Liechtensteiner VOLKSBLATT
KULTUR
Donnerstag, 7. September 2000 35
NACHRICHTEN
Folkloretanz und Modern-Dance-Elemente
«Approaching Clouds» - Ballett von Heinz Spoerli im Zürcher Opernhaus
Im Zürcher Opernhaus Ist derzeit ein bezauberndes Ballett van Heinz Spoerli zu sehen.
Natürlich, nicht anders
war es zu erwarten:
«Standing Ovations» für
Heinz Spoeriis neue Pro
duktion «Approaching
Clouds» und die fantasti
sche Company im Opern
haus, langanhaltender
Applaus und Bravo-Rufe
aber auch aus Anlass sei
nes 60. Geburtstages.
Gerolf Hauser
Keine durchgehende Geschich
te, sondern vier in sich abge
schlossene Stücke waren zu se
hen - und drei davon auch zu
bewundern: «Approaching
Clouds» zur 1. Sonate für Vio
loncello und Klavier von Al
fred Schnittke (1978), «Szenen»
zu Robert Schumanns «Kin
derszenen» und «Folk Songs»
zur gleichnamigen Kompositi
on, die Luciano Berio 1964
komponiert hatte. Fragezei
chen setzen kann man bei der
Produktion «Phase» zu «Violin
Phase» für Violine und Ton
band von Steve Reich, 1967
geschrieben.
Fast durchsichtig
Zufällig hatte Steve Reich
entdeckt, dass beim zeitglei
chen Abspielen zweier identi
scher Musikstücke Zeitver
schiebungen entstehen durch
die unterschiedlichen Laufge
schwindigkeiten der Tonband
geräte. Bei «Violin Phase» spiel
te die Geigerin Monika Baer
zusammen mit einem Tonband
endlose Ostinato-Phrasen, an
Maschinengeräusche aus Indu
striehallen erinnernd. Die sie
ben Tänzerinnen und ein Tän-
Am 1. September wurde im
Schweizerischen Landesmuse
um Zürich die Sonderausstel
lung «Leonardo da Vinci -
Wissenschaftler, Erfinder,
Künstler» eröffnet, die bis zum
7. Januar 2001 zu sehen ist.
Diese Ausstellung über Leben
und Werk des Universalgenies
Leonardo da Vinci (1452-
1519) wurde bereits rund um
die Welt gezeigt und von Uber
drei Millionen Menschen ge
sehen.
Gerolf Hauser
«Dieser Mann», heisst es in der
Ankündigung, «hat auch Ihr
Leben verändert.» Und sein
grosser Traum war es, «Maschi
nen zu bauen, mit denen man
die Kraft selbst erzeugen kann,
weil man mit ihnen unendliche
Welten bewegen könnte.» Die
Ausstellung zeigt mit 250 Mo
dellen, Skulpturen, Faksimiles,
Zeichnungen und Gemälden
nicht nur den Schöpfer der
•Mona Lisa» und des «Abend
mahls», sondern auch den lei
denschaftlichen Wissenschaft
ler und Erfinder.
Interaktive Erfahrungen
Diese Ausstellung wendet
sich nicht nur an den Kunsthis
toriker und Kunstkenner, son
dern vor allem an die breite Öf
fentlichkeit) indem sie spiele
risch die unterschiedlichen Dis
ziplinen Kunst, Wissenschaft
und Technik verbindet. Die
zer zeigten das stereotype Wie
derholen minimaler Bewe
gungsmuster, an Nummern-
Girl-Shows und an uniformier
te, entindividualisierte Men
schen erinnernd. Im Hinter
grund bewegten sich auf Rie-
senfllmleinwänden Augen,
Münder und Körper. Die meist
synchronen Tanzbewegungen
brachen, analog zur Musik, im
mer wieder in Phasenverschie
bungen auf. Alles zusammen
war für kurze Zeit spannend,
dann zunehmend ermüdend.
Ganz anders dagegen die
Ausstellung ermöglicht ausser
dem, interaktiv miteinbezogen
zu werden: 20 Monitore geben
wertvolle Angaben zum Leben
und Werk Leonardos sowie all
gemeine Informationen über
die Renaissance. Bewegliche
Modelle und technische Nach
bildungen, darunter einige zum
Anfassen, machen den Besuch
der Ausstellung zu einer akti
ven Erfahrung und lassen an
hand einzelner Modellversuche
die Erkenntnisse des Universal
genies der Renaissance nach
durchgehend spannungsgela
dene Musik von Alfred Schnitt
ke (1934-1998), die in genialer
Weise Rückgriffe auf Stile der
Vergangenheit mit Zeitgenössi
schem verbindet. Heinz Spoerli
Hess, vor einem roten Hinter
grund, drei Tanzpaare in
scheinbarer Körperlosigkeit.
