Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

22 - Qienstag, 22: August 2000 
Ausland 
Liechtensteiner Volksblatt 
Nachrichten 
Deutscher Präsident 
Rau wieder im Amt 
BERLIN: Vier Wochen nach seiner Bauchope- 
ratiofr hat der deutsche Bundespräsident Johan- 
nesRau am Montag seine Amtsgeschäfte offizi 
ell wieder aufgenommen. Nach Angaben seiner 
Sprecherin wird er aber erst im Oktober wieder 
Öffentlichelfermine wahrnehmen. Der Schreib 
tisch! des Präsidenten stehe bis auf weiteres in 
dessen Ferienhaus auf der Nordseeinsel Spie- 
keroog. Auf ärztlichen Rat habe er auch eine an- 
■ strengende, für September geplante, dreiwöchi 
ge Reise nach Südostasien und Ozeanien, ver 
schoben. Rau war Ende Juli an der Bauch- 
schla&adef operiert worden. Wegen einer ge 
fährlichen Erweiterung erhielt er eine Schlag- 
; aderprothese aus Kunststoff 1992 war ihm be- 
reits bel einer Himoroperation eine Niere ent 
fernt worden. 

-Kommandant 
in Haft 
BERLIN: Ein früherer DDR-Grenzkomman- 
dant niuss Wegen der Todesschttsse an der in 
nerdeutschen Grenze ins Gefängnis. Das Land- 
gerichfBerlin verurteilte den 52-Jährigen am 
Montag wegen Totschlags an vier Flüchtlingen 
zu zwei Jahren und drei Monaten Haft. Der da 
malige Oberst wurde als Befehlsgeber unter an 
derem für den Tod des letzten Mauer-Opfers 
Chris Gueffroy schuldig gesprochen. Der junge 
Mann wurde wenige Monate vor dem Fall der 
Mauer erschosseij Der heute 52-Jährige hatte 
sich vor Gericht zu seiner Verantwortung be 
kannt und Reue gezeigt. Der Ex-Kommandant 
mit Befehlsgewalt Uber mehr als tausend Solda 
ten hatte erklärt, ein Staat, der seine Menschen 
mit Waffengewalt vor dem Weglaufen hindern 
müsse, habe keine Existenzberechtigung. Der 
Ex-Oberst war auf der spanischen Ferieninsel 
Gran Canaria verhaftet und an die deutsche 
Justiz ausgeliefert worden. 
USA wieder grösster 
Waffenlieferant 
WASHINGTON: Die USA haben ihre Position 
als grösster Waffenlieferant der Welt mit Ver 
käufen im Wert von 11,8 Mrd. Dollar wieder 
ausgebaut. Deutschland folge nach Russland 
auf Platz drei, berichtete die «New York Times» 
am Montag unter Berufung auf eine Untersu- 
chungdes US-Kongresses. Damit seien die USA 
imvergangenen Jahr für mehr als ein Drittel der 
weltweiten Waffenverkäufe mit einem Volumen 
von 30,3 Mrd. Dollar verantwortlich gewesen, 
hiess es. Die US-Waffenverkäufe übertrafen 
nach dieser Untersuchung die aller Europäer 
zusammen (10,9 Mrd. Dollar, ohne Russland). 
Die russischen Waffenexporte stiegen binnen 
eines Jahres von 2,6 auf 4,8 Mrd. Dollar. Die 
Verkäufe der USA hätten zwar noch nicht wie 
der den Höhepunkt von 1991 erreicht, als die 
Verkäufe wegen des Golfkriegs in die Höhe ge 
schossen waren, aber sie seien in den vergange 
nen Jahren beständig gestiegen. 
Polen lobt Hitlers 
Wohnbaupolitik 
WARSCHAU: Der frühere Stabschef der pol 
nischen Streitkräfte und Präsidentschaftskandi 
dat Tadeusz Wilecki ist wegen eines Lobs für 
Adolf Hitler kritisiert worden. Mehrere Politi 
ker verurteilten Wileckis Äusserungen am 
Montag in Warschau. Wilecki' hatte die Woh 
nungsbaupolitik Hitlers gelobt. Am Samstag 
war er mit den Worten zitiert worden: «Ein klei 
nes Haus für jede Familie - das war die grosse 
Leistung Hitlers.» Kritiker sagten, solche Äus 
serungen seien für Polen, in dem durch den Na 
tionalsozialismus sechs Millionen Menschen 
starben, skandalös. Der Sprecher des Regie- 
rungsblocks Solidarität nannte Wilecki dumm 
und Unverantwortlich. Wilecki kandidiert bei 
den Präsidentenwahlen im Oktober für eine ra 
dikale nationalistische Partei, allerdings ohne 
Aussicht auf Erfolg. 
