Liechtensteiner Volksblatt
Ausland
Samstag, 26. August 2000 39
Nachrichten
Vierter Papst-Besuch In
Brasilien
RIO DE JANEIRO: Die brasilianische Bi
schofskonferenz und der Vatikan haben einen
vierten Besuch von Papst Johannes Paul II. in
Brasilien für Juni nächsten Jahres vereinbart.
Wie brasilianische Medien am Freitag unter Be
rufung auf Kirchenkreise in Brasilia berichte
ten, werde Staatspräsident Fernando Henrique
Cardoso die förmliche Einladung schon in den
nächsten Tagen abschicken. Johannes Paul II.
wolle in Brasilien unter anderem am Abschluss
des nationalen eucharistischen Kongresses in
Campinas im Bundesland Sao Paulo (12. bis 21.
Juni) teilnehmen, sagte CNBB-Vizepräsident
Marcelo Carvalhera. Der Papst sollte Brasilien
ursprünglich schon im April dieses Jahres
anlässlich des 500. Jahrestag der Entdeckung
des südamerikanischen Landes zum vierten Mal
besuchen. Der Besuch wurde aber ohne Anga
ben von Gründen gestrichen.
Gefecht an indisch-
pakistanischer Grenze
NEU DELHI: Im Kaschmir-Konflikt haben in
dische und pakistanische Grenztruppen bei ei
nem Gefecht mindestens drei Menschen getö
tet. Drei Soldaten wurden vermisst. Beide Sei
ten beschuldigten einander, die Kämpfe begon
nen zu haben. Die indische Armee gab am Frei
tag an, pakistanische Thippen hätten sich am
Tag zuvor einem indischen Grenzposten in Po-
onch genähert. Die indische Seite habe das Feu
er eröffnet. Pakistan hatte dagegen schon am
Donnerstag Indien einen Angriff vorgeworfen.
Nach Angaben beider Seiten wurden zwei Paki
staner und ein Inder getötet. Kaschmir ist zwi
schen beiden Ländern geteilt. Seit 1947 haben
Indien und Pakistan drei Kriege gegeneinander
geführt, zwei davon um Kaschmir. Die verfein
deten Nachbarn hatten vor zwei Jahren Atom
tests unternommen.
Erneut Bombe im
Baskenland explodiert
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BILBAO: Mutmassliche Anhänger der baski
schen Separatisten-Organisation ETA haben
am Freitag vor der Wohnung eines Polizisten
nahe Bilbao eine selbst gefertigte Bombe ge
zündet. Stunden zuvor hatten 2000 ETA-Sym
pathisanten demonstriert. Beim nächtlichen
Anschlag sei lediglich Sachschaden entstanden,
teilten die Behörden der nordspanischen Stadt
mit. Bei der Demonstration der ETA-Sympa
thisanten ging es um die Absicht des Bürger
meisters von Bilbao, anlässlich eines Volksfestes
am Rathaus neben der baskischen auch die spa
nische Flagge zu hissen. Die. Demonstranten
forderten in Sprechchören die Unabhängigkeit
des Baskenlandes und eine Amnestie für die
rund 400 ETA-Häftlinge in spanischen Gefäng
nissen. Die Proteste wiederholten sich am Frei
tagmorgen, als Bürgermeister Inaki Azkuna
beide Fahnen hissen Hess. Nach einer Stunde
wurden sie allerdings wieder eingeholt. Bei die
sem «Flaggenkrieg» war es in vergangenen Jah
ren immer wieder zu schweren Zusammenstös-
sen gekommen. In den Augen der Separatisten
verkörpert die spanische Fahne die Unter
drückung während der Franco-Diktatur (1939-
1975). Diesmal blieben Auseinandersetzungen
aber aus.
