6 Montag, 11. September 2000
LAND UND LEUTE
Liechtensteiner VOLKSBIATT
Die LSVA bringt Bewegung
in den Transitstau
Forum: Stellungnahme der Freien Liste
Die Freie Liste hat sich
anlässlich der FL-Ver-
sammlung vom 4. 9. 2000
einstimmig für die Ein
führung der LSVA ausge
sprochen.
Die wesentlichsten Aspekte für
ein Ja zur LSVA sind: Kosten
wahrheit, Verursacherprinzip
und Verlagerung des Güterver
kehrs auf die Schiene.
Wird die Einführung der
LSVA den gewünschten
Effekt haben?
Tatsache ist, dass in den letz
ten Jahren der Güterverkehr
auf der Schiene im Vergleich
zur Strasse immer mehr
zurückgedrängt wird. Obwohl
man sich selbst auf EU'-Ebene
völlig einig ist, dass der Güter
verkehr dringend auf die Schie
ne verlagert werden muss,
wenn uns nicht der Verkehrs
kollaps umbringen soll, bleibt
die EU bislang bei Empfehlun
gen wie Kostenwahrheit und
Verteuerung des Güterverkehrs.
Einzig die Schweiz zeigt beina
he vorbildliche Bemühungen,
den Güterverkehr auf die
Schiene zu bekommen. Die Ein
führung der LSVA in der
Schweiz, ist nur eines der In
strumentarien, die diesen Über
gang erleichtem.
Wir tun gut daran, dem Bei
spiel der Schweiz zu folgen.
Liechtenstein ist ein klassisches
Transitdurchzugsland im Al
pengebiet. Es ist nachgewiesen,
dass die C0 2 -Emissionen in den
Alpen um einiges höher liegen
als in tiefer gelegenen Lagen
und wesentlich zum Treibhaus
effekt beitragen. Untersuchun
gen in der Schweiz haben erge
ben, dass die dreckige Luft
jährlich 3800 frühzeitige To
desfälle und 53 000 zusätzliche
Fälle von Bronchitis bei Kin
dern verursacht. Von der allge
mein sinkenden Lebensqualität
in hochfrequentierten Wohnge
genden ganz zu schweigen. Zu
sätzliche «Ersatzstrassen» sind
eine Lösung, die Erfahrung
zeigt, dass entlang solcher
«Umfahrungsrouten» sehr
schnell aus Landwirtschaftsbo
den Bauzonen gemacht wer
den.
Einführung der LSVA
zwingend notwendig
Alpenländer wie Österreich
und Frankreich haben der
Strasse absolute Priorität ein
geräumt und Entwicklungen
hingenommen, die in jeder
Hinsicht zerstörrerisch sind.
Doch nicht nur die Umwelt
und unsere Lebensqualität
werden beeinträchtigt. Eine
Politik, die der Strasse und der
Transportlobby das Feld über-
lässt, gerät in Abhängigkeit
und ist erpressbar; das zeigen
die aktuellen Blockaden in
Frankreich.
Liechtenstein ist Teil der al-
penquerenden Transitroute
Süddeutschland - Rheintal -
San Bernardino - Mailand. Da
mit die legitimen Schutzbe
dürfnisse der Bevölkerung
nicht unter die Räder kommen,
müssen alle erdenklichen Mas
snahmen, die eine solche Ent
wicklung verhindern, ergriffen
werden. Liechtenstein hat ein
fundamentales Interesse daran,
dass der Güterverkehr auf die
Schiene kommt.
Die Einführung der LSVA be
urteilen wir daher für zwingend
notwendig. Erst wenn der Gü
terverkehr adaquat verteuert
wird, d. h den tatsächlichen
Kosten entsprechend auch ver
rechnet wird, werden die Ver
antwortlichen über andere um
weltgerechte Lösungen nach
denken und darin auch inves
tieren.
Wohin mit dem Geld?
Die Freie Liste war von An
fang an gegen den Mix Sozial-
und Verkehrspolitik. Unsere
Verkehrspolitik liegt am Boden.
Die Lösung der Regierung, neue
Strassen zu bauen und zu pro
pagieren, haben mit Verkehrs
politik nichts zu tun, da diese
bereits nach wenigen Jahren
den ständig steigenden Verkehr
nicht mehr schlucken können.
