Liechtensteiner VOLKSBLATT
SPORT
Freitag, 15. September 2000 1 7
sport
Schwierige Aufgabe: USV in Herisau
Tennis: Clubmeisterschaften des TC Vaduz
Winokurow gewinnt 18, Vuelta-Etappe
IJEFÄ-Cup hält einige Überraschungen bereit
«Wir sind die Babys im IOC»
Gespräch mit den neuen Schweizer IOC-Mitglied Gian-Franco Kasper
SYDNEY: Einst gehörte Gi
an-Franco Kasper zu den
Kritikern des Internationa
len Olympischen Komitees
(IOC), jetzt ist er selber
IOC-Mitglied. Die Sportin
formation sprach mit dem
56-jährigen Bündner über
Vorder- und Hintergründi
ges aus diesem höchsten
Sportgremium der Welt.
Herzliche Gratulation zur
Wahl Ins IOC - ein Gremium,
das in der Vergangenheit
nicht über alle Zweifel erha
ben war. Sie gehören nun ge-
wlssermassen zu den neuen
Hoffnungsträgern.
Gian-Franco Kasper: Über
alle Zweifel erhaben ist es auch
heute nicht. Aber es handelt
sich - zurückblickend auf die
letzten 100 Jahre - doch um ein
Gremium, das einiges auf die
Beine gestellt hat. Damit meine
ich vor allem die olympische
Bewegung, die in meinen Au
gen noch wesentlicher ist als
die Spiele als solche. Wenn
man in dieser Bewegung mit
machen oder zumindest gewis
se Ideen und auch. sportliche
Aspekte einbringen und ver
wirklichen kann, dann erfüllt
das einen schon mit einigem
Stolz und Befriedigung. Ich be
trachte die Wahl aber nicht als
Belohnung für Leistungen aus
der Vergangenheit, sondern als
Verpflichtung für die Zukunft.
«IOC-Seilschaften werden
zerfallen»
Vor zwei Jahren gehörten Sie
selber zu den massiven Kriti
kern des IOC. Hat da ein Waiv
Der Schweizer Gian-Franco Kasper fordert, dass sich das IOC
mehr im Hintergrund halten sollte, statt auf Ruhm aus zu sein.
del bei Ihnen stattgefunden - Kritik an der Sache betrifft,
oder im IOC? halte ich diese aufrecht, bis es
Ich hoffe, dass im IOC ein wirklich anders geworden ist.
Wandel erfolgte. Was meine Das schliesst aber nicht aus,
dass ich auch die Leistungen
des IOC und der olympischen
Bewegung anerkenne. Die sind
gewaltig. Ich habe noch keine
Bewegung erlebt, die weltweit
so viel auslöst. Aber noch ist
viel zu ändern. Ich gehöre zu
der kleinen Gruppe, die am
Mittwoch als erste auf demo
kratische Weise gewählt wor
den ist, die auch keinen natio
nal-politischen Hintergrund
hat. Nach der Wahl sagten wir
scherzhaft: Wir sind jetzt die
Babys des neuen IOC. Nun steht
ja auch ein Präsidentenwechsel
bevor. Wobei es weniger um
den Präsidenten geht als um
gewisse Seilschaften und Grup
pierungen, die sich unter Sa-
maranch gebildet haben. Die
werden zerfallen. Vom
Fühmngsstil des neuen Präsi
denten wird es abhängen, ob
sich neue bilden, Doch müssen
wird uns natürlich klar seih: Es
'menschelet' überall und im
IOC erst recht.»
«Abkehr von der olympi
schen Glorifizierung»
Wo sind die grössten
Schwachstellen des IOC, Im
)<Glgantismus, In der nach wie
vor' latenten Anfälligkeit für
Korruption oder In der zu we
nig konsequenten Haltung In
der Dopingfrage?
