30 Samstag, 9. September 2000
AUSLAMD
Liechtensteiner VOLKSBLATT
Hilfe für Afrika verstärken!
Sicherheitsrat verabschiedet Erklärung zum Millenniumsgipfel - Hilfe für Afrika soll verstärkt werden
NEW YORK: Einen inten
siveren Kampf gegen die
Armut, stärkere Anstren
gungen im Umweltschutz
und eine Verbesserung ih
rer Möglichkeiten zur
Friedensbewahrung ha
ben sich die Vereinten
Nationen für das neue
Jahrhundert auf ihre Fah
nen geschrieben.
Eine entsprechende weit rei
chende Aufgabenliste, zu der
auch die Stärkung von Demo
kratie und Menschenrechten
und der Kampf gegen die Aus
breitung von Aids gehören,
sollte am Freitag zum Ab-
schluss des dreitägigen UN-
Millenniumsgipfels in New
York von den 150 anwesenden
Staats- und Regierungschefs
verabschiedet werden.
UN-Generalsekretär Kofi
Annan hatte schon vor Beginn
des Gipfels deutlich gemacht,
dass er sich mit Versprechun
gen allein nicht zufrieden ge
ben will. Er erwarte, dass jeder
einzelne der Staatschefs «nach
Hause fährt und anfängt, etwas
zu tun.»
Einen der wichtigsten Ak
zente des Gipfels hatte am
Donnerstag der Sicherheitsrat
der Vereinten Nationen gesetzt,
der versprach, den Einsatz der
US-Präsident Bill Clinton■ wies in seiner Rede auf den Zusammenhang zwischen politischen Krisen
und grundlegenden Problemen wie Armut hin. Links Englands Regierungschef Tony Blair.
UN-Friedenstruppen in Krisen-
gebieten von Grund auf erneu
ern zu wollen. Die Blauhelm
soldaten sollten schneller und
wirksamer auf Konfliktsituatio
nen reagieren können, forder
ten die Regierungschefs der 15
im Sicherheitsrat vertretenen
Staaten. Mehr als bisher solle
auf eine realistische Definition
des Mandats der Blauhelme
und auf eine wirksame Ausrüs
tung der Soldaten geachtet
werden.
Die entsprechende UN-Abtei
lung soll neu organisiert wer
den. Derzeit sind mehr als
37 000 Soldaten und Zivilpoli
zisten in 14 Friedensmissionen
der UN im Einsatz.
Die Erklärung erfolgte aber
nicht in der sonst üblichen
Form einer Resolution, sondern
wurde nur als Anhang zu einer
Resolution angenommen. Ob
dies bindend sei, war unter Di
plomaten strittig. Es war ein
Kompromiss, der in mehr als
einwöchigen Verhandlungen
erreicht wurde. Mehrere Staa
ten seien nicht bereit gewesen,
solch weit reichende Zusagen
in einer Resolution zu machen.
Deshalb sei beschlossen wor
den, die Erklärung nicht so weit
zu verwässern, bis sie für alle
als Resolution annehmbar ge
worden wäre, sondern sie als
Anhang zu verabschieden.
Die Sitzung des Sicherheits
rates war erst die zweite in der
Geschichte der Vereinten Na
tionen, bei der die 15 Mit
gliedsstaaten von ihren Regie
rungschefs statt wie sonst von
den UN-Botschaftern vertreten
wurden. Sie beschlossen unter
anderem, «der Förderung von
dauerhaftem Frieden und nach
haltiger Entwicklung in Afrika
sowie den spezifischen Merk
malen afrikanischer Konflikte
besondere Aufmerksamkeit zu
widmen». US-Präsident Bill
Clinton wies in seiner Rede auf
den Zusammenhang zwischen
politischen Krisen und grundle
genden Problemen wie Armut
hin: «Solange wir uns nicht
dem Bindeglied zwischen Man
gel, Krankheiten und Krieg
stellen, werden wir nie in der
Lage zu sein, den Frieden zu
schaffen, von dem die Gründer
der Vereinten Nationen träum
ten», sagte Clinton.
