Dienstag, 25. Juli 2000
Ausland
Liechtensteiner Völksblatt
Nachrichten
Berlusconi und Lega
Nord rücken zusammen
ROM: Die Mitte-Rechts-Allianz des italieni
schen Oppositionschefs Silvio Berlusconi und
die föderalistische Lega Nord, die im März eine
erfolgreiche Wahlallianz abgeschlossen haben,
wollen einander noch näher rücken. Wie die
«Nummer Zwei» der Lega Nord, Roberto
Maroni, in einem Interview mit der Mailänder
Tageszeitung «II Giornale» (Montagsausgabe)
erklärte, planen die Mitte-Rechts-Allianz und
die Lega ein gemeinsames Symbol in Hinblick
auf die Parlamentswahlen im kommenden
Frühjahr. «Wir haben eine solide Allianz aufge
baut, die Zeit ist für ein gemeinsames Symbol
reif. Daran arbeiten wir», erklärte Maroni, Ex
Innenminister in der Regierung Berlusconi
(April - Dezember 1994). Wie das Symbol aus
sehen werde, sei noch nicht beschlossen wor
den. Die Lega Nord hatte bereits 1994 eine
Allianz mit Berlusconi abgeschlossen, aus der
sie jedoch nach wenigen Monaten wegen Mei
nungsverschiedenheiten mit Berlusconis Bewe
gung Forza Italia ausgetreten war. Lega-Chef
Umberto Bossi erhofft sich bei einer Machtbe
teiligung eine Föderalisierung des Landes.
Europarat kritisiert
Türkei
STRASSBURG: Der Europarat hat die Türkei
erneut kritisiert, weil die Regierung in Ankara
seit zwei Jahren einer Grundbesitzerin aus
Nordzypern eine Entschädigung von umgerech
net mehr als 800 000 Franken vorenthält. Die
Regierung in Ankara sollte «vollständig und
ohne weitere Verzögerung» das entsprechende
Urteil des Gerichtshofes vom 28. Juli 1998 um
setzen, hie& es in einer Entschliessung des Mi
nisterkomitees der Staatenorganisation vom
Montag in Strassburg. Die Türkei sei zur Ein
haltung der Urteile des Gerichtshofes bedin
gungslos verpflichtet, hiess es in dem Text. Der
Gerichtshof hatte in seinem damaligen Urteil
der Frau aus Kyrenia (Nordzypern) eine Ent
schädigung in Höhe von 320000 zyprischen
Pfund für den Verlust ihres Besitzes und für ent
gangene Einnahmen aus Mieteinkünften zuge
sprochen. Nach der Besetzung des Nordteils
Zyperns durch die Türkei 1974 hatte die Frau,
die heute in Nicosia lebt, keinen Zugang mehr
zu ihrem Grundbesitz in Kyrenia. Auch auf
frühere Zahlungsaufforderungen des Minister
komitees hat die Türkei nicht reagiert und jede
Zuständigkeit für diesen Fall zurückgewiesen.
Rekurs gegen Urteil im
Brandanschlag-Prozess
JENA: Einer der Urheber des Brandanschlags
auf die Erfurter Synagoge hat Rekurs gegen sei
ne Verurteilung eingelegt. Wie das Thüringer
Oberlandesgericht (OLG) am Montag in Jena
bestätigte, ging der Antrag bereits Ende ver
gangener Woche ein. Der 17-Jährige war vor
fast zwei Wochen vor dem OLG wegen ver
suchter schwerer Brandstiftung zu einer Ju
gendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten
verurteilt worden. Ein 18-jähriger Mittäter
muss drei Jahre ins Gefängnis. Das Urteil ist be
reits rechtskräftig. Die Verhängung einer Ju
gendstrafe gegen einen dritten Mitangeklagten
wurde zur Bewährung ausgesetzt. Über den Re
kurs muss nun der Bundesgerichtshof in Karls
ruhe entscheiden.
Streichung von
«Weisser Liste» verlangt
BELGRAD: Acht serbische Firmen, denen die
Europäische Union den Handel mit den EU-
Staaten erlaubt, wollen von der «Weissen Liste»
gestrichen werden, meldete am Montag die
staatliche jugoslawische Nachrichtenagentur
Tanjug. Die EU hatte vor kurzem die Liste mit
190 serbischen Unternehmen veröffentlicht, die
von den EU-Sanktionen ausgenommen sind.
