Liechtensteiner VOLKSBLATT
AUSLAND
Dienstag, 19. September 2000 29
Vier Zivilisten auf Jolo getötet
Philippinische Armee setzt Offensive gegen Abu Sayyaf fort - Kritik aus Frankreich und Deutschland
ZAMBOANGA: Nach den
jüngsten heftigen Gefech
ten zwischen philippini
schen Truppen und
Moslemextremisten auf
Jolo wächst die Sorge um
das Leben der 19 Geiseln,
die sich noch in der Harn*
der Abu Sayyaf befinden.
«Wir haben sie noch nicht auf
gegeben», sagte der Pressespre
cher des philippinischen Präsi
denten, Ricardo Puno, am
Montag. Man hoffe, dass «viele
von ihnen» gerettet werden
könnten. Die Angriffe auf Stel
lungen der Abu Sayyaf gingen
unterdessen weiter. Bei den
Kämpfen wurden nach offiziel
len Angaben mindestens vier
Zivilisten und acht Abu-
Sayyaf-Mitglieder getötet. 20
Extremisten seien verhaftet
worden, hiess es.
Versteckt gestürmt
Seit dem Beginn der Offen
sive am Samstag hat die Armee
zwei Hauptlager und mehrere
kleinere Verstecke der Abu
Sayyaf gestürmt. Von den Gei
seln - zwei Franzosen, einem
Amerikaner, drei Malaysiern
und 13 Philippinern - fehlte je
doch weiter jede Spur. Rund
5000 Dorfbewohner auf der
Training für
«Kursk»-Bergung
MOSKAU: Russische. Taucher;
sollen im Ausland auf .die;
Bergung des gesunkenen^
Atom-U-Boots' «Kuntotyor^i
bereitet wenden;'Wie v derj
stellvertretende russische Mi
nisterpräsident IUa Klebanöiyi
mitteilte;;; reisen
heute zum Training a hach ;
■ Norwegen oder Schottland.^
Er widersprach BgrtthtlöM
wonach sich die ursprünglich j
bereits für das Wochenende
angesetzte Reise aufGrund;
von < Unsüxntnigkeiten über|
die Finanzierung verzögerii
'habe. D|s^cl$^ln£S^|
plan, betonte Klebanow.
:-Noch :: ;^^;i^ts(^eden ist, >
ob zuerst^ die Leichen und'
anschliessend das Wrack ge-"
borgen werden oder ob beides <\
gleichzeitig versucht wird.
Die philippinischen Militärtruppen bereiten den vierten Tag der Offensive gegen die Moslemextremis
ten vor. (Bild: Keystone)
südphilippinischen Insel Jolo
flohen vor den Gefechten in die
Hauptstadt. Sanitäter befürch
teten, dass viele verletzte Zivi
listen innerhalb des militäri
schen Rings eingeschlossen
waren, den die Streitkräfte
rund um die Lager der Abu
Sayyaf errichtet hatten. Sie for
derten einen mehrstündigen
Waffenstillstand, um die Ver
wundeten medizinisch versor
gen, beziehungsweise aus dem
Kampfgebiet evakuieren zu
können.
Flucht mit Schnellbooten?
Nach Angaben des Gouver
neurs AbdusakurTan flohen ei
nige Abu-Sayyaf-Rebellen in
Richtung Küste, um von der In
sel zu entkommen. Die Regie
rung hat Verkehrs- und Tele
fonverbindungen nach Jolo
unterbrochen, aber es wurde
vermutet, dass die Extremisten
im Besitz mehrerer Schnellboo
te sind und mit diesen flüchten
wollen.
Ende nicht in Sicht
General Narciso Abaya sagte,
die Offensive werde voraus
sichtlich bis zu sechs Tage dau
ern. Frankreich, Deutschland
und Malaysia zeigten sich be
sorgt, dass der Militärschlag
das Leben der Geiseln gefähr
den könnte.
Der amtierende Aussenmi-
nister Franklin Ebdalin wies die
Kritik zurück. «Unsere Antwort
darauf ist, dass die philippini
sche Regierung die Entschei
dung in Anbetracht dessen ge
troffen hat, dass alle Verhand
lungswege ausgeschöpft sind
und kein Ende des Kreislaufs
der Geiselnahme in Sicht
scheint», sagte Ebdalin.
EU-Aussenminister gegen Milosevic
Aussenminister locken serbische Bevölkerung mit Vergünstigungen
BRÜSSEL: Die Länder des
westlichen Balkans erhalten
einen verbesserten Marktzu
gang zur Europäischen Union
(EU). Darauf einigten sich die
EU-Aussenminister gestern
in Brüssel. Die Minister spra
chen sich auch fUr eine Re
gimeänderung in Jugoslawien
aus.
