6 Donnerstag, 27. Januar 2000
Gemeindeabstimmung Balzers
Liechtensteiner Volksblatt
Abwasserreinigung Balzers:
Entscheidung fällt am Wochenende
Reinigt Balzers künftig seine Abwässer in der gemeindeeigenen Kläranlage oder tritt die Gemeinde dem Abwasserzweckverband bei?
Balzers
Wo wird die Gemeinde Balzers in
Zukunft seine Abwässer reinigen?
Die Stimmbürgerinnen und
Stimmbürger werden dies am
kommenden Wochenende an der
Urne zu entscheiden haben.
Grundsätzlich stehen zwei Mög
lichkeiten zur Auswahl: Ein Wei
terbetrieb und Ausbau der ge
meindeeigenen Kläranlage oder
der Beitritt zum Abwasserzweck
verband Liechtenstein.
Peter Kindle
Die Stimmbürgerin
nen und Stimmbürger
von Balzers stehen vor
einer wichtigen Ent
scheidung. Am kom
menden Wochenende
wird an der Urne ent
schieden, ob die ge
meindeeigene Kläranlage ausgebaut
und weiterbetrieben wird, oder die Ge
meinde dem Abwasserzeckverband
Liechtenstein (AZV) beitreten will. Im
Falle eines Beitrittes würden die Balz-
ner Abwässer in der zentralen Liech
tensteiner Kläranlage in Bendern gerei
nigt. Im Vorfeld zu dieser Abstimmung
wurden rege Diskussionen geführt, Pro
und Contra gegeneinander abgewägt.
Viele Befürworter...
Betrachtet man die einzelnen Stel
lungnahmen, so kann man davon aus
gehen, dass eine breite Mehrheit für ei
nen Beitritt zum Abwasserzweckver
band besteht. Die Gemeindevorste-
hung und der Gemeinderat sprechen
sich für einen Beitritt zum AZV aus.
Begründet wird die Befürwortung zu
einem Beitritt vor allem mit den Argu
menten, dass mit Ausnahme von Bal
zers bereits alle anderen Liechtenstei
ner Gemeinden ihre Abwässer an zen
traler Stelle in Bendern reinigen las
sen, und dass die Kosten für die Beibe
haltung der Balzner Kläranlage auf
Dauer hin grösser wären, als bei einem
Beitritt zum AZV.
In der Informationsbroschüre, die von
der Gemeinde herausgegeben wurde,
kann nachgelesen werden, dass die ef
fektiven Anschlusskosten an die ARA
Bendern vorerst zwar teurer, die Be
triebskosten aber deutlich niedriger
sind. Ein neutrales Gutachten der Firma
Kappeler besagt, dass die Variante Zen
trale ARA gesamthaft betrachtet finan
ziell günstiger sei, als ein Ausbau der
ARA Balzers, welcher mit einem Betrag
von 5,5 Millionen Franken beziffert
wird. Des Weiteren werden ökologische
Aspekte Aspekte angeführt, welche ei
nen Beitritt zum AZV zweckmässig er
scheinen lassen. «Das Grundwasserge-
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Das Becken der Balzner Kläranlage. Werden hier noch lange Abwässer gereinigt?
Die Balzner Stimmbürger entscheiden dies am kommenden Wochenende.
Seit 1974 besteht die gemeindeeigene Kläranlage in Balzers. Sie miisste laut Exper
ten saniert werden. (Bilder: adi)
biet Heilos muss optimal geschützt wer-:
den und die Gewässerschutzanforderun
gen an das Fliessgewässer Binnenkanal
müssen eingehalten werden», stellt der
Vorstand der FBPL-Ortsgruppe Balzers
fest, welcher den Beitritt zum Abwasser
zweckverband befürwortet. Auch vom
Standpunkt des Fischereivereins Liech
tenstein aus ist ein Beitritt zum AZV
nötig. Durch das Ableiten der gereinig
ten Abwässer gelangen immer noch
Rückstände von Hormonen in den Bin
nenkanal. Eine Geschlechtsumwand
lung könne bei Fischen in diesem Gebiet
erkannt werden. *
... aber auch Gegner
Ein Referendumskomitee mit Albert
Vogt, Wilhelm Nägele, Christian Brun
hart und Robert Kaufmann spricht sich
konsequent für eine Weiterführung der
gemeindeeigenen Kläranlage aus. In ih
rer Stellungnahme halten sie fest, dass
die Balzner Kläranlage in einwandfrei
em Zustand sei und von den verant
wortlichen Klärwärtern bestens gewar
tet sei. In finanzieller Hinsicht führt das
Referendumskomitee ins Feld, dass bei
einem Anschiuss an den AZV jährlich
hohe Gebühren für die Durchleitungs
rechte an die Gemeinden Triesen und
Vaduz zu entrichten seien. Zudem mer
ken die Referendumswerber an, dass
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Für sachbezogene Entscheidung
Auszug aus der Stellungnahme der Referendumswerber
Was alle angeht, können nur alle lösen.
Darum soll über den Anschiuss an den
AZV nicht politisch, sondern sachbe
zogen entschieden werden. Der Bür
ger ist gefordert, die Vor- und Nachtei
le abzuwägen und an der Urne mit sei
ner Stimme zu entscheiden.
