Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
AUSLAND 
Donnerstag, 3. August 2000 21 
Nachrichten 
Ford erlitt Schlaganfall 
PHILADELPHIA: Der ehemalige US-Präsi 
dent Gerald Ford hat einen Schlaganfall erlit 
ten. Das teilte ein Sprecher 1 des Spitals in Phila 
delphia am Mittwoch mit. Ford habe den Anfall 
vermutlich zwei Tage zuvor erlitten, ein weite 
ren kleinen am Dienstag. Der Ex-Präsident 
müsse nun fünf Tage im Spital bleiben. Er sei an 
sprechbar und befinde sich in einen guten Zu 
stand. Ford war nach seiner Teilnahme an dem 
Republikanischen Parteitag in Philadelphia 
Dienstagnacht ins Spital gebracht worden. 
Zunächst hiess es, er habe eine Stirnhöhlener 
krankung. Am Vormittag kehrte er ins Spital 
zurück. 
Entscheid über blo 
ckierte Konten vertag! 
PARIS: Das Appellationsgericht in Paris hat am 
Montag die Prüfung einer russischen Anfrage 
betreffend gesperrter Konten auf Montag ver 
schoben. Die Konten waren von der französi 
schen Justiz auf Grund eines Antrags der Gen 
fer Firma Noga blockiert worden. Die Konten 
sind seit dem 18. Mai eingefroren. Die Genfer 
Handelsfirma hatte Russiand 1991 und 1992 ge 
gen den Verkauf von Erdöl Geld geliehen. Die 
ses wurde nie zurückerstattet. Nun verlangt No 
ga von Moskau 2,3 Milliarden Franken. Die Be 
schlagnahmung des russischen Segelschiffes Se- 
dow im vergangenen Monat ist Teil dieser Ge 
schichte. Nach einem Entscheid des Gerichtes 
von Brest konnte das Segelschiff jedoch den 
Hafen wieder verlassen. Das Einfrieren von 
staatlichen Gütern verletze die Konvention von 
Wien betreffend der diplomatischen Immu 
nität, sagte am Mittwoch Kirill Guevorgian.Der 
Vertreter des russischen Aussenministeriums 
äusserte sich vor dem Appellationsgericht in 
Paris, anlässlich einer Anhörung. 
Immigranten legten 
Feuer 
HONGKONG: Bei einem Brand im Gebäude 
der Einwanderungsbehörde in Hongkong sind 
gestern 46 Menschen verletzt worden, acht von 
ihnen schwer. Das teilte die Regierung mit. Für 
das Feuer waren den Angaben zufolge Einwan 
derer vom chinesischen Festland verantwort 
lich. Sie hatten in den Räumen der Behörde im 
13. Geschoss des Hochhauses eine brennbare 
Flüssigkeit ausgeschüttet. Als diese explodierte, 
erlitten unter anderem drei Beamte lebensbe- 
drohliche Verbrennungen. Es handelt sich um 
den bislang folgenschwersten Zwischenfall im 
Streit um das Aufenthaltsrecht von Festlandchi 
nesen in Hongkong. Seit der Übergabe Hong 
kongs von Grossbritannien an China vor drei 
Jahren suchen viele Chinesen Zuflucht in der 
ehemaligen britischen Kronkolonie. 
Rund 14000 Rebellen 
getötet 
MOSKAU: Russische Truppen haben seit Aus 
bruch der Kämpfe in Dagestan und der benach 
barten Kaukasus-Republik Tschetschenien vor 
knapp einem Jahr nach eigener Darstellung 
rund 14000 Rebellen getötet. Knapp 13 500 sei 
en bis zur offiziellen Beendigung des Feldzugs 
Mitte April dieses Jahres getötet worden, er 
klärte am Mittwoch der stellvertretende Gene 
ralstabschef Waleri Manilow in Moskau. Weite 
re 500 Rebellen seien seitdem bei Spezialopera- 
tionen getötet worden, wurde Manilow weiter 
von der Nachrichtenagentur Interfax zitiert. 
Der Feldzug im Kaukasus ist nach Moskauer 
Lesart eine «kontra-terroristische Operation». 
Die Verluste der russischen Streitkräfte im ge 
samten Kaukasus- Feldzug waren Ende vergan 
gener Woche offiziell mit 2537 Toten und 8050 
Verwundeten angegeben worden. 
