Liechtensteiner VOLKSBLATT
KULTUR
Samstag, 16. September 2000 1 7
/
Auf der Bühne Gas geben
Roland Düringer, Kabarettist mit Kultstatus, im Vaduzer Saal
ä
Der lang erwartete Auf
tritt des weit über seine
Heimat hinaus bekannten
Roland Düringer war be
reits für Mai dieses Jahres
angesagt, musste aber
wegen einer Erkrankung
verschoben werden. Nun
ist er da, der «Kabarettist
it Kultstatus», steht
cht nur auf der Bühne,
sondern stand uns auch
Rede und Antwort.
Mit Roland Düringer
sprach Gerolf Hauser
VOLKSBLATT: Sie sind als
Motorsportfan mit dem Zug
hierher gekommen?
Roland Düringer: Gerade
weil es mir Spass macht, mit
dem Auto zu fahren. Und von
St. Pölten hierher auf der Auto
bahn ist langweilig. Wenn ich
Sonntagabend nach Hause
komme, werde ich ins Auto
steigen und nach Italien fahren.
Das macht Spass.
Was macht Spass?
Schon mit 12 Jahren habe
ich Moto-Cross-Rennen ge
fahren. Schon von jeher her
fasziniert mich alles, was mit
Benzin angetrieben wird -
und was technisch Besonders
ist. Deshalb habe ich eher lus
tige Autos, z. B. die Corvette,
Viper, de Tomaso usw. Hub
raum, Höchstgeschwindigkeit
und PS müssen stimmen und
ein Auto muss einen Cha
rakter haben.
Und das ist das Thema von
•Benzinbrüder»?
Das Thema ist Mensch und
Auto. Vordergründig scheint es
um Autos zu gehen. Stimmt
aber nicht, denn Autos sind nur
Blechhaufen. Es geht um Men
schen. Aber das Auto gehört
dazu, genau so, wie ein Pferd
zum Cowboy-Film gehört.
Wo liegt der Sinn Ihrer Pro
gramme?
Liebevoll Finger in Wunden
zu legen, Schwächen aufzuzei
gen, auch meine eigenen. Ich
kann ja. immer nur' aus mir
schöpfen.
Sie wollten ausdrücklich Im
Vaduzer Saal spielen?
Ich weiss noch nicht einmal,'
wie das Theater aussieht, wo
ich spiele. Wie gross ist der
Vaduzer Saal? Über 600 Plät
ze! Das ist doch klein. Viel
leicht für Liechtenstein gross.
Von Liechtenstein weiss ich
überhaupt nichts. Warum gibt
es hier so viele Banken? Ha
ben die Leute hier so viele
Schulden, dass sie so viele
Banken brauchen? Da ich nur
über etwas schreiben kann,
was ich kenne, kann ich also
nichts über Liechtenstein
schreiben. Aber es gibt hier ir
gendwo einen Bach? Aha, der
Rhein. Wo fliesst der? Okay.
Dann gehe ich nachher dort
hin. Weil an den Bächen ent
lang kann man immer gut
joggen.
Ihr Wirkungsfeld begrenzt
sich auf den deutschsprachi
gen Raum?
Noch viel weniger. Wer ver
steht denn in Norddeutschland
schon meinen Wiener Dialekt?
Und meine Programme in
hochdeutsch - das würde alles
verlieren. Man kann doch einen
Karl Valentin auch nicht in dä
nisch sprechen. Der Vorteil des
Dialekts ist, dass er Texten und
ihren Inhalten einen Charakter
gibt. Dialekt ist wie beim Men
schen die Haut, die Hochspra
che ist nur das Hemd. Bei syn
chronisierten Filme klingen die
Schauspieler alle .gleich - idio
tisch. Ich bin in Wien aufge
wachsen, spreche diese Sprache
und liebe sie.
Sie sind ganz oben, haben ei
ne eigene Homepage, einen
Fanclub, haben Filme und
Femsehserlen gemacht, z. B.
den Joschl Täubler in «Kaiser
mühlenblues» gespielt, füllen
Säle mit Ihren Kabaretts usw.