Noch kein Ende der Tankbloqkaden
in Frankreich in Sicht" v
Die meisten Tankstellen sind mittlerweile vollkommen leer
PARIS: Trotz des Einlenkens
des wichtigsten Berufsverban
des der Spediteurunternehmer
hat sich in Frankreich am
Freitag zunächst noch kein
Ende der Tanklager-Blocka
den abgezeichnet.
Wegen der Blockaden waren
zahlreiche Tankstellen voll
kommen leer. Nur vereinzelt
wurden Barrikaden aufgehoben
und 101 Raffinerien und Depots
sind weiterhin blockiert. Auch
wurden erste Fälle von Benzin-
Diebstahl bekannt.
Auf der Autobahn zwischen
Lyon und Marseille sank der
Verkehr gegenüber normalen
Wochentagen um rund einen
Drittel, nach Angaben der Au
tobahngesellschaft blieben je
doch nur wenige Wagen wegen
REKLAME
Treibstoffmangels stecken. Pro
testierende Bauern behinderten
in Nordfrankreich die Zu
fahrten zum Kanaltunnel
nach Grossbritannien. Kerosin-
Knappheit führte dazu, dass in
Lyon und Nizza insgesamt
38 Flüge gestrichen werden
mussten.
Einlenken
Der französische Spediteur
verband FNTR zeigte sich trotz
der fortbestehenden Blockaden
optimistisch über ein baldiges
Ende der Treibstoffknappheit.
«Für uns ist die Krise beendet»,
sagte Verbandschef Ren£ Petit
in Paris. Die Basis wollte den
Aufrufen des mitgliederstärk
sten französischen Fuhrunter
nehmerverbandes FNTR zur
Aufhebung der Sperren vorerst
Nur noch tvenige Tankstellen
verfügen in Frankreich über
Benzin.
nicht folgen. Der FNTR, der
rund 15 000 Transportbetriebe
repräsentiert, hatte in der Nacht
zum Freitag bei neuen Ge
sprächen mit Verkehrsminister
Jean-Claude Gayssot die Zuge
ständnisse der Regierung ange
nommen. Paris hatte eine Sen
kung der Dieselsteuer für Last
wagen von derzeit 2,57 Franc
um 35 Centimes (rund 8 Rap
pen) pro Liter für das laufende
Jahr zugesagt, im Jahr 2001
soll diese Ermässigung um
zehn auf 25 Centimes (rund 6
Rappen) zurückgenommen
werden. Dieses Angebot war
bereits am Mittwoch vom Be
rufsverband TLF angenommen
worden, der die grossen Trans
portbetriebe mit rund der Hälf
te der französischen Lastwa
genflotte vertritt.
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LIHGA
Halle 1, Stand 43
Russland
dementiert
MOSKAU: Die russische Mari
ne hat am Freitag Berichte
zurückgewiesen, wonach das
mit 118 Mann Besatzung ver
unglückte russische Atom-U-
Boot «Kursk» von der eigenen
Flotte versenkt worden sei.
Beim Manöver seien nur Rake
ten und Torpedos ohne Ge
fechts* Sprengköpfe verwendet
worden; zitierte die Nachrichte
nagentur Interfax den Sprecher
der russischen Marine, Igor Dy-
galo. Die «Berliner Zeitung» be
richtete in ihrer Freitagsausga
be, eine moderne Anti-U-Boot-
Rakete, die vom russischen Ra
ketenkreuzer «Pjotr Weliki» (Pe
ter der Grosse) abgefeuert wur
de, habe die Katastrophe verur
sacht.
Die Zeitung beruft sich auf
einen in Moskau bisher unver
öffentlichten Untersuchungs
bericht des russischen Inlands
geheimdienstes FSB. Der Be
richt sei Präsident Wladimir
Putin am 31. August von FSB-
Chef Nikolai Patruschew vorge
legt worden.
