Liechtensteiner VOLKSBLATT
LAWÜ UND LEUTE
Donnerstag, 31. August 2000 1 7
Die Bienen sind reif für den Nobelpreis
Werner Niedhart aus Schaan rüstet seine fleissigen Bienen für den Winter
Werner Niedharts Bienen haben in den vergangenen Monaten gute Arbeit geleistet. Der Schaaner Imker konnte 80 Kilogramm Honig schleudern. (Bilder: jak)
Sie arbeiten sich zu Tode
für ihr Volk und den
Liechtensteiner Bienen
honig. Die fleissigen
«Biene-Majas» von Wer
ner Niedhart aus Schaan
summen den ganzen
Sommer von einer Blüte
zur nächsten immer auf
der Suche nach wertvol
lem Nektar. In diesen Wo
chen beginnt der Imker
seine Bienen für den
Winter zu rüsten, damit
der «süsse Saft» auch
nächstes Jahr fliesst.
Janine Köpfli
«Wenn eine Biene angreift, ein
fach Ruhe bewahren und nicht
gleich zuschlagen», belehrt
Werner Niedhart und nähert
sich langsam seinem Bienen
häuschen. An diesem sonnigen
Augusttag herrscht Hochbe
trieb an den Eingängen der ins
gesamt 25 Bienenstöcke. Alles
hat jedoch seine Ordnung, denn
die Wächter nehmen ihren Pos
ten ernst. In das «Schloss» rein
dürfen nur Bienen aus dem
eigenen Volk oder solche, die
etwas mitbringen. Unbefugtes
Eindringen gibt es nicht.
Varroa-Problem
Erst vor kurzem konnte der
Schaaner Imker 80 Kilogramm
Honig schleudern. Seine Bienen
haben in den vergangenen Mo
naten gute Arbeit geleistet. Da
mit dies auch nächstes Jahr so
bleibt, ist es wichtig, die Völker
zusammen mit jungen Köni
ginnen sicher in den Winter zu
fuhren. Unerlässlich ist dabei
die. «Varroa-Bekämpfung». Die
knapp ein Millimeter winzige
Milbe mit dem lateinischen Na
me «Varroa jacobsoni» ver
mehrt sich in Windeseile, be
fallt die Bienen und vor allem
ihre Brut und schafft es, innert
kurzer Zeit den Völkern eines
Standes stark zu schaden.
«Das Varroa-Problem ist im
mens. Wir müssen die Bienen
mit Medikamenten behandeln,
andernfalls haben sie keine
Chance», erklärt Werner Nied
hart und deutet auf zwei gelbe
Plättchen im geöffneten Stock.
Die Imker versuchen mit biolo
gischen und organisch abbau
baren Mitteln den Schädlingen
den Garaus zu machen.
Noch vor zwanzig Jahren
bauten wilde Bienenschwärme
in Liechtenstein ihre Festungen
in hohlen Baumstämmen und
Ritzen. Heute sind sie nicht
mehr überlebensfähig. Die Um
welteinflüsse haben sich verän
dert, ausserdem wütet die Var
roa. Nur der Imker kann im
Moment die Honiglieferanten
vor ihrem traurigen Schicksal
beschützen. «Die Medikamente
kommen aber ausschliesslich
dann zum Einsatz, wenn der
Honig geschleudert ist», so der
65-jährige Bienenfreund.
Futter für den Winter
Einige «Wundernasen» sum
men ins süss duftende Bienen
häuschen und kundschaften
aus, ob es bereits wieder eine
Ladung Zuckerwasser gibt. Der
Imker nimmt seinen Bienen den
ganzen Honig, sobald dieser
reif und fest mit einem Wachä-
Deckelchen in den Waben ein
geschlossen ist. Aus diesem
Grund muss er seine Schützlin
ge besonders auf den Winter
hin füttern. Es kann aber auch
vorkommen, dass die Bienen
im Sommer Zuckerwasser
brauchen. Wenn die Bauern die
Wiesen mähen, bevor die Blu
men blühen, wird der Nektar
knapp.
