Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksbiatt 
AUfLAND 
Donnerstag, 20. Juli 2000 27 
Nachrichten 
25 Jahre OSZE 
WIEN: Die Sicherung von Frieden und Stabi 
lität bleiben nach Ansicht des früheren Bundes- 
aussenministers Hans-Dietrich Genscher (im 
Bild mit Österreichs Aussenministerin Ferrero- 
Waldner) die zentralen Aufgaben der Organisa 
tion für Sicherheit und Zusammenarbeit in Eu 
ropa (OSZE). Vor dem Festakt zum 25-jährigen 
Bestehen der OSZE in Wien sagte Genscher in 
einem Interview mit dem österreichischen «Ku 
rier», wo das Völkerrecht verletzt werde, sei ein 
entschlosseneres Auftreten der Mitglieder ge 
fordert. «Die übernommenen Verpflichtungen 
müssen ernst genommen werden, und die Insti 
tutionen der OSZE bedürfen der Stärkung», 
sagte der FDP-Politiker. Genscher erklärte, der 
grösste Erfolg des Helsinki-Prozesses sei die 
Überwindung der Teilung Deutschlands und 
Europas. Er sei «mehr als zufrieden», dass sich 
diese Hoffnung erfüllt habe. Die 1995 in OSZE 
umbenannte Organisation hat ihren ständigen 
Sitz in Wien; Österreich hat derzeit zudem den 
jährlich wechselnden Vorsitz inne. Die aussen- 
politische Sprecherin der österreichischen Grü 
nen, Ulrike Lunacek, kritisierte die schwache 
Führung der OSZE durch die Wiener Regie 
rung. Es sei eine Blamage für die OSZE, dass 
der Europarat sein Büro in Tschetschenien wie 
der eröffnet habe, während die OSZE-Assis 
tenzgruppe noch nicht in die Kaukasusrepublik 
zurückgekehrt sei. 
Gore verlor - gegen 
Hunger und Hummer 
KANSAS CITY: Diesen * Wahlkampfauftritt 
wird US-Präsidentschaftskandidat AI Gore so 
schnell nicht vergessen. Eine knappe Viertel 
stunde hatte er am Dienstag vor einem Abend 
essen mit Parteifreunden in Kansas City über 
die Erfolge der Regierung Clinton-Gore refe 
riert, als einem der Gäste das Warten auf Hum 
mer und Steaks - den Teller zu 5000 Dollar - of 
fenkundig zu lang wurde. Mit einem Zwi 
schenruf unterbrach der ältere Herr den Rede- 
fluss des Wahlkämpfers: «Mr. Vice President, 
wir stehen doch ohnehin alle auf ihrer Seite». 
Dem Vizepräsidenten verschlug es kurz die 
Sprache, dann meinte er: «Toll, vielen Dank. 
Dann höre ich eben auf.» Sprachs, setzte sich 
und wünschte einen guten Appetit. 
Kolumbianische Todes 
schwadronen aktiv 
BOGOTA: Rechtsgerichtete kolumbianische 
Todesschwadronen haben im Landesteil Valle 
del Cauca sieben Zivilisten erschossen und drei 
weitere verschleppt. Das berichteten lokale Me 
dien am Mittwoch unter Berufung auf die 
Behörden. Damit habe sich die Zahl der Opfer 
der so genannten «Selbstverteidigungsgrup 
pen» während eines Monats allein in dieser Re 
gion auf 23 Tote und acht Verschwundene er 
höht. Im Valle del Cauca kämpfen die Todes 
schwadronen mit der linksgerichteten Rebel 
lengruppe «Revolutionäre Streitkräfte Kolum 
biens» (Farc) um die Vorherrschaft. Einheiten 
der Farc griffen zugleich erneut Ortschaften im 
Gebiet Huila an. Vergangene Woche hatten sie 
an einem Ort dreizehn der insgesamt vierzehn 
Polizisten erschossen. Über neue Opfer der 
Kämpfe, die nach Behördenangaben andauer 
ten, wurde nichts bekannt. 
