten der OECD-Taskforce gegen 
Korruption im SonntagsBlick 
vom 10. September dürfen 
nicht unwidersprochen blei 
ben. 
Die Regierung hat mit einer 
Stellungnahme auf die Aussa 
gen von Mark Pieth im Sonn 
tagsBlick vom 10. September 
reagiert. «Die Aussagen von 
Herrn Pieth, dem Präsidenten 
derTaskforce, zur Korruptions- 
Bekämpfung, dürfen nicht un 
widersprochen bleiben», so Re 
gierungschef Mario Frick. Herr 
Pieth kritisiert den Abschluss 
bericht von Sonderstaatsan 
walt Spitzer und wirft ihm vor, 
andere Länder zu beschuldi 
gen. «Dies ist falsch. Sonder 
staatsanwalt Spitzer hat in kei 
ner Weise andere Länder be 
schuldigt. Er stellte lediglich 
fest, dass es auch in anderen 
Ländern Geldwäscherei gebe.» 
Gemäss SonntagsBlick fehle 
Herrn Pieth die kritische Hin- 
terfragung des «Systems Liech 
tenstein» im Spitzer-Bericht. 
Regierungschef Mario Frick 
meint dazu: «Die Ergebnisse 
der Untersuchungen des Son 
derstaatsanwalts haben erge 
ben, dass es kein «System 
Liechtenstein» gibt. Liechten 
stein ist kein krimineller Staat, 
es gibt aber auch in Liechten 
stein Kriminalität - wie in 
anderen Ländern auch.» 
Regierungschef Mario Frick 
zeigt sich verwundert darüber, 
dass Herr Pieth neben den Ge 
setzesanpassungen in Liech 
tenstein eine unabhängige 
Kontrollbehörde fordert: «Die 
in Liechtenstein in die Wege 
geleiteten - und zum Teil 
schon umgesetzten - Massnah 
men wurden offen kommuni 
ziert und bekannt gemacht. Die 
Vorbereitungen für einen ra 
schen Aufbau einer eigenstän 
digen Meldestelle für Geldwä 
scherei, einer «Financial Intel- 
ligence Unit», sind bereits ge 
troffen worden, ebenso für den 
Aufbau eine Spezialeinheit bei 
der Polizei für die Bekämpfung 
der Wirtschaftskriminalität. 
Die Anzahl der Staatsanwälte 
wurde bereits verdoppelt, und 
auch die Gerichte werden per 
sonell aufgestockt.» (paß) 
LSVA: «Es gibt keine technische Lösung» 
Eine Mitteilung des Amtes für Volkswirtschaft 
Nach Einreichung des Referen 
dums zum LSVA-Vertrag mit 
der Schweiz hat die Regierung 
umgehend das Gespräch mit 
den Schweizer Behörden auf 
genommen, um abzuklären, ob 
eine technische Lösung bei ei 
nem liechtensteinischen «Nein» 
zur LSVA möglich ist. Die Dis 
kussion möglicher Fälle in der 
Praxis hat eindeutig gezeigt, 
dass eine technische Lösung 
auch nicht theoretisch funktio 
nieren kann und dass es auch 
nicht möglich ist, die ausländi 
schen Fahrzeuge am Zollamt 
Schaanwald LSVA-mässig zu 
erfassen. Ein «Nein» bedeutet 
bemannte Kontrollen an den 
Rheingrenzen. Diese Tatsache 
ist nicht verhandelbar. 
Der GWK-Präsident selber be 
tont in Interviews, dass «Wach 
häuschen» am Rhein «nicht im 
Interesse des Gewerbes und 
auch nicht im Interesse der Be 
völkerung auf beiden Seiten 
des Rheins» liegen. Er sowie das 
LSVA-Nein-Komitee meinen, 
dennoch ein «Nein» empfehlen 
zu können, weil er der Ansicht 
ist, «dass eine technische Lö 
sung noch verhandelbar sein 
muss.» 
Es liegt in der Verantwortung 
der Regierung, deutlich darauf 
hinzuweisen, dass diese An 
sicht falsch ist. Alle auch neu 
erdings geführten Diskussionen 
mit der Schweiz zeigen auf, 
dass es nicht Verhandlungstak 
tik der Schweiz ist, mit 
«Wachhäuschen» zu drohen. 
Wenn man das LSVA-Erfas- 
sungskonzept der Schweiz im 
Detail studiert und verschiede 
ne, alltägliche Fälle durch 
spielt, kommt man zum eindeu 
tigen Schluss, dass ein rein 
technisches Konzept bei einem 
liechtensteinischen «Nein» 
nicht funktionieren kann. 
Wer etwas anderes annimmt, 
vergisst, dass ein wesentlicher 
Teil der ausländischen Lkw kein 
Erfassungsgerät installiert hat. 
Wenn Transporte zu einem 
liechtensteinischen Empfänger 
ausgeführt werden, könnten 
anschliessend fast unkontrol 
liert und ohne LSVA zu zahlen 
Transporte in der Schweiz 
durchgeführt werden. Auch für 
die pauschalierten Fahrzeuge, 
insbesondere Reisecars, wäre es 
möglich, um diese Abgabe he 
rumzukommen. Liechtenstein 
will nicht Schlupfloch für eine 
Umgehung schweizerischer 
Abgaben sein. Es muss darum 
akzeptiert werden, dass ein 
«Nein» zur LSVA bemannte 
Kontrollen an den Rheingren 
zen mit sich bringt. 