«Im Verlauf eines See
manövers sind solche Ereignis
se ausgeschlossen, weil alle be
teiligten Schiffe sich nur in zu
geordneten Gebieten bewegen»,
sagte Dygalo. Übungsschiessen
würden nur unter strengsten
Sicherheitsvorkehrungen durch
geführt.
In dem FSB-Bericht heisst es
nach Angaben der «Berliner
Zeitung», der Kreuzer habe
am 12. August im Rahmen
eines Flottenmanövers einen
Marschflugkörper vom Typ
«Granit» abgeschossen, der mit
einem neuen Gefechtskopf ge
gen Unterwasserziele ausgerüs
tet war.
Russische Militärs vertraten
bisher energisch die Auffas
sung, dass die «Kursk» von ei
nem ausländischen U-Boot ge
rammt worden sei.
NACHRICHTEN
Massen-Proteste
In Brasilien
RIO DE JANEIRO: In Brasi
lien haben Zehntausende
anlässlich des Unabhängig
keitstages und des Endes ei
ner Volksbefragung Uber die
Auslandschulden des Lan
des gegen die Wirtschafts
und Sozial-Politik der Re
gierung protestiert Allein
an der grössten Protest
kundgebung nahmen am
Donnerstag im Wallfahrtsort
Aparecida im südöstlichen
Staat Sao Paulo nach Me
dienschätzungen rund
50 000 Menschen teil.
U-Boot für
Drogentransporte
BOGOTÄ: Die kolumbiani
sche Polizei hat in der Nähe
von Bogota ein im Bau be
findliches U-Boot sicherge
stellt. Das Schiff war wahr
scheinlich für den Transport
von Drogen ins Ausland be
stimmt. In in dem Schiff
hätten 150 bis 200 Tonnen
Kokain transportiert werden
können, sagte der kolum
bianische Polizeichef Luis
Ernesto Gilibert am Don
nerstag.
Arsenverseuchtes
Trinkwasser
GENF: In Bangladesch ris
kieren nach Angaben der
Weltgesundheitsorganisati
on (WHO) 35 bis 77 Millio
nen Einwohner, arsenver
seuchtes Trinkwasser zu
konsumieren. Es drohe eine
grössere Katastrophe als
Tschernobyl, erklärte die
WHO am Freitag. Bei min
destens 100 000 Einwoh-
i nern seien bereits Hautver-
■ letzungen registriert wor-
! den, die auf eine Vergiftung
)' durch Arsen zurückzu
fuhren seien.
Gesetzespaket
gegen Terror!»*
mus in Spanien
MADRID: Mit einer drasti
schen Gesetzesverschärfung
will die spanische Regie
rung gegen Sympathisanten
der baskischen Untergrund
organisation ETA vorgehen.
Wie Justizminister Angel
Acebes gestern mitteilte,
billigte das Kabinett ein Ge
setzespaket, das unter ande
rem vorsieht, am Strassen-
kampf beteiligte Jugendli
che wie Erwachsene zu be
strafen. Damit würde die
Höchststrafe von bisher
fünf auf 20 Jahre steigen.
Massaker In
Westtimor
ATAMBUA: In der indonesi
schen Provinz Westtimor ist
die staatliche Ordnung of
fenbar zusammengebro
chen. Augenzeugen berich
teten, proindonesische Mili
zen würden ungestraft Ge
walttaten verüben.
Vertreter der UN befürch
teten, dass bei einem Mas
saker bis zu 20 Dorfbewoh
ner ermordet wurden. Die
indonesischen Streitkräfte
sprachen von mindestens
elf Toten.
Fast 400 internationale
Helfer waren geflohen,
nachdem mehrere tausend
Milizionäre am Mittwoch
das UNHCR-Gebäude in
Atambua gestürmt und drei
UN-Mitarbeiter ermordet
hatten.