Liechtensteiner Volksblatt
Land und Leute
Dienstag, 25. Juli 2000 3
Kleinstaatenpreis für Estland
Ein grosser Tag für die kleine Eu
ropäische Republik Estland: Am
vergangenen Sonntag erhielt
Staatspräsident Dr. Lennart Meri
aus der Hand von DDr. Herbert
Batliner den Kleinstaatenpreis
des DDr.-Herbert-Batliner-Eu-
ropainstitutes. Die Laudatio hielt
Dr. Erhard Busek, Österreichs Vi
zekanzler und Bundesminister für
Wissenschaft a.D. und Vorsitzen
der des Wissenschaftlichen Beira
tes des Europainstitutes.
Walter de Meijer
Volles Haus am vergangienen Sonntag
in der Salzburger Residenz: Das DDr.-
Herbert-Batliner-Europainstitut lud
zur erstmaligen Verleihung des Klein
staatenpreises an Estlands Staatspräsi
denten Dr. Lennart Meri. Europa - das
sei wohl ein einmaliges Staatengebilde,
bemerkte Festredner Dr. Erhard Bu
sek, der Vorsitzende des Wissenschaftli
chen Beirates vom DDr. -Herbert-Bat-
liner-Europainstitut.
Zahl der Kleinstaaten ist gross
Dass diesmal gerade der Estländi-
sche Präsident und damit auch der
Kleinstaat ausgezeichnet wurde - und
zwar einstimmig - sei kein Zufall: «Eu
ropäische Integration und Globalisie
rung haben die Rolle der Staaten insbe
sondere in Europa entscheidend verän-
* CTf-i
•
DDr.-Herbert-Batliner-Europainstitut verleiht Kleinstaatenpreis an Estlands Präsident Dr. Lennart Meri
I
Festakt in der Salzburger Residenz: Österreichs Bundespräsident Dr. Thomas Klestil hielt die Festrede zur Verleihung des 1. Kleinstaatenpreises.
heute bieten können. Busek: «Der
grosse Erfolg der ..europäischen Inte
gration liegt darin, dass sie ihm beson
deren Respekt gegenüber kleineren
Staaten durchgeführt wurde, waren es
doch die Benelux-Länder, die dazu ei
nen grossen Beitrag geleistet haben. Es
gilt nicht der Buntscheckigkeit der
Landkarte das Wort zu reden, sondern
dem spezifischen Beitrag, den nicht nur
Menschen, sondern auch gewachsene
Länder geben können.» Die Integrati
on führe dazu, dass die Grenzen und
der Nationalstaat an Bedeutung verlie
ren, um so mehr aber sei der kulturelle
und politische Beitrag, den kleinere
Einheiten leisten könnten, gewachsen.
«Die Globalisierung ist Wirklichkeit.»
Dr. Erhard Busek meinte, dass es für
ihn eine besonders grosse Ehre sei, Dr.
Lennart Meri für diesen Preis einstim
mig vorgeschlagen zu haben: «Mit dem
Zeichen des Kleinstaatenpreises und
mit dem Beispiel, das Lennart Meri ge
geben hat und gibt, möge es gelingen,
nicht nur die europäische Vielfalt zu
fördern, sondern darin auch den kon
struktiven Beitrag zum Gemeinsamen
zu sehen. Gemeinsam mit Österreichs
Bundespräsident Dr. Thomas Klestil
wurde der Preis an den grossen Mann
aus Estland überreicht.
Grosse Persönlichkeiten
Dr. Klestil fand auch lobende Worte
für Staatspräsident Meri: «Kleine Staa
ten bringen oft grosse Persönlichkeiten
hervor. Dr. Lennart ist das beste Bei
spiel dafür. In Europa sind die kleinen
Staaten keineswegs zu einer zweitrangi
gen Rolle verurteilt. Immer wieder wa
ren es gerade Persönlichkeiten aus klei
neren Ländern, die in der Geschichte
der europäischen Einigung ausgleichend
wirkten und wesentlich zum Zustande
kommen der erforderlichen Kompro
misse beitrugen.» Und zu diesen Per
sönlichkeiten zähle sicher auch der Ge
ehrte. Klestil schloss seine Aufführungen
mit dem Wunsch, dass Estland wieder
seinen angestammten Platz in Europa
einnehmen möge und auch eine wichti
ge Rolle spiele bei der Gestaltung eines
Europas gleichberechtigter Staaten
und Völker.
