Liechtensteiner Volksblatt
Wirtschaft
Mittwoch, 12. Juli 2000 9
Nachrichten
Jelmoli Gruppe steigert
Halbjahresumsatz
ZÜRICH: Die neu auf die Bereiche Detailhan
del und Immobilien fokussierte Jelmoli Gruppe
hat im 1. Halbjahr den mit dem Vorjahr ver
gleichbaren Umsatz um 6 Prozent auf 463,9
Mio. Fr. gesteigert. Um Devestionen bereinigt
betrug das Umsatzwachstum noch 1,1 Prozent.
Dies teilte die Jelmoli Holding gestern mit. Auf
grund der «anhaltend robusten Verfassung der
Konsumentenstimmung» geht die Jelmoli-
Filhrung von einer weiterhin günstigen Markt
situation aus. Dies eröffne allen Detailhandels
gesellschaften der Gruppe im zweiten Halbjahr
gute Umsatzchancen. Die Mieterträge würden
aufgrund von Erstvermietungen, gestaffelten
Mindestmieten und substantiellen Umsatzmiet
erträgen auch im zweiten Halbjahr 2000 weiter
zulegen. Auch durfte das angestrebte Gewinn
wachstumsziel von 5 bis 10 Prozent im ersten
Halbjahr erreicht worden sein. Dazu hätten alle
Geschäftssparten beigetragen.
Atel übernimmt
deutsche GAH-Gruppe
ÖLTEN: Die Aare-Tessin AG für Elektrizität
(Atel) übernimmt rückwirkend auf den 1. Janu
ar 2000 die deutsche GAH-Gruppe mit Sitz in
Heidelberg. Der Stromkonzern weitet damit
parallel zum Stromhandel auch das Energie-
Service-Geschäft auf Europa aus, wie die Atel
am Dienstag mitteilte. Die GAH-Gruppe ist in
Deutschland einer der grossen Dienstleister in
den Bereichen Gebäudetechnik und Gebäu
demanagement sowie Energieversorgungstech
nik, Industrie-/Anlagetechnik und Kommuni
kationstechnik. Das Unternehmen erzielte 1999
einen Umsatz von über 1,3 Milliarden Mark,
rund 1,040 Milliarden Franken und beschäftigt
rund 5000 Personen. Die GAH-Gruppe verfügt
in Deutschland über ein flächendeckendes Netz
von Tochtergesellschaften und Niederlassun
gen. Als Verkäuferin tritt die Deutsche Beteili-
gungs AG auf. Über den Kaufpreis wurde Still
schweigen vereinbart.
Vögele Reisen: Partner
von EPA und Kiosk AG
ZÜRICH: Die beiden Detailhändelsunterneh-
men EPA und Kiosk AG wollen ihr gemeinsa
mes Direktreisegeschäft intensivieren. Zu die
sem Zweck haben sie eine Kooperation mit
Vögele Reisen vereinbart. Die bis anhin für die
Direktreise-Aktivitäten von EPA und Kiosk
zuständige Qualitours werde in Vögele Reisen
integriert, teilten die drei Unternehmen am
Dienstag in einem gemeinsamen Communiquö
mit. Die beiden Detailhandelsunternehmen
EPA und Kiosk AG stellen ihr Verkaufspunkte-
Netz zur Verfügung. EPA und Kiosk AG sind
seit Anfang dieses Jahres mit ihrem Distribu
tionsnetz auch im Direkt-Reisegeschäft tätig.
Die Zusammenarbeit mit Vögele Reisen, dem
Direktverkaufsanbieter der ITV (Imholz-Hii-
Vögele) stärke die Stellung, heisst es.
Südkorea: Einigung im
Bankenstreik
SEOUL: Ein Streik im südkoreanischen Finanz
sektor ist gestern nach wenigen Stunden zu Ende
gegangen. Vertreter der südkoreanischen Regie
rung und der Bankengewerkschaften einigten
I sich auf ein Abkommen über die Entwicklung der
j Finanzindustrie. Der Proteststreik gegen Reform
pläne der Regierung werde danach offiziell für
beendet erklärt, erklärte der Vorsitzende eines
Dreierausschusses aus Regierung, Gewerkschaf
ten und Unternehmen in Seoul. Einzelheiten soll
ten am Mittwoch veröffentlicht werden. Zuvor
waren nach Angaben des Arbeitsministeriums
mit etwa 16000 Beschäftigten in 14 südkoreani-
schen Geldinstituten weit weniger dem Streik
aufruf gefolgt als erwartet. Aufgerufen waren
etwa 63 000 Mitarbeiter in 24 Instituten. Der
Streikaufruf richtete sich gegen weitere Restruk-
turierungsmassnahmen der Regierung. Nach Be
richten koreanischer Medien einigten sich beide
Seiten auf die Notwendigkeit der geplanten Ein
führung von Finanz- Holdinggesellschaften, unter
deren Dach mehrere Banken kontrolliert wer
den. Die Regierung wolle sich jedoch verpflich
ten, in das Management von Banken nicht mehr
zu intervenieren und keinen Druck zu Banken-
zusammenschlüssen auszuüben. Die Gewerk
schaften befürchten, dass es durch die Zulassung
der Holdings zu weiteren Bankenfusionen und
damit zu einem massiven Stellenabbau kommen
wird. Seit der schweren Finanzkrise 1997 und
> 1998 verloren Zehntausende von Beschäftigten
| in der Industrie durch die Fusion zahlreicher an-
1 geschlagener Banken ihre Stellung.