Spannungsgeladene
Parlamentswahlen
BEIRUT: Rund 10 000 Soldaten sind am Freitag
in Libanon in Marsch gesetzt worden. Sie sollen
einen ruhigen und sicheren Verlauf der ersten
Phase der Parlamentswahlen am Sonntag ga
rantieren. Im Nahost-Land bestehen nach wie
vor erhebliche Spannungen zwischen Christen
und Moslems, die sich in den 70er Jahren in ei
nem blutigen Bürgerkrieg entluden. Dieser
wurde 1976 durch die Intervention syrischer
TVuppen gestoppt. Am Sonntag werden von den
128 Parlamentsabgeordneten zunächst nur 63
im überwiegend christlich besiedelten Norden
und Zentrum des Landes gewählt. Die mehr
heitlich moslemisch besiedelten Regionen
wählen ihre 65 Abgeordneten am 3. September.
in
Kandersteg beendet
Information über Bundespersonalgesetz und KMU-Kontakte als Schwerpunkte
KANDERSTEG: Die jährli
che Botschafterkonferenz ist
gestern mit einem Ausflug in
die engere Heimat von
Bundespräsident Adolf Ogi zu
Ende-gegangen. Wichtige The
men des fünftägigen Treffens
der rund 100 Botschafter wa
ren die Auswirkungen des neu
en Bundespersonalgesetzes
auf die Auslandvertretungen
und die neue Exportförderung
des Bundes.
Die Schweizer Diplomaten aus aller
Welt beschlossen ihre diesjährige
Zusammenkunft in Kandersteg
(BE), der Heimat des Bundespräsi
denten. Ogi rief die Botschafter in
seiner Ansprache zur loyalen Mitar
beit auf und bedankte sich für ihre
Dienste, wie EDA-Informations-
chef Ruedi Christen sagte.
Militärische Showeinlage
Zum Ende der Konferenz wurde
den Diplomaten eine militärische
Showeinlage geboten. Dazu gehör
ten ein Überflug von Militärflug
zeugen in Oeschinen, ein Absprung
von Fallschirmspringern und ein
Konzert des Militär-Showorche
sters. Inbegriffen war auch ein kur
ze Wanderung mit Ogi zum Oeschi-
Mehr als 100 Schweizer Botschafter befinden sich derzeit auf Heimaturlaub in der Schweiz• Gestern weilten die
Diplomaten zu Besuch in Kandersteg, dem Heimatort von Bundespräsident Adolf OgL
nensee. Als wichtigen Punkt der
fünftägigen Konferenz nannte Bot
schafter Eric Martin die Informati
on der Schweizer Aussenposten
über das neue Bundespersonalge
setz. Bei den Botschaftern habe es
gewisse Bedenken über die Ein
führung der leistungsabhängigen
Entlohnung gegeben. Die Fragen
beträfen vor allem die Umsetzung
der Neuerungen in den kleinen
Teams der Schweizer Botschaften.
Aussenminister Joseph Deiss habe
versichert, dass er fUr die Diploma
ten das Beste herausholen werde,
sagte Martin.
Der Bundesrat erwarte aber
auch, dass die Botschafter für die
Neuerungen so viel Begeisterung
zeigten, wie bei der Übernahme ei
nes neuen Aussenpostens. Zentral
seien auch die TVeffen mit Vertre
tern der kleinen und mittleren Un
ternehmen gewesen, um sie auf die
Möglichkeiten der Botschaften bei
der neuen Exportförderung des
Bundes hinzuweisen.
Keine Ausgrabungen unter
dem Tempelberg
Palästinenser weisen Israels Zusicherung als unzureichend zurück
JERUSALEM: Unter dem Tempel
berg von Jerusalem, der sowohl Ju
den als auch Moslems heilig ist, wird
es nach Worten des israelischen Mi
nisterpräsidenten Ehud Barak kei
ne Ausgrabungen geben.
Barak versuchte mit dieser Er
klärung am Freitag offenkundig,
arabische Bedenken gegen den isra
elischen Souveränitätsanspruch auf
den Tempelberg zu besänftigen. In
Nablus im Westjordanland demon
strierten unterdessen 3.000 Anhän
ger der radikalislamischen Organi
sation Hamas gegen Zugeständnis
se in der Jerusalem-Frage.
Gleichzeitig betonte Barak aber,
kein israelischer Regierungschef
könne jemals die palästinensische
Forderung nach Souveränität über
den Tempelberg erfüllen, der über
Jahrhunderte hinweg das Herzstück
des Judentums gewesen sei.
Ein Berater des palästinensischen
Präsidenten Jassir Arafat, Nabil Ab-
urdeneh, wies die Erklärung Baraks
als unzureichend zurück. «Ohne
volle palästinensische Souveränität
über alle religiösen Stätten, mosle
mische und christliche, wird es kein
Abkommen und keinen Frieden ge
ben», sagte er.