Wie fühlen Sie sich, wenn Sie
an den Anfang zurückden
ken?
Für mich ist das vom Tun her
auf der Bühne kein Unter
schied, ob 10 oder 500 Leute im
Saal sind. Unterschiedlich ist,
dass ich mehr Geld und weni
ger Zeit habe. Der Druck der
Öffentlichkeit ist gewachsen, es
gibt immer mehr Leute, die et
Roland Düringer ist heute Abend in Vaduz zu sehen. (Bild: gh)
was von mir wollen, Benefiz
veranstaltungen z. B., und ich
kann mich, zumindest in Wien,
kaum mehr unbeobachtet be
wegen. Und dass ich mehr Geld
verdiene, macht mich auch
nicht glücklicher. Reich ist man
nur dann, wenn man seine Be
dürfnisse abdecken kann, und
die wachsen - leider.
Sind Sie ein Workaholic?
Ich glaube nicht. Ich spiele
sehr gern auf der Bühne -
höchstens dreimal in der Wo
che. Aber wenn ich zwei Mona
te nicht gespielt habe, wird mir
todlangweilig. Ausserdem bin
ich heute ein Betrieb, d.h. es
gibt einige Leute, die da mit
drin hängen, für die ich verant
wortlich bin, muss also Geld
verdienen.
Denken Sie wehmütig zurück
an die Zelt, als Erfolg noch
ein Traum war?
Den Traum hatte ich nie. Ich
wollte nie erfolgreich sein. Ich
bin einfach so reingeschliddert.
Das wuchs langsam in deii letz
ten 15 Jahren. Ich bin froh,
dass es mir nicht so passiert ist,
wie manchen anderen, die
durch einen Hit vom No Name
zum Shooting Star wurden -
und anschliessend meist tief
stürzen. Also kann ich sehr ru
hig schlafen, bin nicht abhän
gig von irgendwelchen Mana
gern und kann, wenn mich bei
Fernsehaufnahmen z. B. etwas
stört, einfach gehen. Ich lebe
heute davon, dass irgendwo ein
Plakat hängt - der Düringer
spielt - und die Leute kommen.
Dadurch habe ich gewisse Frei
heiten. Aber ehrlich, wer bin
ich schon? Ich bin ein kleiner
Entertainer in einem kleinen
Land. Ich überschätze mich und
meine Arbeit überhaupt nicht.
Und vom Superstar bin ich weit
entfernt.
Fehlt Ihnen der Kontakt zum
Publikum?
Den will ich eigentlich gar
nicht. Von der Bühne herunter
spiele ich in ein grosses ano
nymes Loch hinein. Natürlich
reagiere ich, auch imprt>visa-
torisch, auf das Feedback aus
dem Publikum. Das ist so, wie
wenn ich nach Tasmanien, al
so an der Arsch der Welt, in
Urlaub fahre. Dort treffe ich
einen Österreicher. Dann sage
ich: Je, ein Österreicher, super.
Wenn ich den in Wien auf der
Strasse treffe, dann bemerke
ich den doch gar nicht. Also
auf der Bühne mache ich mei
ne Arbeit und das Publikum
hört zu. Für mich ist es auch
eher beängstigend, das Publi
kum zu sehen. Ich vermeide es,
die Leute vor der Vorstellung
anzuschauen. Von der Bühne
sehe ich nur die ersten zwei
Reihen. Und wer sitzt dort?
Entweder die geladenen Gäste,
die Abonnenten oder die, die
schon zwei Stunden vorher an
der Kasse anstehen. Die Inte-,
ressanten sitzen immer hinten.
Das ist wie in der Schule. Bei
der Vielzahl von Menschen,
,die mittlerweile in meine Vor
stellungen kommen, möchte
[ich gar nicht wissen, wer da
?ist.
Gibt es jetzt Träume?
