Liechtensteiner Volksblatt
Ausland
Dienstag, 29. August 2000 23
Nachrichten
Spitze der Geldwäsche-
Meldestelle nimmt Hut
BERN: Die Melde
stelle für Geldwäsche
rei der Schweiz ver
liert ihre beiden Spit
zenkräfte. Der Leiter,
Daniel Thelesklaf
(Bild), und sein Stell
vertreter haben auf
Ende November we
gen eines Konflikts
über die künftige Rol
le der Dienststelle
gekündigt. Das Bundesamt für Polizei (BAP)
sieht die Erfüllung des Auftrags nicht in Gefahr.
Thelesklaf und sein Stellvertreter Mark Van
Thiel haben ihre Kündigung am Montag be
kannt gegeben, wie BAP-Sprecher Folco Galli
zu einem Bericht von Schweizer Radio DRS be
stätigte. Der Grund seien unterschiedliche Auf
fassungen in Bezug auf ein künftiges Gesamt
konzept in Sachen Geldwäschereibekämpfung
in dem in Reorganisation befindlichen Bundes
amt. Thelesklaf und Van Thiel traten laut Galli
für den Ausbau der Meldestelle in ein Kompe-
tenzzenirum ein. Bisher hatte die Meldestelle
eine Scharnierfunktion zwischen den Akteuren
auf dem Finanzplatz und den Strafverfolgungs
behörden wahrgenommen und Meldungen
über begründeten Verdacht auf Geldwäscherei
entgegengenommen, geprüft und weitergelei
tet. Die beiden Demissionäre wollten in ihrer
Amtsstelle auch eine vertiefte Analyse und La
gebeurteilungen zur Geldwäscherei vorneh
men.
USA: Deutlich weniger
Verbrechen registriert
WASHINGTON: In den USA ist die Zahl der
Straftaten 1999 im Vergleich zum Vorjahr deut
lich zurückgegangen. Nach einer Statistik des
Justizministeriums fiel die Zahl der Gewaltver
brechen um 10,4 Prozent - der höchste Rück
gang seit 1973, als die Daten zum ersten Mal er
hoben wurden. Zugleich wurden 8,9 Prozent
weniger Eigentumsdelikte, verübt, hiess es in
dem jetzt in Washington vorgelegten Bericht.
Insgesamt wurden nach Schätzungen des Justiz
ministeriums in den USA im vergangenen Jahr
28,8 Millionen Straftaten verübt. Das am häu
figsten gemeldete Delikt war Fahrzeugdieb
stahl, während Entführungen in der Statistik
ganz unten standen.
Verheerende Bilanz
über Ölverschmutzung
HAMBURG: Nach der Rückkehr von einem
Einsatz aus erdölverschmutzten Gebieten Sibi
riens hat Greenpeace eine verheerende Bilanz
gezogen. Bis zu 15 Millionen Tonnen öl liefen
jährlich aus maroden, schrottreifen Pipelines in
Russland aus, berichtete der Ölexperte der Um-
weltorganisation, Christian Bussau, am Montag
in Hamburg. Das Erdöl belaste das Trinkwasser,
Fische seien verseucht. Auch sei bei den Be
wohnern der Fördergebiete die Krebsrate ange
stiegen. Ganze Wälder versänken in öl-
schlamm,doch kämen die Russen mit den War
tungsarbeiten nicht hinterher, erklärte Bussau.
Die verseuchten Gebiete glichen einer «Mond
landschaft in öl». Greenpeace hatte nach eige
nen Angaben in einem Camp nahe der ölarbei-
terstadt Nischnewartowsk innerhalb von vier
Wochen SO Tonnen Öl-Wassergemisch mit
Schaufel und Eimern eingesammelt (Bild).
Angeblich Waffentests
auf Atom-U-Boet
MOSKAU: Auf dem Mitte August in der Ba-
rentssee gesunkenen Atom-U-Boot «Kursk»
hat die russische Marine angeblich neue Waf
fensysteme getestet. Dies erklärte Sergej Sche-
kow, Mitglied der russischen Untersuchungs
kommission und Chef des Parlaments der
fernöstlichen Region Primorje am Montag.
Nähere Angaben über die Art der Waffen
machte der frühere U-Boot-Offizier nicht.
