Liechtensteiner Volksblatt
Ausland
Freitag, 28. Juli 2000 JL9
Nachrichten
China macht Druck in
Tibet
PEKING: Die chinesische Regierung hat ihr
Vorgehen gegen Anhänger des Dalai Lama in
Tibet offenbar verschärft. Wie die in London
ansässige Menschenrechtsorganisation Tibet
Information Network am Donnerstag mitteilte,
wurde die Religionsausübung in Privathaushal
ten eingeschränkt und Schülern der Besuch
buddhistischer Klöster oder Tempel untersagt.
Den Angaben zufolge richtet sich das Vorgehen
der chinesischen Behörden in erster Linie ge
gen die Bewohner von Lhasa, dem religiösen
Zentrum Tibets. Die Polizei habe Häuser nach
buddhistischen Schreinen und Bildern des Da
lai Lama durchsucht, hiess es weiter.
DDR-Topspion «Topas»
aus der Haft entlassen
SAARBRÜCKEN: Der unter dem Deckna
men «Topas» bekannte DDR-Topspion Rainer
Rupp ist am Donnerstag nach Verbüssung von
zwei Dritteln einer zwölfjährigen Haftstrafe
entlassen worden. Das saarländische Justizminis
terium in Saarbrücken bestätigte einen entspre
chenden Vorabbericht der in Berlin erscheinen
den Zeitung «Junge Welt». Die Entlassung sei
auf Bewährung erfolgt, hiess es. Rupp, ein aus
Westdeutschland stammender Wirtschaftsana
lytiker, war bei der NATO tätig und hatte der
DDR von 1977 bis 1989 brisante Informationen
aus dem Brüsseler Hauptquartier des Bündnis
ses zugespielt. Er war überzeugter Gegner der
NATO-Politik. Rupp war seit November 1994
inhaftiert und befand sich zuletzt im offenen
Strafvollzug in Saarbrücken.
Wahlen in Slowenien
am 15. Oktober
LJUBUANA: In Slowenien werden am 15. Ok
tober Parlamentswahlen stattfinden. Diesen
Termin habe Präsident Milan Kucan festgelegt,
meldete die staatliche Nachrichtenagentur STA
am Donnerstag. Rund 1,5 Millionen sind aufge
rufen, ihre Abgeordneten für die folgenden vier
Jahre zu wählen. Es handelt sich um die dritten
Parlamentswahlen seit der Unabhängigkeit Slo
weniens von Jugoslawien im Jahr 1991.
OSZE fordert Flrei-
lassung von Fillpovic
WIEN/BERLIN:
Die Organisation
für Sicherheit und
Zusammenarbeit
in Europa (OS
ZE), das Interna
tionale Pressein
stitut (1PI) und die
Journalistenorga
nisation «Repor
ter ohne Grenzen»
haben am Don
nerstag die soforti
ge Freilassung des serbischen Journalisten
Miroslav Filipovic gefordert. Der 49-jährige
Mitarbeiter der französischen Nachrichtena
gentur AFP war von einem Militärgericht in Nis
der «Spionage und Verbreitung von falschen In
formationen» für schuldig befunden und zu sie
ben Jahren Gefängnis verurteilt worden. Als
Korrespondent auch der unabhängigen Belgra
der Zeitung «Danas» hatte er über Verbrechen
der jugoslawischen Armee im Kosovo berichtet.
Das Urteil sei «ein weiterer Schritt im Krieg
Belgrads gegen kritische Journalisten», sagte
Freimut Duve, OSZE-Beauftragter für die Frei;
heit der Medien.
73 illegale Einwanderer
aufgegriffen
WIEN: In Österreich sind am Donnerstag ins
gesamt 73 illegale Einwanderer aufgegriffen
worden. Eine Gruppe von 44 Menschen - Af
ghanen, Iraker und Pakistanis - wurde nach Po
lizeiangaben auf einer Autobahn in Nieder
österreich entdeckt. Sie wurden nach Medien
berichten vermutlich per Lastwagen an die
österreichische Grenze geschleust und gelang
ten zu Fuss über die grüne Grenze. Für ihre Rei
se hätten sie den Schleppern nach eigenen An
gaben 4000 bis 6000 Dollar bezahlt. Unter den
Flüchtlingen waren auch 13 Kinder. 17 Rumä
nen wurden nahe Mistelbach, ebenfalls im Bun
desland Niederösterreich, aufgegriffen. Ein
mutmasslicher Schlepper wurde festgenom
men. Den Flüchtlingen droht die Abschiebung
nach Tschechien. In Wien nahm die Polizei wei
tere zwölf Afghanen, darunter zwei Babys, in
Gewahrsam.