In den Projektunterlagen ist kein Wort
über Fliessgeschwindigkeit und
Schleppkraft des Hauptsammeikanals
von Balzers bis Bendern oder über ein
Anfaulen des Abwasser erwähnt, was
Folgen für den Betrieb einer Kläranla
ge hat. An der Orientierungsversamm
lung der Gemeinde Vaduz bezüglich
Verbandsbeitritt wurde dazumals fest
gestellt, dass die Kläranlage Balzers in
einem guten Zustand sei und auf kei
nen Fall aufgelöst werde.
Die Verbindungsleitung zwischen
Balzers und Triesen führt durch das
Grundwasserschutzgebiet S 3 im Hei
los. Das Grundwasserpumpwerk Hei
los wurde vom Amt für Umweltschutz
genehmigt, ohne die Befürchtung zu
äussern, dass das gereinigte Abwasser
der bestehenden Kläranlage Balzers,
welches zur Zeit in den Binnenkanal
fliesst, Einwirkungen auf das Trink
wasser habe. An der Orientierungs
versammlung der Gemeinde Balzers
wurde behauptet, dass das Ableiten
des gereinigten Abwassers mit einem
doppelwandigen Kanal in den Rhein
zu erfolgen habe. Da diese Ableitung
das Grundwasserschutzgebiet S3 nicht
tangiert, muss auch keine doppelwan-
dige Ableitung gebaut werden, son
dern kann mit einem handelsüblichen
Kanalisationsrohr erfolgen.
Bei einem Anschiuss an den Abwas
serzweckverband muss jeder Balzner
Bürger pro' m 3 Abwasser 20 Rappen
mehr bezahlen, als die Verbandsmit
glieder ab Triesen.
Die Kostenrechnung, welche der
Gemeinde Balzqrs vorgelegt wurde, ist
zu Gunsten des Abwasserzeckverban
des manipuliert. Die bestehende Klär
anlage Balzers wird nach Ausbau mit 1
Mio. Franken bewertet, während die
Kläranlage Bendern mit allen Sonder
bauwerken und Kiinälen nur mit 5
Mio. Franken veranlagt wird, obwohl
Baukosten bis zum Endausbau mit 9
Mio. Franken gegenüberstehen.
Ein Zeitungsantikiel von der letzten
Woche, in welchem Gemeindevorste
her Othmar Vogt orientiert, wird be
hauptet, dass unsere Zahlen falsch und
doppelt gerechnet seien. Dies konnte
an der Orientierungsversanmmlung
nicht bewiesen werden. Wird die Ab
leitung für das geklärte Abwasser in
den Rhein gebaut, sind von der Seite
des Gewässerschutzes keine Beden
ken zu erwarten und das hochgespiel
te Thema Binnenkanal abgeschlossen.
Zusammenfassend stellt sich die
Frage, ob auch in Zukunft die Abwas
serreinigung (samt Schlam'mbehand-
lung) in Balzers selbst betrieben wird,
oder ob die Balzner Abwässer kurz-
oder mittelfristig in der ARA Bendern
gereinigt werden sollen. Im ersten Fall
würde die ARA Balzers saniert und
erweitert, im zweiten Fall würde Bal
zers dem AZV beitreten und mittel
fristig die Abwässer in die ARA Ben
dern zur Reinigung ableiten lassen.
Auch bei Beitritt zum AZV müsste die
ARA Balzers erweitert /aktualisiert
werden.
Auf Wunsch nehmen wir zu einigen
Punkten Stellung. Wir mussten uns in
keiner Art und Weise mit technischen
Abklärungen befassen. Politische
Aspekte-sind für uns kein Thema. Bei
der Beurteilung der beiden Varianten
gehen wir davon aus, dass die Kosten
unter vergleichbaren Annahmen be
stimmt wurden. Das Balzner Abwas
ser benötigt für das Durchfliessen der
gemeindeeigenen Kanäle mehrere
Stunden. Inwieweit bei dieser Konstel
lation ökologische Probleme ausge
schlossen werden können, muss abge
klärt werden. Bei beiden Varianten
werden Auflagen an den ARA-Be-
trieb und den Schutz der Fliessgewäs
ser eingehalten werden. Ein Beitritt
zum AZV ist aus technischen Grün
den nicht zwingend. Die künftige Ab
wasserreinigung in Balzers ist eine
gute Lösung.
Balzers beteiligt sich an der Kläran
lage Bendern mit Baukosten in der
Höhe von 4 Mio. Franken und bei den
Hauptsammeikanälen sowie Sonder
bauwerken des AZV mit Kosten von 5
Mio. Franken, obwohl der Abwasser
zweckverband sich nicht bereit er
klärt, die Baukosten für den Kanal
Balzers Säga und die Durchleitungs
kosten fürTYiesen und Vaduz zu über
nehmen. Bedeutet das gleiche Rechte
Investitionen für die gemeindeeigene
Kläranlage günstiger ausfallen, als die
Grossinvestitionen, die bei der ARA
Bendern anfallen.
Aus ökologischer Sicht sieht das
Referendumskomitee die Möglichkeit,
eine Abwasserleitung zum Rhein zu er
stellen, um den Binnenkanal ökologisch
rein und sauber zu erhalten. Zudem sei
es für die Gemeinde wichtig, als «eige
ner Herr» bestimmen zu können.
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