10 Donnerstag, 3. August 2000
Wirtschaft
Liechtensteiner Volksblatt
Nachrichten
Euro setzt Talfahrt fort
FRANKFURT. Der Euro hat am Mittwoch
nachmittag seine Tälfahrt fortgesetzt. Händler
erklärten die Abwärtsbewegung mit markttech
nischen Reaktionen. Auslöser seien spekulative
Verkäufe einiger US-Investmentbanken gewe
sen, die weitere Stop-Loss-Verkäufe nach sich
gezogen hätten. Das Szenario sei weiter freund
lich für den Dollar, sagte ein Händler. Anhal
tende Spekulationen Uber eine bald bevorste
hende Leitzinserhöhung in den USA machten
den Dollar als Anlagewährung attraktiver. Der
Euro notierte gegen 14.45 Uhr mit 0,9146/51
Dollar. Das vorläufige Tageshoch lag bei 0,9190
Dollar und das Tagestief bei 0,9131 Dollar. Die
EZB ermittelte für den Euro einen Referenz
kurs von 0,9142 Dollar und 99,8 Yen.
diAx macht Druck
ZÜRICH: Der Telekommunikationsanbieter
diAx geht in die Offensive. Die Swisscom müs
se ihre Kupferkabel aüf der letzten Meile bis zu
den HausanschlUssen dem Wettbewerb öffnen.
Am 31. Juli hat diAx ein entsprechendes Ge
such bei der Eidg. Kommunikationskommission
(Comcom) eingereicht, wie das Unternehmen
am Mittwoch bekannt gab. Darin fordert diAx
die Comcom auf; eine Verfügung zu erlassen,
um das Monopol der Swisscom im drahtgebun
denen Anschlussnetz zu knacken. Bisher habe
die Swisscom nicht mit einem entsprechenden
Angebot eingelenkt, um Interkonnektion auf
der letzten Meile zuzulassen. Nur wenn dieser.
Markt geöffnet werde, könne diAx ihrer Kund
schaft die innovativen schnellen Breitband-
Dienstleistungen zu wettbewerbsfähigen Prei
sen anbieten. In den EU-Ländern müsse der
entbündelte Zugang im Anschlussnetz gemäss
einem Vorschlag der EU-Kommission bis Ende
2000 verfügbar sein. Mit dem Gesuch von diAx
solle dieses Ziel auch in der Schweiz erreicht
werden, schreibt das Unternehmen weiter.
Zu viel Münzgeld
BANGKOK: Thailands staatliche Telefonge
sellschaft TOT hat ein ungewöhnliches Prob
lem: Sie hat zu viel MUnzgeld. In Medienberich
ten vom Mittwoch hiess es, dassTOT nicht mehr
weiss, wohin mit den Bergen von Münzen, die in
die 24 000 öffentlichen Fernsprecher der Haupt
stadt Bangkok eingeworfen werden.Tag für Tag
kommen Münzen im Wert von etwa vier Millio
nen Baht (160 000 Fr.) zusammen. Wie die Ta
geszeitung «Bangkok Post» errechnet hat, ha
ben diese Münzen ein Gesamtgewicht von etwa
13,4 Tonnen. Bislang verkaufte TOT die Mün
zen an Einzelhändler in Bangkok. Aber nun
macht die private Telecom Asia Corp der staat
lichen Gesellschaft auch in diesem Sektor Kon
kurrenz. Telecom Asia, die etwa 20 000 Münz
fernsprecher betreibt, bietet den Abnehmern
ihrer Münzen Rabatte von 10 bis 20 Prozent
und zahlt Banken sogar Gebühren, wenn diese
ihnen die Münzen abnehmen. Die staatliche
TOT darf keine Rabatte gewähren und auch
keine Bankgebühren zahlen, so dass sie kaum
noch Abnehmer für ihr Geld findet.
Bierdurst der
Deutschen gestiegen
WIESBADEN: Ein gestiegener Bierdurst der
Deutschen und deutlich wachsende Exporte ha
ben den Brauereien in der ersten Jahreshälfte
einen höheren Absatz beschert. Von Jahresbe
ginn bis Jahresmitte wurden in Deutschland
55,4 Mio. Hektoliter Bier abgesetzt. Wie das
Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wies
baden weiter mitteilte, sind die 4 Prozent oder
2,1 Mio. Hektoliter mehr als im ersten Halbjahr
1999. Den Löwenanteil stellten weiterhin
Brauereien in Nordrhein-Westfalen, die allein
für 27,3 Prozent des Gesamtabsatzes standen.