Nordkorea gibt Isolation auf
Teilnahme an ASEAN-Sicherheitsforum - Hoffnungen auf grössere Stabilität in der Region
BANGKOK: Nach jahrzehnte
langer internationaler Isolati
on hat das kommunistische
Nordkorea am Donnerstag
erstmals am wichtigsten asiati
schen Sicherheitsforum teilge
nommen. Der nordkoreani
sche Aussenminister Paek
Nam Sun traf in Bangkok mit
den Vertretern der 23 Staaten
des Regionalforums des Ver
bandes Stidostasiatischer Staa
ten (ASEAN) zusammen. Die
sem gehören neben den zehn
ASEAN-Staaten weitere 13
Länder mit Sicherheitsinteres
sen in der Region an, darunter
auch die USA.
Der australische Aussenminister
Alexander Downer erklärte, der
Dialog mit Nordkorea sei sinnvoller
als ein Ausschluss des Staates aus
regionalen und internationalen Ver
einbarungen. Die Teilnahme Nord
koreas am ASEAN-Regionalforum
nährte die Hoffnung auf grössere
Stabilität im asiatisch-pazifischen
Raum. Kanada kündigte am Mitt
woch Gespräche zur Aufnahme di
plomatischer Beziehungen mit
Nordkorea an. US-Aussenministe-
Vertreter der 23 Staaten des Regionalforums des Verbandes Südostasiatischer Staaten tagen derzeit in Bangkok.
rin Madeleine Albright will am Frei
tag mit ihrem nordkoreanischen
Kollegen zusammenkommen. Es
wäre das erste Treffen zwischen
Aussenministern beider Staaten.
Thema der Gespräche auf dem
Regionalforum sollte auch das
nordkoreanische Raketenprogramm
sein, mit dessen Bedrohung die
USA unter anderem ihre Pläne für
eine nationale Raketenabwehr
(NMD) begründen. Am Donners
tag sorgte jedoch ein anderes mi
litärisches Projekt der USA für Kri-
Fidschi: Armee
greift durch
SUVA/SYDNEY: Über zwei
Monate nach Beginn der Staats
krise in Fidschi hat die Armee
energisch durchgegriffen. Nur
Stunden nach der Festnahme
von Rebellenführer George
Speight stürmten Soldaten das
Lager seiner Anhänger.
Dabei wurden ein Mann getö
tet, mindestens 40 verletzt und
369 Aufständische festgenom
men. Speight-Anhänger reagier
ten mit weiteren Geiselnahmen.
Am Abend befanden sich noch
zwei neuseeländische Piloten
der «Air Fiji» in ihrer Gewalt.
Rund 50 indisch-stämmige Ein
wohner der Stadt Labasa waren
nach einigen Stunden wieder
freigelassen worden. Die
Zuckerrohrfarm des ehemaligen
Präsidenten Ratu Sir Kamisese
Mara wurde niedergebrannt.
Speight droht eine Anklage we
gen Landesverrats. Dafür könn
te er zur Todesstrafe verurteilt
werden.
Milosevic setzt
Wahlen an
Präsidenten-, Parlaments- und Kommunalwahlen
tik. Russland, China und Japan kün
digten heftigen gemeinsamen Wi
derstand gegen Pläne zum Ausbau
der regionalen US-Raketenabwehr
in Asien an, die bislang dem Schutz
der amerikanischen Truppen in
Südkorea und Japan dient.
fr
generVöll#**
BELGRAD: Der jugoslawische
Staatspräsident Slobodan Milosevic
hat fiiir den 24. September Präsiden
ten* und Parlamentswahlen ange
setzt. Es wird das erste Mal sein,
dass der Präsident direkt vom Volk
und nicht von den Abgeordneten
gewählt wird.
Am Montag hatte das jugoslawische
Parlament Milosevic mit neuen
Wahlgesetzen eine weitere Kandi
datur ermöglicht. Seine Amtszeit
endet erst im Mai kommenden Jah
res. Montenegro kündigte umge
hend den Boykott der Wahl an.
