Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 50 JAHRE LIECHTENSTEINER RADFAHRERVERBAND Samstag, 19. August 2000 19 
Rad-WM in Liechtenstein... 
Liechtensteiner Radfahrerverband feiert 50-jähriges Bestehen: Höhepunkte einer langen Geschichte 
Der Liechtensteiner Radfahrer 
verband (LRV) feiert diesen 
Sonntag am Rande der Schellen- 
berg-Rundfahrt sein 50-jähriges 
Bestehen. Die bewegte Geschich 
te des liechtensteinischen Rad 
sports ist fireilich weitaus älter als 
der LRV. Die Verbands-Historie 
enthält zahlreiche Höhepunkte. 
Ein unvollendeter Höhepunkt: 
Die Pläne zur Durchführung der 
Strassen-WM in Liechtenstein. 
Eigentlich dauerte es ja ungewöhnlich 
lange, ehe im November 1950 der LRV 
gegründet wurde. Und wer weiss, wenn 
der Landesportverband damals nicht 
ruck gemacht hätte, dass sich Vereine, 
eiche dieselbe Sportart ausüben, sich 
zu einem Fachverband zusammen- 
schliessen müssen, dann hätte der LRV 
wohl noch längerauf sich warten lassen. 
Dabei begann der Radsport in Liech 
tenstein schon recht früh. 
Immer mehr 
überhandnehmender Unfug... 
Bereits im Mai 1898 wurde in Schaan 
der «Radfahrerverein des Für 
stenthums Liechtenstein» gegründet. 
Nur Monate später entstand in Ben 
dern der «Radfahrerklub Liechtenstei 
ner Schwalben». Die Radfahrer muss- 
ten sich um 1900 das Recht auf den 
Strassen mühsam erkämpfen. In ver 
schiedenen Zeitungsmeldungen wur 
den die «Raser» kritisiert. «Es dürfte 
am Platze sein, strenge polizeiliche 
Liechtensteins erfolgreichste Radsportler: Roman Hermann (links) und Adolf Heeb. 
Massnahmen gegen diesen immer mehr 
überhandnehmenden Unfug zu tref 
fen». hiess es etwa am 5. Oktober 1900 
in einem Volksblatt-Eingesandt. 
Erstes Radrennen 1926 
Am 22. August 1926 wurde frühmor 
gens um 4 Uhr (!) das erste Radrennen 
in Liechtenstein gestartet. 1927 erfolgte 
die Gründung des ersten auf Sport aus 
gerichteten Vereins, des RV Schaan. Im 
gleichen Jahr startete mit Adolf Schrei 
ber erstmals ein Liechtensteiner Rad 
sportler bei Olympia. Und 1947 gab es 
erstmalseinenTour-de-Suisse-Etappen- 
halt in Liechtenstein. Direkt vor Schloss 
Vaduz siegte Walter Diggelmann. 
Goldene LRV-Erfolge 
Kaum hatten 1950 die beiden einzi 
gen Radfahrervereine des Landes, der 
RV Schaan und der VC Vaduz, den 
LRV gegründet, erlebte der liechten 
steinische Radsport goldene Zeiten. 
Alois Lampert aus Vaduz wurde 1954 
bei der Österreich-Rundfahrt «Glock- 
Erinnerungen von vier LRV-Präsidenten 
Rad-WM ade 
LRV-Ehrenprösident Baron Eduard 
von Falz-Fein: Der LRV-Gründungs- 
präsident Baron Eduard von Falz- 
Fein ist das leuchtende Beispiel dafür, 
dass Radfahren jung hält. Dies ob 
wohl die eigene Radkarriere des sei 
nerzeitigen französischen Sprint- 
Hochschulmeisters vor 50 Jahren ab 
rupt zu Ende ging. «Bei <Rund um 
Liechtenstein) musste ich damals un 
terhalb von Triesenberg aufgeben. 
Man sollte halt mit 40 nicht mehr 
Rennen fahren» erinnert sich der heu 
te 88-jährige LRV-Ehrenpräsident la 
chend zurück. 