Geselliger Ausldang
Estlands Staatpräsident bedankte
sich für die Wahl herzlich, und zu den
Klängen von Salzburgs grossem Sohn
Wolfgang Amadeus Mozart und denen
der Europahymne, vorgetragen von
den Salzburger Kammersolisten, fand
der offizielle Teil der Verleihung sein
Ende. Das DDr.-Herbert-Batliner-Eu-
ropainstitut lud anschliessend noch zu
einem Empfang in der Salzburger Resi
denz, wo auch reichlich Small Talk ge
pflegt wurde.
Auch S.D. Fürst Hans-Adam II (2. v. links) reiste nach Österreich, um dem Festakt
beizuwohnen. Der Kleinstaatenpreis wurde heuer zum ersten Mal verliehen.
dert. Waren Geschichte und Politik im
19. und 20. Jahrhundert vor allem davon
gekennzeichnet, dass grosse Staaten
das Geschehen bestimmten und diese
wieder oft aus Krieg, Unterdrückung
und wirtschaftlichen Abhängigkeiten
entstanden sind oder sich dazu ent
wickelt haben, so haben die Verände
rungen in Europa seit 1989 dazu ge
führt, dass nicht nur die Zahl der Klein
staaten gestiegen ist, sondern auch die
politische und kulturelle Bedeutung
dieser dadurch wächst, dass sich mehr
ynd mehr internationale und suprana
tionale Institutionen entwickelt haben,
deren Reichweite auch in Zukunft zu
nehmen wird.» So gesehen ist auch Est
land ein wichtiger Staat innerhalb Eu
ropas. Kleinstaaten seien ein wichtiges
Regulativ, meint Busek: «Staatenge
meinschaften hängen von generellem
Wohlverhalten der Partner ab und Ko
operation ist die Voraussetzung für
Frieden und Wohlstand. Die internatio
nalen und supranationalen Organisa
tionen und Einrichtungen haben
gleichzeitig auch die Voraussetzungen
für die politische, wirtschaftliche und
kulturelle Lebensfähigkeit der Klein
staaten verbessert, wobei als Gegenge
wicht zu Globalisierung und kontinen
taler Integration nicht nur die Bedeu
tung der Regionen zunimmt, sondern
auch mit der Zunahme der Zahl der
Kleinstaaten zu rechnen ist.» Das Inter
esse der Kleinstaaten bestünde wieder
darin, die Friedensordnungen und die
gerechte Verteilung der Lebens- und
Entwicklungschancen zu fördern, das
aus ihrer Natur heraus Hegemoniebe
strebungen fremd sind, der partner
schaftlichen Zusammenarbeit aber die
Zukunft gehört.
Glücklich über die Wahl
Nach Beschlussfassung und Dotie
rung des Preises hat der Wissenschaftli
che Beirat auch einen Vorschlag erar
beitet, in dessen Konsequenz am Sonn
tag die Verleihung an den Staatspräsi
denten Estlands, Dr. Lennart Meri, vor
genommen wurde.
Mit diesem Preis möchte das Euro
painstitut ein Zeichen setzen - ein Zei
chen der Bedeutung und der eigenen
Qualität, die Kleinstaaten in Europa
Grosse Ehre ßr Dr. Lennart Meri (rechts): DDr. Herbert Batliner (links) und Dr. Erhard Busek, Vorsitzender des wissen
schaftlichen Beirates des Europainstituts überreichen den Kleinstaatenpreis an den verdienten Mann aus Estland,