Liechtensteiner Volksblatt
Land u]vi d
Leute
Donnerstag, 13. Juli 2000 3L3
Freizeitzentrum Resch: Somittfeiiager im Richen der Indianer
im
Als wir gestern in das Gebiet des Stam
mes «Black Foot» eindrangen, hatten'■
wir Bleichgesichter riesiges Glück. Mit
selbstgemachten Pfeilen, Bögen und
Köchern empfing uns die junge India
nerschar im Wald, oberhalb des Robin-
sonspielplatztesltiesen. Und dank gut
em Zureden ihres Medizinmannes
«Hairy Horse» waren uns die Zeltbe
wohnerinnen und -bewohner gut ge
sinnt.
Iris Frick-Ott
Das Sommerlager des Freizeitzentrums
Resch steht heuer unter dem Motto
«Indianer». 30 Kinder im Alter von
sechs bis elf tauchen diese Woche für
vier Tage ins Indianerleben ein. Dazu
gehört aber nicht nur das Basteln einer
eigenen IndianerausrUstung mit Stirn
band und Feder, sondern auch Ge
schichten und Legenden aus der gros
sen Indianerzeit, eine Indianerolympia
de, die Entdeckung der «Zeichen Kat
chinas» und vieles mehr. Nebst den klei
neren Zelten, die als Unterkunft der
einzelnen Gruppen dienen, haben die
jungen Indianer zwei grössere Zelte
aufgeschlagen: Das eine bietet Platz
zum Kochen und für die Verpflegung
der vielen hungrigen Mäuler, während
das zweite, ein richtiges Tipizelt mit
Feuerstelle in der Mitte, der Ort für die
Stammessitzungen ist.
Dreissig junge Indianer namens «Black Foot» streifen durch die Triesner Wälder.
(Bilder: Emmi Wohlwend)
«Goldene Schlange» & Co.
Bereits am ersten Indianertag haben
sich sowohl die Kinder als auch die
Leiterinnen und Leiter einen Namen
ausgesucht: Wohlklingend und auf
den eigenen Köchern verewigt gibt es
da die «Goldene Schlange», den
«Blauen Fuchs», die «Feuerflamme»,
die «Aufgehende Sonne» und viele
mehr. Sie alle leben in dieser Woche
als Geschwister der Natur - der Men
schen, Tiere und Pflanzen.
Und so waren wir denn auch als gut
gesinnte Bleichgesichter fUr eine kur
ze Zeit willkommen. Aber nur unter
dem Vorbehalt eines kleinen India
ners, dass wir ihren genauen Aufent
haltsort geheim halten müssten.
Trotz des guten Drahtes des Medi
zinmannes «Hairy Horse» und von
«Aufgehende Sonne» machte der
Sonnentanz bisher keinen Eindruck
auf die Wettergötter. «Ein bisschen
besser wäre es schon, wenn es nicht
immer regnen würde», meinte ein jun
ger Indianer mit schwarzen Haaren.
Doch das schlechte Wetter schien die
«Black Foots» nicht wirklich zu
stören. Kurz nach unserem Eintreffen
machten sie sich gestern Nachmittag
an den Bau von mehreren Marter-
pfahlen. Und damit war es höchste
Zeit für uns Bleichgesichter das
«Black Foot»-Reservat schleunigst zu
verlassen.
Leserbriefe
Karibikurlaub
entspricht
Pkw-Kilometern
Die weiten Distanzen, das rasche Wachs
tum und die niedrigen Preise machen
den Flugverkehr - und gerade auch die
Urlaubsfliige - zunehmend zum Klima
problem.
Ferienzeit, Reisezeit, ßr viele Men
schen auch Flugzeit. Flugreisen und
Umweltschäden - ein Tabu? Nur wenige
Urlauberinnen sind sich bewusst, dass
sie mit einem einzigen Femflug so viel
Energie verbrauchen wie mit dem Auto
bei einer jährlichen Fahrleistung von
12 000 Kilometern. Man rechnet mit et
wa sechs Litern Kerosin je 100 Perso
nenkilometer. Dies ist eine ähnliche
Grössenordnung wie beim Benzin-/Die-
selverbrauch im Pkw-Verkehr. Doch ist
zu bedenken, dass die Abgase in grosser
Höhe deutlich grössere Umweltschäden
anrichten als in Bodennähe. Nach dem
aktuellen Fachbericht des IPCC (Inter
governmental Panel or\ Climate Change
der UNO) können wir davon ausgehen,
dass die direkte Klimabelastung aus der
Verbrennung von Kerosin etwa dreimal
so hoch ist wie die Verbrennung von Bo
dentreibstoff. Die Klimabelastung der
Urlaubsreise eines Paares in die Karibik
erreicht deshalb eine ähnliche Grössen
ordnung wie 100 000 mit dem Auto ge
fahrene Kilometer.
