Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Ausland 
Mittwoch, 26. Januar 2000 23 
Nachrichten 
Ermittlung in mehreren 
Ländern 
GENF: Gegen zwei frühere Verantwortliche 
des Konzerns Elf hat die Genfer Justiz interna 
tionale Haftbefehle erlassen. Es geht um den 
Verkauf der ostdeutschen Leuna-Minol an Elf 
Aquitaine. In der Affäre ermittelt die Genfer 
Justiz in mehreren Ländern. Im Visier sind die 
ehemaligen Kadermitglieder Hubert Le Blanc- 
Bellevaux und Alain Guillon. Sie werden ge 
sucht werden Betrugs, Urkundenfälschung und 
Geldwäsche, wie am Dienstag aus Genfer Ju 
stizkreisen verlautete. Die verdächtigen Gelder 
sollen über die Schweiz geflossen sein. 
Geiselnahme in 
Thailand beendet 
BANGKOK: Bei der Befreiung von rund 500 
Menschen aus der Gewalt einer birmanischen 
Rebellengruppe in der thailändischen Provinz 
hauptstadt Ratchburi sind nach Angaben der 
thailändischen Behörden am Dienstag alle zehn 
Geiselnehmer erschossen worden. Sie hatten 
ihre Opfer fast 24 Stunden lang in einem Kran 
kenhaus festgehalten. Unter den Geiseln gab es 
nach den Angaben bei der Erstürmung des Spi 
tals durch eine thailändische Spezialeinheit kei 
ne Opfer. Bei den Geiselnehmern handelte es 
sich um Rebellen, die der ethnischen Minderheit 
der Karen angehören und gegen die Militärjun 
ta in Birma kämpfen. Nach thailändischen An 
gaben gehörten sie einer christlichen Miliz na 
mens «Gottesarmee» an, die vor drei Jahren ge 
gründet wurde. Wie der zuständige Polizeichef in 
Ratchaburi mitteilte, wurden neun Geiselneh 
mer während des Einsatzes getötet. Der zehnte 
Kidnapper sei auf der Flucht erschossen wor 
den. Birma hat die Geiselbefreiung begrüsst. 
Thailands Regierung habe «entschieden gehan 
delt und seine Bürger vor den Gefahren des Ter 
rorismus geschützt», hiess es am Dienstag in ei 
ner von den regierenden Militärs in Rangun ver 
breiteten Erklärung. 
Büro von Weizmans 
Anwältin durchsucht 
JERUSALEM: Das Betrugsdezernat der israe 
lischen Polizei hat am Dienstagabend das Büro 
einer Anwältin von Staatspräsident Eser Weiz- 
man durchsucht und Akten beschlagnahmt. Wie 
das israelische Fernsehen berichtete, soll Hanina 
Brandes jahrelang das Geld verwaltet haben, • 
das Weizmann vom französischen Geschäfts 
mann Edouard Saroussi annahm. Das Betrugs 
dezernat ermittelt seit Sonntag gegen den Präsi 
denten. Die Fahnder sollen klären, ob Weizman 
Steuern hinterzog oder auch schwerwiegendere 
Vergehen beging. Das Staatsoberhaupt wird ver 
dächtigt, in den 80er Jahren für eine fiktive 
Tätigkeit als Unternehmensberater Geld von 
Saroussi angenommen und sich im Gegenzug 
für dessen Interessen eingesetzt zu haben. Es ist 
:das erste Mal in der Geschichte Israels, dass ge 
gen einen Staatschef ermittelt wird. Wegen der 
gegen ihn erhobenen Vorwürfe verzichtete 
Weizman am Dienstag auf einen Teil seiner 
Amtsrechte. Einen Rücktritt lehnte er aber wei 
terhin ab. 