Das LSVA-Konzept der 
Schweiz unterscheidet zwi 
schen Inland und Ausland. Die 
se beiden Bereiche werden un 
terschiedlich zur LSVA erfasst. 
Die Abwicklung findet mit dem 
sowieso vorhandenen Zollper- 
sonal anöden Grenzstellen statt. 
Es ist bezeichnend, dass in der 
Schweiz die Oberzolldirektion 
allein für die Durchführung der 
LSVA zuständig ist. Liechten 
stein kann nicht gleichzeitig 
ausserhalb des LSVA-Gebiets 
sein und trotzdem Inländerbe 
handlung erhalten, wie es sich 
die Gegner der LSVA vorstellen. 
Es gibt keine Behandlung als 
Clubmitglied, wenn man zur 
Clubmitgliedschaft «nein» sagt. 
Die GWK, die Liechtensteini 
sche Gewerbe- und Wirt 
schaftskammer, eine Zwangs 
körperschaft, bei der Zwangs 
mitgliedschaft besteht, enga 
giert sich massiv im Abstim 
mungskampf. Sie veröffentlicht 
in eigenen Inseraten die 
«Nein»-Parole und hat auch ih 
re Mitglieder schriftlich zu ei 
nem «Nein» aufgefordert. Ver 
antwortungsvolle Unternehme 
rinnen und Unternehmer sind 
aber aufgefordert, die unreali 
stischen Ansichten zu durch 
schauen. Es ist fahrlässig und 
schadet den liechtensteinischen 
Gewerbetreibenden selber am 
meisten, wenn man bemannte 
Kontrollen an den Rheingren 
zen in Kauf nimmt. Gerade die 
verantwortungsvollen Unter 
nehmer sind aufgefordert, «ja» 
zur LSVA zu sagen. 
Amt für Volkswirtschafi 
NACHRICHTEN 
Abänderung des 
1 Gewerbegesetzes 
VADUZ: Die Regierung hat 
einen Bericht und Antrag 
zur Abänderung des Gewer 
begesetzes (Art. 15b, Kraft 
verkehrsunternehmer) zu 
handen des Landtags verab- 
! schiedet. Mit der Abände- 
) rung wird in Artikel 15 fest- 
;• gelegt, dass Güterkraftver- 
j kehrsunternehmen, die 
1 ihren Beruf mit Fahrzeugen 
j ausüben, deren zulässige 
ü Gesamtgewicht 3,5 Tonnen 
j nicht übersteigt, nicht unter 
| die Tätigkeit des Kraftver- 
j kehrsunternehmers zu sub- 
■ sumieren sind und folglich 
J auch vom Nachweis der 
Fachkenntnis befreit sind. 
Bisher wurde unterschieden 
zwischen 6,0 Tonnen Ge- 
; samtgewicht oder 3,5 Ton- 
i nen Nutzlast. Zudem wird 
I die Definition des Berufs 
! des Kraftverkehrsunterneh- 
j mers in Artikel 15b dem 
j Wortlaut der EG-Richtlinie 
j 98/76 angepasst. (pafl) 
i 
1 Jahresversamm- 
| lung des Verkehrs 
und Kurvereins 
| MALBUN: Wir laden alle 
I Mitglieder, Freunde und am 
j Fremdenverkehr lnteressier- 
* ten zu der gemeinsamen 
| Jahresversammlung des 
Verkehrsvereins Triesenberg 
i und des Kurvereins Malbun, 
auf Dienstag, 26. Septem 
ber, 20 Uhr im Hotel Wal 
serhof Malbun, recht herz 
lich ein. Wir freuen uns, Sie 
begriissen zu dürfen, 
j Verkehrsverein Triesenberg, 
■ Kurverein Malbun 
Gedächtnis 
training für 
Erwachsene 
\ SCHAAN: Am Montag, den 
i 25. September beginnt um 
] 18.00 Uhr ein Kurs, der lh- 
i nen zu einem besseren Ge- 
, dächtnis verhelfen wird 
| (insgesamt fünf Montag- 
I abende). Mit Hilfe der ein- 
j gesetzten Methode können 
Sie Ihr Gedächtnis mühelos, 
j schnell und auf humorvolle 
: Art erstaunlich verbessern. 
Veranstaltet von der Er- 
] wachsenenbildung Stein- 
j Egerta, mit Voranmeldung. 
| Telefon 232 48 22. (Eing.) 
[ LESERBRIEFE 
i 
i «Die SchWerver 
kehrsabgabe» 
! oder: «Wie halten 
| wir es mit den 
J Schweizern?» 
i An der Seite der Schweiz 
' sind wir vom Horror des 2. 
[ Weltkrieges verschont ge 
blieben. Allein dafür bin ich 
, bereit, bis zum Ende meiner 
Tage alle Steuern zu zahlen, 
; die die Schweizer für sich 
• selber als notwendig erach- 
i ten. L. Senti, Ruggell 
1 
i Zwangsmitglied- 
j schaff bei der Ge- 
; werbe- und Wirt- 
! schaftskammer 
IAIs Ingenieur- und Bera 
tungsunternehmen müssen 
wir zähneknirschend zuse 
hen, wie Ressourcen für ei 
ne unglückselige Kampagne 
gegen die LSVA eingesetzt 
werden. Es ist höchste Zeit, 
dass das Parlament diese 
Zwangsmitgliedschaft ab 
schaßt. INCONAG, Vaduz 
	        

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