In vielen Bereichen müssen
wir konsequenter werden. Man
muss auch abkommen von der
Glorifizierung und sollte nicht
das olympische Ideal in den
Vordergrund stellen, das nicht
. erfüllt werden kann. Die Ju
gend der heutigen Welt denkt
viel realistischer als die von
früher. Symbole wie die olym
pischen Ringe oder die Fackel
sind zwar sehr schön, aber für
die heutige Jugend ist das ein
eher theatralischer Nebenef
fekt, die den hehren Olymp und
auch das hehre IOC zeigt, das es
nicht ist und auch nie sein
wird. Die Dopingfirage ist ein
separates Thema für Stunden.
Und was die Korruptionsanßl-
ligkeit betrifft, war diese sicher
vorhanden. Es hat schwarze
Schafe gegeben. Aber wenn
man die Praxis betrachtet, wie
viele Milliarden Dollar mit den
Olympischen Spielen umge
setzt werden und wie hoch
dann die Verfehlungssumme
von vielleicht einer Million
Dollar war, dann ist das - ohne
es schönreden zu wollen - im
Vergleich zum Geschäftsleben
ein Nichts. In jeder Firma gibt
es mal einen Buchhalter oder
einen Hauswart, der mit etwas
abhaut. Natürlich muss das IOC
mit allen Mitteln versuchen,
nach aussen wieder sauber da
zustehen. Das IOC sollte versu
chen, sich, etwas im Hinter
grund .zu halten, weniger auf
Prestige und Ehre aus zu sein,
sondern einfach seine Arbeit zu
leisten. Die Ehre sollen die Ath
leten haben. Dann wird es
zwangsläufig nicht mehr so im
Schaufenster stehen. Angst ha
be ich vor dem Gigantismus.
Nur ein Beispiel: Bis heute
Morgen sind 21 900 Journali
sten akkreditiert worden, nach
meiner Information sind über
5000 Busse im Einsatz, da muss
es ja fast zwangsläufig ein Ver
kehrschaos geben. Und wenn
nur zwei Busse falsch fahren,
wird gleich weltweit darüber
geschrieben.
IOC will Fussball-Turnier
aufwerten
Das Internationale Olympi
sche Komitee (IOC) hofft, das
olympische Fussball-Turnier
schon bei den nächsten Spie
len 2004 in Athen aufzuwer
ten. IOC-Präsident Juan An
tonio Samaranch teilte nach
einem Gespräch mit FIFA-
Präsident Sepp Blatter mit,
dass in vier Jahren die bisher
bestehende Altersgrenze auf
gehoben wird.
«Es gibt viele exzellente Spie
ler, die jünger als 23 Jahre
sind. Dies ist aber für mich
nicht ausreichend», unter
strich Samaranch auf einer
Pressekonferenz den 10C-
Standpunkt: «Ich denke, Sepp
Blatter ist bereit, einer Qua
litätssteigerung , bei olympi-
' sehen Turniers zuzustimmen.»
Das Fussball-Turnier der Män
ner in Sydney ist beschränkt
auf Spieler unter 23 Jahren,
allerdings darf jedes Team zu
sätzlich drei ältere Akteure
aufbieten.
Laut Samaranch könne sich
Blatter die Teilnahme bekann
ter Spieler an Olympischen
Spielen im Falle eines Termins
im Juli durchaus vorstellen.
Allerdings sind die Spiele
2004 in Athen bereits für die
zweite August-Hälfte termi
niert. Zu diesem Zeitpunkt ha
ben jeweils die meisten eu
ropäischen Top-Ligen ihren
Spielbetrieb wieder aufge
nommen.
Zamorano in Torlaune
Chile besiegt Marokko dank drei Treffern des Inter-Stars mit 4:1
Ivan Zamorano, der einzige
wirkliche Superstar im olym
pischen Fussball-Turnier der
Männer, ist seinem Ruf schon
beim ersten Einsatz vollauf
gerecht geworden. Der mitt
lerweile 33-jährige Stürmer
schoss die ersten drei Tore
zum 4:1-Sieg der Chilenen
gegen Marokko.
Der bei Inter Mailand unter
Vertrag stehende Ivan Zamo
rano (ehemals Spieler beim FC
St. Gallen) verhalf seiner
Mannschaft mit seinen drei
Toren in der 37., 45. und 55.