Swiss Casinos gründen
Seedamm Casino AG
PFÄFFIKON: Die Swiss Casinos mit Sitz in
Zürich hat zusammen mit der Casinos Austria
AG (Wien) und den lokalen Verkehrsvereinen
die Seedamm Casino AG gegründet. Es handelt
sich um einen weiteren Schritt zur Realisierung
eines Kursaal-Casinos in Pfäffikon SZ, wie
Swiss Casinos am Mittwoch mitteilte. Mit einem
Investitionsvolumen von 15 Mio. Franken, 150
Geldspielautomaten, sechs Spieltischen und 80
Mitarbeitenden soll am Seedamm ein Casino
entstehen.
Per Ende September 2000 wolllen die betei
ligten Partner beim Bund ein Gesuch um Ertei
lung der erforderlichen Spielbanken-Konzes-
gion einreichen.
UMTS-Goldgräberstimmung
ist verflogen
Bakom erwartet noch Einnahmen von maximal 6 Mrd. Franken
ZÜRICH: Der Geldsegen aus
der Versteigerung . von vier
UMTS-Lizenzen wird geringer
ausfallen als erwartet. Nach
der entäuschenden Auktion in
Holland und der schleppenden
Versteigerung in Deutschland
hat das Bakom die Prognosen
nach unten revidiert.
Er rechne noch mit Einnahmen zwi
schen 3 bis 6 Mrd. Franken, sagte
der Direktor des Bundesamtes für
Kommunikation (Bakom), Marc
Furrer, am Mittwoch an einem Pres
segespräch in Zürich. Noch Anfang
Juni hatte Furrer Einnahmen zwi
schen 6 bis 10 Mrd. Fr. für möglich
gehalten.
Schweiz für UMTS-Anbieter
wichtig
Die nach der britischen UMTS-
Versteigerung entstandene Gold
gräberstimmung habe sich verflüch
tigt, sagte Bakom-Vizedirektor Pe
ter Fischer. Vermutlich sei auf der
Insel von einigen Anbietern etwas
zu hoch gepokert worden. Fischer
betonte aber gleichzeitig, dass die
Schweiz für Mobilfunkgeräte der 3.
Bakom-ChefMarc Furrer: «Es ist nicht einzusehen, dass ein öffentliches Gut
wie Frequenzen gratis abgegeben werden, wenn später Firmen damit viel
Geld verdienen». (Bild: Keystone)
Generation ein sehr wichtiger
Markt sei. Gerade für Finanzdienst
leister wie Banken und Versiche
rungen sei die Breitbandübertra-
gung auf Mobilfunkgeräte von gros
ser Bedeutung. Zudem seien schon
mit der jetzigen Technologie Mobil
funkgeräte bei der Schweizer
Wohnbevölkerung weit verbreitet.
Dadurch sei weiterhin mit einem
guten Auktionsergebnis zu rechnen.
Die Bakom-Spitze sprach sich in
Zürich erneut für eine Auktion der
vier UMTS-Lizenzen als beste Lö
sung aus. Das Verfahren in der EU,
wo UMTS-Lizenzen sowohl in Auk
tionen wie auch mittels Kriterien
wettbewerb vergeben werden^ be
zeichnete Bakom-Chef Furrer als
we.ttbewerbsverzerrend.
Konsumentenpreis bestimmt
der Markt
Dass der Konsument die Zeche
für überhöhte Auktionspreise zah
len müsse, werde kaum zutreffen,
sagte Fischer. Die Endpreise
würden durch den Markt und
nicht durch Konzessionen beein-
flusst. Der Betrieb eines UMTS-
Netzes verlange zudem hohe Inve
stitionen in Technik und Marketing.
Deshalb brauche es kapitalkräftige
Bewerber.
Auch Furrer wies Kritik an der
UMTS-Versteigerung zurück. Es sei
nicht einzusehen, weshalb ein öf
fentliches Gut wie Frequenzen ko
stenlos abgegeben werden sollte,
wenn nachher einzelne Unterneh
men damit viel Geld verdienen
könnten. Um die Versteigerung der
vier UMTS-Lizenzen haben sich
zehn Telekomanbieter beworben.
Viel Arbeit für Paul Reutlinger
Fusion von AOM, Air Littoral und Air Liberte
PARIS: Am Mittwoch hat Paul
Reutlinger sein Amt ab Chef von
AOM, Air Littoral und Air Liberte
angetreten. Bereits am Donnerstag
will er mit den drei BetriebsrMteii
Verhandlungen über die Modalitä
ten der Fusion der drei Fluggesell
schaften unter dem Dach der SAir-
Group aufnehmen.