Darauf hatte die Belgrader Regierung Mass
nahmen gegen diese Firmen ergriffen und ihnen
den Aussenhandel praktisch verboten.
Zustand von Rau nach
Operation stabil
BERLIN/ESSEN: Der Zustand des an der
Bauch-Schlagader operierten deutschen Bun
despräsidenten Johannes Rau ist stabil. Nach
Angaben seines Arztes hat der 69-Jährige die
Operation am Sonntag gut überstanden. Rau
befinde sich auf dem Weg der Besserung. Der
Präsident werde noch überwacht, «weil wir sehr
vorsichtig sind», sagte Professor Christoph Bro-
elsch. Rau bleibe vorerst noch auf der Intensiv
station.
CDU will über inhaltliche
Arbeit aus der Krise kommen
Merkel schliesst Kompromiss bei Rente nicht aus
BERLIN: Nach dem Debakel
bei der Steuerreform wollen
die deutschen Christdemokra
ten verstärkt auf Inhalte setzen
und geschlossener auftreten.
Ihre Partei müsse «selber in
haltliche Konzepte vorlegen»,
sagte CDU-Chefin Angela
Merkel am Montag.
Bei einer vierstündigen Krisensit
zung des Präsidiums in Berlin sei
das Auseinanderbrechen der Uni
onsfront im Bundesrat mit «offenen
Worten» analysiert worden, erklär
te Merkel. Damit sei «die Bewälti
gung dieses Ereignisses vom 14. Juli
beendet.»
Das gesamte Präsidium habe sich
darauf verständigt, nun «kämpfe
risch in die Zukunft zu schauen».
Dazu zähle auch, die aktuellen
Kräfteverhältnisse realistisch einzu
schätzen. Dies sei im Vorfeld des 14.
Julis nicht geschehen.
Kompromissbereitschaft bei
Rente
«Wir haben keine gestalterische
Mehrheit im Bundestag und im
Bundesrat», konstatierte Merkel,
die zugleich bei der Rente Kompro
missbereitschaft signalisierte. Laut
Merkel will die CDU künftig im
Vorfeld wichtiger Entscheidungen
genauere Absprachen treffen.
Mit Blick auf die «Umfaller» im
Bundesrat mahnte sie zugleich an,
dass gegebenenfalls Bedenken, be
stimmte Absprachen nicht einhal
ten zu können, frühzeitig deutlicher
gemacht werden müssten. Abtrün
nige CDU-Landesvertreter hatten
der rot-grünen Steuerreform am 14.
Juli in der Länderkammer überra
schend zur Mehrheit verholfen.
Mit gezielter Arbeit soll die inhaltliche Krise der CDU schnellstmöglich überwunden werden. Dies betonte Partei-
chefin Angela Merkel. (Bild: Keystone)
Einige von ihnen gaben nach dem
Desaster an, der Parteiführung
frühzeitig signalisiert zu haben, dass
sie eventuell gegen den Präsidiums-
beschluss der Partei votieren wür
den. Diese Signale wollen Merkel
und Fraktionschef Friedrich Merz
aber nicht erhalten haben.
Aus Konsequenz aus der Abstim
mungsniederlage im Bund wollen
Merkel und Merz sich künftig unab
hängig von Präsidiumsbeschlüssen
eine gewisse Flexibilität behalten.
Nur so könne auf etwaige Entschei
dungen oder Signale der Regierung
kurzfristig reagiert werden, betonte
die Parteichefin. Dies gelte auch für
die Rente. Ihre Partei wolle sich auf
jeden Fall weiter an der Diskussion
darüber beteiligen. «Wir sind zu ei
nem Konsens bereit.» Es gebe in ei
nigen Fragen aber «noch erhebliche
Meinungsunterschiede». Diese ha
be die Union benannt und warte
nun auf Antwort.
Stoiber will Verlässlichkeit
Der CSU-Vorsitzende und
bayerische Ministerpräsident Ed
mund Stoiber mahnte am Rande
von Sitzungen der Führungsgremi
en seiner Partei in Nürnberg mehr
Verlässlichkeit an. Stoiber warnte
die CDU davor, sich eine Strategie-
Debatte aufdrängen zu lassen.