Minute zu einer äusserst kom
fortablen Ausgangslage. Nach
getaner Arbeit liess sich der
Stürmerstar auswechseln. Za
morano erhielt vor allem
dank dem Ausscheiden von
Inter in der Champions-Lea-
gue-Qualifikation gegen den
krassen Aussenseiter Heising
borg die Gelegenheit, bei
Olympia mitzuspielen. In Ma
rokkos Verteidigung stand
Fouzi El Brazi (ex Servette
Genf) über die gesamte
Spieldauer im Einsatz.
Favoritensiege für
Brasilianer und Spanier
Brasilien, einer der ganz
grossen Turnierfavoriten, gab
sich beim 3:1 gegen die Slowa
kei ebenso keine Blösse wie die
Spanier beim 3:0-Sieg gegen
/' (:•
Südkorea. Einzig die Begeg
nung zwischen Japan und Süd
afrika nahm einen einigermas-
sen unerwarteten Ausgang: Die
Asiaten gewannen nämlich mit
2:1 - und das nicht einmal un
verdient.
Resultate
Fussball, Vorrunde. 2. Spieltag.
Männer. Gruppe B. In Adelaide:
Südkorea - Spanien 0:3 (0:3). In Mel
bourne: Marokko - Chile 1:4 (0:2). -
Gruppe D. In Brisbane: Brasilien -
Slowakei 3:1 (1:1). In Canberra: Süd
afrika-Japan 1:2(1:1).
Frauen. Gruppe F. In Melbourne:
USA - Norwegen 2:0. In Canberra:
China - Nigeria 3:1.
Weitere Infos:
www.olympics.com
"4
Samstag 16. September 2000 ab 9.00 Uhr
Freundschaftsspringen
e
4 Teilprüfungen mit und ohne Lizenz
Unterhaltung mit der Jugendmusik Gamprin/Bendern sowie mit dem Duo Trocadero
..' Barwagen und gesellschaftliche Umrahmung
OLYMPIA-SPLITTER
ERLÖSUNG I. Liechtensteins
Olympiaschütze OJiver Geiss
mann kann aufatmen: Mit
dreitägiger Verspätung ist am
Donnerstag sein Wettkampf-
Gewehr in Sydney eingetrof-
fen. Das Sportgerät des liech
tensteinischen Fahnenträgers
bei der Eröffnungsfeier blieb
offensichtlich auf dem Olym
piaflug in Paris liegen und
gelangte schliesslich über
London und Singapur doch
noch an seinen Bestim
mungsort.
ERLÖSUNG II. Ebenfalls ei
nen Tag vor der Eröffnungs
feier sind auch die längst
überfalligen beiden Kisten
Büromaterial von Chef de
Mission Alex Hermann im
Olympischen Dorf angekom
men. «Alles in bester Ord
nung», so der Chef de Missi
on.
IM MITTELPUNKT. Das In
teresse der australischen Öf
fentlichkeit wird beim sams-
täglichen Auftakt der olym
pischen Schwimm-Wett-
kämpfe auf Ian Thorpe
fokussiert sein. Der 17-jähri
ge Weltmeister von 1998
wird dem Gastgeberland über
400 m die erste Goldmedaille
bescheren, daran zweifelt ei
gentlich niemand.
ZÜLLE FAHRT MIT. Gemäss
Thomas Burch, technischer
Koordinator des Schweiz.
Rad- und Motorfahrer-Bun
des, sind alle Zweifel um
Alex Zülles Olympia-Start
aus dem Weg geräumt. Zülle
wird am olympischen Stras-
senrennen und am Zeitfahren
teilnehmen.
VORGERICHT. Der usbeki
sche Trainer Sergej Wojnow
muss sich wegen unerlaubter
Einfuhr von 15 Ampullen des
Wachstumshormons HGH vor
einem Gericht in Sydney ver
antworten. Nach einem neuen
australischen Gesetz muss der
Usbeke mit einer Busse bis zu
100000 Franken oder fünf
Jahren Gefängnis rechnen.
■J
Wir freuen und auf Ihr Kommen!
OK-Komitee