Wenn ich noch einmal ganz
von vorne anfangen könnte,
würde ich Musik machen. Das
hat einfach viel mehr Pepp als
das, was ich mache. Was ich
mache, ist eine lauwarme Ge
schichte. Aber eine Rockband
auf der Bühne, da geht doch die
Post ab. Ich spiele selber ein
bisschen Bass; es ist einfach
geil, wenn der Groove im Vor
dergrund steht. Integrieren in
meine jetzige Arbeit möchte ich
das nicht, sonst bin ich wie so
viele Kabarettisten, die schlech
te Musik machen. Das wider
spricht auch meinem Ehrgeiz,
dass alles, was ich mache, auch
möglichst gut sein soll. Ich ma
che das, womit ich zufrieden
sein kann. Ich spekuliere nicht
darauf, Sachen zu finden, von
denen ich weiss, dass die Leute
lachen. Die Geschichte und die
Figuren müssen stimmen. Aber
natürlich muss ich mein Pro
gramm auch abstimmen darauf,
dass, wenn ich vor 3000 Leuten
spiele, nicht alle besonders hell
auf der Platte sind. Also muss
ich das so abstimmen, dass alle
etwas davon haben, jene und
die, die ein bisschen weiter
nachdenken.
Jetzt machen Sie Urlaub in
Italien?
Das sind die ersten paar frei
en Tage seit langer Zeit. Wenn
ich zurück komme, muss ich
mein Drehbuch für den Kino
film fertig schreiben und lasse
in Wien langsam das Pro
gramm «Benzinbrüder» auslau
fen. Und dann geht es mit Voll
dampf ins neue Programm, das
allerdings noch nicht steht. Ich
bin so einer, der erst ganz spät
mit so etwas beginnt. Erst eine
Woche vor der Premiere fange
ich an zu proben. Bei mir gibt
es nichts zu proben, ich weiss,
was ich sagen werde. Also stel
le ich mich auf die Bühne und
gebe Gas. Ich kann gar nicht
richtig proben. Da sitzen dann
meine Techniker drin und fra
gen, ob das noch lustig wird.
Klar wird es das - bei der Vor
stellung.
Für die Vorstellung «Benzin
brüder» heute Abend 20 Uhr im
Vaduzer Saal sind Karten an
der Abendkasse erhältlich.
«Wohnen Götter im Asphalt?»
Marco Eberle zeigt neue Arbeiten in der Galefie Tangente in Eschen
Zum dritten Mal zeigt Marco
Eberle sein Kunstschaffen in
der Tangente: Im Aussenbe
reich stehen Stahlskulpturen
zu Thema «Gefäss», im Innen
bereich hängen die «Strassen-
zeichen» und Tierhäute und in
der Tiefgarage die Gefässe aus
Bitumen und Jute.
Gerolf Hauser
Die Ausstellung zeigt Eberles
Weg vom Schrott- zum Kon
zeptkünstler, zeigt die Entwick
lung in den letzten zwei Jahren
auf, in denen er Assistent und
ab 1998 Meisterschüler beim
bekannten Schweizer Grafiker
und Eisenplastiker Franz Eg-
genschwiler war.
Visionäre Kraft
In seiner Vemissagerede be
schrieb Stefan Sprenger sehr
einfühlsam Marco Eberles Ar
beiten. Es sei eine schwierige,
aber auch grosse Ausstellung,
da der Künstler ungewohnte,
auch ungemütliche Pfade ge
gangen sei und weil die Arbei
ten eine wilde, visionäre Kraft
zeigten. Stefan Sprenger be
schrieb dann die Eisen- und
Chromstahlplastiken, «die in ei
ner einzigen Raumgeste emp
fangen und abgeben, Gefässe
von sowohl souveräner Durch
lässigkeit als auch souveräner
Anwesenheit, beides Aspekte
einer gelungenen Durchdrin-
Galerist Karl Gassner (links) zusammen mit dem Kunstschaffen
den Marco Eberle, der seine Werke in der Galerie Tangente In Es
chen zeigt. (Bild: bak)
|gung von Raum und Materie...»
