Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Ausland 
Dienstag, 25. Juli 2000 19 
Nachrichten 
Eklat um Arbeitslosen 
versicherung 
PARIS: In Frankreich ist es zu einem Eklat um 
die Reform der Arbeitslosenversicherung ge 
kommen. Die Arbeitgeberverbände und zwei 
Gewerkschaften kündigten ihre Mitarbeit in 
der Arbeitslosenversicherung (Unedic) auf. Zu 
vor hatte die Pariser Linksregierung eine aus 
gehandelte Reform des Systems für ungültig er 
klärt. In einer gemeinsamen Erklärung warfen 
die Arbeitgeberverbände Medef, CGPME und 
UPA zusammen mit den Gewerkschaften 
CFDT und CFTC der Regierung Parteinahme 
und Missachtung der Sozialpartner vor. Die 
Aufkündigung der Mitarbeit gilt als vorläufiger 
Höhepunkt eines seit Wochen schwelenden 
Konfliktes um die Neuordnung der französi 
schen Arbeitslosenversicherung. Das Arbeitge 
berlager, die linksliberale Gewerkschaft CFDT 
sowie die christliche CFTC hatten eine Reform 
ausgehandelt, die einerseits verstärkte Angebo 
te zur Umschulung und Wiedereingliederung 
Arbeitsloser vorsieht, andererseits aber bei der 
wiederholten Ablehnung von Angeboten mit 
der Kürzung der Hilfen bis hin zu Streichung 
droht. Gegen diese Pläne hatten vor allem die 
regierenden Sozialisten und Kommunisten zu 
sammen mit den Gewerkschaften CGT und FO 
Front gemacht. 
Kleine österreichische 
Beiträge an das IKRK 
SALZBURG: Der Beitrag Österreichs an das 
Internationale Komitee vom Roten Kreuz 
(IKRK) ist nach Ansicht des Präsidenten des 
Osterreichischen Roten Kreuzes «beschä 
mend». Österreich bezahlt jährlich 2,6, die 
Schweiz dagegen 90 Millionen Franken. Öster 
reich solle seinen Beitrag erhöhen, verlangte 
der Präsident des österreichischen Roten 
Kreuzes, Fredy Mayer, am Montag in Salzburg 
bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit 
dem Präsidenten des IKRK, Jakob Kellenber- 
ger. Er werde dieses Thema bei bilateralen Ge 
sprächen aufgreifen, sagte Kellenberger. 
UNO-Treffen über 
indigene Völker in Genf 
GENF: Rund 1000 Vertreter indigener Völker 
sind am Montag in Genf zum jährlichen UNO- 
Treffen zusammengekommen. Im Mittelpunkt 
stehen in diesem Jahr Kinder und Jugendliche. 
Die UNO-Arbeitsgruppe über indigene Völker 
besteht seit 1982. Die Vertreter der indigenen 
Völker vertreten mehr als 300 Millionen Perso 
nen in fünf Kontinenten. In diesem Jahr soll die 
Idee eines ständigen Forum bei der UNO über 
indigene Völker diskutiert werden. Gleichzeitig 
wird die Weltkonferenz gegen Rassismus vor 
bereitet, die im kommenden Jahr in Südafrika 
stattfinden soll. 
Cöte d'lvoire erhält 
neue Verfassung 
ABIDJAN: Die Stimmberechtigten des west 
afrikanischen Staates Cöte d'lvoire (Elfenbein- 
kttste) haben offenbar dem Entwurf für eine 
neue Verfassung ihres Landes zugestimmt. Ers 
ten vorläufigen Ergebnissen vom Montag zufol 
ge lag die Zustimmung bei über 60 Prozent der 
Wählerstimmen, erklärten Beobachter. Das 
Dokument soll dem Land den Weg zurück zu ei 
ner Zivilregierung ebnen. Auf der Basis der 
neuen Verfassung will MilitäTherrscher Robert 
Gue'i Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 
im September und Oktober abhalten lassen. 
Nach einer Reihe organisatorischer Probleme 
war das Referendum am Sonntagabend um ei 
nen Tag verlängert worden. Aus der Wirt 
schaftsmetropole Abidjan sowie anderen grös 
seren Städten des grössten Kakaoproduzenten 
der Welt wurden keine Zwischenfälle gemeldet. 
Die Übergangsregierung hatte vorsorglich bis 
zum Dienstag den Ausnahmezustand über das 
Land verhängt, um die Abstimmung nicht zu ge 
fährden. 
