Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

4 Donnerstag, 7. September 2000 
INLAND 
Liechtensteiner VOLKSBLATT 
«Ein Nein zur LSVA hätte 
gravierende Schwierigkeiten zur Folge» 
Streitgespräch zwischen Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter und Hansjörg Goop, Präsident des Referendumskomitees, zur LSVA 
Fortsetzung von Seite 3 
in Millionenhöhe von der 
Schweiz oder wollen wir sie 
nicht. Dies würde bedeuten: Ei 
ne Preiserhöhung nehmen wir 
in Kauf, aber die LSVA wollen 
wir nicht. Also: Wir zahlen, 
aber das Geld wollen wir nicht 
zurück. Ein volkswirtschaftli 
cher Unsinn wäre es, auf diese 
Rückerstattung der LSVA, die 
uns so oder so höhere Preise 
bringt, zu verzichten. 
Eines der Argumente der Be 
fürworter ist das Verhältnis 
zur Schweiz, welches bei ei 
nem Nein zur LSVA getrübt 
werden könnte. Herr Regie 
rungschef-Stellvertreter, was 
wären die konkreten Folgen 
eines Neins in Bezug auf das 
Verhältnis zur Schweiz? 
Michael Ritter: Es ist eine 
Tatsache, dass die Schweiz be 
mannte Kontrollstationen am 
Rhein errichten würden, wenn 
Liechtenstein Nein zu LSVA 
sagt. Das ist für mich nicht ak 
zeptabel. Das müssen wir ver 
meiden. Wir sollten nicht eine 
kleinliche Diskussion über Rap 
pen führen, sondern wir sollten 
den Blick aufs Ganze nicht ver 
gessen. Es geht nicht nur um 
eine Einführung einer Abgabe, 
welche die Schweiz schon hat, 
sondern es geht primär darum, 
dass wir ernsthafte Störungen 
mit Rückstau uhd Wartezeiten 
und dem psychologischen Ele 
ment einer Kontrollstation an 
den Grenzen zur Schweiz be 
kommen würden. Ob wir nun 
die LSVA gut oder schlecht fin 
den: Diesbezüglich müssen wir 
ganz klar sagen, dass es ein 
übergeordnetes Interesse für 
unser Land ist. Wir müssen ein 
klares Signal nach Bern und an 
die ganze schweizerische Be 
völkerung senden, dass wir als 
Zollvertragspartner diese Ab 
gabe übernehmen. Alles andere 
wäre ein grosser Fehler. 
Hansjörg Goop: Was die 
Kontrollstellen an den Rhein 
brücken betrifft ist es ein Fak 
tum, dass es bauliche Massnah 
men braucht; Egal ob die LSVA 
eingeführt wird oder nicht. 
Wenn die LSVA gemäss dem 
Modell des Referendumskomi 
tees nicht kommen sollte, müs 
sen wir diese Bakken aufstellen. 
Die Erfassungsgeräte werden in 
die LKW's eingebaut, damit sie 
erfasst werden können. 
Der Inlandverkehr 
wird doch auch 
nur mit Bakken 
kontrolliert. 
Michael Ritter: Wir stellen 
gar nichts auf. Die Schweiz 
stellt auf. 
Hansjörg Goop: Das muss so 
oder so gemacht werden, egal 
ob mit oder ohne LSVA. Wir in 
Liechtenstein müssen dafür 
sorgen, dass sämtliche LKW's 
ein Erfassungsgerät eingebaut 
haben. Dies kann über den Ver 
ordnungsweg geregelt werden. 
Wenn die Schweiz sagt, dass sie 
bemannte Kontrollen aufstellt, 
frage ich mich: Was wollen sie 
denn kontrollieren? Das nimmt 
mich wirklich wunder. Die LK 
W's fahren über die Brücke und 
werden erfasst - genau gleich 
wie beim Zoll. Was will man 
denn da noch kontrollieren? 
Michael Ritter: Es gibt sehr 
viel zu kontrollieren, wie die 
Oberzolldirektion sehr glaub 
würdig dargelegt hat. Es gibt 
beispielsweise jene Fahrzeuge 
zu kontrollieren, die das Gerät 
nicht eingebaut haben. Glau 
ben Sie, dass ein russischer Ca 
mion ein solches Erfassungs 
gerät eingebaut hat? 