Amato ruft zum 
Zusammenhalt auf 
ROM: Der italienische Ministerpräsident Giu- 
liano Amato hat seine Mitte-Links-Regierung 
zum Zusammenhalt aufgerufen. Gleichentags 
warf Lega-Nord-Chef Umberto Bossi der Re 
gierung die Missachtung der kulturellen Iden 
tität der Italiener vor. Durch die «Förderung ei 
ner massiven Einwanderung» untergrabe sie die 
«historisch gewachsenen Werte der Identität 
des Volkes und der Religion», erklärte Bossi am 
Mittwoch vor den Medien und begründete so 
eine Initiative der Mitte-Rechts-Opposition zur 
Begrenzung der Immigration. 
Putin als erster Kreml-Chef 
in Nordkorea 
Nordkorea deutet Verzicht auf Entwicklung eigener Raketentechnik an 
SEOUL: Nordkorea ist mögli 
cherweise bereit, unter be 
stimmten Bedingungen auf die 
Verwendung eigener Raketen 
technik zu verzichten. Der rus 
sische Präsident Wladimir Pu 
tin, der gestern als erster 
Kreml-Chef zu einem Staats 
besuch nach Nordkorea reiste, 
erklärte nach einem zweistün 
digen Treffen mit Staatschef 
Kim Jong II, Nordkorea habe 
versichert, dass sein Raketen- 
programm ausschliesslich 
friedlichen Zwecken diene. 
«Nordkorea ist sogar bereit, aus 
schliesslich Raketentechnologie an 
derer Staaten zu nutzen, wenn es 
Zugang zu Trägerraketen für die 
friedliche Erforschung des Alls be 
kommt», wurde Putin von der russi 
schen Nachrichtenagentur Interfax 
zitiert. 
Zunächst war nicht bekannt, ob 
Nordkorea damit auch von Forde 
rungen in Höhe von einer Milliarde 
Dollar pro Jahr an die USA abrückt. 
Dies hatte der kommunistische 
Staat für den von Washington gefor 
derten Exportstopp von Raketen 
technologie verlangt. Nordkorea 
betrachtet sein Raketenprogramm 
als Teil des Rechts auf Selbstvertei 
digung. Putin und Kim sprachen zu 
Beginn des zweitägigen Besuchs des 
russischen Präsidenten am Mitt 
woch zwei Stunden miteinander. 
Themen waren unter anderem die 
russischen Widerstände gegen die 
Pläne der USA zur Errichtung einer 
nationalen Raketenabwehr 
Vor seiner Weiterreise nach Nordkorea beschlossen der russische Präsident Wladimir Putin und der chinesische Prä 
sident Jiang Zemin «eine strategische Partnerschaft» beider Länder. 
(NMD), wirtschaftliche Zusam 
menarbeit und das nordkoreanische 
Atomprogramm. Das kommunisti 
sche Parteiorgan «RodongSinmun» 
bezeichnete Putins Besuch als 
«wichtiges Ereignis für die neue 
Entwicklung der koreanisch-russi 
schen Beziehungen», wie die Mos 
kauer Nachrichtenagentur ITAR- 
TASS berichtete. Putin kam von Pe 
king nach Nordkorea, wo er am 
Dienstag bei einem Treffen mit Prä 
sident» Jiang Zemin eine «strategi 
sche Partnerschaft» beider Länder 
beschlossen hatte. 
Seine Asienreise soll nach Ein 
schätzung von Beobachtern unmit 
telbar vor dem G-8-Gipfel in Japan 
demonstrieren, das Russland trotz 
seiner wirtschaftlichen Probleme'in 
Asien eine wichtige Rolle spielt. 
Könnte Putin Nordkorea zu einem 
Signal bewegen, dass es seinen 
Atomkurs nicht weiter fortsetze, 
würde dies nach Ansicht von Beob 
achtern Putins Stand gegenüber den 
USA und beim G-8-Gipfel ab Frei 
tag in Japan stärken. Mit der Ent 
wicklung von Atomwaffen in Nord 
korea begründen die USA unter an 
derem ihr geplantes Raketenab 
wehrprogramm, das Russland strikt 
ablehnt. 