Erklärtes Ziel der SAirGroup ist
es, die drei Gesellschaften in einer
einzigen Marke zusammenzufas
sen und die Randaktivitäten wie
Marketing oder Unterhalt aus
zulagern. Der erste Teil des Pro
jekts, die Fusion, wird von den
Gewerkschaften begrüsst. Die
Auslagerung der Randaktivitäten
hat hingegen einen Proteststurm
ausgelöst.
Reutlinger, der die Restrukturie-
rung der belgischen SAir-Tbchter
Sabena über die Runden gebracht
hat, hat durchblicken lassen, dass er
in Frankreich ähnlich vorgehen will
wie in Belgien.
Streik verschoben
Erstes Resultat dieser Ankündi
gung; Die Gewerkschaften haben
letzte Woche einen Streik abgesagt,
den sie mitten in der Hauptferien
zeit durchführen wollten. Diesen
Entscheid hat allerdings auch der
Concorde-Absturz bei Paris mitbe-
einflusst. [
lYotzdem und trotz des kürzlich
von der EU-Wettbewerbsbehörde
erteilten Fusionsgenehmigung ist
noch alles offen. «Falls Reutlinger
vorhaben sollte, mit uns nur über
die sozialen Aspekte der Fusion
verhandeln zu wollen, täuscht er
sich», erklärte Gilles Nicoli, Mit
glied der Gewerkschaft CFDT bei
Air Libertd.
Aderlass stoppen.
«Um den Aderlass zu stoppen,
werden wir uns in einer ersten Pha
se auf die eigentliche Fusion kon
zentrieren,» sagte Nicoli mit Ver
weis auf die Verluste der .drei Flug
gesellschaften weiter. «Für uns
kommt es aber nicht in Frage, die
drei Unternehmen nach Berufsgat
tungen zu demontieren. Falls die
SAirGroup darauf beharren sollte,
wird sie ihr blaues Wunder erle
ben.»
Aus. rein rechtlichen Gründen
verzögert sich die Fusion um einige
Wochen. Das seinerzeit - bei der
Übernahme der Air Libertd durch
British Airways - von der Betriebs
kommission angerufene Handels
gericht von Crdteil hätte letzte Wo
che seinen Bericht zum «Überle
bensplan» der Air Libertä abliefern
müssen.
«Überlebensplan»
Das Gericht hat nun seinen Be
richt auf den 12. September hinaus
geschoben. «Die Richter haben zu
sätzliche Informationen verlangt»,
sagte Nicoli dazu. Er bestätigte da
mit .einen entsprechenden Bericht
der Westschweizer Zeitung «Le
Temps».
In den nächsten sechs Wochen
wird demnach in Sachen Fusion
AOM, Air Littoral und Air Liberte
nichts passieren, weil die Verant
wortung für den Überlebensplan
den neuen Besitzern übertragen
werden muss.
Der Plan enthält Angaben zur
Form der Entschädigung der Air Li-
bertö-Gläubiger sowie zur Perso
nalpolitik.
Nicht ganz unglücklich über diese
Verzögerung sind die Gewerkschaf
ten. Nicoli dazu: «Dieser Überle
bensplan ist für uns insofern beson
ders wichtig, als sich die SAirGroup
klar zur Zukunft der Air, Libertö
äussern myss.
BA UND KLM
Fusions
gespräche
LONDON: British Airways (BA)
und die niederländische KLM wol
len nach Informationen der «Finan
cial Times» Ende dieser Woche da
rüber entscheiden, ob sie ihre exklu
siven Fusionsgespräche fortsetzen.
Die ursprünglich vereinbarte
achtwöchige Verhandlungsperiode
ende an diesem Mittwoch. Wahr
scheinlich würden die Gespräche
fortgesetzt, berichtete die britische
Wirtschaftszeitung.
Dabei gehe es vor allem um den
Preis, den BA für KLM zahlen
müsste, und um eine Form des Zu
sammenschlusses, die für die Wett-
bewerbshüter in Washington und
Brüssel akzeptabel sei.
Im Juni hatte BA versichert, die
Gespräche zügig abschliessen zu
wollen. «Das wird sich nicht über
Monate hinziehen», sagte der BA-
Finanzchef Derek Stevens. «Wir
müssen vermeiden, dass diese
Übung eine Menge Zeit kostet und
wir am Ende dann doch zum Schluss
kommen, dass wir es nicht hinbe
kommen.»
BA will mit der faktischen Über
nahme von KLM den europäischen
Marktführer Lufthansa überflü
geln.