Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

38 Donnerstag, 24. August 2000 
Ausland 
Liechtensteiner Volksblatt 
Nachrichten 
Menschenschmuggel 
vereitelt 
ISTANBUL: Die Polizei in der türkischen Me 
tropole Istanbul hat fast 100 Flüchtlinge festge 
nommen, die von türkischen Schleppern über 
die Türkei in den Westen gebracht werden soll 
ten. Wie die türkische Nachrichtenagentur Ana- 
dolu am Mittwoch berichtete, wurden die 77 
Männer, acht Frauen und 14 Kinder aus Afgha 
nistan, Marokko, Irak und Palästina in einem 
Reisebus im asiatischen Teil Istanbuls entdeckt. 
Zwei Türken, die die Flüchtlinge auf dem Weg 
von Istanbul in die westtürkische Hafenstadt Iz- 
mir und weiter Richtung Westen bringen soll 
ten, wurden ebenfalls festgenommen. Die 
Flüchtlinge bezahlten pro Kopf 1000 US-Dollar 
für die Reise. Die Türkei ist eines der Haupt 
transitländer für illegale Flüchtlinge aus Asien 
und Afrika nach Westeuropa. Erst in der ver 
gangenen Woche waren 550 Flüchtlinge aufge 
griffen worden. 
Tote bei Zusammen- 
stössen in Chiapas 
MEXIKO-STADT: Politisch motivierte gewalt 
tätige Auseinandersetzungen haben im südme 
xikanischen Bundesstaat Chiapas mindestens 
vier Menschen das Leben gekostet. Weitere 37 
Personen seien bei den Zusammenstössen am 
Dienstag im Landkreis Ocosingo verletzt wor 
den, meldete das Fernsehen am Mittwoch. Den 
Berichten zufolge waren Anhänger der Gueril 
labewegung Zapatistische Nationale Befrei 
ungsarmee (EZLN) und Mitglieder einer regie 
rungsnahen Indio- und Bauernorganisation mit 
Knüppeln und Schusswaffen aufeinander losge 
gangen. Die EZLN hatte sich in Chiapas 1994 
mit der Forderung nach sozialen und politi 
schen Reformen gegen die Regierung erhoben 
Kinderschänder erneut 
am Pranger 
ROM: Nach der Vergewaltigung und Ermor 
dung von zwei kleinen Mädchen am Wochenen 
de hat die italienische Zeitung «Libero» am 
Mittwoch eine Liste von 16 verurteilten Kin 
derschändern veröffentlicht. Das Blatt veröf 
fentlichte die Namen, die Urteile und eine Be 
schreibung der Fälle, jedoch nicht das Alter und 
die Adressen der Täter. Da eine Reihe der Ge 
nannten in Italien sehr gebräuchliche Namen 
tragen, befürchten Kritiker Verwechselungen 
mit Unschuldigen. Der Chefredakteur des Blat 
tes, Vittorio Feltri, verteidigte jedoch die Aktion 
und kündigte an, die Veröffentlichungen in der 
nächsten Woche fortzusetzen. Die Aktion des 
«Libero» geriet unverzüglich unter Kritik aus 
journalistischen Kreisen. 
Brasilien will UN-Hilfe 
bei Folterbekämpfung 
BRASILIA: Brasilien hat die Vereinten Natio 
nen (UNO) um Hilfe bei der Bekämpfung der 
zunehmenden Fälle von Folter in den Gefäng 
nissen und Polizeiwachen des südamerikani 
schen Landes gebeten. Staatspräsident Fernan 
do Henrique Cardoso habe bei einem Treffen 
mit dem Referenten der UNO-Menschen- 
rechlskommission, Nigel Rodley, am Dienstag 
in Brasilia vorgeschlagen, dass die UNO unter 
anderem einen Bericht Uber Massnahmen er 
stellt, die in anderen Ländern erfolgreich wa 
ren, erklärte ein Regierungssprecher nach Me- 
dicnberichten vom Mittwoch. Die brasiliani 
sche Regierung, die jüngst «grosse Probleme» 
bei der Bekämpfung von Folter eingeräumt hat 
te, hat erstmals nach dem Beitritt zur UNO-An- 
tifolter-Konvention selbst einen Bericht erstellt, 
den sie Rodley überreichte. In Brasilien will 
Rodley nach Gesprächen mit Menschenrecht 
lern und Politikern bis zum 12. September Ge 
fängnisse und Polizeiwachen in Rio, Sao Paulo, 
Brasilia und den Staaten Minas, Para und Per- 
nambuco besuchen. «Das wird die kompletteste 
Untersuchung über Polizeifolter in Brasilien 
seit Ende der Militärdiktatur 1985», meinte der 
Leiter der Menschenrechtsorganisation «Justi- 
ca Global», James CavallarQ. 