Vom verbesserten Marktzugang
profitieren etwa 95 Prozent der
Exporte Albaniens, Bosnien-
Herzegowinas, Kroatiens, Ma
zedoniens sowie der autono
men jugoslawischen Provinz
Kosovo unter UNO-Übergangs-
verwaltung. Ausgenommen
von der Handelsliberalisierung
sind laut EU-Diplomaten Wein
sowie Fleisch- und Fischpro
dukte. Für Industrieprodukte
soll es hingegen keine Zölle
oder sonstige Beschränkungen
geben.
Die Handelserleichterungen
sind laut Diplomaten ein Signal
für die Länder der Region, die
vielfach mit wirtschaftlichen
Problemen kämpfen. Die EU sei
bereit, sich in Richtung einer
Freihandelszone zu bewegen,
sagte ein EU-Diplomat.
In der Region müssten aber
grundlegende Prinzipien der
Demokratie und der Men
schenrechte geachtet werden,
hiess es. Auch müssten die Län
der untereinander wirtschaft
liche Beziehungen ent
wickeln.
Gegen Milosevic
Gleichzeitig forderten die
Aussenminister die serbischen
Wähler auf, bei den Wahlen in
Jugoslawien an diesem Sonn
tag (24. September) ihre Stim
me gegen das Regime von Prä
sident Slobodan Milosevic ab
zugeben. Sollte es eine politi
sche Wende in der Bundesrepu
blik Jugoslawien geben, könnte
es verschiedene Vergünstigun
gen geben, heisst es in einem in
Brüssel bekannt gewordenen
Erklärungsentwurf der Minister.
Serbien wird in dem Text Wirt
schafts- und Wiederaufbauhilfe
sowie eine Wiedereingliede
rung in die internationale Ge
meinschaft in Aussicht gestellt.
Reformen
Die Aussenminister der 15
EU-Staaten befassen sich zudem
mit dem Stand der EU-Reformen
als Vorbereitung für die Aufnah
me zwölf neuer EU-Mitglieder
ab 2003. In diesem Zusammen
hang geht es auch um den Stand
der Verhandlungen mit den
Beitrittskandidaten Ost- und
Mitteleuropas sowie dem Mittel
meerraum. Ebenfalls wollen die
EU-Aussenminister über die
philippinische Militäroffensive
gegen Stellungen der Rebellen
gruppe Abu Sayyaf sprechen.
NACHRICHTEN
Haus des
Juntafuhrers
unter Beschuss
ABIDJAN: An der Elfenbein
küste ist am Montagmorgen
das Haus von Juntaführer
General Robert Guei be
schossen worden. Wie es
hiess, griff eine bewaffnete
Gruppe in Zivilkleidung das
Haus an. Ein Soldat wurde
getötet und vier verletzt.
Auch in anderen Stadtteilen
von Abidjan waren Schüsse
zu hören. Hintergrund sind
möglicherweise Streitigkei
ten im Militär um Bezah
lungen. Vielen Soldaten war
Geld geboten worden, damit
sie den Putsch von Guei am
24. Dezember unterstützten.
Atomreaktor re
duziert Leistung
KIEW: Die Leistung eines
ukrainischen Atomreaktors
im Kraftwerk Riwne ist
nach einem Störfall um 50
Prozent reduziert worden,
wie die Behörden am Mon
tag mitteilten. Ein Genera
tor im einzigen arbeitenden
Reaktor sei am Sonntag ab
geschaltet worden, hiess es.
Radioaktivität sei nicht frei
gesetzt worden. Derzeit pro
duzieren elf von 14 Reakto
ren in den fünf Atomkraft
werken 40 Prozent des
Stroms des Landes.
USA drohen
Indonesien mit
Sanktionen
JAKARTA: US-Verteidi
gungsministerium William •-
Cohen hat Indonesien im
Zusammenhang mit der in
stabilen Lage in der Provinz
West-Timor mit Wirt
schaftssanktionen gedroht.
Diese könnten verhängt
werden, wenn die Regierung
in Jakarta nicht innerhalb
von drei Wochen damit be
ginne, die pro-indonesische
Milizen zu entwaffnen, die
West-Timor terrorisieren.
Cohen äusserte sich am
Montag nach einem Ge
spräch mit Präsident Abdur-
rahman Wahid in Jakarta.
Bei einem Milizen-Übergriff
waren am 6. September drei
ausländische UNO-Mitarbei-
ter in West-Timor ums Le
ben gekommen.
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