Dafür hätten die Menschen kein
Verständnis. Diese seien an den in
haltlichen Aussagen interessiert.
Als negativ bezeichnete der CSU-
Vorsitzende auch das Hin und Her
um eine Beteiligung von Ex-Bun-
deskanzler Helmut Kohl an der Fei
er zum zehnten Jahrestag der deut
schen Wiedervereinigung. Die De
batten über eine Einbeziehung
Kohls in die zentrale Feier am 3. Ok
tober in Dresden seien «nicht nach
vollziehbar».
Rebellen greifen mitten in Grosny an
Mehrere Tote nach Angriffen von tschetschenischen Rebellen auf russische Truppen
MOSKAU: Tschetschenische Re
bellen haben am Montag mitten in
der Hauptstadt Grosny zweimal
russische Truppen angegriffen und
dabei mindestens drei Elite-Polizis
ten getötet. Zahlreiche Russen wur
den verletzt, meldeten russische
Agenturen.
Unterdessen äusserte ein russischer
General Bereitschaft zu Kontakten
mit dem gewählten, aber von Mos
kau als Verbrecher gesuchten
tschetschenischen Präsidenten As-
lan Maschadow.
Beim ersten Überfall im Stadtteil
Staropromyslowski am Montag
morgen sprengten die Rebellen ei
nen Lastwagen in einem Konvoi der
Polizei-Spezialeinheit SOBR in die
Luft. Dann beschossen sie die Rus
sen aus den umliegenden Häusern
mit Maschinengewehren und -Pis
tolen. Drei Polizisten wurden getö
tet und 17 verletzt,erklärten die rus
sischen Behörden.
Die Lage in dem Ende Januar von
russischen Truppen eroberten Gros
ny hatte sich in den vergangenen Ta
gen verschärft. Bei Rebellen-An-
griffen im Zentrum und in Aussen-
bezirken hatte es seit Freitag auf
russischer Seite Verluste gegeben.
Immer mehr Rebellen kehren nach
Angaben der russischen Militärauf
klärung aus den Bergen wieder in
das Flachland Tschetscheniens
zurück, wo die grösseren Städte lie
gen. Der zweite Rebellenüberfall,
bei dem es ebenfalls Verletzte gab,
ereignete sich am strategisch wichti
gen Minutka- Platz im Zentrum von
Grosny. Auch dabei stoppten die
Rebellen einen Lastwagen.
Tote bei Kollision
Zusammenstoss von Flüchtlingsschiff mit Polizeiboot in Adria
OTRANTO: Beim Zusammenstoss
eines Flüchtlingsschiffes mit einem
Polizeiboot vor der italienischen
Adriakfiste sind am Montag vier
Menschen getötet worden.
Bei der Kollision gingen mehrere
Menschen über Bord. Ein 22 Jahre
alter italienischer Polizist konnte
nur noch tot geborgen werden, ein
26 Jahre alter Kollege ging unter.
Auch ein kurdischer Immigrant
kam bei dem Zusammenstoss ums
Leben; der Mann habe nicht
schwimmen können. Beim anderen
Toten handelt es sich den Angaben
zufolge vermutlich um einen der
zwei Flüchtlingsbootsführer.
Zur Kollision sei es gekommen,
nachdem etwa 40 Immigranten in
der Nähe von Otranto in Apulien
abgesetzt worden waren. Erst am
Sonntag waren 200 Flüchtlinge an
den Stränden der südostitalieni
schen Adriaregion Apulien aufge
griffen worden. In der vergangenen
Woche erreichten mehr als S00
Bootsflüchtlinge Italien. Der italie
nische Innenminister Enzo Bianco
Bei einem Zusammenstoss eines Flüchtlingsschiffes und eines Polizeibootes
in Italien gab es vier Tote. (Bild: Keystone)
forderte: die politische Führung in
Albanien auf, schärfer gegen
Schlepper vorzugehen. Ihre Boote
müssten beschlagnahmt werden.
Ein entsprechendes Gesetz sollte
wie angekündigt bis Ende des Mo
nats in Albanien verabschiedet wer
den.