TSI
Uneins über Korsika-Politik
Frankreichs Innenminister Chevenement wird heute Dienstag zurücktreten
PARIS: Frankreichs Innenmi
nister Jean-Pierre Chevene
ment wird heute Dienstag sein
Amt niederlegen, wie am Mon
tag aus Regierangskreisen be
kannt wurde. Sein Rücktritt
war wegen des Streits mit Pre
mierminister Lionel Jospin um
die Korsika-Politik unaus
weichlich geworden.
Am Montagvormittag hatte sich
Chevenement mit Jospin zu einem
Gespräch getroffen, bei dem es um
die Bedingungen des Rücktritts
ging. Am Dienstagvormittag soll der
Rücktritt offiziell mitgeteilt wer
den. Anschliessend werde Chevene
ment bei Staatspräsident Jacques
Chirac seinen Rücktritt einreichen.
Sein Nachfolger soll noch im Laufe
des Tages bekannt gegeben werden.
Im Gespräch sind unter anderem
Verteidigungsminister Alain Ri
chard und Parlamentsminister Da
niel Vaillant.
Mit dem Rücktritt seines alten
Vertrauten Chevenement muss
Jospin erneut einen wichtigen Mi
nisterposten in seinem Kabinett er
setzen, nachdem er erst im März das
Finanz- und das Bildungsministe
rium neu besetzen musste.
Nein zu Jospin-Plan
Der Innenminister hatte in der
vergangenen Woche noch einmal
bekräftigt, er werde Jospins Vor
schläge für eine weitergehende Au
tonomie Korsikas nicht mittragen.
Trennung wegen Korsika-Politik: Frankreichs Innenminister Jean-Pierre Chevinement (rechts) und Premierminister
Lionel Jospin. (Bild: Key)
Die Korsika-Politik fällt in die Zu
ständigkeit des Innenministers.
Jospin will den korsischen Nationa
listen begrenzte gesetzgeberische
Kompetenzen zugestehen und
knüpft diese Zugeständnisse an die
Bedingung, dass sie der Gewalt ab
schwören. Mit dem Jospin-Plan soll
der seit 25 Jahren andauernde ge
waltsame Konflikt auf der Insel be
endet werden.
Chevenement sieht darin ein Ab
rücken von der zentralstaatlichen
Tradition Frankreichs. Er wirft
Jospin vor, sich dem Gewaltdiktat
der Nationalisten gebeugt zu haben.
Er befürchtet zudem, dass nach
Korsika auch auch andere Regio
nen wie die Bretagne, das Basken
land oder Savoyen mehr Eigenstän
digkeit verlangen könnten.
Der dritte Rücktritt
Chevenement war bereits zwei
mal von Nfinisterposten zurückge
treten - 1983 als Industrieminister
und 1991 aus Protest gegen die fran
zösische Beteiligung am Golfkrieg
als Verteidigungsminister. 1992
gründete der Linksnationalist die
europakritische Bürgerbewegung
(MDC), die seit den Parlaments
wahlen von 1997 als kleiner Partner
von Jospins Sozialistischer Partei an
der Linksregierung in Paris beteiligt
ist. Chevenement war 1993 aus der
Sozialistischen Partei ausgetreten,
zu deren Führungsfiguren er lange
Jahre gezählt hatte.
Friedensvertrag für Burundi unterzeichnet
Erfolgreiche Bemühungen von Bill Clinton und Nelson Mandela in Tansania
ARUSHA: In Tansania haben am
Montag Bürgerkriegsparteien aus
Burundi ein Friedensabkommen für
das zentralafrikanische Land unter
zeichnet. Allerdings stimmten nur
14 der 19 anwesenden Delegationen
der Vereinbarung zu.
Die Abgesandten von fünf Vertre
tungen der Minderheit der Tbtsis
verweigerten ihre Unterschrift. An
lässlich der Unterzeichnung waren
unter anderem US-Präsident Bill
Clinton sowie der als Vermittler
tätige frühere südafrikanische Prä
sident Nelson Mandela in die nord
tansanische Stadt Arusha gereist.
Das geplante Abkommen sieht
eine zwischen beiden Volksgruppen
ausbalancierte Regierung vor, die
innerhalb von drei Jahren Wahlen
vorbereiten soll. Zudem soll eine
Armee geschaffen werden, in der
Hutus und Tlitsis gleichermassen
präsent sind. Bislang werden die
Streitkräfte von Tlitsis dominiert.