Zurück ins Gefängnis 
Britische Regierung zeigt mit Festnahme des begnadigten UDA-Anführers Adair Entschlossenheit 
BELFAST Mit der Festnahme 
des protestantischen Milizen- 
fiihrers Johnny Adair hat die 
britische Regierung ihre Ent 
schlossenheit gezeigt, der zu 
nehmenden Gewalt «loyalisti- 
scher» Gruppen in Nordirland 
Einhalt zu gebieten. 
Elf Monate nach seiner Begnadi 
gung unter dem Friedensabkom 
men von 1998 wurde Adair am 
Dienstagabend ins Gefängnis 
zurückgebracht - einen Tag nach ei 
ner tödlichen Schiesserei zwischen 
rivalisierenden protestantischen 
Gruppen, in die er verwickelt gewe 
sen sein soll. Das Karfreitagsab 
kommen erlaubt es der britischen 
Regierung, begnadigte Terroristen 
bei Beteiligung an Gewalttätigkei 
ten zur Verbüssung ihrer Reststrafe 
wieder zu inhaftieren. 
Polizisten stoppten das Auto 
Adairs, legten dem 36-Jährigen 
Handschellen an und flogen ihn im 
Hubschrauber zum Maghaberry- 
Gefängnis. Die Verhaftung erfolgte 
auf Anordnung des britischen 
Nordirland-Ministers Peter Man- 
delson. «Die öffentliche Sicherheit 
steht für mich an erster Stelle», sag 
te Mandelson. 
«Ich kanh einer Person nicht die 
Freiheit geben, die entschlossen ist, 
sie zu missbrauchen.» Adair, ge 
nannt «Mad Dog», soll nach Infor 
mationen der Polizei eine massgeb 
liche Rolle bei der Provokation von 
Zusammenstössen zwischen ver 
feindeten protestantischen Milizen 
in den vergangenen Monaten ge 
spielt haben. 
Nach den neuesten Zwischenfällen hat das britische Militär seine Präsenz in 
Nordirland verstärkt. 
Die britischen Behörden kamen 
nach den Schüssen vom Montag, bei 
denen zwei Menschen getötet wur 
den, unter zunehmenden Druck, 
Adair wieder festzunehmen. Eines 
der beiden Opfer war ein enger Mit 
arbeitet Adairs in der Ulster Defen 
se Association (UDA), mit mehr als 
2000 Mitgliedern die grösste para 
militärische Organisation der Pro 
testanten in Nordirland. Die Täter 
werden in den Reihen der rivalisie 
renden Ulster Volonteer Force 
(UVF) vermutet. Kämpfer der 
UDA reagierten mit Angriffen auf 
Wohnhäuser und Geschäfte vermu 
teter UVF-Anhänger. Am Dienstag 
'verfehlten Kugeln durch ein Wohn- 
zimmerfenster nur knapp zwei 
Mädchen. Die Polizei bestätigte un 
terdessen, dass ein mutmassliches 
UVF-Mitgljed wegen der tödlichen 
Schüsse verhört werde. 
Mandelson wirf Adair 
Schüren des Konflikts vor 
Die beiden, paramilitärischen 
Gruppen hatten 1994 gemeinsam 
einen Waffenstillstand beschlossen 
und Anschläge auf die katholische 
Minderheit in Nordirland einge 
stellt. Seitdem kam es jedoch zuneh 
mend zu Auseinandersetzungen 
zwischen UDA und UVF über die 
Kontrolle krimineller Banden in 
Teilen Belfasts. 
Trotz der Schiesserei vom Mon 
tag gehe er von einer weiteren Gül 
tigkeit des Waffenstillstands aus, er 
klärte Mandelson am Mittwoch. Im 
Falle eines Bruchs könnte der Nord 
irland-Minister mehr als 150 be 
gnadigte Mitglieder von UDA und 
UVF wieder inhaftieren. 
Er habe keinen Zweifel daran, 
dass der Grossteil der Milizenführer 
hinter der Vereinbarung stehe, sagte 
Mandelson. Adair hingegen habe 
seine Chance nicht genutzt und 
stattdessen den Konflikt geschürt. 
Adair hatte sich im Gefängnis offen 
gegen den Waffenstillstand ausge 
sprochen. 
Er war 1994 wegen terroristischer 
Anschläge zu 16 Jahren Gefängnis 
verurteilt und im September ver 
gangenen Jahres vorzeitig aus der 
Haft entlassen worden. 
Keine UNO-Waffeninspektoren geduldet 
Irak will neue UNO-Waffenkontrollen nicht zulassen 
BAGDAD/DUBAI: Irak lehnt Waf 
fenkontrollen der Vereinten Natio 
nen nach wie vor ab. Der stellvertre 
tende Ministerpräsident Tarik Asis 
machte am Mittwoch in Bagdad 
deutlich, Irak werde keine UNO- 
WafFeninspekteure ins Land lassen. 