Die Schweiz hat 
alles geregelt, da 
mit sie keine 
Nachteile aus der 
LSVA gegenüber 
der EU hat. Wir 
haben jedoch mit 
der EU noch gar 
nichts gemacht. 
Hansjörg Goop: Der fährt 
doch im Schaanwald über den 
Zoll und kann dort kontrolliert 
werden. Es ist doch eine politi 
sche Sache. Weshalb sagt die 
Schweiz, wenn wir die LSVA 
ablehnen, dass sie an dieser 
Grenze ein Problem hat. Sie 
kann doch diese LKW's am Zoll 
in Schaanwald abfertigen. Man 
muss sich doch folgendes ein 
mal vorstellen: im Schaanwald 
gibt es die komplette Einrich 
tung - mit allen Administrati 
onsstellen. Nachher will die 
Schweiz wenige Kilometer spä 
ter die genau gleiche Installati 
on nochmals aufstellen. Zudem 
spricht die Schweiz von 10 bis 
12 Personen, die jeder Grenz 
übergang benötigen würde. 
Man muss sich diesen volks 
wirtschaftlichen Unsinn einmal 
vorstellen, nur weil man poli 
tisch nicht mehr zurück kann 
und sagen möchte, dass es 
technisch nicht machbar wäre. 
Um das geht es doch. 
Michael Ritter: Wir sollten 
den schweizerischen Behörden 
nicht unterstellen, dass sie 
nicht bereit seien, möglichst 
einfache und gute Lösungen 
für Liechtenstein zu finden. Der 
Wille, eine gute Lösung ftir 
Liechtenstein zu finden, ist'so 
wohl auf def politischen EWfhe 
als auch bei den Behörden vor-' 
handen. Es lässttticih jetz|feft- 
fach nicht wegdiskutieren, däss 
die Rheinbrücken für den LKW- 
Verkehr offen zu halten. Wir 
haben riesige Kosten und ge 
wonnen haben wir gar nichts, 
da " die Konsumentenpreise 
gleich hoch Wie in der Schweiz 
sein werden. 
TREITGESCHPRÄCH 
IKEIlGESCHbtfVCH 
eine Lösung, wie sie sich die 
Gewerbekammer vorgestellt 
hat, also eine rein technische 
Lösung ohne bemannte Kon 
trollen an den Rheinbrücken, 
nicht realisierbar ist. Da kann 
man das Gegenteil behaupten. 
Wenn die Fachleute und jerie, 
die sich seit Jahren intensiv da 
mit beschäftigen, sagen, dass 
man nicht ohne bemannte 
Kontrollen auskommen würde, 
dann müssen wir dies glauben. 
Wir müssen dies glauben, da es 
uns glaubhaft versichert wurde. 
Man muss sich mal vorstellen, 
was dies bedeutet. Es bedeutet, 
dass wir gigantische Aufwände 
haben müssen, um alle Grenz- 
übertrittsstellen in die Schweiz 
für den LKW-Verkehr passier 
bar zu halten. Die gigantischen 
Kosten für diese Abfertigungs 
stationen müssten von Liech 
tenstein getragen werden. 
Wenn wir nicht bereit wären 
dies zu bezahlen, hätten wir ei 
nen gigantischen Umwegver 
kehr. Wenn wir beispielsweise 
in Vaduz oder Schaan keine 
Abfertigungsstelle hätten, ist 
klar, dass der LKW-Verkehr 
dort die Grenze nicht passieren 
dürfte. Dadurch müsste er gros 
se Umwegstrecken in Kauf neh 
men. Das heisst: Wenn wir zur 
LSVA Nein sagen, sind wir in 
einer schlimmen Situation. 
Dann haben wir nicht nur das 
Verhältnis zur Schweiz belastet, 
sondern wir haben auch ver 
kehrspolitisch einen Unsinn 
fabriziert, da wir einen riesigen 
Aufwand betreiben müssen, um 
Hansjörg Goop: Herr Ritter, 
das sind jetzt Schreckenssze 
narien, die Sie hier verbreiten. 
nur mit Bakken kontrolliert. 