Haider lädt drei Weise 
nach Kärnten ein 
KLAGENFURT Der Kärtner Landeshaupt 
mann Jörg Haider hat am Montag die drei Wei 
sen, die über die Sanktionen der anderen 14 
EU-Länder gegen Österreich befinden sollen, 
nach Kärnten eingeladen. In Schreiben an 
Martti Ahtisaari, Marcelino Oreja und Jochen 
Frowein meinte Haider, die drei Weisen sollten 
sich an Ort und Stelle ein Bild Uber die politi 
sche, wirtschaftliche und kulturelle Entwick 
lung sowie über das Zusammenleben der Volks 
gruppen machen. 
Nahost-Gipfel in alles 
entscheidender Phase 
US-Präsident Bill Clinton kehrte nach Camp David zurück 
CAMP DAVID: Mit der Rück 
kehr von US-Präsident Bill 
Clinton ist der Nahost-Gipfel 
in Camp David in die entschei 
dende Phase getreten. Bis zu 
einer Entscheidung über Er 
folg oder Misserfolg wurden 
Verhandlungen rund um die 
Uhr vereinbart. 
Der Sprecher des US-Aussenminis- 
teriums, Richard Boucher, betonte 
am Montag, dass nicht mehr unbe 
grenzt weiter verhandelt werden 
könne. Einem Arafat-Vertrauten 
zufolge zeichnen sich bei dem Gip 
feltreffen keine Fortschritte ab. Er 
widersprach damit israelischen Me 
dienberichten. Auch ein EU-Ge 
sandter sprach von bedeutenden 
Fortschritten. 
Intensive Gesprächsrunde 
Clinton traf unmittelbar nach sei 
ner vorzeitigen Rückkehr vom 
Weltwirtschaftsgipfel der G-8 in Ja 
pan mit seiner Verhandlungsdelega 
tion und US-Aussenministerin 
Madleine Albright zusammen. Sie 
hatte während Clintons Abwesen 
heit die Verhandlungen geleitet. 
Anschliessend traf Clinton Paläs 
tinenser-Präsident Jassir Arafat und 
den israelischen Präsidenten Ehud 
Barak zu getrennten Gesprächen. 
Danach werde Clinton entscheiden, 
Begrüssuhg zwischen Ehud Barak (links) und Bill Clinton (rechts) in Camp David. 
(Bild: Keystone) 
wie beim Gipfeltreffen weiter zu 
verfahren sei, sagte der Sprecher 
des US-Aussenministeriums, Ri 
chard Boucher. 
Es müsse entschieden werden, 
wie lange die Gespräche fortgesetzt 
werden könnten. «Dies ist nicht un 
begrenzt.» Ein israelischer Sprecher 
sagte, nun werde eine intensive Ge 
sprächsrunde rund um die Uhr be- 
Bill Clinton soll als Vermittler zwischen Israel und Palästinensern dienen. 
Hier begrüsst er Jassir Arafat. (Bild: Keystone) 
gönnen, an deren Ende man wisse, 
wo man stehe. 
In verhandlungsnahen Kreisen 
hiess es, Clinton wolle mindestens 
noch ein bis zwei Tage verhandeln, 
bevor er eine Entscheidung treffe. 
Noch immer werde an einem end 
gültigen Friedensabkommen gear 
beitet, hiess es. Wenn sich aber ab 
zeichne, dass dies nicht erreicht wer 
den könne, sei es auch möglich zu 
erklären, man habe Fortschritte ge 
macht. Dann könnten die Verhand 
lungspartner zur Verschwiegenheit 
verpflichtet und ein späteresTVeffen 
etwa im August verabredet werden. 
«Keine Anzeichen für 
Fortschritte» 
Die Verhandlungen hätten eine 
schwierige Phase erreicht, in der es 
keine Anzeichen für Fortschritte ge 
be, sagte der Arafat- Vertraute Ta- 
jeb Abdel-Rahim in Gaza. «Es gibt 
bei keinem der verhandelbaren 
Punkte eine Einigung», sagte Ab- 
del-Rahim, der nach eigenen Anga 
ben in der Nacht zum Montag mit 
Arafat sprach. 
Dies betreffe Jerusalem, die 
Grenzen eines künftigen Palästi 
nenser-Staates, die Wirtschaft, das 
Schicksal der palästinensischen 
Flüchtlinge, Sicherheitsfragen, jüdi 
sche Siedlungen und Wasser. «Kei 
ner dieser Punkte wurde abge 
schlossen», sagte er. 
Zuvor hatten israelische Medien 
berichtet, bei allen wichtigen The 
men mit Ausnahme des Status von 
Jerusalem seien die Verhandlungs 
delegationen fast einig. Auch der 
EU-Gesandte Miguel-Angel Mora- 
tinos sagte im israelischen Armee- 
Radio, Israel und die Palästinenser 
hätten deutliche Fortschritte bei der 
Annäherung erzielt. 