Prossefreihelt im Iran 
TEHERAN: Der iranische Präsident Moham 
mad Chatami hat das Verbot reformorientierter 
Zeitungen durch die konservative Justiz verur 
teilt. Er halte sowohl die Methoden der Justiz 
als auch die zahlreichen Schliessungen von 
Zeitungen für «unangemessen und inakzepta 
bel»,spgta Chatami am Montag in einer Uber 
Radib^ und Fernsehen verbreiteten Stellung- 
nahirifc Dennoch hege er die Hoffnung, dass die 
verbotenen Zeitungen ihre Arbeit wieder auf 
nehmen könnten. Einzelheiten nannte er dazu 
nicht* 
in Mexico: Aus nach 70 Jahren 
Nach der Wahl : Opposftionskandidat Sami David in Führung 
TUXTLA: In Mexiko hat die 
seit mehr als 70 Jahren regie 
rende Partei der Institutionali« 
sierten Revolution (PRI) nach 
ihrer Niederlage bei der Präsi 
dentschaftswahl offenbar eine 
weitere Schlappe erlitten. 
Bei der Gouverneurswahl im Bun 
desstaat Chiapas kam ihr Kandidat 
Sami David nach amtlichen Hoch 
rechnungen nur auf 42 Prozent. 
Klar in Führung jag der Oppositi 
onskandidat Pablo Salazar mit 57 
Prozent. 
Endergebnis am Mittwoch - 
Prognosen für David 
Der amtierende Gouverneur des 
südmexikanischen Bundesstaates, 
Roberto Albores, erkannte den Sieg 
des Oppositionskandidaten bereits 
an. Die PRI werde «den Willen der 
Bewohner von Chiapas respektie 
ren», betonte Albores. Dagegen sag 
te David, die vorläufigen Ergebnis 
se seien noch nicht eindeutig. 
Endergebnis am Mittwoch 
Die völlig verarmte Chiapas-Re- 
gion galt bislang als Hochburg der 
PRI. Das Endergebnis wird am 
Mittwoch erwartet. Salazar trat für 
das Bündnis «Allianz für Chiapas» 
an, unter denen sich auch die kon 
servative Partei der Nationalen Ak 
tion (PAN) des designierten Staats 
präsidenten Vicente Fox befindet. 
Fox, der sein Amt am 1. Dezember 
übernimmt, hatte Anfang Juli gegen 
Grosse Freude bei den Delegierten der Opposition über das Wahlergebnis: Die Institutionalisierte Revolution (PRI) 
wird vermutlich ihre Macht verlieren - nach 70 Jahren uneingeschränkter Herrschaft. (Bild: Keystone) 
den PRI- Kandidaten Francisco La : 
bastida die Präsidentschaftswahl 
gewonnen. 
Weitgehend ohne Störungen 
Die Wahl in Chiapas verlief weit 
gehend ohne Störungen und Fäl 
schungsversuche. Auch die EZLN- 
Rebellen von Subcomandante Mar 
cos griffen nicht in die Wahl ein. Ins 
gesamt waren zwei Millionen Men 
schen aufgerufen,einen neuen Gou 
verneur zu wählen. Den Grund für 
den wahrscheinlichen Erfolg der 
Opposition sahen Beobachter in 
den seit Jahren von der Regierungs 
partei nicht umgesetzten Autono 
mierechten für die Region. 
Positive Auswirkung erhofft 
Der Wahlsieg Salazars könnte 
nach Ansicht von Beobachtern die 
Friedensverhandlungen mit der 
linksgerichteten EZLN-Guerilla er 
leichtern. In Chiapas hatten die Re 
bellen vor sechs Jahren zu den Waf 
fen gegriffen. Seither starben Hun 
derte Menschen bei Kämpfen zwi 
schen Armee und Rebellen, die für 
die Rechte der Ureinwohner kämp 
fen. In dem Bundesstaat leben über 
wiegend Maya-Indianer. 
Angesichts des Erfolges der Op 
position in Chiapas bekräftigte Fox 
sein Wahlversprechen, sich zusam 
men mit Salazar an den Verhand 
lungstisch mit den Guerilleros zu 
setzen. Da keimt für Mexiko gute 
Hoffnung auf... 
Britischer Agent festgenommen 
Abtrünniger und vielgesuchter Spion stellte sich nach dreijähriger Flucht den Behörden 
LONDON: Ein abtrünniger briti 
scher Geheimagent, der dem Ge 
heimdienst seines Landes unter an 
derem ein Mordkomplott gegen den 
libyschen Revolutionsführer 
Muammar el Gaddafi vorgeworfen 
hat, ist nach dreijähriger Flucht 
heimgekehrt und festgenommen 
worden. 
Begleitet von zahlreichen Journalis 
ten, seinem Anwalt und seiner 
Freundin stellte sich David Shayler 
am Montag in Dover am Ärmelka 
nal der Polizei. Der 34-Jährige wird 
vermutlich wegen schweren Ge 
heimnisverrats angeklagt. Bei einer 
Verurteilung drohen ihm vier Jahre 
Haft. 
John Lennon ausspioniert? 