Bessere Gesetze gegen 
Geldwäscherei 
GENF: Die Gesetze gegen Geldwäscherei müs 
sen in der Schweiz verbessert werden. Dies er 
klärte Bundesrätin Ruth Metzler am Dienstag in 
Gent Das seit knäpp zwei Jahren gültige Gesetz 
gegen Geldwäscherei sei bisher ingesamt erfolg 
reich gewesen. Trotzdem müssten die geltenden 
Gesetzesbestimmungen weiter verbessert wer 
den. Zu Liechtenstein erklärte Metzler, die dorti 
gen Behörden seien sich durchaus im Klaren, dass 
im Bereich der Geldwäscherei ein «Handlungs 
bedarf» bestehe. Metzler nannte weiter als eine 
ihrer Prioritären die Verstärkung der inneren Si 
cherheit in der Schweiz. Die Mittel im Kampf ge 
gen die Kriminalität müssten verstärkt werden. 
Auch die Zusammenarbeit zwischen Bund und 
Kantonen in diesem Bereich müsse verbessert 
werden. 
Haider bleibt in Kärnten 
Regierungsbildung in Österreich: Gespräche zwischen FPÖ und ÖVP 
WIEN. Die Freiheitliche Par 
tei (FPÖ) des Rechtspopuli 
sten Jörg Haider und die kon 
servative Volkspartei (ÖVP) 
wollen die innenpolitische 
Pattsituation in Österreich be 
enden und eine Koalitionsre 
gierung bilden. 
Am Dienstagabend nahmen die 
Parteien in Wien ihre Verhandlun 
gen auf. ÖVP-Chef Wolfgang Schüs 
sel erklärte vor den Gesprächen, er 
halte eine Einigung mit der FPÖ in 
nerhalb etwa einer Woche für mög 
lich. Die ÖVP gehe mit dem Ziel in 
die Verhandlungen, den Kanzler zu 
stellen. 
FPÖ-Chef Jörg Haider sagte, er 
wolle sein Amt als Kärntner Lan 
deshauptmann weiterführen und 
nicht der Regierung angehören. Die 
ÖVP und die FPÖ haben keinen of 
fiziellen Auftrag zu Regierungsver 
handlungen. i 
Den Auftrag von Präsident Tho 
mas Klestil zur Regierungsbildung 
hat weiter der Vorsitzende der Sozi 
aldemokraten (SPÖ), der amtieren 
de Bundeskanzler Viktor Klima. 
Die SPÖ bemüht sich zurzeit weiter 
um die Bildung eines Minderheiten 
kabinetts. 
Neuwahlen möglich 
Sollten die Verhandlungen schei 
tern, wären Neuwahlen die logische 
Folge, betonte Haider, dessen Partei 
nach jüngsten Meinungsumfragen 
an der Spitze der Wählergunst steht. 
Der ÖVP würden hingegen den 
Umfragen zufolge dramatische 
Stimmenverluste drohen. 
Bundespräsident Klestil hatte am 
Freitag den Vorsitzenden der Sozi- 
Jörg Haider (rechts) und der FPÖ-Generalsekretär Peter Westenthaler in Wien. 
(Bild: Keystone) 
aldemokraten (SPÖ) und amtieren 
den Bundeskanzler Viktor Klima 
mit der Bildung einer Minderheits 
regierung beauftragt. Gleichentags 
waren die Verhandlungen zwischen 
SPÖ und ÖVP über eine Fortset 
zung der 13 Jahre alten Grossen Ko 
alition gescheitert. 
Obwohl ÖVP und FPÖ bereits 
kategorisch ausgeschlossen haben, 
eine Minderheitsregierung der SPÖ 
im Parlament zu unterstützen, will 
Klima seine Bemühungen in diese 
Richtung fortsetzen. «Ich habe den 
Auftrag vom Bundespräsidenten, 
und der ist nicht widerrufen», beton 
te Klima. Klima soll am Freitag dem 
Bundespräsidenten über das Ergeb 
nis seiner Gespräche mit den ande 
ren Parlamentsparteien berichten. 
