Liechtensteiner Volksblatt
Ausland
Freitag, 14. Juli 2000 31
Nachrichten
Stammeskämpfe
in Uganda
KAMPALA: Mehr als 60 Nomaden sind beim
Kampf zweier verfeindeter Sippen des Stammes
Karamojong im Nordosten Ugandas getötet
worden. Der Grund für die Auseinandersetzun
gen seien Viehdiebstähle gewesen, sagte der re
gionale Militärkommandant am Donnerstag.
Am Dienstag habe der Klan Jie Matheniko ei
nen anderen angegriffen und dabei 50 Kämpfer
verloren. Auf der Gegenseite habe es 13 Tote ge
geben. Viehdiebstähle sind unter Nomaden an
den Grenzen von Uganda, Sudan und Kenia tra
ditionell eine Frage des guten Rufs. In den ver
gangenen Jahren verliefen sie aber zunehmend
tödlich, weil sich Schusswaffen in der kriegsge
schüttelten Region immer mehr ausbreiten. In
einem mehrtägigen Sippenkonflikt starben im
vergangenen Jahr mehr als 500 Menschen.
Anschlag in Bangkok
BANGKOK: Bei einem mutmasslichen An
schlag auf einen thailändischen Politiker sind
am Donnerstag in Bangkok drei Menschen ver
letzt worden. Wie die Polizei mitteilte, detonier
te der Sprengsatz während einer Wahlkampf
veranstaltung von Samak Sundaravej, einem
der Bewerber um den Gouverneursposten in
der Region Bangkok. Der Generalsekretär von
Samaks Partei Prachakorn Thai, Chaiyasith Pu-
piromkhwan, sagte, bislang sei zwar nicht nach
gewiesen worden, dass es sich um einen An
schlag auf Samak handelte. Bei der Partei seien
jedoch zuvor Drohungen eingegangen. Bei der
Explosion seien zwei Männer und eine Frau
verletzt worden, Samak sei unversehrt geblie
ben. Der ehemalige thailändische Innenminis
ter und stellvertretende Ministerpräsident liegt
in Meinungsumfragen für die Gouverneurswahl
am 23. Juli in Führung. Ausser dem 65-Jährigen
treten 22 weitere Kandidaten an.
Claudia Schiffer kämpf!
gegen Polio
DHAKA: Claudia Schiffer, deutsches Super-
model, ist in ihrer Rolle als UNICEF-Botschaf-
terin für eine Kampagne gegen Polio nach
Bangladesch gereist. «Ich möchte mich auf der
ganzen Welt dafür einsetzen, dass die Regierun
gen mehr Mittel für Impfprogramme zur Verfü
gung stellen», sagte Schiffer am Donnerstag in
Dhaka. Sie geniesse ihre Aufgabe für UNICEF,
das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen,
sehr. In Bangladesch seien immer noch eine
Million Kleinkinder nicht gegen Polio geimpft,
kritisierte Schiffer bei einem Treffen mit Regie
rungschefin Scheich Hasina.
EU-Recht zwingt zu
Steuererhebung
BRÜSSEL: Die EU-Kommission hat Deutsch
land in drei Fällen Klagen vor dem Europäi
schen Gerichtshof angekündigt, weil es Ge
meinschaftsrecht missachtet habe. Wie die Brüs
seler Behörde am Donnerstag mitteilte, geht es
in einem Fall darum, dass Deutschland ein be
stimmtes zu Heizzwecken verwendetes Mine
ralöl von der Verbrauchssteuer befreit hat. Die
EU-Richtlinie sieht indes vor, dass auf Heizöl
und Kraftstoff Verbrauchssteuern erhoben wer
den müssen. Das deutsche Mineralölsteuerge
setz aus dem Jahre 1992 lasse eine zu weite Aus
legung zu, was unter «nicht als Kraftstoff oder
zu Heizzwecken verwendete Mineralöle» zu
verstehen sei, bemängelte die Kommission. In
den beiden anderen Fällen geht es darum, dass
die Städte Braunschweig und Bockhorn in Nie
dersachsen die Vorschriften Uber die Vergabe
öffentlicher Aufträge nicht eingehalten haben.