Sein Anwalt zeigte sich optimis 
tisch, dass Shayler bald auf freien 
Fuss gesetzt werde. Der Ex-Spion 
hatte vor seiner Abfahrt in Calais 
gesagt, er habe mit der britischen 
Regierung eine Abmachung darü 
ber getroffen, dass er nach einer 
David Shayler (links) stellte sich den britischen Behörden. (Bild: Keystone) 
vorübergehenden Festnahme gegen 
Kaution freigelassen werde. Shay 
ler, der von 1991 bis 1996 beim bri 
tischen Inlandgeheimdienstes MIS 
arbeitete, war im August 1997 nach 
Frankreich geflohen, nachdem er 
öffentlich behauptet hatte, der MIS 
habe eine Reihe von Labour-Politi 
kern und andere Prominente wie 
Beatle John Lennon ausspioniert. 
Ein Jahr später behauptete er, der 
Auslandgeheimdienst MI6 sei an ei 
nem missglückten Versuch beteiligt 
gewesen, den libyschen Revoluti- 
onsftthrer Muammar el Gaddafi 
umzubringen. 
Komplott gegen Gaddafi 
Der Ex-Agent bekräftigte vor sei 
ner Rückkehr seine Vorwürfe. «Die 
Regierung hat sich geweigert, das 
Komplott gegen Gaddafi untersu 
chen zu lassen, weil sie weiss, dass 
ich Recht habe», sagte er. «Jeden in 
Grossbritannien sollte es interessie 
ren, ob die Regierung lügt.» 
Shayler war vor zwei Jahren auf 
Ersuchen Grossbritanniens in 
Frankreich festgenommen, nach ei 
nigen Wochen aber wieder auf frei 
en Fuss gesetzt worden. 
Die französische Justiz lehnte da 
mals einen Auslieferungsantrag ab, 
weil die Vorwürfe gegen ihn politir 
scher Natur seien. Dies hatte in 
London für Verärgerung gesorgt. 
Bedie bleibt in Paris 
Ex-Staatschef Bedie kehrt nicht an Macht zurück 
NAIROBI: Für den vor acht Mona 
ten gestürzten Präsidenten der Cö- 
te d'Ivoire (Elfenbeinküste), Henri 
Konan B£die, wird es keine Rück 
kehr an die Macht geben. 
B6di£ hatte in der vergangenen Wo 
che in seinem Pariser Exil angekün 
digt, in seine Heimat zu fliegen, um 
als Präsidentschaftskandidat der 
Demokratische Partei (PDCI) am 
17. September anzutreten. Nach Ra 
diomeldungen vom Montag aus 
Abidjan entschieden sich bei einem 
Nominierungsparteitag die PDCI- 
Delegierten allerdings für den 
früheren Innenminister Emile Con- 
stant Bombet und gegen B6di£. 
Nach dem Willen der Militär 
machthaber kehrt die Elfenbein- 
küste am 17. September wieder zu 
einer zivilen Regierung zurück. 
Putschführer General Robert Gue'i 
kandidiert als unabhängiger Politi 
ker. Als Favorit gilt Oppositionsfüh 
rer Alassane Ouattara. 
Ob Ouattara sich aber präsentie 
ren darf, bleibt auch weiterhin ganz 
und gar ungewiss. Die Verfassung 
des westafrikanischen Landes ver 
langt von Präsidentenkandidaten, 
dass beide Eltern in der Elfenbein 
küste geboren sind. Gegner von 
Ouattara behaupten, dessen Vater 
stamme aus Burkina Faso. Ouattara 
selber bestreitet dies. Insgesamt ha 
ben sich 19 Politiker als Kandidaten 
eintragen lassen. 
Pinochets Auftritt 
Ex-Diktator mit Enkel im Spielzeugladen gesichtet 
SANTIAGO DE CHILE: Erstmals 
seit der Aufhebung seiner Immu 
nität vor zwei Wochen ist der frühe 
re chilenische Diktator Augusto Pi 
nochet wieder in der Öffentlichkeit 
aufgetreten. 
I 
Wie die Zeitung «El Mercurio» be 
richtete, besuchte dei 84-Jährige mit 
einem seiner Enkel einen Spielzeug 
laden. Pinochet habe dem Neunjähri 
gen ein elektronisches Spielzeug und 
eine Mutantenfigur «x-Men» gekauft. 
Der frühere Gewaltherrscher sei von 
fünf Leibwächtern begleitet worden. 
Der Einkaufsbummel als gutmütiger 
Grossvater mit Enkel wurde als Teil 
einer angekündigten Offensive ge 
wertet, mit der sich Pinochet gegen 
die Vorwürfe wegen der Verbrechen 
unter der Militärdiktatur (1973-1990) 
zur Wehr setzen will. 
Pinochet, der Mörder auf 
freiem Fusse... 
Vor einigen Tagen war berichtet 
worden, der General im Ruhestand 
bereite auch einen Brief an die Chi 
lenen vor, in dem er seine Diktatur 
rechtfertigen wolle. Etwa 3200 Men 
schen waren unter Pinochets Kom 
mando getötet worden. Der Unter; 
suchurigsrichter Juan Guzman, auf 
dessen Antrag hin die Immunität 
vom Obersten Gericht aufgehoben 
wurde, bereitet zurzeit eine Anklage 
gegen Pinochet wegen Entführung 
von Regimegegnern vor.
	        

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