* Bei' seinen «Strassenzeichen»,
bei denen er Kupfer- oder Alu
miniumblech auf ein Stras-
•senstück legte und es abhäm
merte, tausche er die Sicherheit
des Eisenplastikers mit dem
Abenteuer konzeptorientierter
Kunst. In den Kupferblättern
strahle Mythisches, z. B. beim
Sonnenrad über dem Horizont;
die Aluminiumblätter dagegen
zeigten Härte und Kälte. «Was
ist das für ein Blick, der die
Strasse, den Asphalt als ünbe-
wusste Gattungschronik liest
und Teile daraus dechiffriert?
Die Sehnsucht, den Schmerz?
Wohnen Götter im Asphalt, ru
hige Götter? Oder sind es Ka
tasterdämonen?... Die Serie der
Schlaglöcher im Foyer führt die
Beschäftigung mit der Strasse-
noberfläche weiter... Einen
noch dunkleren Aspekt der
Strasse werden Sie im Keller
mit den Bitumenarbeiten ent
decken. Sie sehen Schalen und
Halbschalen, zum Teil leer, zum
Teil befrachtet. Schwarze Ar
beiten, stickig, klebrig, uner-
löst. Auch die Teerkinder, die in
einigen der Schalen liegen, hel
fen nicht weiter...» Der vierte
Teil der Ausstellung zeigt «Zie-
gen- und Hirschhäute, beim
Gerber zu Pergament verarbei
tet, Pergament, auf das früher
geschrieben worden ist und das
auch Eberle als Träger eines
zeitgeschichtlichen Verschrei-
bens verwendet... Das ange
stammte Haus der westlichen
Menschen ist im letzten Jahr
hundert zerbrochen. Vielleicht
damit auch die Ruhe, als
Künstler in einem Stil heimisch
zu sein. Es ist fast unerträglich
viel Bewusstsein für das Zeitge
schichtliche in Eberles neuen
Arbeiten. Sie verlangen viel
von Ihnen. Aus ihrer Tiefe
klingt aber auch immer wieder
die Idee eines ganzen, unver-
schnittenen Menschen entge
gen.»
NACHRICHTEN
Flnissage der Alt-
mann-Ausstellung
VADUZ: Morgen Sohntag
um 11 Uhr findet im
Engländerbau (Städtle 37)
in Vaduz die Finissage der
Robert-Altmann-Ausstel
lung «Finden, Sammeln im
Surrealismus» statt. Der Ein
tritt ist frei, die Finissage-
rede hält Norbert Haas, Berlin.
Der Sammler, Kunstverleger
und Künstlerfreund Robert
Altmann (Vaduz/Paris) ist
zeitlebens in besonderer
Weise dem Surrealismus
verbunden. Dies ist nicht
nur an den von Altmann
verlegten bibliophilen und
künstlerischen Editionen er
kennbar, es spiegelt sich
ebenso in der Struktur sei
ner Sammlung und in den
von ihm gepflegten Freund
schaften. Die geistige pro
grammatische Haltung des
Surrealismus hat besonders
von den 1920er bis in die
1950er Jahre weltweit gros
sen Einfluss auf Literaten,
bildende Künstler und ver
schiedene andere intellektu
elle Kreise wie Philosophen,
Psychologen und Soziolo
gen gehabt. Dabei sind es
insbesondere die von den
Surrealisten entwickelten
Methoden zur Freilegung
der kreativen Antriebskräfte
des Menschen, die immer
wieder zur Inspirationsquel
le für Wissenschaftler und
freie Denker wurden. Nor
bert Haas, der bereits zur
Eröffnung der Ausstellung
zur Bedeutung von Leben
und Person des Robert Alt
mann für die geistige Ent
wicklung in Europa und
insbesondere für Liechten
stein gesprochen hat, hat
sich in den vergangenen
Monaten intensiv mit der
Sammlung Altmanns aus
einandergesetzt. Dabei ist
ein Essay entstanden, der
die besonderen Methoden
des Findens und des Sam
meins im Surrealismus zum
Gegenstand hat und ihre
aufklärerische Kraft für das
Vei stehen der Kreativität
im 20. Jahrhundert unter
sucht. (Eing.)
REKLAME
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: Fr, 15. und St. 16, September, 20 JJhr,
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