Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
A U S LAND 
Donnerstag, 13. Juli 2000 31 
Nachrichten 
Chatami bittet um Hilfe 
für seinen Reformkurs 
WEIMAR: Der iranische Staatspräsident Mo 
hammed Chatami (rechts) hat die Deutschen 
um Unterstützung seines Reformkurses in Iran 
gebeten. Zum Abschluss seiner Deutschland 
visite erklärte er am Mittwoch in Weimar, 
Deutschland sei auf Grund seiner Geistesge 
schichte besonders geeignet, in den Dialog mit 
Iran einzutreten. Bundespräsident Johannes 
Rau bezeichnete den ersten Staatsbesuch eines 
iranischen Präsidenten in Deutschland seit 1967 
als Wendepunkt in den Beziehungen beider 
Länder. Chatami sagte, die deutsche Philoso 
phie habe mit ihrem stets kritischen Ansatz 
nicht nur die Tradition, sondern immer auch die 
Moderne hinterfragt: «Diese Ansätze und Er 
fahrungen können für die heutige Welt wegbe 
reitend sein, denn wir können uns weder der 
Tradition noch der Moderne unterwerfen, aber 
auch nicht die eine der anderen opfern.» 
Rentenreform geht auch 
ohne Union in Arbeit 
BERLIN: Die geplante grosse Rentenreform 
nimmt auch ohne Mitwirkung der Union kon 
krete Formen an. In Abwesenheit von CDU und 
CSU trafen sich Koalition und FDP am Mitt 
woch zu einem als «sehr konstruktiv» bezeich 
neten Konsensgespräch. In der Sommerpause 
soll nun auf Grundlage der rot-grünen Eck 
punkte bis voraussichtliche Mitte September 
ein Entwurf erarbeitet werden. Zur Diskussion 
darüber sei dann auch die Union eingeladen, 
sagte Arbeitsminister Walter Riester. Die Tür 
werde nicht zugeschlagen, aber Verschleppung 
auch nicht hingenommen. CDU-Vize Christian 
Wulff machte dagegen Gespräche weiter von ei 
ner Grundsatzerklärung des Kanzlers abhängig. 
Autobombe im Zentrum 
Madrids explodiert 
MADRID: Bei der Explosion einer Autobombe 
im Zentrum von Madrid sind am Mittwoch min 
destens zehn Menschen verletzt worden, einer 
davon schwer. Die Behörden vermuteten hinter 
dem Anschlag die baskische Separatistenorga 
nisation ETA. Die Bombe detonierte um 6.31 
Uhr vor einem beliebten Käufhaus im Callao- 
Viertel. Die Detonation richtete schweren 
Sachschaden an: Im Umkreis von 50 Metern 
gingen Fensterscheiben zu Bruch, Fassadenteile 
stürzten zu Boden. Im Erdgeschoss eines Kauf 
hauses brach ein Feuer aus. 
Keine Fortschritte bei 
Zypern-Gesprächen 
GENF: Die dritte Runde der Zypern-Ge 
spräche unter Schirmherrschaft der UNO ist am 
Mittwoch in Genf unterbrochen worden. Die in 
direkten Gespräche zwischen der Türkei und 
Griechenland sollen am 24. Juli in Genf fortge 
setzt werden. UNO-Vermittler Alvaro de Soto 
erklärte vor der Presse, er habe beiden Parteien 
«gewisse Ideen» unterbreitet. Er hoffe, dass die 
se von beiden Seiten während des Unterbruchs 
in Betracht gezogen würden. De Soto gab keine 
Details bekannt. UNO-Generalsekretär Kofi 
Annan war bei der Eröffnung der dritten Run 
de am 5. Juli in Genf getrennt mit dem zyprioti 
schen Präsidenten Glafkos Klerides und dem 
Führer der Inseltürken, Rauf Denktasch zu 
sammengetroffen. Die Gespräche wurden nach 
UNO-Angaben bis zum 24. Juli wfegen «Konsul 
tationen» unterbrochen. 
Clinton berät mit Barak 
Palästinenser und Israelis bekräftigen ihre Haltung - Kein Dreier-Treffen 
THURMONT: Am zweiten 
Tag des Nahost-Gipfels in 
Camp David ist US-Präsident 
Bill Clinton am Mittwoch mit 
dem israelischen Ministerprä 
sidenten Ehud Barak zusam 
mengetroffen. Am Morgen 
erörterte Clinton zunächst mit 
seinem Beraterstab die anste 
henden Gespräche mit Barak 
und dem palästinensischen 
Präsidenten Jassir Arafat. Da 
nach sprachen Clinton und Ba 
rak'über den Stand der Ver 
handlungen. 
Ein Dreier-Treffen wurde für den 
Mittwoch nicht angekündigt. Unter 
dessen bekräftigten Vertreter bei 
der Seiten ihre Haltung in strittigen 
Punkten. 