Zehntausende vom
Hunger bedroht
KIG ALI: Die Behörden in Burundi haben drin
gend um Lebensmittelhilfe für Zehntausende
von Menschen im Norden des ostafrikanischen
Landes gebeten. «Die Lage in der Region Bu
gesera ist kritisch», sagt^ein Behördensprecher
am Donnerstag in einem Bericht des staatlichen
Senders Radio Bujumbura.
Fidschi: Alle Geiseln frei
Vertrauter von Rebellenführer zum Präsidenten gewählt
SUVA: Mit der Freilassung der letz
ten Geiseln und der Wahl eines neu
en Präsidenten sind am Donnerstag
die Hoffhungen auf ein Ende der
Staatskrise auf den Fidschi-Inseln
gestiegen. Knapp zwei Monate nach
der Erstürmung des Parlaments Hes
sen die Putschisten am Donnerstag
ihre letzten 18 Geiseln frei, unter ih
nen auch den abgesetzten Minister
präsidenten Mahendra Chaudhry.
Wenige Stunden nach dem friedli
chen Ende des Geiseldramas wählte
der Grosse Rat der Häuptlinge Ratu
Josefa Iloilo, einen Vertrauten von
Putschistenfilhrfr George Speight,
zum neuen Präsidenten. Speight be-
grüsste die Wahl Iloilos am Abend
auf einer Pressekonferenz, sagte
aber gleichzeitig, seine Arbeit sei erst
erledigt, wenn auch seine Vorschläge
für das Amt des Vizepräsidenten und
das Kabinett umgesetzt worden sei
en. Durch den Putsch sei eine politi
sche Botschaft an die ganze Welt ge
gangen, erklärte Speight. (Bild: Key)
EZB fordert Reformen der Rentensysteme
Warnung der Euro-Länder vor Inflation
FRANKFURT/MAIN: Die Eu
ropäische Zentralbank (EZB)
drängt die Euro-Länder, ihre Ren
tensysteme zu reformieren. Um den
wachsenden Anteil älterer Men
schen versorgen zu können, seien
Änderungen der bisherigen Syste
me dringend nötig.
«Die meisten Staaten des Euro-
Währungsgebietes haben die Um
setzung der notwendigen Massnah
men aufgeschoben und scheinen da
her nicht ausreichend gerüstet zu
sein», mahnen die Währüngshüter
in ihrem Juli-Bericht. Die Zeit drän
ge, weil ein Aufschub später noch
stärkere Anpassungen erfordern
würde. Die Regierungen der Eu
roländer sollten zudem ihre Finan
zen auf eine solidere Basis stellen,
solange der Höhepunkt der Alte
rung noch nicht erreicht sei, rät die
EZB. Dazu seien die kommenden
Jahre mit kräftigem Wirtschafts
wachstum die beste Gelegenheit.
Von 2020 an steigt der Anteil der al
ten Menschen voraussichtlich noch
einmal besonders kräftig, da dann
die geburtenstarken Jahrgänge das
Rentenalter erreichen. Wenn das
bisherige Rentenniveau beibehal
ten würde, wäre die Netto-Steuer-
Iast in einigen Ländern um minde
stens die Hälfte höher als heute,
schreibt die EZB. Die Währungshü
ter raten zur Kombination aus einer
niedrigeren Grundrente, einer
Zwangs-Zusatzversicherung sowie
einer freiwilligen privaten Vorsorge.
Solche Systeme seien bereits erfolg
reich in einigen Ländern eingeführt.
Angesichts steigender Einfuhr
preise, eines kräftigen Kredit- und
Geldmengenwachstums sowie des
schwachen Euro hat die EZB zu
dem vor Inflationsgefahren ge
warnt. In den Sommermonaten
dürften gestiegene Einfuhrpreise an
die Konsumgüter weiter gegeben
werden und die Teuerung in der Eu
ro-Zone erhöhen, heisst es in dem
EZB-Monatsbericht.
Kein weiterer NMD-Test
US-Senat lehnt weitere Raketenabwehrtests ab
WASHINGTON: Der US-Senat hat
am Donnerstag die Forderung nach
weiteren Tests für die umstrittene
nationale Raketenabwehr (NMD)
zurückgewiesen. Ein Antrag auf
weitere Erprobungen des Systems
wurde mit 52 zu 48 Stimmen abge
lehnt.