In den letzten Jahren hat der Flugver
kehr stärker zugenommen als der Stras
senverkehr. Dennoch gibt es auf Aus-
landsflügen keine steuerliche Belastung
des Flugtreibstoffes. Wäre eine den Um
weltschäden angepasste fiskalische
Belastung des Flugtreibstoffes - eine
alte Forderung der Verkehrs-Clubs - auf
internationalem Niveau nicht endlich
angebracht? Und warum soll auf die
Flugtickets nicht auch Mehrwertsteuer
erhoben werden wie auf andere Dienst
leistungen und Produkte? Doch auch
jede und jeder persönlich können wir
unseren Beitrag leisten: Wählen wir doch
einfach nähere Ferienziele und die Bahn
als Ferien-Transportmittel. Denn um ei
ne Person zu transportieren, benötigt die
Bahn nur etwa ein Zehntel der Energie
des Flugzeugs bei gleicher Distanz. Und
falls der Flug wirklich sein muss: Die
Autofahrt zum Flughafen ist statistisch
betrachtet der geßhrlichste Teil des
Flugs. Wesentlich sicherer werden An-
und Abreise bei Verwendung öffentli
cher Verkehrsmittel.
VCL Verkehrs-Club Liechtenstein,
Vorstand
Ausweg aus einer
gefährlichen
Stagnation?
Lange habe ich mich öffentlich nicht
mehr zum Thema Schulstrukturreform
geäussert. Dafür habe ich alles im Detail
verfolgt. Leider musste ich feststellen,
dass die Bildungsdiskussion genau das
gleiche Niveau wie die Verkehrs-, Kran
kenkassen- und Mobiltelefonieausein-
andersetzung erreicht hat. Ich hatte die
Hoffnung, dass wenigstens die Bildung
davon verschont bliebe. Ich bin ent
täuscht worden. Die Auseinanderset
zung war zum grossen Teil geprägt von
Unkenntnis, Uninformiertheit, fehlen
dem Hintergrundwissen, bewussten oder
unbewussten Falschdarstellungen,
falschen Vergleichen, Verhinderungstak
tik, Parteipolitik, Fraktionszwang und
sogar von Böswilligkeit. Der Landtag
hat noch das Pünktchen auf das i gesetzt,
indem bei der Abstimmung über den
Antrag von Peter Sprenger, der wenigs
tens noch Schulentwicklung beinhaltet
hätte, noch falsch gezählt wurde. Abge
ordnete des Landtages und ein anwesen
der Zuhörer haben bestätigt, dass sich 13
Abgeordnete für diesen Antrag ausge
sprochen hätten.
Zuletzt versteigt sich der Gymnasial-
lehrpersonenverein in seiner «objekti
ven» Stellungnahme zur Aussage, dass
ein grosser Teil der Reallehrer und Real
lehrerinnen gegen eine Strukturreform
sei Die Stellungnahmen, eine Umfrage
und der Realschulinspektor bestätigen
genau das Gegenteil. Jetzt ist gezielte
Weiterentwicklung schwierig geworden.
Jetzt wird der laufende Prozess unge
steuert weitergehen. Es genügt eigentlich
ein einziger Blick auf das diesjährige
Übertrittsverfahren, auf die Lehrstellen
suche und die Zuweisungen in die Pri
vatschulen. Allein aus diesen Fakten
kann man die Unzufriedenheit der Be
völkerung mit dem heutigen Schubys-
tem ablesen. Was mich aber am meisten
beunruhigt, ist die Tatsache, dass kein
einziger Vorschlag gemacht wurde, der
die vielen bestehenden Probleme (zu
frühe Selektion, Niveauverlust, fehlende
individuelle Förderung, Run auf das
Gymnasium und entsprechende hohe
Ausfallquote, Mangel an guten Schülern
und Schlilerinnenyfilr die Realschule,
Mangel an qualifizierten Lehrlingen für
Industrie, Gewertü*und den Dienstleis
tungssektor, fehlte Akzeptanz der
Oberschule, BenaäiKdigungen von
ganzen Gruppen&losen würde. Im
Landtag wurden sogar viele Fragen for
muliert, die im Bericht und Antrag aus-
ßhrlich und fundiert beantwortet sind.