Verkehrskonzepte des 20. Jahr
hunderts müssen sich lang
fristig und nachhaltig orientie
ren. Das Geld der LSVA für
Massnahmen einzusetzen, die
attraktiv genug sind, dass der
hausgemachte Vielverkehr um
steigen kann und die liechten
steinische Wirtschaft an die
Schiene angebunden wird,
würde den Zusammenhang
zwischen LSVA und Mittelver
wendung nachvollziehbarer
machen.
Kompatibel mit der EU?
Es ist so, dass sich die EU-
Länder in der Verkehrskommis
sion auf EU-Ebene darüber ei
nig sind, dass es so nicht weiter
gehen kann und dringend et
was getan werden muss, um
Kostenwahrheit, Verlagerung
des Güterverkehrs auf die
Schiepe, Schaffung von klei
nen Kreisläufen usw. herzustel
len. Doch auch in der EU sitzen
Politiker, die es sich aus Grün
den der Loyalität mit massiven
Interessensverbänden wie dem
Transportgewerbe nicht ver
sehenen wollen. Einen ent
sprechenden Druck wird es da
her von Seiten der EU kaum ge
ben. Das Entscheidende für die
LSVA-Einführung in Liechten
stein aber ist, dass die EU es
den Nationen überlässt, was
eingeführt wird, um die Tran
sitlawinen einzudämmen.
Hier der Strategie Schweiz zu
folgen, ist allemal vernünftiger
als einmal mehr nichts zu tun.
Österreich und Deutschland ha
ben ein Problem: Sie diskutie
ren ebenso Abgaben, die mit
der LSVA vergleichbar sind.
Weil sie mit der Einführung et
was länger brauchen als die
Schweiz, ist kein Indiz dafür,
dass sie damit auch den besse
ren Weg gehen. Der permanent
zunehmende Güterverkehr
durch die Alpen beweist eher
das Gegenteil.
Ja zur LSVA
Die Einführung der LSVA
könnte eine Trendwende in der
liechtensteinischen Verkehrs
politik sein. Die Bevölkerung
ist nicht mehr bereit, ihren Le
bensraum weiter zerstören zu
lassen. Mit einem Ja-zur LSVA
kann die Bevölkerung aktiv in
eine wünschenswerte Entwick
lung eingreifen. Es liegt an den
Verkehrspolitikern, die Wei
chen für eine neue Verkehrspo
litik zu stellen. Freie Liste
Liechtenstein braucht Visionen
und intelligente Massnahmen
Forum: Stellungnahme der Arbeitsgruppe Verkehrsprobleme FL-Unterland
Die Kapazitäten vieler Stras
sen sind mehr oder weniger
erschöpft. Zudem werden an
manchen Orten die Grenzwer
te für Lärm und Schadstoffe
massiv überschritten.
Doch obwohl Auto- und
LKW-Fahrten die Umwelt und
damit auch unsere Lebens
qualität überdurchschnittlich
belasten, fast jeder Winkel
unseres Landes mit Strassen
erschlossen und innerhalb
von 15 Minuten praktisch von
jedem Industrie- und Gewer
bestandort ein Autobahnan-
schluss zu erreichen ist, set
zen die Regierung und die
Strassenbauer auf noch mehr
Strassen und auf noch mehr
Wachstum des motorisierten
Verkehrs.
Einen Ausbau des
Strassenangebots strikte
verweigern
Dabei ist längst klar: Neue
Strassen lösen das Problem
nicht. Und die Erfahrung zeigt:
Wenn wir alle noch mehr fah
ren und noch mehr Verkehr
durch neue Strasse erzeugen,
läuft gar nichts mehr. «Freie
Fahrt für freie Bürger» - das
geht nur noch über einen
grosszügigen und raschen Aus
bau der öffentlichen Verkehrs
systeme.
Es liegt am Wollen und nicht
am Können. Zürich hat es vor
gemacht und ist heute eine der
wenigen Städte in der Schweiz,
in denen der Privatverkehr in
den letzten 15 Jahren nicht zu
genommen hat. Das ist der po
litischen Strategie zu verdan
ken, die wachsende Mobilität
mit der Bahn aufzufangen und
einen Ausbau des Strassenan
gebots strikte zu verweigern.