Die Sprecherin der palästinensi 
schen Delegation, Hanan Aschra- 
wi, sagte am Mittwoch im US-Sen 
der CNN, Israel ignoriere seine 
Verpflichtung gegenüber den 
palästinensischen Flüchtlingen und 
schade damit der Verhandlungsat 
mosphäre. Dass Israel sich seiner 
Pflicht entziehe, sei kein guter An 
fang, betonte Aschrawi. Der israeli 
sche Kabinettsminister Juli Tamir 
sagte CNN, die Forderung der Pa- 
Während in den USA verhandelt wurde, protestierten Palästinenser in ihrer 
Heimat gegen die Friedensbemühungen der Politiker. (Bild: Keystone) 
lästinenser nach dem Ostteil von 
Jerusalem als künftiger Hauptstadt 
werde nicht erfüllt. Jerusalem wer 
de' niemals geteilt, bekräftigte Ta 
mir. 
Dennoch betonte Clintons Spre 
cher Joe Lockhart, der Gipfel habe 
am Dienstag in guter Atmosphäre 
begonnen. Das erste, 30-minütige 
Gespräch zwischen Clinton, Barak 
und Arafat sei «ernsthaft» verlau 
fen, sagte Lockhart. Am Abend tra 
fen sich die drei Politiker zum Es 
sen. Anschliessend sprach Clinton 
erneut kurz mit Arafat. 
Über den Inhalt des Gesprächs 
wurde nichts bekannt: Um den Er 
folg des Gipfels nicht zu gefährden, 
einigten sich Clinton, Barak und 
Arafat auf eine Nachrichtensperre. 
Lockhart sagte, er wolle in den 
nächsten Tagen nicht über den 
Stand der Verhandlungen berich 
ten. «Die Delegationen kennen sich 
Aufruf zu 
Heiligem Krieg 
MANILA: Die grössten mosle 
mische Untergrundgruppe auf 
den Philippinen hat am Mitt 
woch zu einem Heiligen Krieg 
gegen die Regierung in Manila 
aufgerufen. Nach Angaben eines 
Sprechers der Islamischen Be 
freiungsfront Moro (MILF) 
werde das Zentralkomitee in 
Kürze zusammentreten, um Ein 
zelheiten zu beraten. Alle Glau 
bensbrüder seien zur Teilnahme 
an dem Kampf aufgefordert. Die 
Regierung in Manila erklärte 
daraufhin, sie nehme die Dro 
hung nicht auf die leichte Schul 
ter, glaube aber, dass der Gross 
teil der moslemischen Bevölke 
rung im Süden auf Seiten des 
philippinischen Staates stehe. 
Die MILF kämpft ebenso wie 
die Gruppe Abu Sayyaf, die seit 
Ostern 20 Geiseln gefangen hält, 
darunter das Göttinger Ehepaar 
Wallert und dessen Sohn Mark, 
für einen eigenen moslemischen 
Staat im Süden der Philippinen. 
Stärkerer Kampf 
gegen Aids 
Unicef warnt vor Katastrophe 
DURBAN/GENF: Der Kampf ge- 
gen Aids'soll'verstärkt werden: Bei 
der Aidskonferenz im südafrikani 
schen Durban kündigten Weltbank 
und Pharmaunternehmen ihre fi 
nanzielle Unterstützung für Ent 
wicklungslander an. 
Die Weltbank will für den Kampf 
gegen die Aidskatastrophe umge 
rechnet eine Milliarde Mark zur 
Verfügung zu stellen. Aids-Aktivis- 
ten und Regierungsvertreter kriti 
sierten die Angebote jedoch als 
halbherzig, da die Medikamenten 
preise weiterhin zu hoch blieben, 
hiess es. 
Nach Schätzungen der UNO 
müssten jedes Jahr zwischen zwei 
und drei Milliarden Dollar aufge 
bracht werden, um die Aids-Epide 
mie wirkungsvoll zu bekämpfen. 
Tatsächlich würde aber nur ein 
Zehntel davon bereitgestellt. 
Viele Länder Afrikas stünden we 
gen der Seuche vor der grössten so 
zialen Katastrophe ihrer Geschich 
te, warnte zugleich das UNO-Kin- 
derhilfswerks Unicef am Mittwoch. 
In den Ländern südlich der Saha 
ra sterben derzeit zehn Mal mehr 
Menschen an Aids als in gewaltsa 
men Konflikten, heisst es in einem 
Unicef-Bericht. Bis Ende des Jahres 
werde sich die Zahl der Aids-Wai 
sen weltweit auf 13 Millionen Kin 
der erhöhen. Nach Angaben der 
UNICEF infizieren sich weltweit je 
de Minute sechs junge Menschen 
unter 25 Jahren mit dem Aidserre 
ger HIV. Junge Mädchen und Frau 
en haben laut UNICEF ein rund 50 
Prozent höheres Infektionsrisiko 
als junge Männer. In Botswana ist 
demnach bereits ein Drittel aller 
jungen Frauen zwischen 15 und 24 
Jahren HlV-infiziert. 