Über 20 Jahre lang leitete er die Ge 
schicke des Verbandes. Sein unbändi 
ger Rad-Enthusiasmus hätte Liech 
tenstein anfangs der 70-er Jahre bei 
nahe die Durchführung der Rad-WM 
auf dem Schellenberg-Parcours ein 
getragen. Baron von Falz-Fein: «Es: 
wäre alles picobello gewesen. Der 
SRB wäre einverstanden gewesen 
und hätte uns voll unterstützt, die 
( Strassen-WM der Profis und Amateu- 
, re bei uns auszutragen, während die 
, Bahnrennen in Örlikon stattfinden 
sollten. Die waren begeistert. Es wäre 
die Sensation gewesen! Aber dann 
brauchte man noch die Genehmigung 
der Regierung, und der gute Regie 
rungschef Hilbe hat mir alles kaputt 
gemacht. Die Finanzen seien nicht ge 
klärt, sagte er und damit war die Sa 
che zerschlagen.» 
Boom der 
Siebziger 
Ex-LRV-Präsident Louis Oehri: Als 
Louis Oehri 1973 im Alter von 32 Jah 
ren zum LRV-Präsidenten gewählt wur 
de, war er ein unbeschriebenes Blatt. 
Der Nachfolger von Baron von Falz- 
Fein verstand es jedoch, seine persönli 
che Begeisterung für den Radsport in 
erfolgreiche Projekte umzusetzen. Da 
bei verstand er es ausgezeichnet, sich 
den gewaltigen Radsport-Boom der 
Siebzigeijahre zu eigen zu machen. So 
initiierte er die Rheintaler Renntrai- 
nings und vor allem zahlreiche Schüler- 
Rennen. Praktisch im Alleingang führte 
er 60 Schülerrennen durch, aus denen 
viele regionale Radsportgrössen her 
vorgingen. 
Besonders gerne erinnert er sich aber 
an die Dreiländer-Rad-Marathons, die 
zwischen 1974 und 1980 unter Beteili 
gung von Riesen-Teilnehmerfeldern in 
Ruggell durchgeführt wurden: «Der ge 
waltige Zulauf bei diesen Rennen war 
schon eindrücklich. Eine ganze Menge 
lizenzierte Radrennfahrer sind dadurch 
zum Radrennsport gekommen, bei 
spielsweise auch Ewald Wolf.» 
Heeb und 
Hermann 
Ex-LRV-Präsident Otto Büchel: Für 
den ehemaligen LRV-Präsidenten Ot 
to Büchel zählen die grossen sportli 
chen Erfolge von Adolf Heeb und Ro 
man Hermann zu den schönsten Erin 
nerungen: 
«Ich möchte die Leistungen anderer 
Fahrer jetzt nicht gering schätzen, aber 
was Adolf Heeb und Roman Hermann 
geleistet haben, dak ist schon eindrück 
lich. Bei Adolf Heeb herauszuheben 
sind der Bergpreis-Gesamtsieg an der 
Tour de l'Avenir 1962, die Siege im 
Schweizer Jahresklassement 1961 und 
1962 und insbesondere im Alter von 
erst 20 Jahren die Olympia-Teilnahme 
1960 in Rom, wo er im Strassenrennen 
mit dem 11. Platz glänzte. Bei Roman 
Hermann sind natürlich vor allem seine 
Bahn-Erfolge zu erwähnen, vor allem 
der Gewinn der WM-Bronzemedaille 
1982 in Leicester im Punktefahren.» 
Mörderische 
Gaflei-Etappe 
LRV-Präsident Peter Rutz: Als ein 
schneidendstes Erlebnis der Verbands 
geschichte ist dem heutigen Verband 
spräsidenten Peter Rutz - und nicht 
nur ihm! - die legendäre Tour-de-Suis- 
se-Bergankunft des Jahres 1976 in 
Gaflei in Erinnerung. Samstag, 12. Juni 
1976. Glutofen-Hitze über dem Rhein 
tal. Und dazu ein mörderischer 
Schlussaufstieg von Vaduz nach Gaflei. 