Asis reagierte damit auf am Diens 
tag bestätigte Vorbereitungen der 
UNO für einen neuen Anlauf in die 
ser Angelegenheit. Er sagte vor dem 
Parlament, sein Land erkenne die 
im Dezember 1999 beschlossene 
UNO-Resolution 1284 nicht an, mit 
der die Aufstellung einer -neuen 
UNO-Inspektionsgruppe (UNMO- 
V1C) beschlossen wurde. 
Damals wurde dem Irak eine 
schrittweise Aufhebung der Sank 
tionen in Aussicht gestellt, wenn den 
Inspekteuren uneingeschränkter 
Zugang zu allen Orten gewährt wer 
de, in denen Lager oder Produkti 
onsstätten von Atom- oder Chemie 
waffen vermutet werden. 
Anlagen bereits bei 
Luftangriffen zerstört 
Der Irak werde weder den UN- 
MOVIC-Leiter Hans Blix empfan 
gen «noch eine andere Person, die 
mit dieser Resolution in Zusam 
menhang steht», betonte Asis. Die 
Einrichtungen, die die UNO-In- 
spekteure überprüfen wollten, seien 
von amerikanisch-britischen Luft 
angriffen zerstört worden. Die 
Sanktionen gegen den Irak waren 
nach der Aggression gegen Kuwait 
1990 von den UNO verhängt wor 
den. Vor knapp zwei Jahren zogen 
die letzten Waffeninspekteure aus 
Bagdad ab, nachdem der irakische 
Präsident Saddam Hussein dem 
Vorgänger von Blix, Richard Butler, 
die Zusammenarbeit aufgekündigt 
hatte. 
Freundschaft 
gekündigt 
Schäuble bricht mit Kohl 
Der frühere Partei- und Fraktionschef der deutschen Christdemokraten, 
Wolf gang Schäuble, rechts, hat seine Beziehung zu Helmut Kohl in einem In 
terview mit dem ZDF gestern Mittwoch für beendet erklärtt: «Meine Bezie 
hung zu Kohl ist beendet, menschlich-persönlich... das Politische bleibt», 
sagte Schäuble. 
Vorbereitung auf 
Freilassung 
Baldiges Ende des Geiseldramas auf Jolo 
BERLIN: Die Regierungen in 
Berlin und Manila erwarten trotz 
der gescheiterten Freilassung der 
auf der Insel Jolo festgehaltenen 
Geiseln weiterhin eine baldige 
glückliche Lösung. 
Der Sprecher des Auswärtigen 
Amtes, Andreas Michaelis, sagte 
am Mittwoch in Berlin, man sei 
«nicht ohne Hoffnung». Der Asi- 
en-Beauftragte der Bundesregie 
rung, Cornelius Sommer, werde 
entweder nach Libyen oder auf 
die Philippinen in Marsch gesetzt, 
sobald die Lage dies erforderlich 
mache. Die Geiseln, unter ihnen 
die Deutschen Marc und Werner 
Wallert, der Moslemgruppe Abu 
Sayyaf sollten bereits vergange 
nen Samstag freikommen. Wegen 
eines befürchteten Militärangriffs 
Hessen die Entführer den Termin 
jedoch platzen. Libyen hatte sich 
bereit erklärt, für jeden der zwölf 
westlichen Geiseln eine Million 
Dollar zu bezahlen. Sommer hatte 
sich zuletzt in Libyens Hauptstadt 
IVipolis aufgehalten, wohin die 
Geiseln ausgeflogen werden soll 
ten. Ein Unterhändler der philip 
pinischen Regierung erklärte un 
terdessen, in Gesprächen mit den 
Entführern seien Einzelheiten der 
Freilassung erläutert worden, die 
er in den kommenden Tagen er 
warte. Die meisten Probleme sei 
en gelöst worden. Auch Chefun 
terhändler Robert Aventajado 
sagte: «Ich bin immer noch opti 
mistisch, dass wir die Freilassung 
der Geiseln in kurzer Zeit errei 
chen können.» 
Die philippinische Polizei stellte 
unterdessen Haftbefehl wegen 
Kidnappings gegen Anführer der 
Abu Sayyaf aus, die zu Beginn des 
Jahres zwei Philippiner entführten 
hatten. Beide waren im Mai nach 
der Zahlung eines Lösegelds frei 
gelassen worden. Haftbefehle ge 
gen die Entführer der westlichen 
Geiseln seien in Vorbereitung, 
hiess es. Die Moslemgruppe ent 
führte unterdessen am Dienstag 
einen 25-jährigen Lehrer und eine 
Studentin in der Stadt Talipao auf 
Jolo. 

	        

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