Liechtensteiner Volksblatt
Wirtschaft
Freitag, 28. Juli 2000 7
Nachrichten
Weniger Gewinn mit
mehr Umsatz
BONN: Der Ansturm von sieben Millionen
neuen Mobilfunkkunden in diesem Jahr kommt
die Deutsche Telekom teuer zu stehen. Durch
die hohen Akquisitionskosten sank der Kon-
zerntlberschuss des Bonner Telefonriesen nach
Unternehmensangaben in den ersten sechs Mo
naten dieses Jahres auf vergleichbarer-Basis ge
genüber dem Vorjahreszeitraum um 26 Prozent
auf rund 700 Millionen Euro. Gleichzeitig legte
die Telekom aber beim Umsatz deutlich zu.
Nach den am Donnerstag von der Telekom ver
öffentlichten vorläufigen Zahlen stieg der der
Umsatz nicht zuletzt durch die erstmalige Kon
solidierung des britischen Mobilfunkanbieters
One 2 One und der französischen Neuerwer
bungen Club Internet und Siris in den ersten
beiden Quartalen um 15 Prozent auf 19,3 Milli
arden Euro. Ohne die Neukonsolidierungen lag
das Umsatzplus bei sechs Prozent. Gleichzeitig
spülten der Verkauf der Beteiligung an Global
One und der Börsengang von T-Online insge
samt rund 5,6 Milliarden Euro in die Kassen. So
dass trotz Sonderabschreibungen und Rückstel
lungen der - nicht vergleichbar gerechnete -
Konzernüberschuss um das 3,5-fache auf 4,3
Milliarden Euro stieg.
Tobler kauft Sixmadun
URDORF/SISSACH: In der Schweizer Heiz
technik-Branche kommt es zu einem Zusam-
menschluss. DieTobler-Gruppe in Urdorf (ZH)
kauft im September die im Bereich Wärme-Er-
zeugung tätige Sixmadun AG mit Sitz in Sissach
(BL), wie die beiden Unternehmen am Don
nerstag mitteilten. Erst im April dieses Jahres
war bei der Tobler AG wegen einer Nachfolge
regelung ein Management-Buyout erfolgt. Ak
tionäre der neuen Tobler Management Holding
sind das Management, die zwei ehemaligen Be
sitzer sowie der Finanzpartner CapVis. Es sei
vorgesehen, dass sich die Verkäuferfamilie von
Sixmadun ebenfalls an der Tobler Management
Holding AG als Minderheitsaktionär beteiligen
werde, heisst es. Die Tobler Gruppe beliefert die
Heizungs- und Sanitärbranche als beratungsori-
entiertes Handelsunternehmen schwergewich
tig in den Segmenten Wärme-Erzeugung und
-Verteilung sowie Sanitärsysteme im sogenann
ten Hinter-Wand-Bereich. Das in seinem Be
reich laut Mitteilung führende Unternehmen in
der Schweiz erzielte 1999 einen Umsatz von 204
Millionen Franken. Sixmadun ist ebenfalls in
der Wärme-Erzeugung tätig und bietet ein kom
plettes Programm moderner Wärmesysteme
und Servicedienstleistungen an. Die Firma er
wirtschaftete letztes Jahr mit rund 230 Mitar
beitern einen Nettoumsatz von 48 Millionen
Franken.
Holzmann trotz Verlusts
weiter optimistisch
FRANKFURT: Der nur knapp dem Zusam
menbruch entgangene Baukonzern Philipp
Holzmann hat im ersten Halbjahr 2000 weiter
rote Zahlen geschrieben. Allerdings habe sich
der negative Trend im Juni umgekehrt, teilte
Holzmann am Donnerstag in Frankfurt mit.
Insgesamt belaufe sich der Fehlbetrag in den
ersten sechs Monaten auf 54 Mio. DM (43 Mio.
Franken). Konzernleistung und die Aufträge
hätten dagegen im Vorjahresvergleich zuge
legt. Holzmann bestätigte zugleich, dass im
letzten Jahr im Konzern ein Verlust von 2,71
Mrd. DM angefallen sei. Davon entfielen 616
Mio. DM auf das operative Geschäft. Holz
mann räumte ein, dass der Fehlbetrag in den
ersten sechs Monaten von den Zielvorgaben
des Restrukturierungsplanes abweiche. Insge
samt zeige die Sanierung des Konzerns jedoch
erste wirtschaftliche Erfolge, die nach wie vor
ein positives Ergebnis für das Gesamtjahr er
warten Hessen.
US-Arbeitskosten stark
gestiegen
WASHINGTON: Die Arbeitskosten haben in
den USA im zweiten Quartal so stark zuge
nommen wie seit dem zweiten Quartal 1991
nicht mehr. Der Index (ECI) lag im Berichts
quartal um 4,4 Prozent über dem Voijahr. Dies
teilte das US-Arbeitsministerium am Donners
tag in Washington mit. Zuletzt war im zweiten
Quartal 1991 mit 4,6 Prozent ein höherer Zu
wachs gemessen worden. Im Monatsvergleich
lag der Index 1,0 Prozent höher. Nach den Da
ten des Ministeriums war der Index in den drei
Monaten per Ende Mai mit einer Jahresrate von
4,3 Prozent und einem Monatsabstand von 1,4
Prozent gestiegen.