Geiseldrama auf Jolo geht weiter 
Sieben Malaysier bleiben weiterhin in der Gewalt von Abu Sayyaf 
ZAMBOANGA: Auf den Philippi 
nen haben sich am Mittwoch Hoff 
nungen auf ein rasches Ende des 
seit zwölf Wochen dauernden Gei 
seldramas erneut zerschlagen. Be 
richte Uber die Freilassung der sie 
ben malaysischen Geiseln wurden 
umgehend dementiert. 
Zwei Tage nach der Freilassung der 
deutschen Musiklehrerin Renate 
Wallert hatte es zunächst geheissen, 
die Entführer hätten sieben weitere 
malaysische Geiseln auf freien Fuss 
gesetzt. Dem widersprach jedoch 
kurz darauf der philippinische 
Chefvermittler Roberto Aventaja- 
do. An der Freilassung der Geiseln 
werde noch gearbeitet, sagte Aven- 
tajado nach Gesprächen mit Sicher 
heitsberater Guillermo Ruiz auf der 
Insel Jolo. Mitarbeiter der philippi 
nischen Unterhändler hatten 
zunächst ül?er die Freilassung der 
verbliebenen malaysischen Geiseln 
berichtet: Sie seien bereits nach 
Zamboanga auf der Insel Mindanao 
unterwegs, wo sie von Aventajado in 
Empfang genommen werden soll 
ten, hiess es., 
Streitpunkt Lösegelder 
Ursprünglich war die Freilassung 
der sieben ;Malaysier bereits für 
Dienstag votgesehen gewesen. Sie 
scheiterte dann aber, weil die Re 
bellen offenbar mehr Lösegeld ver 
langten. Die Regierung in Manila 
bestreitet bisher, dass in der Geisel 
affäre Lösegelder geflossen seien. 
Die malaysische Regierung erklärte 
dazu lediglich, sie sei bereit, Ent- 
wickiungshilfeprojekte auf den 
Südphilippinen zu finanzieren. 
Auch der deutsche Aussenminis- 
ter Joschka Fischer und seine Amts 
kollegen aus Frankreich und Finn 
land, Hubert V6drine und Errki 
Hiomioja, hatten in der vergange 
nen Woche Lösegeld-Forderungen 
der Entführer zurückgewiesen. 
Noch 38 Geiseln auf Jolo 
Von den ursprünglich neun Ma 
laysiern, die am 23. April zusammen 
mit zwölf westlichen Urlaubern auf 
der malaysischen Insel Sipadan ver 
schleppt worden waren, hatten die 
Rebellen in den vergangenen Wo 
chen bereits zwei freigelassen. Zu 
den von den Rebellen immer noch 
festgehaltenen Geiseln gehören 
ausserdem der Mann und der Sohn 
der 56-jährigen Musiklehrerin aus 
Göttingen sowie «Spiegel»-Repor- 
ter Andreas Lorenz, ausserdem fünf 
Franzosen, zwei Finnen, zwei Süd 
afrikaner, eine Libanesin und 18 
Philippiner. Die Rebellen kämpfen 
für einen eigenen islamischen Staat 
im Süden der überwiegend von Ka 
tholiken bewohnten Philippinen. 
Brasilien 
Umweltkata 
strophe 
Die Igua$u-Wasserfölle ziehen Tou 
risten aus der ganzen Welt an. Doch 
bald könnte sich die weiss schäu 
mende Pracht in eine braune Brühe 
verwandeln. Seit in der Nacht zum 
Montageine Pipeline in Südbrasili 
en barst, treibt ein riesiger ölteppich 
auf dem Fluss Iguaqu auf die Was- 
serföUe zu. Gelingt es den Hilfskräf 
ten nicht, die Verseuchung einzu 
dämmen, wird der ölteppich nach 
Schätzungen der argentinischen 
Wasserpolizei den Nationalpark am 
Wochenende erreichen. Die Iguagu- 
Wasserßlle liegen direkt an der bra 
silianisch-argentinischen Grenze. In 
rund vier Kilometer Breite stürzt 
das Wasser halbkreisförmig 60 bis 
82 Meter in die Tiefe. Zum Ver 
gleich: Die Niagara-Fälle haben nur 
rund 50 Meter Höhe. 
	        

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