Der Antrag, der von dem demokra
tischen Senator Dick Durban aus
dem Staat Illinois eingebracht wur
de, forderte das Verteidigungsminis
terium zu weiteren Tests auf, von
denen die endgültige Entscheidung
Uber das Vorhaben abhängig ge
macht werden sollte. Die Befürwor
ter des Antrags argumentierten, die
USA müsse sicher sein, dass die
NMD funktioniere, bevor sie sich
für deren Weiterentwicklung eht-
schieden. Sie fanden jedoch keine
Mehrheit. Das Pentagon will die
Raketenabwehr bis Ende 2005 auf
bauen. Die Entscheidung Uber das
politisch umstrittene und bis zu 60
Milliarden Dollar teure Projekt
liegt bei US-Präsident Bill Clinton.
Clinton will dafür eine Empfehlung
von Verteidigungsminister William
Cohen Anfang August abwarten. In
der vergangenen Woche war bereits
der zweite Test gescheitert.
Millionen Aids-Waisen bis 2010 erwartet
Vor allem südafrikanische Länder betroffen - Forscher wecken Hoffnung auf Heilung
DURBAN: Die Immunschwäche
seuche Aids wird in den kommen
den zehn Jahren fast 28 Millionen
afrikanische Kinder zu Waisen oder
Halbwaisen machen. Laut einem
am Donnerstag auf der 13. Interna
tionalen Aids-Konferenz in Durban
in Südafrika veröffentlichten Be
richt haben bereits fast 16 Millionen
Kinder, die meisten davon südlich
der Sahara, mindestens ein Eltern
teil durch die Krankheit verloren.
«Die HIV-Seuche produziert Wai- <
sen in einem bislang noch nie da ge
wesenen Ausmass», sagte eine Au
torin der von den USA in Auftrag
gegebenen Studie, Susan Hunter.
Unterdessen wurden durch For
schungserfolge bei der Entwicklung
wirksamer Aids-Medikamente
neue Hoffnungen fUr die Bekämp
fung der Seuche geweckt.
Bis 20l0 wird den Angaben zufol
ge jeweils eines von drei Kindern in
Namibia, Swasiland, Simbabwe und
Südafrika zum Waisen oder Halb-,
waisen werden; die meisten der El
tern werden an Aids sterben. An
ders als Hungersnöte, Kriege und
andere Krankheiten, die zeitweise
einen Anstieg der Zahl der Waisen
kinder auslösten, sei die Aids-Ka
tastrophe von Dauer, sagte Hunter.
Die Krankheit werde auch in den
kommenden Jahrzehnten noch Mil
lionen Kinder elternlos machen.
«Aids ändert die soziale Land-
Millionen von Kindern sind durch das HIV-Virus entweder selber betroffen,
oder sie leiden darunter, weil ihre EUem zu Tode kommen. (Bild: Key)
schaft in den am schwersten betrof
fenen Staaten», sagte John William-
son, der zweite Autor der Studie mit
dem Titel «Kinder am Abgrund
2000». Viele Kinder verlören nach
dem Tod ihrer Eltern jede Chance
auf eine Ausbildung, da sie die Schu
le verlassen und die Familie unter
stützen müssten. Ebenso schwer
wiege der Verlust eines liebevollen
Elternhauses, sagte Tony Barnett,
Professor an der University of East
Anglia in Norwich in Grossbritanni
en. In der Folge könne eine ganze
Generation unglücklicher und un
gebildeter Menschen entstehen, was
wiederum die Gefahr sozialer Un
ruhen und sozialer Instabilität stei
gere. Neue Hoffnung auf eine wirk
same Bekämpfung der Seuche ent
fachten am Donnerstag amerikani
sche Wissenschaftler. Sie stellten in
Durban Testergebnisse neuer Medi
kamente vor, die den Gesundheits
zustand von Aids-Patienten erheb
lich verbessern können. Diese Sub
stanzen halten den Vihis vom Ein
dringen in die Blutzellen ab.