Spannungen in der SPÖ 
Unterdessen soll es nach öster 
reichischen Medienberichten zu 
Spannungen innerhalb der SPÖ 
über den künftigen Kurs gekommen 
sein. Anlass waren Äusserungen des 
niederösterreichischen SPÖ-Chefs 
Karl Schlögl, die SPÖ solle in einen 
Dialog mit der FPÖ eintreten. 
Bisher hatte Klima jede Zusam 
menarbeit mit Haider ausgeschlos 
sen. Schlögl gilt bereits seit längerer 
Zeit als möglicher Nachfolger Kli 
mas, sollte dieser zurücktreten. 
Israels Justizminister Jossi Beilin 
Stipe Mesic hat Nase vorne 
Kroatische Präsidentenwahl geht mit Oppositionssieg in zweite Runde 
ZAGREB: Die Präsidentenwahl in 
Kroatien geht nach einer weiteren 
Niederlage der alten Regierungs 
partei HDZ mit zwei Politikern der 
Opposition in die Stichrunde. Aus 
sichtsreichster Kandidat ist der letz 
te Präsident des früheren Jugosla 
wiens, Stipe Mesic. 
Er erhielt am Montag in der ersten 
Runde 41,11 Prozent der Stimmen, 
erreichte aber nicht die erforderli 
che Mehrheit von über 50 Prozent 
für einen Sieg im ersten Durchgang. 
Der Sozialliberale Drazen Budisa 
liege mit 27,71 Prozent der Stimmen 
auf dem zweiten Platz, teilte die 
Wahlkommission am Dienstag in 
Zagreb nach der Auszählung von 
99,5 Prozent der Wahllokale mit. 
Damit wird der Nachfolger des ge 
storbenen Präsidenten Franjo Hidj- 
man am 7. Februar in der Stichwahl 
bestimmt. 
Mesic für Annäherung an 
Europa 
Mesic und Budisa zeigten sich 
zum politischen Kampf um das 
höchste Staatsamt entschlossen. 
Mesic sagte, er erwarte einen über 
zeugenden Sieg. Falls er zum Präsi 
dent gewählt werden sollte, wolle er 
die Regierung bei der Annährung 
Kroatiens an Europa unterstützen. 
Der Politiker der Volkspartei 
(HNS), der letzter Präsident des al 
ten Jugoslawien war, griff scharf Wi 
dersacher in Politik und Medien an, 
nachdem er kurz vor der Wahl be 
schuldigt worden war, mit dem alten 
jugoslawischen Geheimdienst zu 
sammengearbeitet zu haben. 
Gratulation von Budisa 
Der Sozialliberale Budisa gratu 
lierte Mesic zum vorläufigen Sieg in 
der ersten Runde. Er selbst rechne 
aber in der Stichwahl mit erhebliche 
Stimmenzugewinnen von Anhän- 
Stipe Mesic (Mitte), umringt von seinen Anhängern, ist der aussichtsreichste 
kandidat für die Stichwahl vom 7. Februar. (Bild: Keystone) 
gern der ausgeschiedenen sieben 
anderen Kandidaten. 
Mate Granic von der abgewähl 
ten Regierungspartei HDZ kam nur 
auf 22,46 Prozent. Er sagte am 
Dienstag, er wolle keine Empfeh 
lung für die Stichwahl abgeben. Sei 
ne Anhänger sollten selbst entschei 
den. Granic kündigte an, er werde 
innerhalb der HDZ für personelle 
Veränderungen, ein neues Pro 
gramm und andere Parteistruktu 
ren kämpfen. 
Machtwechsel 
Die Wahlen waren nach dem Tod 
von TUdjman am 10. Dezember 
nötig geworden. Sie vollenden den 
Machtwechsel. in Kroatien, nach 
dem das oppositionelle Mitte- 
Links-Bündnis aus sechs Parteien 
bereits die Parlamentswahlen am 3. 
Januar gewonnen hatte. Die einstige 
jugoslawische Teilrepublik war un 
ter Tlidjman zunehmend aussenpo- 
litisch isoliert. 