Mehr Übernachtungen
3,11 Millionen Logiernächte im Juni in Schweizer Hotels
NEUENBURG: Der positive
TYend von Logiernächten in
Schweizer Hotels hat sich auch
im Juni fortgesetzt. Insgesamt
verzeichnete die Branche im
vergangenen Monat mit rund
3,11 Millionen Übernachtun
gen eine Steigerung von 8,7
Prozent gegenüber dem Vor
jahr, wie das BFS mitteilte. Aus
Japan kamen 21 Prozent mehr
Gäste.
Die Zahl der Übernachtungen in
den Schweizer Hotels hat im Juni
2000 gegenüber dem Vorjahr um
250 000 Ubernachtungen zugenom
men, wie das Bundesamt für Statis
tik (BFS) am Donnerstag mitteilte.
Dieses Ergebnis liegt zwar um 6,5
Prozent unter dem bisherigen Ju
nihöchststand aus dem Jahre 1973,
jedoch um 13 Prozent über dem Ju
nimittel der letzten fünf respektive
um 8,6 Prozent Uber demjenigen
der letzten zehn Jahre. Laut dem
BFS dürfte der positive Monatsab-
schlüss vor allem dem billiger ge
wordenen Schweizer Franken und
dem im letzten Jahr in den Mai fal
lenden Pfingstverkehr zuzuschrei
ben sein. Daneben hätten die güns
tige internationale Wirtschaftsent-
Die Schweizer Hotellerie verzeichnete im vergangenen Monat rund 3,11 Millionen Übernachtungen. (Bild: Key)
wicklung, verstärkte Marketingakti
vitäten und nicht zuletzt das schöne
und warme Juniwetter das Ergebnis
mitbeeinflusst.
Zum positiven Geschäftsverlauf
haben die einheimischen Gäste mit
1,18 Millionen Logiernächten bei
getragen, was einer Zunahme von
9,6 Prozent gegenüber dem Voijahr
entspricht. Die Nachfrage aus dem
Ausland erhöhte sich um 8,2 Pro
zent auf 1,93 Millionen Übernach
tungen. Einen Boom erlebten die
Schweizer Hotels mit japanischen
Gästen, deren Zahl mit insgesamt
137 000 Nächten um 21,1 Prozent
zunahm. Mit 45 000 Logiernächten
nahm auch die Anzahl der Gäste
aus den USA um 17,3 Prozent zu.
Auch aus Frankreich (plus 10,1 Pro
zent), Belgien (plus 7,4 Prozent),
Deutschland (plus 6,2 Prozent) und
den Niederlanden (plus 4,7 Pro
zent) buchten im Berichtsmonat
mehr ausländische Gäste Nächte in
den Schweizer Hotels als im Juni,
des vergangenen Jahres.
Bankenvergleich wirft weiterhin Fragen auf
Einen Tag nach Genehmigung noch nicht alle strittigen Punkte gelöst
ZÜRICH/NEW YORK: Einen Tag
nach der Genehmigung des Gross
bankenvergleichs durch den New
Yorker Richter Edward Korman
sind noch nicht alle Probleme aus
der Welt geräumt. Uneinigkeit herr
scht unter anderem über den An
hang des Vergleichs. Unter Druck
geraten ist unter anderem die
Schweizer Industrie wegen der
Zwangsarbeiter.
Mit der Genehmigung des Ver
gleichs zwischen den Schweizer
Grossbanken UBS und Credit Suis-
se Group (CSG) und den jüdischen
Sammelklägern ist die Entschädi
gung von Holocaust-Opfern und
anderer Berechtigter einen Schritt
näher gerückt. Alle Probleme sind
allerdings noch nicht gelöst. Kurz
bevor der Richter den im August
1998 ausgehandelten Vergleich über
eine Summe von 1,25 Milliarden
Dollar genehmigte, traten Proble
me im Zusammenhang mit den im
Anhang des. Vertrags geregelten
Fragen auf.'Die Banken waren mit
den Vorschlägen Kormans nicht ein
verstanden und stellten das so ge
nannte Amendment II in Frage.
Darin sind Regelungen getroffen,
welche die Versicherungen, die Ko
stenfrage oder die Dokumentation
betreffen. Korman setzte den Ban
ken eine Frist von sieben Tagen, um
in diesen Teil des Vertrages einzu
willigen. «Wir werden sicher unter
schreiben», sagte CSG-Sprecher Ul
rich Pfister am Freitag auf Anfrage.
Unter Druck geriet die Industrie,
weil im Zusammenhang mit
Zwangsarbeitern noch nicht alle
Fragen geklärt sind. Richter Kor
man verlangt, dass sich Firmen, die
während des Zweiten Weltkriegs in
Deutschland Zwangsarbeiter be
schäftigten, binnen 30 Tagen bei
ihm melden. Geschehe dies nicht,
sollen diese Firmen vom Vergleich
ausgenommen werden, hält Kor
man in seinen 55 Seiten umfassen
den Bericht fest. Dies würde neue
Klagen ermöglichen. Dieselbe
Drohung wird gegen Kantonal-
und Privatbanken ausgesprochen,
die sich nicht kooperationsbereit
zeigten.