Die Schweiz kassiert die LSVA 
nicht nur vom Transitverkehr, 
sondern auch vom lnlandver- 
kehr. Dies muss ja auch kon 
trolliert werden. Sonst könnte 
ja beispielsweise jemand in 
Zürich einen Anhänger anhän 
gen und nach Basel fahren. 
Dies muss ja auch geprüft wer 
den. Dies wird auch nur mit 
den Bakken geprüft, und zwar 
mit den gleichen Bakken, die 
auch an den Zollübergängen 
aufgestellt werden. Dieselben 
Bakken, welche die Schweiz im 
Landesinnern aufstellt, können 
an den Rheinbrücken ange 
bracht werden. Das hat mit gi- 
Die Schweiz stellt doch im Lan 
desinnern auch nur die Bakken 
aüf - und nichts anderes. Der 
Itilandverkehr wird doch auch 
gantischem Aufwand über 
haupt nichts zu tun. Ob man 
jetzt 107 Bakken aufstellt oder 
115 ist doch völlig egal. Das 
sind Schreckensszenarien, die 
sie verbreiten. 
Michael Ritter: Der schwei 
zerische Bundesrat hat in sei 
nem Bericht über den Vertrag 
mit Liechtenstein dem Natio 
nalrat mitgeteilt, dass bei einer 
Ablehnung der LSVA durch 
Liechtenstein bemannte Kon 
trollstationen an den Rhein 
brücken aufgestellt würden. 
Jetzt stellt sich die Frage: Sol 
len wir glauben, was der Bun 
desrat und die Oberzolldirekti 
on sagt, oder sollen wir der 
Hoffnung des Referendumsko 
mitees folgen, dass wir dies ir 
gendwie vermeiden können? 
Wir haben doch keine andere 
Wahl. Wenn die Schweizer 
Behörden uns klipp und klar 
sagen, dass es bemannte Kon 
trollen geben werde, dann kön 
nen wir das doch nicht einfach 
ignorieren. Dann müssen wir 
das für bare Münze nehmen, da 
es begründet wurde - und zwar 
mehrfach. Die Regierung hat 
dem Referendumskomitee doch 
den Kontakt vermittelt, um sich 
zu vergewissern, dass eine 
ernsthafte Haltung dahinter ist. 
Dann kann man dies doch 
nicht einfach wegdiskutieren 
und sagen, dass es nicht so 
schlimm werden wird. 
Ernsthafte 
Schwierigkeiten 
bzw. eine Beein 
trächtigung der 
offenen Grenze 
zur Schweiz, 
kommt nicht in 
Frage. 
Hansjörg Goop: Es geht doch 
nicht darum, dass man sagt, der 
Hoffnung des Referendumsko 
mitees Nachdruck zu verleihen. 
Es geht doch um folgendes: 
Wenn die Liechtensteiner Be 
völkerung sagt, dass wir die 
LSVA nicht brauchen, dann 
fasse ich dies so auf, dass die 
Liechtensteiner Regierung mit 
dem Schweizer Bundesrat neu 
verhandeln solle. Wir dürfen 
doch unserem Volk auch das 
Recht geben, wie das Schweizer 
Stimmvolk auch, über eine 
neue Steuer abstimmen zu kön 
nen. Wir lassen uns vom Aus 
land etwas aufdiktieren. Im In 
land senken wir die Steuern 
und die ausländischen Steuern 
werden übernommen. Wir kön 
nen bald nicht mehr selber ent 
scheiden, welche Steuern wir 
erheben und welche nicht. 
Michael Ritter: Wir reden 
nicht über das Ausland, son 
dern über die Schweiz als unse 
ren Zollvertragspartner. Wenn 
eine Abgabe in diesem gemein 
samen Zollgebiet ohne gravie 
rende Nachteile für das Ver 
hältnis zur Schweiz nicht ver 
mieden werden kann, dann 
sollten wir soviel Loyalität mit 
der Schweiz haben. Dann über 
nehmen wir diese Abgabe und 
erstatten sie den Haushaltun 
gen und der Wirtschaft zurück. 
Hansjörg Goop: Sie reden 
immer von der Schweiz. Es ist 
richtig, wir sind eng mit der 
Schweiz verbunden und kön 
nen für das Geleistete der Ver 
gangenheit dankbar sein. Aber 
wir haben auch einen Vertrag 
mit der EU. Die Schweiz hat
	        

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