«Montenegro wird ohne Zweifel
nicht an dieser Farce teilnehmen»,
sagte der stellvertretende Parla
mentspräsident Predrag Popovic
der Nachrichtenagentur AP. Auch
die grösste Oppositionspartei - die
Serbische Erneuerungsbewegung -
will sich nicht an der Abstimmung
beteiligen. Die anderen Oppositi
onsparteien wollen einen gemeinsa
men Kandidaten für die Präsident
schaftswahlen aufstellen und auch
bei den Parlaments- und Kommu
nalwahlen mit gemeinsamen Listen
antreten. In der Vergangenheit
konnten sich die zerstrittenen Re
gimegegner nicht auf ein gemeinsa
me Strategie gegen Milosevic eini
gen. Die Kluft wurde auch am Don
nerstag wieder sichtbar, als die
Serbische Erneuerungsbewegung
ankündigte, sie werde den Präsi
dentschaftskandidaten der anderen
Oppositionsparteien nicht unter
stützen. Umfragen zeigen, dass die
Unterstützung der Bevölkerung für
Milosevic seit dem Kosovo-Krieg
geschwunden ist. Oppositionsführer
Viadan Batic blieb dennoch skep
tisch, eine weitere Amtszeit Milose
vics verhindern zu können.
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Entführter «Spiegel»-Reporter wieder frei
Von Ehefrau und Chef in Empfang genommen
JOLO: Nach 25 Tagen Geiselhaft im
Dschungel von Jolo ist der entführ
te «Spiegel»-Reporter Andreas Lo
renz wieder frei. Die Moslemextre-
misten übergaben ihn am Donners
tag dem Leiter der «Spiegel»-Aus-
landsredaktion, Olaf Ihlau, der ei
gens auf die südphilippinische Insel
gereist war. Int nahe gelegenen
Zamboango konnte Lorenz wenig
später auch seine Frau Jutta in die
Arme schliessen.
Noch am Donnerstagabend flogen
Lorenz und seine Begleiter nach
Deutschland, wo sie am Freitagmor
gen erwartet wurden. Die Geisel
haft sei die schlimmste Qual seines
Lebens gewesen, sagte der sichtlich
abgemagerte Journalist, dem es
aber den Umständen entsprechend
gut gehen soll.
Der 47-Jährige war am 2. Juli von
vier bewaffneten Männern ver
schleppt worden, als er Uber das
Schicksal der entführten Göttinger
Familie Wallert und ihrer Leidens
genossen berichten wollte. Wie
«Spiegel»-Chefredakteur Stefan
Aust am Donnerstag im ZDF er
klärte, führte der Verlag die Ver
handlungen über Lorenz' Freilas
sung alleine mit den Entführern vor
Ort, bei denen es sich Berichten zu
folge um eine Splittergruppe der
Abu Sayyaf handelte. Für den Re
porter war ein Lösegeld zwischen
drei und fünf Millionen Pesos (zwi
schen 112 000 und 184 000 Franken)
verlangt worden. Ob tatsächlich
Geld für die Freilassung des 47-
«Spiegel»-Reporter Andreas Lorenz ist seit gestern wieder frei. (Bild; Key)
Jährigen floss, war am Donnerstag
allerdings unklar. Der Pressespre
cher des «Spiegels», Heinz Loh-
feldt, wollte dies weder bestätigen
noch dementieren.
Die Umstände von Lorenz' Frei
lassung wurden auf der Homepage
des «Spiegel» als dramatisch ge
schildert. Er habe in einem halb
stündigen Dauerlauf durch den
Busch rennen müssen. Während der
Gefangenschaft seien Reis und öl-
sardinen fast die einzige Nahrung
gewesen. «Das Erste, was er nach
der Befreiung zu sich genommen
hat», sagte Ihlau «Spiegel»-Online,
«waren zwei aus Deutschland mit
gebrachte Cox-Äpfel.» Aust brach
te seine Freude über die Freiheit des
Kollegen zum Ausdruck und äusser
te die Hoffnung, «dass auch die
übrigen festgehaltenen Geiseln so
schnell wie möglich freikommen.»
Für den «Spiegel»-Reporter war
es bereits die zweite Geiselhaft auf
Jolo. Der 47-Jährige war schon ein
mal Anfang Juni zusammen mit
Mitarbeitern anderer Fernsehsen
der festgehalten worden.