Statt neue Strassen -
NULL PLUS
Die Stadt Zürich hat folgende
Zielsetzung an erste Stelle ihrer
Verkehrspolitik gestellt: «Jede
Massnahme, die den Umweltr
verbünd von Zu-Fuss-Gehen,
Fahrrad und öffentlichen Ver
kehr fördert und attraktiver
werden lässt, ist positiv und zu
ergreifen; jede Massnahme, die
das Gegenteil bewirkt, ist zu
unterlassen.» Eine moderne und
nachhaltige Verkehrspolitik be
deutet für Liechtenstein also
konkret:
• Parkraumbewirtschaftung
• Konsequente Förderung des
öffentlichen Verkehrs
• Intelligente Vernetzung der
Verkehrsmittel
• Durchsetzung der Kosten
wahrheit
1 • Ausbau von Rad- und Fuss
wegen
i# Verlagerung des Güterver
kehrs auf die Schiene
• Temporeduktion auf Quar
tierstrassen
Arbeitsgruppe
Verkehrsprobleme
FL-Unterland
Grenzwerte mit
Mängeln
Forum: Stellungnahme der LGU
zur Mobilfunkthematik
Die neue «Information« der
Regierung zur Mobilfunktele-
fonie spricht fiir sich. Sie ver
harrt auf dem Standpunkt:
«Werden die Grenzwerte der
NIS-Verordnung eingehalten,
so ist die Strahlung der Mobil-
telefonieantennen unbedenk
lich.» Für Mensch und Natur.
Diese Aussage ist aber nicht
zulässig. Denn die NlS-Verord-
nung macht nur beschränkt
Aussagen zu gesundheitlichen
Auswirkungen auf Menschen.
Gar keine Aussagen macht die
NIS-Verordnung über mögli
che Schädigungen von Tieren
und Pflanzen.
Die Werte der NIS-Verordnung
stützen sich auf Akut- bezie
hungsweise Kurzzeitwirkun
gen. Dazu gehören die Errev
gung von Nerven- und Muskel
zellen, Erwärmung von Körper
gewebe, Schocks und Verbren
nungen. Biologische Effekte
wie Krebsrisiken, Beeinflussung
des Melatoninhaushaltes oder
Elektrosensitivität sind bei der
Grenzwertempfehlung der
schweizerischen Verordnung
zum Schutz vor Nichtionisie
render Strahlung ausgeklam
mert. Langzeitexpositionen
sind nicht beachtet.
Negative Auswirkungen
auf die Gesundheit sind
möglich
In der Schriftenreihe Umwelt
über die Begrenzung der Im
missionen von nichtionisieren
der Strahlung schreibt das
schweizerische Bundesamt für
Umwelt, Wald und Landschaft
(BUWAL) denn auch selber,
dass «sich negative Auswirkun
gen auf die Gesundheit oder
das Wohlbefinden von Perso
nen bei langdauernder Exposi
tion nicht mit Sicherheit aus-
schliessen lassen, selbst wenn
die empfohlenen Immissions
grenzwerte zu jeder Zeit einge
halten sind.» Viele Menschen
haben aufgrund ihres Wohn-
und/oder Arbeitsortes wenige
Chancen, vor Strahlenbelas
tungen zu fliehen.
Pflanzen sind arm dran
Die Grenzwerte beziehen sich
ausserdem «nur» auf den Men
schen und nicht auf Tiere und
Pflanzen. Es ist aber bekannt,
dass verschiedene Tierarten
sehr sensibel auf elektrische,
magnetische und/oder elektro
magnetische Felder reagieren.
Dazu gehören besonders Fi
sche, Frösche oder auch Heu
schrecken. Pflanzen haben zu
dem eine besondere «Eigen
schaft», die ihnen zum Ver
hängnis wird. Sie sind nämlich
standortgebunden und können
einer Mobilfunkantenne nicht
«entkommen».
Die Grenzwerte der NIS-Ver
ordnung unterscheiden aber
nicht ohne. Grund Orte emp
findlicher Nutzung und andere.
Sie gehen davon aus, das durch
längere Strahlung ein erhöhtes
Risiko besteht. Zu den Orten
empfindlicher Nutzung
gehören denn auch Räume, in
denen sich Personen regelmäs
sig während längerer Zeit auf
halten. An diesen Orten gelten
schärfere Bestimmungen in Be
zug auf die Emission von Anla
gen. Die Pflanzen können aber
bekanntlich nicht fliehen. Ähn
lich geht es auch Nutztieren.
Aus dieser Sicht schützt die
NIS-Verordnung Pflanzen nicht
und Tiere nur beschränkt vor
Schäden.
Laborversuche sind keine
Garantie
Um die Grenzwerte der NIS-
Verordnung festzuhalten, sind
nur Resultate aus Laborversu
chen herangezogen worden.