fast durchsichtig, dann wieder
in grotesk-akrobatischen, ir
disch-zirkusartigen «Körper
verwicklungen»," im Wechsel
von Rasanz und Slow-Mötion
die Schwerkraft missachtende
Hebefiguren, diese musikali-
vollziehen. Zusätzlich erweitert
eine Vortragsreihe das Wissen
um da Vinci. In der Zürcher
Ausstellung sind ausserdem
fünf Originalwerke zu bewun
dern: Ein Blatt des «Codex At-
lanticus», den die öffentliche
Bibliothek der Universität Basel
leihweise zur Verfügung stellte,
der «Kopf eines alten Mannes»,
das Ölbild «Leda' und der
Schwan» aus einer Privat
sammlung in Florida, eine Ar
beit Raphaels auf einer Holzta
fel «Johannes der Täufer» sowie
sehe Synthese sichtbar werden.
Grandiose Bilder
Nach der Pause dann Schu
manns herrliche Klavierstücke
«Kinderszenen», gespielt von
Alexey Botvinov. Spoerli ge
lang es, diese «Kinderszenen»
zu herrlichen und humorvollen,
zugleich aber auch zu dem so
realistischen Kinderspiel ent
sprechenden Bewegungen um-
ztiforfnen.' Und wie Kinder sich
nicht an «Stile» halten, so ver
mischte Spoerli klassischen
Spitzentanz mit Modern Dance
die «Madonna in der Felsen
grotte» als Ölbild auf Leinwand,
Leihgabe aus einer Schweizer
Privatsammlung.
Ein Beispiel von vielen
1485 notierte Leonardo da
Vinci in einem Büchlein:
«Wenn ein Mensch über ein gut
geschlossenes Leinenzelt mit
einer Breite von 7,20 m auf je
der Seite und einer Höhe von
7,20 m verfügt, kann er aus
jeglicher Höhe springen, ohne
sich dabei zu verletzen». Neben
und allem, was dazwischen
liegt. Es gelang ihm, alles sicht
bar zu machen: Die Kinder-
freundschaften, ihr Wechsel,
das Zurückweisen, zaghafte
Annäherung, dazu die Schu-
mannschen Titel der einzelnen
Stücke, z. B. «Hasche-Mann»,
«Bittendes Kind», «Fürchtenma-
chen» usw. In unterschiedlichen
Kombinationen erzählten die
acht Tänzerinnen herrlich die
Geschichte spielender Kinder.
Einen Höhepunkt bot das letzte
Stück «Folk Songs». Lucfano
Berio hat, für Mezzosopran (Ur
sula Fern) und Kammerensem
ble bereits 1964 das vorwegge
nommen, was heute im Rock-
Pop-Berelch Worldmusic ge
nannt wird - die Bearbeitung
von Volksliedern (hier aus
Amerika, Armenien, Aserbaid
schan, Frankreich und Italien).
Diese spannungsreiche und un
terhaltsame Musik setzte Heinz
Spoerli in Zusammenarbeit mit
dem Ausstatter Florian Etti in
grandiose Bilder um. Eine La
serstrahl trennt diagonal Vor
der- und Hinterbühne dadurch,
dass Tänzerinnen, immer wieder
den Laserstrahl durchbrechend,
Schattenbahnen in die auf die
Bühne geblasenen und grün be
leuchteten Nebelschwaden zau
bern. So entstehen, die Wurzeln
der Volksmusik zeigend, magi
sche Stimmungen, in die hinein
Folkloretanz- und Modem-
Dance-Elemente gewoben sind.
Ein beeindruckender Abend mit
der ausgezeichneten Company
des Zürcher Balletts.
Weitere Vorstellungen: am 10.,
12., 14. und 24. September; 5., 7.,
15., 29. und 30. Oktober. Vorver
kauf Tel: 0041 1 268 66 66
(11.30 bis 18 Uhr).
seiner Eintragung befand sich
eine Zeichnung, wie ein solches
«Leinenzelt» wohl aussehen
könnte. Im, vergangenen Juli
schnallte sich der britische
Fallschirmspringer Adrian
Nicholas an eine genaue Replik
der Zeichnung Leonardos, die
Katarina Ollikainen gemäss den
Ratschlägen von Martin Kemp
von der Universität Oxford ge
baut hatte, und stieg mit einem
Heissluftballon über der Pro
vinz Mpumalanga in Südafrika
bis in 3000 m Höhe auf. Fall
schirmspringer und Fachleute
für Aerodynamik hatten vor
ausgesagt, die Stoffpyramide
werde zusammenklappen. Doch
es erwies sich, dass das 85 kg
schwere Gebilde äusserst gut
arbeitete und gemächlich über
2130 m in die Tiefe segelte, be
vor Nicholas für das letzte
Stück des Falls zu einem her
kömmlichen Fallschirm über
wechselte, so dass Nicias Lund-
blad und Blue Sky AB, die den
Flug mit Hilfe moderner Fall
schirme filmten, viel Mühe hat
ten, abzubremsen und auf der
Höhe des Fluggeräts zu bleiben.