Diese Forderungen seien für ei
nen Vergleich nach amerikanischem
Recht nicht ungewöhnlich, be
schwichtigte Pfister. Der Vergleich
decke zwar nicht nur Ansprüche ge
gen die Grossbanken ab, es sei aber
klar, dass alle Beteiligten gewisse
Mitwirkungspflichten hätten. Die
Industrie könne vom Vergleich pro
fitieren, allerdings müssten sich Fir
men, die Sklavenarbeiter beschäf
tigten, melden. Hintergrund der
Drohungen sind die Auszahlungs
modalitäten. Ein Zwangsarbeiter
kann nur dann entschädigt werden,
wenn die betroffene Firma zugibt,
dass in ihrem Namen Zwangsarbeit
geleistet wurde,, sagte Pfister. Glei
ches gilt für von der Schweiz abge
wiesenen Flüchtlinge.
Der Vorort, der Dachverband der
Schweizer Wirtschaft, kündigte am
Donnerstag an, dass er die Firmen
Uber die Forderungen von Richter
Korman informieren werde. Peter
Hutzli vom Vorort geht davon aus,
dass die betroffenen Firmen sensibi
lisiert sind und eine Entscheidung
fällen können, wie er in Radio DRS
sagte.
Wachstumsmotor läuft
Mercedes-Benz und smart legen Rekordhalbjahr hin
STUTTGART: Die Marke Merce-
des-Benz und der Kleinwagen
smart bleiben Wachstumsmotor von
DaimlerChrysler. Wie der deutsch-
amerikanische Autobauer am Don
nerstag in Stuttgart mitteilte, wur
den in den ersten sechs Monaten
weltweit rund 570100 Fahrzeuge
abgesetzt. Damit habe das Ge
schäftsfeld seinen Absatz im Ver
gleich zum Vorjahr nochmals um
zehn Prozent übertroffen und er
neut eine Rekordmarke aufgestellt.
DaimlerChrysler-Chef Jürgen
Schrempp hatte am Mittwoch auf
der Halbjahrespressekonferenz er
klärt, dass der Konzern wegen des
harten Wettbewerbs in Nordameri
ka mit niedrigeren Gewinnen im
Autogeschäft rechnet.
PKW-Vorstand Jürgen Hubbert
sagte, er sei sehr zuversichtlich, dass
der Konzern trotz der Rücknahme
der Erwartungen in einigen Märk
ten das angestrebte Ziel erreichen
werde, den Absatz von 1999
nochmals zu Ubertreffen und den
Marktanteil weiter auszubauen. In
Westeuropa einschliesslich Deutsch
land konnte das Unternehmen rund
386500 Fahrzeuge ausliefern. Das
war ein Zuwachs von sieben Pro
zent im Vergleich zu den ersten
sechs Monaten des Vorjahres.
Davon entfielen auf den smart
rund 51 700 Einheiten (plus 81 Pro
zent). Von dem Kleinstwagen sollen
in diesem Jahr rund 100 000 Fahr
zeuge verkauft werden. Deutsch
land bleibe der wichtigste Markt
von Mercedes-Benz und dem smart.
Auch in den USA wurden Zuwäch
se verzeichnet. In Japan ging der
Absatz zurück. Ausschlaggebend
dafür sei vor allem der erst im Sep
tember diesen Jahres anstehende
Wechsel bei der C-Klasse.
Im ersten Halbjahr wurden nicht weniger als 51 700smart abgesetzt. Das Ver
kaufsziel für das Jahr 2000 liegt bei 100 000 Fahrzeugen. (Bild: Keystone)
Aufschwung
setzt sich fort
DRESDEN: Das derzeit kräfti
ge Wirtschaftswachstum in
Deutschland wird sich nach Ein
schätzung des Münchner ifo In
stituts auch im nächsten Jahr
fortsetzen. Laut ifo wird das
Bruttoiniandprodukt in diesem
Jahr um 2,7 Prozent und 2001
um 2,8 Prozent zunehmen. Wie
das ifo Institut für Wirtschafts
forschung in einer am Donners
tag in Dresden veröffentlichten
Konjunkturprognose weiter
schreibt, wird die Steuerreform
den Aufschwung beflügeln. Die
Arbeitslosigkeit werde weiter
sinken. Während sich das Ex
portwachstum etwas ab
schwäche, erhalte die Binnen
nachfrage Impulse von der wei
teren Verbesserung am Arbeits
markt und von der Einkommen
steuersenkung, sagte Willi Leib
fritz vom ifo Institut. 2000 werde
mit einem realen Exportanstieg
von 6twa 10,5 Prozent und 2001
von rund 7 Prozent gerechnet.
Ein Aufschwung am Bau sei al
lerdings nicht in Sicht. In diesem
Jahr rechnet das ifo Institut mit
einer Stagnation und 2001 nur
mit einer leichten Aufhellung.
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