Position in Italien gestärkt
SAirGroup: Partnergesellschaften unter dem gemeinsamen Dach von Volare Group
MAILAND: Die SAirGroup
beteiligt sich an der neuen
Dachgesellschaft der italieni«
sehen Fluggesellschaften Air-
Europe und Volare Airlines
mit 49,9 Prozent. Die neue
Muttergeseilschaft Volare
Group hat sich gestern in Mai
land der Presse vorgestellt.
«Wir sind sehr glücklich Uber das
Verhandlungsresultat», erklärte
Axel Kaufmann, Projektleiter der
SAirGroup. Wenn der geeignete
Moment gekommen sei, wolle seine
Gruppe die Aktienmehrheit über
nehmen, sagte er auf Nachfrage der
Nachrichtenagentur sda.
In der Volare Group treten die
Fluggesellschaften AirEurope und
Volare Airlines weiterhin unter ei
genem Namen auf. Unter dem ge
meinsamen Dach der Finanzhol
ding wollen sie aber in Zukunft sehr
eng zusammenarbeiten. Nach eige
nen Angaben wird die Volare
Group zur zweitwichtigsten natio
nalen Fluggesellschaft nach Alitalia,
im Sektor der Charterflüge sogar
zur Nummer eins.
Qualiflyer-Grupe
An der Volare Gruppe sind neben
der SAirGroup mit 49,9 Prozent die
Aktionäre von Volare Airlines mit
35,1 Prozent, Gino Zoccai (Präsi
dent Volare Group) und andere In
vestoren mit 15 Prozent beteiligt.
Die SAirGroup war bereits zuvor
an der Air Europe (mit 45 Prozent)
und an der Volare Airlines (mit 34
Prozent) beteiligt gewesen. Beide
Unternehmen gehören der Qualif-
lyer-Gruppe der SAir an.
Die Volare Airlines gehört zu 100
Prozent der Muttergesellschaft, die
Air Europe zu 89,91 Prozent. An
der neuen Airline Managment
Company Italia (AMCI) hält die
Vincenzo Soddu, Managing Direktor der Volare Group, sitzend, und Gino Zoccai, Chairman der Volare Group ga
ben gestern in Mailand die Gründung einer neuen Finanzholding der Volare Airline und Air Europe bekannt. Die
SAir Group ist an der Volare mit 49,9 Prozent beteiligt. Links M. Spitz, Vizepräsidentin Alliances der SAir Group.
Volare Group 51 Prozent, die SAir
Group die restlichen 49 Prozent.
Die AMCI wird von Walter Vol-
lenweider, dem Senior Vice Presi
dent der SAir Qualiflyer Group,
präsidiert. Es gehe darum, mit der
AMCI ein optimales Netz im Be
reich Verkauf und Marketing aufzu
bauen, sagte er. Swissair und Sabena
seien in das Konzept einbezogen.
Ein entsprechender Call-Center in
Mailand stehe bereits.
Rund 800 Millionen Franken
Umsatz
* Der Präsident der Volare Group,
der 38-jährige : Unternehmer Gino
Zoccai, bezifferte den zu erwarten
den Jahresumsatz auf knapp 1000
Milliarden Lire (rund 800 Millionen
Franken). Das Geschäftsergebnis
für das Jahr 2000 werde allerdings
voraussichtlich mit einem Minus
von 57 Mrd. Lire (43 Mio. Franken)
abschliessen.
Air Eurtjpe erwirtschaftete 1999
einen Umsatz von 571 Mrd. Lire
(430 Mio. Franken) und - vor allem
als Folge des Umzugs zum neuen
Mailänder Flughafen Malpensa -
Verluste von 40 Mrd. Lire (32 Mio.
Fr.). Volare Airlines einen Umsatz
von 154 Mrd. Lire (123 Mio. Fr.) und
laut Zoccai einen Gewinn von 2
Mrd. Lire (1,6 Mio. Fr.).
Die Volare Group unterhält eine
Flotte von 24 Flugzeugen, davon 18
Airbus A 320/A 321. Angeflogen
werden im Liniengeschäft alle wich
tigen Destinationen in Italien sowie
wichtige ausländische Ziele in Ku
ba, Japan, Sri Lanka und Kenya. Die
sechs Boeing im Langstreckenver-
kehr sollen bis 2002 durch Airbus A
330 ersetzt werden.
Kein «Killertum»
In den bisherigen Gesellschaften
arbeiten 812 (Air Europe) bezie
hungsweise 290 Personen (Volare).