Die Kontrolle über den Tempel
berg ist die strittigste Frage bei den
Verhandlungen zwischen Israelis
und Palästinensern. Auf dem Berg
befinden sich die Al-Aksa-Moschee
die drittheiligste Stätte des Islam,
und der Felsendom. Dieser wurden
auf den Überresten des biblischen
Tempels gebaut, der heiligsten Stät
te des Judentums.
In einer Warnung an die palästi
nensischen Unterhändler erklärte
das Hamas-Führungsmitglied
Scheich Hamed Bitawi auf der De
monstration in Nablus, jede Verein
barung, die Zugeständnisse zur Al-
Aksa-Moschee beinhalte, werde
von seiner Organisation und allen
Moslems abgelehnt. Sollte Israel ein
Verbrechen gegen AI Aksa verü
ben, drohte er mit Gewalt. Hamas
hat in der Vergangenheit zahlreiche
Selbstmordattentate und Überfälle
in Israel verübt. Die Organisation
ist gegen den Nahost-Friedenspro-
zess.
Staatsanwalt ermittelt nicht neu gegen Kohl
Justiz: Vorwürfe verjährt - Erneute Kritik vor Sitzung des Untersuchungsausschusses
BERLIN: Die Bonner Staatsan
waltschaft will wegen der jüngsten
Medienberichte über schwarze Kas
sen und Geldtransfers nicht gegen
Altbundeskanzler Helmut Kohl er
mitteln. Justizspiecher Bernd Kö
nig sagte am Reitag, selbst wenn ir
gendetwas strafbar gewesen sein
sollte, «wäre es längst verjährt».
Kohl hatte bereits am Donnerstag
einen Bericht der «Süddeutschen
Zeitung» zurückgewiesen, er habe
als CDU-Vorsitzender schwarze
Kassen einrichten lassen. Am kom
menden Montag setzt der Partei-
spenden-Untersuchungsausschus-
ses des Bundestags seine Zeugen
vernehmung fort. '
Unterdessen ging die Kritik der
rot-grünen Koalition an Kohl und
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
weiter. In Hessen wiederum wies
der Ministerpräsident und CDU-
Landesvorsitzende Roland Koch
Verdächtigungen der Landes-SPD
als «medialen Hokuspokus» zurück.
Die jüngsten Berichte über den
CDU-Finanzskandal enthielten
«null Neuigkeitswert)», nichts, was
irgendeine Aufklärung verlange,
sagte Koch am Donnerstagabend in
den ARD-Thgesthemen. Die SPD
bezeichnete die Reaktion des Re
gierungschefs als Ausflüchte. SPD-
Landesgeschäftsführer Jürgen Wal
ter warf Koch erneut eine
Falschaussage im Berliner Untersu-
chungsausschuss vor. Beinahe täg
lich würden neue Fakten über den
Altkanzler Helmut Kohl dementierte, als CD (/'Vorsitzender schwarze Kas
sen eingerichtet zu haben.
hessischen CDU-Skandal bekannt:
«Wenn im CDU-Schwarzgeldskan-
dal etwas nicht neu ist, dann ist es
die Tatsache, dass Roland Koch be
reits mehrfach gelogen hat.»
In Berlin dementierten sowohl
Kohl als auch die Unionsfraktion
den Bericht der «Süddeutschen Zei
tung». Danach sollen nach der Wahl
Kohls zum Bundeskanzler 1982 et
wa sechs Millionen Mark heimlich
von der Bundestagsfraktion an die
CDU transferiert und auf TVeu-
handkonten versteckt worden sein.
Kohl bezeichnete den Vorwurf, er
selbst habe mit Fraktionsgeldern
schwarze Kassen einrichten lassen,
als «unzutreffend». Der Hinweis auf
Geldtransfer enthalte nichts Neues,
hiess es in einer Erklärung, die sein
Büro in Berlin verbreitete. Kohl
selbst habe im Einzelnen keine Er
innerung an diesen Vorgang, der 18
Jahre zurück liege. Die CDU/CSU-
Bundestagsfraktion bekräftigte die
Darstellung des Altkanzlers. Ob die
Fraktion 1982 sechs Millionen Mark
an die Bundespartei überwiesen ha
be, lasse sich nicht mehr nachvoll-
ziehen, erklärte ein Sprecher.