Noch bis in letzter Minute ver
handelten Vertreter der Hitsi-Re-
gierun^ unter Präsident Pierre
Buyoya und dftr Hutu-Oppositions-
partei FRODEBU sowie Mandela
und die Staatschefs von Uganda
und Mosambik über das Abkom
men. Regierung und Opposition er
klärten sich im Anschluss mit der
neuen Version einverstanden. Die
überarbeitete Fassung enthält eine
Liste mit noch strittigen Punkten
wie den Waffenstillstand und die
Führung der geplanten Übergangs
phase.
In Burundi herrscht seit sieben
Jahren ein Bürgerkrieg zwischen
der herrschenden Minderheit des
Hitsi-Volkes und der Mehrheit der
Hutus. Bei Kämpfen und anderen
Gewaltakten sollen rund 200 000
Menschen getötet worden sein. Erst
am Sonntagabend waren in der bu
rundischen Hauptstadt Bujumbura
fünf Menschen von Rebellen er
schossen worden, unter ihnen vier
Zivilisten. Bereits am Freitag waren
fünf Militärs ums Leben gekom
men. Der ugandische Präsident
Yoweri Museveni sagte nach der
Unterzeichnung des Vertrags: «Kein
Völkermord mehr, kein Machtmo
nopol mehr: Dies bedeutet Demo
kratie und Sicherheit für alle.»
Rätsel um Spende bleibt ungelöst
Schäuble und Baumeister bleiben bei ihren Versionen
■*> •
BERLIN: Das Rätsel um die Spen
de von 100000 Mark des Waffen-
händlers Karlheinz Schreiber an die
CDU bleibt ungelöst. Der frühere
CDU-Vorsitzende Wolfgang Schau*
ble und die ehemalige CDU-Schatz-
meisterin Brigitte Baumeister blie
ben am Montag in Berlin bei einer
Gegenüberstellung vor dem Par
teispendenaus schuss bei ihren ge
gensätzlichen Versionen der Spen
denübergabe. »
Beide bekräftigten ihre eidesstattli
chen Aussagen, nach denen sie das
Geld selbst entgegengenommen
und an den jeweils anderen weiter
gegeben haben. Jetzt wird voraus
sichtlich die Staatsanwaltschaft ver
suchen, den Widerspruch aufzu
klären und Ermittlungen wegen
Meineids aufnehmen. Baumeister
nannte dem Ausschuss mit ihrem
Fahrer einen Zeugen für ihre Versi
on. Schäuble hatte mit seinem
langjährigen Freund, dem Architek
ten Gerhard Lehmann, bereits einen
Zeugen präsentiert, der seine Aussa
ge stützte. Der Ausschuss hatte die
direkte Konfrontation von Schäuble
und Baumeister vor Beginn seiner Wolfgang Schäuble (links) und die ehemalige CDU-Schatzmeisterin Brigit-
Sitzung mit den Stimmen der rot- te Baumeistet (rechts) blieben bei einer Gegenüberstellung bei ihren ge
grünen Koalition beschlossen. gensätzlichen Versionen der Spendenübergabe. (Bild: Key)
Euwopawat:
Harter Bericht
über Österreich
HELSINKI: Die Europäische
Kommission gegen Rassismus
und Intoleranz (EKRI), ein Gre
mium des Europarates, soll ei
nen aussergewöhnlich harten
Berichtsentwurf über Öster
reich verfasst haben. Das melde
te die finnische Tageszeitung
«Heisingin Sanomat». Von
Österreich forderten die EKRI-
Experten, zu denen ein Schwei
zer gehört, dem Bericht zufolge
in dem Entwurf rasch weitere
Massnahmen gegen rassistische
und fremdenfeindliche Propa
ganda. Der im Juni fertiggestell
te, 18 Seiten umfassende, ver
trauliche Entwurf sei Wien zur
Diskussion übergeben worden,
meldete das Blatt weiter. Der
Schweizer Joseph Voyame
gehört zu den Autoren des Be
richtsentwurfs. Voyame bedau
erte am Montag auf Anfrage der
Nachrichtenagentur sda die In
diskretion. Dies sei in der bishe
rigen Geschichte dieser 1995/96
eingeführten Länderberichte
der EKRI noch nie geschehen.
Voyame wollte sich denn auch
inhaltlich nicht zum Entwurf
äussern.