Die Volare Group mit ihren 1102
Beschäftigen werde im Personalbe
reich «kein Killertum» betreiben,
sagte der Verwaltungsratsdelegierte
Vicenzo Saddu. Aber wenn gespart
werden könne, werde man dies
natürlich tun.
Rekordhoch von 1467 Reklamationen
Bankenombudsman war 1999 mit einem Viertel mehr Anfragen konfrontiert
ZÜRICH: Der schweizerische Ban
kenombudsman hat im letzten Jahr
viel Arbeit auf den Usch bekom
men. Die Zahl der Anfragen und
Beschwerden ist um einen Viertel
gestiegen. Insgesamt hatte das
Team der Schlichtungsstelle 1467
Begehren zu bearbeiten.
Der Schweizerische Bankenom
budsman Hanspeter Häni führte die
Zunahme gestern vor den Medien
in Zürich auf verschiedene Fakto
ren zurück: Einerseits sei dies ein
Vertrauensbeweis des Publikums an
die Stelle.
Andererseits habe aber auch die
Zahl der Transaktionen zugenom
men. «Mehr Leute handeln mit Ak
tien, dazu werden immer mehr
Bankgeschäfte im Internet abge
wickelt.» Schon im Vorjahr war die
Zahl der Anfragen auf ein Rekord
hoch gestiegen.
Die Banken sorgten entspre
chend ihrer Marktanteile beim Om-
budsman für Fälle, sagte Häni. Bei
76 von total 730 schriftlich bearbei
teten Anfragen verlangte der Om-
budsman von der Bank eine voll
umfängliche Korrektur beziehungs
weise Entschädigung, heisst es im
Jahresbericht. Weitere 70 Klagen
seien teilweise begründet gewesen
und endeten in einem Kompromiss.
Banken lenkten ein
Die Banken seien fast ausnahms
los bereit gewesen, den Erwägungen
und Empfehlungen des Ombuds-
mans zu folgen. Vor allem Kleinkun
den wenden sich gemäss Häni an die
Stelle. Bei den 11 Prozent Ge
schäftskunden handle es sich zu
meist um Einzelfirmen. 57 Prozent
Der Bankenombudsman Hanspeter Häni arbeitet in einer «Wachstums-
branche». 1999 landeten 1467 Reklamationen auf seinem Tisch.
der Anfragen stammen aus der deut
schen Schweiz, 14 Prozent aus der
Westschweiz, 4 Prozent aus demTes-
sin und 25 Prozent aus dem Ausland.
Recht häufig stehe der Aufwand
zur Klärung eines Sachverhaltes
oder zur Erarbeitung eines Lö
sungsvorschlages in keinem Ver
hältnis zum Streitwert, sagte Häni.
Es gehe aber nicht darum, sondern
in erster Linie um das Vertrauen in
die Banken.
Wortwahl ausschlaggebend
Er stelle nicht eine generell
schlechtere Dienstleistungsqualität
bei den Banken fest, sagte Häni. Es
komme auf die einzelnen Personen
und zum Tfeil auch auf die nicht im
mer geschickte Wortwahl darauf an.
So verwendete zum Beispiel eine
Bank das Wort «büssen», um den
Kunden mitzuteilen, dass Einzah
lungen per Einzahlungsschein künf
tig kosten werden. Häufig führe es
dazu, dass seine Stelle beigezogen
werde, wenn Reklamationen nicht
ernst genommen würden.
Auffällig sei der Zuwachs von
schriftlichen Anfragen, sagte Häni.
Die Zahl der telefonischen Aus
künfte habe bei 650 stagniert. Hin
gegen nahmen die weit aufwendige
ren schriftlichen Anfragen um 60
Prozent auf 730 zu.
600 Anfragen bei
nachrichtenlosen Vermögen
Im . Bereich «Nachrichtenlose
Vermögenswerte» seien 1999 rund
600 Suchbegehren eingegangen,
sagte Stefan Peter, Leiter der- An
laufistelle für nachrichtenlose Ver
mögen beim schweizerischen Ban
kenombudsman. Insgesamt 16 Fälle
waren dabei erfolgreich. Insgesamt
seien seit 1996 Werte in der Höhe
von 21,5 Mio. Franken sowie neun
Schliessfächer von den Banken als
passend gemeldet worden, sagte
Stefan Peter. Übereinstimmungen
habe es in 82 Fällen gegeben.
Die Anlaufeteile nimmt Formulare
der Anfrager entgegen und leitet die
se den Banken in Listenfdrm zur Ab
klärung weiter. Findet die Bank eine
mögliche Übereinstimmung, über
gibt die Anlaufstelle das Dossier des
Anfragers zur weiteren Prüfung.
Die Stiftung Schweizerische Ban-
kenombudsstelle wird von den Ban
ken finanziert und geht auf eine
Initiative der Schweizerischen Ban
kiervereinigung zurück. Ihr steht
keine Zwangsmittel zur Verfügung.