Hauptstreitpunkt Jerusalem 
• Einer der Hauptstreitpunkte bei 
den Friedensverhandlungen ist der 
Status von Jerusalem. Die Palästi 
nenser beanspruchen den arabi 
schen Ostteil als Hauptstadt ihres 
künftigen Staates und verlangen die 
volle Souveränität darüber. Israel 
lehnt dies ab und beharrt auf einem 
ungeteilten Jerusalem als seiner 
Hauptstadt. 
Ministerpräsident Ehud Barak 
selbst soll nach israelischen Anga 
ben am Freitag einen Kompromiss 
vorschlag der USA angenommen 
haben, wonach einige arabische 
Viertel von Ost-Jerusalem unter die 
«gemeinsame Souveränität» Israels 
und der Palästinenser gestellt wer 
den sollen. 
Vorzeitige Haftentlassungen 
Nordirland: Terrorist Michael Stone frei 
BELFASTS Mit der Entlassung ei 
nes berüchtigten Ex-Terroristen hat 
in Nordirland die letzte grosse Wel 
le der vorzeitigen Freisetzung von 
Häftlingen gemäss dem Friedensab 
kommen von 1998 begonnen. 
Der 44-jährige Michael Stone, der 
1989 wegen sechsfachen Mordes zu 
684 Jahren Haft verurteilt worden 
war, verliess das berüchtigte Maze- 
Gefängnis bei Lisburn, südlich von 
Belfast, am Montag als freier Mann. 
Dem früheren Mitglied der 
protestantischen Terrorgruppe Ul 
ster Freedom Fighters (UFF) sollen 
bis Ende der Woche 85 weitere 
Häftlinge aus dem protestantischen 
und katholischen Lager folgen. Die 
16 restlichen Insassen würden in 
den kommenden Monaten frei 
kommen, sagte ein Sprecher des bri 
tischen Nordirlandministeriums. 
Die Entlassungen sind Teil des im 
April 1998 unterzeichneten Frie 
densabkommens. Seither wurden 
nach offiziellen Angaben 342 Häft 
linge freigelassen. Von ihnen waren 
1S9 Mitglieder protestantischer Pa- 
ramilitärs, 153 Anhänger der IRA. 
und anderer katholischer Gruppie 
rungen sowie zehn Mitglieder ande 
rer Gruppen. 
Beim Verlassen der Haftanstalt 
wurde Stone von 50 Anhängern ju 
belnd begrüsst. Er äusserte nach sei 
ner Freilassung Verständnis dafür, 
dass seine Entlassung bei einigen 
Wut hervorrufe. Worte könnten den 
Schmerz seiner Opfer nicht lindern, 
aber er werde alles tun, um das Frie 
densabkommen von 1998 zu unter 
stützen. Stone hatte unter anderem 
den spektakulären Anschlag wäh 
rend der Beerdigung eines Mit 
glieds der katholischen Unter 
grundorganisation Irisch-Republi 
kanische Armee (IRA) begangen. 
Bei dem Attentat im März 1988 
wurden drei Menschen getötet, 68 
weitere wurden verletzt. 
Das Hochsicherheitsgefängnis 
Maze soll nach der Entlassung der 
letzten Häftlinge gegen Ende des 
Jahres geschlossen werden. 
Trotz verschiedener Anschläge lässt Nordirland Terroristen frei 
Kuba 
Embargo wird 
gelockert 
HAVANNA: Kuba hat die vom 
US-Kongress beschlossene 
Lockerung des Wirtschaftsem 
bargos als wirkungslos zurück 
gewiesen. Die Erleichterungen 
«lösen überhaupt keine Proble 
me», schrieb die Parteizeitung 
«Granma». Kuba habe nicht die 
finanziellen Mittel, um Nah 
rungsmittel und Medikamente 
zu kaufen. Die Blockade und der 
«Wirtschaftskrieg» verhinder 
ten, dass sich die Regierung in 
Havanna die Ressourcen be 
schaffe, schrieb das Blatt weiter. 
Insofern seien die Lockerungen 
nutzlos. Nach fast vier Jahrzehn 
ten Wirtschaftsembargo hatte 
sich der US-Kongress dafür aus 
gesprochen, die Strafmassnah- 
men gegen Kuba zu lockern. Die 
Beschränkungen für den Export 
von Nahrungsmitteln und Medi 
kamenten in den kommunisti 
schen Karibikstaat sollten fallen 
gelassen werden. Ausserdem 
sollen US-Bürger künftig einfa 
cher nach Kuba reisen können.
	        

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