Auch dieser Film wird in der
Ausstellung gezeigt.
Schweizerisches Landesmu
seum Zürich, Museumstrasse 2,
Öffnungszeiten Montag 14 bis
18 Uhr, Dienstag bis Freitag
10.30 bis 18 Uhr. Informatio
nen Uber Führungen und Vor
träge unter Tel: 0041 1 218 65
11 oder Fax: 0041 1 211 29 49
(oder E-Mail: bernard.schue-
le@slm,admin.ch)
V/
«La Dornte» Im
Haus Ortenberg
BALZERS: Drei Frauen und
zwei Männer werden sich
in die Herzen der jungen
und alteren Zuhörer und
Zuhörerinnen am Freitag,
den 8. September (Fest
Mariä Geburt) um 20.00
Uhr im Haus Gutenberg
singen. Ein multikulturel
les Programm auf deutsch,
italienisch und englisch
läuft unter dem Titel
: «Suitcases of Memories
■ and Music» ab. Barbara
Ospelt wird jeweils in die
* Lieder einführen, so dass
! dann der musikalische
Koffer voller Erinnerungen
und Musik sorgfältig aus-
j gepackt werden kann und
bei den Darbietungen sich
Freude bei allen Beteilig
ten verbreitet. (Bing.)
Bach und sein
Erbe
SCHAAN: In diesen Tagen
i jährte sich der 250. Todes-
! tag von Johann Sebastian
j Bach. Aus Anlass des
! Bach-Jahres soll dieser
; Zyklus dem berühmten
' Musiker und den vor- und
| nachfolgenden Bach-Ge
nerationen gewidmet sein,
i Anhand vieler Tonbeispiele
werden wir die Musik des
grossen Stammvaters und
: der ihm vor- und nachfol-
: genden Bachs kennenler-
nen (vier Mittwochabende,
ab 13. September, jeweils
20 Uhr, Haus Stein-Egerta,
, Schaan). Marco Schädler
' ist Referent dieser Reihe.
Er ist Initiator und Leiter
' des «Freien Instituts für
Musik», freischaffender
: Künstler und Komponist.
1 Veranstaltet von der Er
wachsenenbildung Stein-
- Egerta, mit Voranmeldung.
(Eing.)
] Bier selber
brauen
: GAMPR1N: Bier selber
brauen ist eine Herausfor-
: dening für jeden Bierlieb
haber. In diesem Kurs ler
nen wir, wie einfach und
aufregend es ist, sein ganz
persönliches Bier zu brau
en. Wir brauen 20 Liter \
■ Bier zusammen mit den
Kursteilnehmenden.
Während unser Bier gärt,
diskutieren wir mit Bler-
: fachmann Richi Leder bei
einem gemeinsamen
Abendessen über die Brau-
! kunst (im Kursgeld nicht
; inbegriffen). Der Kurs 193
i unter der Leitung von Richi
, Leder beginnt am Freitag,
: den 15. September um 17
, Uhr im Gemeindesaal in
; Gamprin. Anmeldung und
i Auskunft bei der Erwachse-
j nenbildung Steln-Egerta in
: Schaan, Telefon 232 48 22.
(Eing.)
' Nähen nach freier
Wahl
VADUZ: Am Donnerstag,
den 14. September um 20
Uhr beginnt in der Ober-
i schule in Vaduz der Kurs
153 unter der Leitung von
; Gisela Kaiser. Wir lernen
Kleider, Hosen, Röcke,
! Jacken oder Kinderkleider
. nach fertigen Schnitten
i selbstständig zu nähen. An
meldung und Auskunft bei
der Erwachsenenbildung
Stein-Egerta in Schaan,
Telefon 232 48 22. (Eing.)
'i
Karl Benz hat 1886 etwas realisiert, wovon Leonardo da Vinci 400 Jahre zuvor nur träumen konnte:
den Patent-Motorwagen, das erste Automobil der Welt. Im Bild ein da Vincis Vision von 1493 nach
gebautes Modell.
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«Dieser Mann hat auch Ihr Leben verändert»
Ausstellung über den Künstler, Wissenschaftler und Erfinder Leonardo da Vinci