Regierungskrise in Israel 
spitzt sich zu 
Levi reicht Rücktritt ein - Knesset für vorgezogene Neuwahlen - Barak will Friedensprozess fortsetzen 

JERUSALEM: Nach den ge 
scheiterten Nahost-Friedens 
gesprächen von Camp David 
hat sich die Regierungskrise in 
Israel gestern dramatisch zuge 
spitzt. Aus Protest gegen die 
Zugeständnisse von Minister 
präsident Ehud Barak an die 
Palästinenser reichte Aussen- 
minister David Levi am Mor 
gen seinen Rücktritt ein. 
Anschliessend nahm das Parla 
ment in erster Lesung einen 
Antrag der Opposition auf vor 
gezogene Neuwahlen an. i 
Ungeachtet des Drucks kündigte 
Barak an, den Friedensprozess fort 
zuführen. Levi sagte bei einer Pres 
sekonferenz im Parlament, Barak 
habe den Palästinensern im vergan 
genen Monat in Camp David zu vie 
le Zugeständnisse gemacht. Barak 
habe dort einer De-Facto-Teilung 
von Jerusalem zugestimmt, betonte 
er. 
Die diskutierten Vorschläge hät 
ten den Koalitionsvereinbarungen 
widersprochen, sagte Levi, der sich 
geweigert hatte, Barak zu dem Nah- 
ost-Gipfel zu begleiten. Die Rück 
tritt bedeutet eine weitere 
Schwächung des innenpolitisch an 
geschlagenen Barak, der seit seiner 
Rückkehr aus Camp David ohne 
parlamentarische Mehrheit regiert. 
Levi ist das bisher ranghöchste Ka 
binettsmitglied, das die Regierungs 
koalition verlässt. 
Unmittelbar nach der Ankündi 
gung Levis stimmte die Knesset in 
erster Lesung Uber einen Antrag auf 
vorgezogene Neuwahlen ab. Dabei 
stimmten 61 der insgesamt 120 Ab 
geordneten für den Antrag, 51 dage 
gen. Gegen Barak stimmten auch 
mehrere frühere Kabinettsmitglie 
der, darunter Levi selbst. Zur Ver 
abschiedung des Antrags müssen je 
doch noch dcei weitere Lesungen in 
Die Zeit ist um: Isreals Aussenminister David Levi (links) hat gestern den Rücktritt eingereicht. Ungeachtet davon 
kündigte Ministerpräsident Ehud Barak (rechts) ah, den Friedensprozess fortzuführen. 
der Knesset abgehalten werden, was 
erst nach der dreimonatigen Som 
merpause Ende Oktober möglich 
ist. 
Barak selbst bedauerte den 
Rücktritt von Levi, bekräftigte 
aber, deii Friedensprozess fortzuset 
zen. Er habe das Vertrauen der 
Menschen, betonte Barak. Er kün 
digte an, in den kommenden Wo 
chen neue Koalitionsverhandlun 
gen zu führen, um die Regierung zu 
stärken. Wegen der Möglichkeit 
vorgezogener Neuwahlen sei er 
nicht besorgt. Nach seiner Rück 
kehr aus Camp David war Barak 
wegen Berichten über Zugeständ 
nisse an die Palästinenser heftig kri 
tisiert worden. Bajak selbst hat be 
tont, es seien viele Vorschläge dis 
kutiert worden, Israel habe sich 
aber zu nichts verpflichtet. Bis zum 
13. September wollen Israel und die 
Palästinenser den Rahmen für ein 
endgültiges Friedensabkommen 
festlegen. 
Der palästinensische Präsident 
Jassir Arafat hat gedroht, nach die 
sem Termin auch einseitig einen ei 
genen Staat auszurufen. 
Demonstrative Unterstützung er 
hielt Barak nach dem Nahost-Gip 
fel von US-Präsident Bill Clinton. 
Laut Barak wollen die USA ihre 
Botschaft in Israel von Tel Aviv 
nach Jerusalem verlegen. Dies solle 
noch vor dem Ende von Clintons 
Amtszeit am 20. Januar geschehen, 
sagte Barak am Dienstag im israeli 
schen Fernsehen. Ginton hatte zu 
vor indirekt den Palästinensern die 
Schuld am Scheitern der Gespräche 
gegeben und Israel die Verlegung 
der Botschaft nach Jerusalem vor 
geschlagen. 