In einer solchen Debatte gibt es keine
Sieger und Verlierer, sondern nur äus
serst betroffene Jugendliche.
Für alles gibt es Kompromisse. Daßr
muss man auch offen sein, wenn diese
auch eine klare Verschlechterung dar
stellen. Ich halte den Vorschlag der Re
gierung nach wie vor für die beste Lö
sung. Die erfolgreichsten Schulen in Eu
ropa sind heute beinahe alle kooperativ
oder integriert organisiert. Davon'kann
sich auch das sogenannte Forum Schul
struktur vor Ort überzeugen. Theoreti
sche Diskussionen helfen nicht weiter.
Auch im offenen Brief an Regierung
und Schulamt gibt es von diesem Forum
keine neuen Vorschläge, welche nicht
schon in Bearbeitung sind, bereits
durchgeführt oder geprüft wurden. Auch
die Übertrittskommissiön und der
Schulrat kommen zum Schluss, dass es
ohne strukturelle Änderungen nicht
geht. Dabei muss in erster Linie die För
derung nach späterer Selektion für das
Gymnasium erfüllt werden. Selbstver
ständlich müssen die inneren Reformen
weitergeßhrt werden., Wenn ich jetzt hö
re, dass man zuerst die Sekundarstufe II
reformieren könne (Zeitdruck wegen
Maturaanerkennung?), dann geßllt mir
das überhaupt nicht, für'das Schulamt
ist es bestimmt möglicfi, in den nächsten
sechs bis acht Monaten die aufgeworfe
nen Fragen zu beantworten und ein mo
difiziertes Modell vorzuschlagen. Die
Reform der Sekundarstufe II wurde jetzt
so lange vor allem im Gymnasium mit so
wenig Eile behandelt, dass es jetzt aufein
paar Monate auch nicht mehr ankommt.
Der neue Landtag Ijkqirmjann das Ge
samtpaket behandeln} im» sicher auch
Sinn macht. Wenn rtian cm ganzen Dis
kussionen auf einen Nenner bringt, so
stören sich , die meisten Gegner daran,
dass die Dreigliedrigkeimnt 6. und 7.
Schuljahr aufgehoben wirft. Wer den Be
richt genau gelesen I
stellen, dass der Vori
die niveauunterkm
und E vorsieht \ur,
Klassen als Kleingr
kann. Wenn diese faitisc^
keit zuwenig btßdann i
ste'doch fest
er Regierung
Klassen G
[eine der G-
Uftrt werden
Oreigliedrig-
isman in der
neuen Sekundärschule wohl oder übel
drei niveauunterschiedliche Stammklas
sen (B, G, E) ßhren. Nach meiner Mei
nung bedeutet dies ein Rückschritt ge
genüber dem Vorschlag.der Regierung..,
Es ist aber immer noch ein grosser Fort- '
schritt im Vergleich zur heutigen Struk
tur. Man muss dann in Kauf nehmen,
dass an kleineren Standorten eine der
drei Stammklassen nicht geßhrt werden
kann. Die Jugendlichen können aber
länger vor Ort zur Schule gehen, müssen
sich nicht durch ein so langes Gymnasi
um durchquälen (Motivationsproble
me), können im Niveauunterricht in Eng
lisch und Mathematik (oder auch mehr
Fächer) und in den Wahlßchem den
Unterricht, der ihren Fähigkeiten ent
spricht, besuchen, können im 6. und 7.
Schuljahr alle in die gleiche Schule ge
hen und niemand wird benachteiligt und
stigmatisiert, haben viel länger offene
Perspektiven und müssen um zwei Jahre
später den Schulkarriereentscheid tref
fen. Auch diese kooperative Schule lässt
kleinere Schulzentren zu, was ja in der
Diskussion auch immer gewünscht wird.