Die Arbeitsbiene fliegt ein bis
zwei Kilometer weit und sucht
solange, bis sie Futter für ihr
Volk und ihre Königin gefun
den hat. Zurück im Stock star
tet sie den Bienentanz. Sie
«tänzelt» rechts oder links im
Kreis, vibriert mit den Flügeln
und erklärt so ihren Artgenos
sen, wo genau sie den tollen
Nektarfund gemacht hat. Die
Wissenschaftler sind sich im
mer noch nicht im Klaren wie
diese Verständigung vor sich
jj£Ht. Immerhin ist es im Bie-
n£H£chloss «stockdunkel». Aber
es funktioniert, und bei den
Bienen läuft auch alles andere
wie am Schnürchen. «Sie hät
ten mehr als einen Nobelpreis
verdient», ist sich Werner Nied
hart sicher. Vorsichtig öffnet er
einen leeren Bienenkasten und
präsentiert eine goldbraune
Wabe - ein Wunder der Bau
kunst.
Honig fürs
Z'morgabrot
Eigentlich mag er den süssen
Honig gar nicht so gern, trotz
dem haben es die Bienen dem
Schaaner Hobbyimker angetan.
Vor über 25 Jahren konnte er
im Naturschutzgebiet Schwab
brünnen Bienenvölker über
nehmen. Seither freut sich sei
ne Frau jährlich auf den fri
schen Liechtensteiner Bienen
honig, den sie auf ihr Z'mor
gabrot streicht. Bevor jedoch
der süsse Saft die offizielle
Landesetikette tragen darf, un
tersucht ihn das Amt für Le
bensmittelkontrolle auf Was
sergehalt, Geschmack und
Reinheit.
Werner Niedharts Bienen ar
beiten solange, bis die letzten
warmen Herbsttage zu Ende
gehen. Zehn- bis zwanzigtau
send Winterbienen ziehen sich
dann in die verdiente Pause
zurück. Sie schliessen sich zu
einer Traube zusammen und
wärmen sich gegenseitig, bis
die Natur das nächste Mal er
blüht.
Die Königin hat
ihren Hofstaat
Ohne Imker keine Bienen
Seuchen- und Schädlingsbekämpfung im Stock
Die Bienenwaben sind ein Wunder der Baukunst.
Die Imker kämpfen seit eini
gen Jahren massiv gegen das
«Varroa-Problem» an. Nur die
Behandlung mit der richtigen
Medizin kann die fleissigen
Bienen vor diesem gefährli
chen Schädling retten.
Früher bauten wilde Bienen
schwärme auch in Liechten
stein ihre Festungen in hohle
Baumstämme und Ritzen. Heu
te sind sie nicht mehr überle
bensfähig. Die Varroa und die
veränderten Umwelteinflüsse
setzen der Wildbiene gehörig
zu. Die knapp ein Millimeter
kleine Aussenmilbe mit dem la
teinischen Name «Varroa jacob
soni» bedroht alle Bienenbe
stände. Ihre Gefährlichkeit ist
sehr gross, da sie die Bienen
und vor allem ihre Brut befällt
und sich ausserdem in rasender
Geschwindigkeit vermehrt. Der
Anfangsbefall kann leicht
übersehen werden, da sie sich
den Brutzelldeckeln und an der
Bauchseite der Biene zwischen
deren Hinterleibsringen ver
steckt. Die Varroa kann nach
zwei bis drei Jahren alle Völker
eines Standes erfasst haben und
rasch auf Nachbarstände über
springen. Verdachtsanzeichen
sind verkrüppelte, krabbelnde
und hüpfende Bienen vor dem
Stand sowie tote Larven und
Puppen und im Volk teilweise
abgestorbene Brut. Eine schnel
le Behandlung ist nötig. Um
frühzeitig den Befall und später
den Behandlungserfolg festzu
stellen, ist eine sogenannte
«Windel» notwendig. Imker
■Werner Niedhart bestreicht den
Boden einer Schublade mit
Miichfett und schiebt sie in den
Bienenstock. Wenn das Medi
kament wirkt, fallen die Milben
auf das Fett und kommen nicht
mehr weg. Regelmässige Kon
trollen sind Pflicht. Die Imker
arbeiten mit biologischen und
organisch abbaubaren Mitteln,
damit es zu keinen Rückstän
den in Wachs und Honig
kommt.
Das Medikament und damit
der Imker, der es verabreicht, ist
lebenswichtig für die Bienen.
«Ohne Imker gäbe es keine Bie
nen, ohne Bienen gäbe es kei
nen Honig, aber auch keinen
Raps, keine Äpfel, keine Birnen
und auch nichts anderes», weiss
Werner Niedhart und verweist
auf eine wichtige Aufgabe der
Honigsammlerinnen. Sie be
stäuben die Blüten und halten
den Naturkreislauf im Gleich
gewicht.
Die fleissigen Bienen arbeiten solange, bis die letzten warmen
Herbsttage zu Ende gehen.
I
t