Nicht beurteilt sind bei den
Grenzwerten der NlS-Verord-
nung Wechselwirkungen zwi
schen elektrischen, magneti
schen und elektromagnetischen
Feldern und medizinischen Im
plantaten wie zum Beispiel
Herzschrittmacher. Ausserhal
ber des Labors, also in der Na
tur, müssen zudem sich überla
gernde oder sich gegenseitig
beeinflussende Belastungen be
achtet werden. So können ein
zelne Teilbelastungen stärker
wirken, als wenn sie einzeln
auftreten.
Laborversuche können die
Bedingungen ausserhalb des
Labors nie wirklich wiederge
ben. Sie sind deshalb auch kein
ausreichender Beweis, dass die
vorhandenen Grenzwerte den
Menschen und die Natur vor
Schäden durch die Strahlung
der Mobiltelefonie schützen.
Die NIS-Verordnung mit der
die Regierung die Strahlenim
missionen der Mobiltelefonie
beurteilt, ist deshalb nicht ge
eignet, negative Auswiricungen
auf den Menschen und die Na
tur auszuschliessen. Schutz
massnahmen müssen neu über
dacht und als erstes müssen die
Grenzwerte gesenkt werden.
Liechtensteinische Gesellschaft
für Umweltschutz
Forum/.
Unter der Rubrik «Forum»
; veröffentüd^||iM^^.;|
schriftetjfMcl|g«tyä^®Dn^
nen; twd,IiMtuäQnem%I)as,1
in deni Beiträgen geäusser- v j
1 ten Meinungen nicht, mit tler ;
Haltüng^4er, Zeitung über-]
. einstimmen müssen. " . "
* SÖj&jS i t \
«Wichtigste Verbindung zwischen Österreich und Schweiz»
Forum: Stellungnahme der Arbeitsgruppe Verkehrsprpbleme FL-Unterland
Geplante strassenbauliche Mass
nahmen wie der Letzetunnel,
die Umfahrungsstrasse im
Raum Unterland/Schaan und
der neue LKW-Abstellplatz
beim Zollamt Schaanwald/risis
können nicht isoliert und lokal
betrachtet werden.
Diese Strassenbauten stehen al
le im Spannungsfeld der beiden
Rheintalautobahnen A13 und
AI4. Sie sind Teile eines ge
'4
planten und zum grössten Teil
schon fertiggestellten Transit
korridors im alpenquerenden
Autobahnnetz. Die «Südumfah-
rung Feldkirch» und die «Er
satzstrasse» sind nicht, wie von
den Strassenbauern behauptet
wird, Strassen mit nur lokaler
Bedeutung und Auswirkung,
sondern haben die Verkehrswir
kung hochrangiger Strassen.
Zusammen ergeben sie im
Raum Unterland/Feldkirch ei
nen nahtlosen Lückenschluss
der beiden Rheintalautobahnen.
Umfahrung im Unterland,
= Transitroute
Dass jede Umfahrung im Un^
terland zwangsläufig zur Tran
sitachse wird, hat bereits 1992
Tiefbau-Amtsleiter Johann Ott
unmissverständlich in einer
«Problemanalyse» festgestellt:
«Will man dem Verkehr die
notwendigen Flächen zur Verfü
gung stellen, ohne das Bauge
biet stärker zu belasten, ist eine
ortsferne Strassenverbindung
herzustellen. Diese Verkehrsver-
bindung kann den Transitver
kehr von Österreich in die
Schweiz aufnehmen. Der Bin
nen-, Ziel- und Quellverkehr,
0er den grösseren Teil des beste
henden Verkehrs in diesem Ge
biet darstellt, kann auf diese Art
nicht abgebaut werden. Zu be
achten ist aber, dass durch den
Bau einer Transitroute die
Nachbarländer Österreich und'
die Schweiz kaum noch ernst
haft im oberen Bereich des
Rheintales eine Strassenverbin
dung zwischen den Autobahnen
A14 im Vorarlberg und A13 im
Kanton St. Gallen anstreben
werden. Liechtenstein wird mit
dieser Transitroute die wich
tigste Verbindung zwischen
Österreich und der Schweiz
darstellen. Das Verkehrsaufkom
men auf dieser Strecke ist dann
von Liechtenstein aus praktisch
nicht mehr zu beeinflussen. Es
ist fraglich, ob diese Last für das
kleine Land grössenverträglich
ist» (Johann Ott, 1992).
Arbeitsgruppe Verkehrs
probleme FL-Unterland