Ich hoffe sehr, dass es möglichst schnell
zu Veränderungen kommt, damit das
liechtensteinische Bildungswesen aus
seiner Stagnation herauskommt. Jetzt ist
klar geworden, dass es eine breitangeleg
te Informationsoffensive braucht, um ei
nem so grossen und wichtigen Reform
vorhaben zum Durchbruch zu verhel
fen. Ich möchte mir als Mitverantwortli
cher ßr das liechtensteinische Bildungs
wesen nie den Vorwurf gefallen lassen
müssen, dass ich nicht frühzeitig auf die
vielen Probleme hingewiesen und Lö
sungsvorschläge gemacht hätte.
Eines ist ßr mich klar, wie auch auf
politischer Ebene entschieden wird, der
taufende Prozess, der im Moment allein
von den Erziehungsberechtigten gesteu
ert wird, wird weitergehen.
William Gemer, Eschen
Einstimmen In die
internationale
Kakophonie
Manche Leser der Liechtensteiner Ta
geszeitungen müssen sich am Mittwoch,
12. Juli2000, ungläubig die Augen gerie
ben haben. Das «Vaterland», Parteiblatt
der Vaterländischen Union (VU), und
das «Volksblatt», Organ der Fortschritt
lichen Bürgerpartei Liechtenstein
(FBPL), glänzten in Wort und Bild mit
dem gleichen Aufmacher und überboten
k
sich gegenseitig mit Negativ-Schlagzei
len über Geldtransaktionen des franzö
sischen, ehemals staatlichen Erdölkon
zems Elf-4quitaine ßberliechtenstein-
sdte^t^kn. tyim gfekhen dreispalti-
hep Farbbild mit dem Signet von «Elf»
lautet der Vaterland- Titel:«Mehrere Mil
liarden Franc ßr Schmiergeld-Zahlun
gen», Untertitel: «Schwarze Konten von
Elf-Aquitaine in Liechtenstein», jener
des Volksblatt: «Schwarze Konten von
Elf-Aquitaine in Liechtenstein», Unterti
tel: «Brisante Aussage des ehemaligen
Elf-Spitzenmanagers Andri Tarallo».
Erst bei der Lektüre merkt selbst der
geneigte Leser, dass es sich um einen
ebenfalls identischen, von beiden Re
daktionen kaum bearbeiteten Agentur
text handelt, der sich auf Veröffentli
chungen einer französischen Tageszei
tung über ein laufendes Verfahren be
zieht Wer das Thema verfolgt hat, weiss
darüber hinaus, dass Liechtenstein ne
ben der Schweiz und anderen Finanz
plätzen vom französischen Konzern
möglicherweise benützt (oder miss
braucht?) wurde, um Geldtransaktionen
abzuwickeln, die - wie sich heute
herauszustellen scheint - mindestens
zweifelhaften Charakters waren. Er hat
weiter vernommen, dass Liechtenstein
und ebenso die Schweiz im Rahmen der
internationalen Rechtshilfe selbstver
ständlich Hand bieten, um die laufenden
Untersuchungen zu unterstützen.
Abgesehen davon, dass es zu den nor
malen Dienstleistungen von Banken auf
der ganzen Welt gehört, Gelder entge
genzunehmen, zu verwalten oder zu
transferieren und abgesehen auch von
der Tatsache, dass es sich bei Elf Aqui
taine um einen grossen, internationalen
Konzern handelt, den grundsätzlich je
des Geldinstitut in Europa gerne zu sei
nen Kunden zählt, werden die laufenden
Gerichtsverfahren weisen, ob es sich bei
den erwähnten Transaktionen um recht
lich korrekte oder eben umstrittene Ope
rationen des Konzerns handelte.
Umso fragwürdiger erscheint es uns,
dass sich nun ausgerechnet die Liechten
steiner Zeitungen gegenseitig darin
überbieten, mit umstrittenen und reisse-
rischen Schlagzeilen lautstark in die
konzertante internationale Kakophonie
über den Finanzplatz Liechtenstein ein
zustimmen.
Internationaler Liechtensteiner
Presseclub (LPC)
Walter-Bruno Wohlwend,
Präsident; Günther Meier,
Generalsekretär
V