Zwei Tote in Nordirland 
Ausschreitungen zum Parade-Höhepunkt 
Belfast: Zum Höhepunkt ihrer ge 
walttätigen Marschsaison haben 
Zehntausende nordirische Protes 
tanten am Mittwoch an Umzügen in 
Belfast und anderen Städten teilge 
nommen. Die Polizei berichtete von 
mindestens 20 Verletzten und 
schweren Krawallen. 
In der Nacht hatte die Polizei neben 
einem Freudenfeuer der Protestan 
ten in Lame nördlich von Belfast 
die Leiche eines durch Kopfschuss 
getöteten Mannes gefunden. Hin 
tergrund derTat sind offenbar Strei 
tereien zwischen rivalisierenden 
protestantischen Untergrundgrup- 
pen. In Coleraine nordwestlich von 
Belfast wurde ein Mann erstochen. 
Wie in den vergangenen Tagen in 
Portadown rechneten die Sicher 
heitskräfte auch in der Provinz 
hauptstadt mit Ausschreitungen. In 
Belfast demonstrierten die Mitglie 
der des Oranier-Ordens auf der Or- 
meau Road, für deren von Katholi 
ken bewohnten Teil ein Marschver 
bot galt. Vor der Metallabsperrung 
am Eingang zum katholischen Sek 
tor hielt einer der Oranier-Führer 
eine flammende Rede, in der er die 
Protestanten zu «energischen Pro 
testen» gegen die Behinderung der 
Marschroute aufrief. In der gesam 
ten Provinz entzündeten Anhänger 
des pro-britischen Ordens zuvor 
nächtliche Freudenfeuer zur Erin 
nerung an den Sieg des protestanti 
schen Königs Wilhelm III. von Ora- 
nien Uber aufständische Katholiken 
bei der Schlacht von Boyne am 12. 
Juli 1690. 
gut. Sie kennen die Themen gut», er 
klärte er. Das Beste sei, ihnen nun 
Gelegenheit zu geben, ihre Diffe 
renzen zu überbrücken. Auch Gin 
ton hüllte sich in Schweigen: «Wir 
haben vereinbart, keine Fragen zu 
beantworten und keine Kommenta 
re abzugeben, also muss ich mit gu 
tem Beispiel vorangehen», sagte der 
US-Präsident vor Journalisten. 
Vor dem TVeffen mahnte Clinton 
Barak und Arafat zu Kompromiss 
bereitschaft. «Es gibt keine Garan 
tie für einen Erfolg, aber es nicht zu 
versuchen, hiesse einen Fehlschlag 
zu garantieren», sagte Clinton. Bei 
de Seiten müssten in Camp David 
einen Weg finden, ihre gegensätzli 
chen Standpunkte auf einen ge 
meinsamen Nenner zu bringen. Der 
Ort des Gipfeltreffens hat Sym 
bolcharakter: Auf dem Landsitz des 
US-Präsidenten, rund 100 Kilome 
ter nördlich von Washington, ver 
einbarten Israel und Ägypten 1978 
einen Friedensvertrag. 
Die schwierigsten Verhandlungs 
punkte sind die endgültigen Gren 
zen zwischen Israel und dem künfti 
gen Palästina, der Status von Jerusa 
lem sowie die Rückkehr palästinen 
sischer Flüchtlinge. Diese Probleme 
sollen in einem bis zum 13. Septem 
ber zu unterzeichnenden Friedens 
vertrag geklärt werden. 
Anhänger des tpdnier-Ordens entzündeten Freudenfeuer zur Erinnerung 
ah einen Sieg, der. vor mehr als 300Jahren errungen wurde. (Bild: Keystone) 
Gegen bewaff 
nete Konflikte 
MOSKAU: Die Aussenminister der 
sieben führenden Industrienatio 
nen und Russlands (G-8) haben ei 
ne weltweite Initiative zur Vermei 
dung bewaffneter Konflikte be 
schlossen. Im Mittelpunkt stehe da 
bei der Kampf gegen den unkon 
trollierten Handel mit Kleinwaffen 
sowie die gesellschaftliche Wieder 
eingliederung von Kindersoldaten. 
Dies sei der Startschuss für konkre 
te Massnahmen, hiess es am Mitt 
woch beim Treffen der Aussenmi 
nister im japanischen Miyazaki. 
Zum Auftakt ihrer zweitägigen 
Beratungen sprachen sich die Mi 
nister zudem für eine schnelle Ver 
wirklichung des START-II-Abrüs- 
tungsabkommens sowie den Ab 
schluss des START-III-Abkom- 
mens aus. Das geplante nationale 
Raketenabwehrsystem (NMD) der 
USA sei dagegen nicht ausdrücklich 
beraten worden, hiess es. Die Mi 
nister berieten indes über Möglich 
keiten einer Zerstörung von chemi 
schen Waffen und bekräftigten ihre 
Unterstützung für den Ottawa-Ver 
trag über eine Zerstörung aller 
weltweiten Landminen.
	        

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