Dies würde in den arabischen 
Staaten als Anerkennung des israe 
lischen Anspruchs auf die Stadt be 
trachtet. Der Streit über den künfti 
gen Status von Jerusalem war einer 
der Hauptgründe für das Scheitern 
des Nahost-Gipfels. Der Ostteil der 
Stadt war 1967 von Israel erobert 
und später annektiert worden. 
Entscheidung über Pinochets 
Immunität vertagt 
Urteil gegen Exdiktator laut Anwalt und Medien aber schon gefällt 
SANTIAGO: Der Oberste Ge 
richtshofs in Chile hat das Urtejl 
über die Aufhebung der Immunität 
von Augusto Pinochet um mindes 
tens eine Woche verschoben. Dies 
gaben die Richter am Dienstag 
abend bekannt. Ein Anwalt chileni 
scher Kläger, der Spanier Joan Gar- 
ces, sagte jedoch am Mittwoch, die 
Richter hätten mehrheitlich für die 
Aufhebung der Immunität des Ex- 
diktators gestimmt. Er habe dies aus 
sicherer Quelle in Chile erfahren, 
sagte Garces. 
Auch mehrere chilenische und spa 
nische Medien meldeten, die Rich 
ter hätten mit elf zu neun Stimmen 
für die Möglichkeit einer Strafver 
folgung des 84-Jährigen entschie 
den. Das Gericht wolle mit der Ver- 
kündung der Entscheidung aber 
warten, bis das Urteil schriftlich nie 
dergelegt sei, berichteten mehrere 
Rundfunksender und die Internet- 
Zeitung «El Mostrador» unter Be 
rufung auf juristische Kreise. Nach 
Aufhebung der Immunität könnte 
Pinochet wegen Menschenrechts 
verletzungen während seiner 17 
Jahre währenden Herrschaft vor 
Gericht gestellt werden. 
Vier Stunden lang hatten die 20 
Richter am Dienstag hinter ver 
schlossenen Türen beraten und 
dann eine Verschiebung der Ent 
scheidung bekannt gegeben. «Wir 
haben Fortschritte gemacht, aber es 
war nicht möglich, eine Entschei 
dung zu treffen», sagte Richter 
Guillermo Navas. 
Pinochets Anwälte werteten eine 
Vertagung als vorteilhaft für die 
Verteidigung. Die Stimmung bei 
den Gegnern des früheren Dikta- 
Die Immunität gegen Ex-Staatschef 
AugUsto Pinochet könnte schon bald 
aufgehoben werden. 
tors war nach Bekanntgabe der 
Richter gedämpft. «Wir haben 26 
Jahre auf Gerechtigkeit gewartet. 
Wir können auch noch eine weitere 
Woche warten», sagte Viviana Diaz, 
die auf Seiten der Opfer der Dikta 
tur dafür kämpft, dass Pinochet der 
Prozess gemacht wird. In Santiago 
versammelten sich Anhänger 
und Gegner des Generals zu De 
monstrationen. 
154 Klagen gegen Pinochet 
anhängig 
Pinochet hatte sich vor der Abga 
be der Regierungsgewalt ein Sena 
torenamt auf Lebenszeit und damit 
Sicherheit vor Strafverfolgung in 
der Verfassung festschreiben lassen. 
In erster Instanz wurde die Immu 
nität von einem Gericht aufgeho 
ben. Gegen dieses Urteil hatten Pi 
nochets Anwälte Berufung einge 
legt. 
Gegen Pinochet sind in Chile bis 
her 154 Klagen anhängig. Eine da 
von betrifft die so genannte «Kara 
wane des Todes» unmittelbar nach 
dem Militärputsch im Herbst 1973. 
Dabei handelte ersieh um ein Mi- 
litärkommando, das laut Staatsan 
waltschaft 72 politische Gefangene 
in mehreren chilenischen Städten 
ermordete. Insgesamt wurden wäh 
rend der Diktatur von 1973 bis 1990 
laut einem offmellen Bericht etwa 
3200 Menschen ermordet oder ver 
schwanden spurlos.
	        

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