Die künftige Mitte-Links-Regie- 
rung in Kroatien setzt nach ihrem 
Wahlsieg auf einen schnelleren An- 
schluss an die Europäische Union. 
Das habe der designierte Minister 
präsident Ivica Racan am Montag 
erklärt, berichtete die staatliche 
Nachrichtenagentur Hina. 
Konkrete Schritte 
Er wolle den EU-Aussenminis- 
tern bei einemTreffen in Brüssel am 
14. Februar konkrete Schritte vor 
schlagen. Racan kündigte an, im 
zweiten Wahlgang Budisa zu unter 
stützen. In der Mitte-Links- Koaliti 
on Racans sind sowohl Budisas So 
zialliberale Partei als vier zentristi 
sche Parteien unter Mesics Führung 
vertreten. 
drohte im Radio, sein Land würde 
den Botschafter aus Wien abberu 
fen, sollte Haider an der Regierung 
beteiligt werden. Der Jüdische 
Weltkongress kündigte an, bei Re 
gierungsverantwortung der FPÖ 
die Beziehungen zu Österreich zu 
überdenken. 
Widerstand 
Auch die Vizepräsidentin des Eu 
ropäischen Parlaments, Marie-No- 
elle Lienemann, rief zum Wider 
stand gegen eine Regierungsbeteili 
gung Haiders auf. Die EU könne es 
nicht zulassen, dass «die extreme 
Rechte» in Österreich an die Macht 
gelange, erklärte die Sozialistin. 
CDU gegen 
Rückzahlung . , 
[, ^ i * > i "„«? i •,*,*< 
BERLIN: „TVotz „,Distanzieirung ä 
ii von ihrem frühererifinanzgebä--., 
ren wollen sich die deutschen 
> Christdemokraten (CDU) gegen" ', 
überzogene'. Strafgelder -.und ' 
Rückzahlungs-Forderungen ju--; 
ristisch^zurAVehrsetzen. Ange 
sichts der^Disküs^ippi um möglK 
che Strafen bis zu 4p0 Millionen/; 
s Mark .. hess* CDU.-Bundesge- 
schäftsführer,. Willi; Hausmann : 
: am Dienstag erkennen, dass die . 
>. Partei derzeit nur. Rüpkzahlun-i 
■ . gen der illegalerBargeldspen-J 
t den in Höhe pon.zwei Mülfodt«? 
Mark juristisch akzeptieren wol- ' 
le Dabei handelt es sich um die 
Gelder, die Alt-Bundeskanzler, 
Helmut Kohl von 1993 bis 1998 
angenommen hatte. Aus den Er- 
: läuterungen der Partei zum Be- 
rieht ;der,.^yÄschaftsprüfer..wur-| 
i de auch deutlich, dass diej.Un- 
klarheiten über, die- Herkunft ' 
r. von insgesamt zehn Millionen 
Mark in den Jahren 1989 bi? 1992 
- grösser sind als bisher angenom 
men. Hausmann erklärte, die 
, CDU habe ^us seineS^Sfcjit di%> 
Zahlung von : Strjafg?ldem%egen,, 
; der nicht verbucht^ Barjgeld : , 
:• Spenden für Kohl, abgewendet. 
Die Parteihabe sich selbst in die-'.' 
ser Hinsicht: angezeigt, was'die 
• Rückforderung JriYHöhe "des' 
zweifachen,oder/dreifache»' Be-| 
.,träges, t au$scMe^ ;Die CDU > 
1 will vorerst ^^nttcheidung -j 
;• gang lhierse abwarten. Am 15.; 
Februar 1 ist. die [.nächste Ab 
schlagszahlung aii'die CDU im j 
Rahmen der staatlichen' Partei-1 
enfinanzierung fil% Erst dann 
; will sich TOeis^äuS?ern und die 
Summe.; -festlegen,^ pie, Wirt-j 
, schaftsprpfer^ .kopritenl' bisher^ 
nicht kiären^oh^ die.unge-1 
klärten, zehn, Millionen- Mark!
	        

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