Unter den Zuschauern etwas unter 
halb vom Ziel: Peter Rutz, der als An 
fänger von der grossen Radkarriere 
träumte. Das Träumen ist ihm an je 
nem Tag in Gaflei allerdings vergan 
gen, wie er sich heute noch erinnert: 
«Amandus Hermann und ich sind 
mit extra angefertigten neuen Seiden 
trikots mit den Rädern hinaufgefah 
ren. War das ein Erlebnis! Ich habe 
nie zuvor und auch nie mehr danach 
ein Rennen gesehen, bei dem die Fah 
rer derart hundskaputt im Ziel ange 
kommen sind. Ich glaubte, meinen 
Augen nicht zu trauen, als ich den 
grossen Tour de France-Helden Didi 
Thurau weinend am Rohrzaun hän 
gen sah. Und das keinen Kilometer 
vor dem Ziel. Erst nach längerem Zu 
reden ist Thurau dann doch noch ein 
mal aufgestiegen und die letzten Me 
ter ins Ziel gefahren. Damals habe ich 
zum ersten Mal erlebt, wie hart Rads 
port sein kann. Darüber konnte auch 
die eindrückliche Vorstellung des So- 
lo-Siegers Hennie Kuiper nicht hin 
wegtäuschen, der damals im Weltmei- 
ster-Trikot den Grundstein zu seinem 
späteren Gesamtsieg gelegt hat.» 
50 Jahren LRV 
ner-König» und Bergpreis-Gesamtsie 
ger. Im gleichen Jahr ging Bertram Se 
ger aus Schaan als bis heute einziger 
Liechtensteiner bei der Tour de France 
an den Start. Nach drei Defekten er 
reichte er das Ziel der 2. Etappe jedoch 
nach Kontrollschluss. 
1958 ging der Stern von Adolf Heeb 
auf, der die bis heute grössten LRV-Er 
folge auf der Strasse feiern konnte. Da 
zu zählen der 11. Platz im Olympia- 
Strassenrennen 1960, der 13. WM-Rang 
1962 und der Bergpreis-Gesamtsieg an 
der bedeutenden Tour de l'Avenir 1962. 
Die bisher einzige WM-Medaille für 
den LRV eroberte Bahnprofi Roman 
Hermann 1982 im Punktefahren in 
Leicester. 
Liechtensteiner WM-Pläne 
Zu den Höhepunkten der Verbands 
geschichte zählen um 1970 auch die eif 
rigen Bemühungen des seinerzeitigen 
LRV-Präsidenten Baron Eduard von 
Falz-Fein, die Strassen-Weltmeister- 
schaften der Profis und Amateure auf 
dem Parcours der Schellenberg-Rund 
fahrt durchzuführen (siehe untenste 
hende Erinnerungen). Diesen ent 
husiastischen Plänen erteilte jedoch die 
Regierung eine Absage. Doch auch oh 
ne WM-Durchführung darf sich die 
LRV-Geschichte sehen lassen. Und 
schliesslich ist ja auch Peter Rutz, der 
engagierte heutige Präsident des jubi 
lierenden Verbandes, froh um Visionen. 
In diesem Sinne: Happy Birthday LRV 
- und auf zu neuen Taten! Es muss ja 
nicht gerade die WM sein. 
i : l&>8 gegründet: Derglfäftäreryer- 
'iemdes FUrfiMlümtjUä^Aaisiän»* .y 
1927 gegründet: Dar erste Radsport- 
verein des Landes, derRV Schaan (up 
Bild anlässlich eines Corsas in Davos). 
Erster, Olympiaradsportler: Adolf 
Schreiber (im Bild onlässlidi des 
, Landessporttages1937). ■ ; 
i' ' i' ' yT'i **' : '■ i • •" : •» 
Liechtensteinisch:schweizensche 
- Freundschaft anfangs der Achtziger-- 
jahreinVaduz(vL): LRV-PrÜsident 
Adolf Heeb, SRB-Präsident Bruno 
Walisser und LRV-Ehrenpräsident 
Baron von Falz-Fein. 
L 1962: Adolf JHeeb wird in Pürisials, 
• Bergpreissieger der Tour,de l'Avenir,.' 
gefeiert ' • 
1947 machte die Tour de Suisse erstmals in Vaduz Station. 
Radsportboom der Siebziger Jahre: Radmarathon in Ruggell. 
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