Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

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Liechtensteiner Volksblatt 
Magazin 
Freitag, 7. Juli 2000 17 
Der Sternenhimmel im Juli - Von Dr. Emma Hahn vom Astronomischen Arbeitskreis 
Auch im Juli bietet der Nachthim 
mel wiederum die Möglichkeit, 
viel Interessantes zu beobachten. 
Bei guter Witterung lassen sich in 
diesem Monat Planeten, Stern 
schnuppenströme wie auch Stern 
bilder ausgezeichnet beobachten. 
Lesen Sie dazu nachstehenden 
Beitrag, verfasst von Dr. Emma 
Hahn vom Astronomischen Ar 
beitskreis Fürstentum Liechten 
stein, der Einblick in Geschehnis 
se am Himmel in diesem Monat 
gibt. 
Dr. Emma Hahn 
Eine totale Mondfinsternis und zwei 
partielle Sonnenfinsternisse werden im 
Juli 2000 zwar von der Erde aus beob 
achtbar sein, nicht aber von Mitteleuro 
pa aus. So war eine partielle Sonnenfins 
ternis am 1. Juli nur von südlichsten 
Gegenden'Südamerikas und dem Pazi 
fik aus zu sehen, und die andere partiel 
le Sonnenfinsternis am 31. Juli vom ho 
hen Norden aus, also fast ausschliesslich 
von arktischen Gebieten aus beobacht 
bar. Dabei wird nahe der Westküste 
Grönlands die Bedeckung des Sonnen- 
scheibendurchmessers durch die Neu 
mondscheibe immerhin maximal 60 
Prozent betragen, während es am 1. Juli 
nur 48 Prozent waren. Auch die totale 
Mondfinsternis am 16. Juli ist von uns 
aus unbeobachtbar. An der Westküste 
Amerikas, in Mexiko oder in Australien 
oder auf Hawaii müsste man sein, um 
mitansehen zu können, wie der Erd 
schatten über die Vollmondscheibe 
streicht. 
Der Sonnenlauf 
Die Sonne hat den höchsten Punkt 
ihrer scheinbaren Bahn zwar schon vor 
, gut einer Woche durchschritten, ihre 
Strahlen jedoch treffen in unseren Brei 
ten immer noch steil auf die Erdober 
fläche, weshalb die Wirkung des Son 
nenscheins auch viel intensiver ist als im 
Herbst oder gar im Winter, wenn die 
«Strahlenquelle» viel tiefer am Himmel 
steht. Sie wird in das Tierkreiszeichen 
Löwe am 22. Juli um 15 Uhr eintreten 
und damit das Tierkreiszeichen Krebs 
verlassen, in welchem sie sich seit 21. Ju 
ni befunden hat. Kurz vorher gelangt sie 
in das Gebiet des Sternbildes Krebs, 
nämlich am 20. Juli um 12 Uhr. 
Der Mondlauf 
Die eingangs erwähnten Sonnenfins 
ternisse, auch wenn sie nur «partiell» 
sind, können nur um die Zeit des Neu 
mondes stattfinden. So haben wir im 
Monat Juli 2000 tatsächlich zweimal 
Neumond, nämlich am 1. um 21.20 Uhr 
und am 31. um 4.25 Uhr. Vollmond hin 
gegen ist am 16. um 15.55 Uhr. Dann ist 
gerade die Mitte der totalen Mondfins 
ternis, aber nur von den oben genann 
ten Gebieten aus sichtbar. Bei uns geht 
der Vollmond am 16. erst nach 21.30 
Uhr auf, je nachdem wie unsere Berge 
den Blick auf ihn freigeben oder aber 
Wolken uns die Sicht auf unseren wich 
tigen Trabanten nehmen. 
Die Planetensichtbarkeit 
Der flinke Merkur, ein selten zu be 
obachtender Planet, wird erst in den 
letzten Julitagen, also ab 28., tief am 
Nordosthorizont ab 4.30 Uhr zu er 
spähen sein, gegen 5 Uhr wird er bereits 
in der Morgendämmerung verblassen. 
Venus bleibt noch für uns unbeobacht 
bar und auch Mars zieht mit der Sonne 
über den Taghimmel. Dafür aber er 
freuen uns die beiden Gasriesen Jupiter 
und Saturn, die sich am 27. Juli gegen 4 
Uhr früh mit der abnehmenden Mond 
sichel, die nahe bei Aldebaran steht, ein 
Rendezvous, geben wobei Jupiter schon 
näher ans Goldene Tor der Ekliptik ge 
kommen ist, als Saturn. Die beiden of 
fenen Sternhaufen Plejaden und Hya- 
den stellte man sich als die Säulen die 
ses goldenen Tores vor, durch welches 
die Sonne auf ihrer scheinbaren Bahn 
jährlich einmal hindurchkommen muss, 
oder anders gesagt, durch welches die 
Ekliptik führt. So kommen denn auch 
die Planeten durch dieses Goldene Tor, 
wie jetzt Jupiter, der schon dabei ist ein 
zudringen, während man von Saturn, 
der jetzt ebenfalls Planet des Morgen- 
himmels ist, sagen kann, dass er noch an 
der Schwelle zum Goldenen Tor sich 
befindet. Sternfreunde werden sich das 
Androrneda 
Wassermann 
9906 2304 
Pegasus Ke P^ eus Drache 
Schwan 
Herkules 
Schlangenträger 
Steinbock 
Schlange 
/ Schütze 
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Skorpior 
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Datum 27. Juli gewiss merken, um ge 
gen 4 Uhr nach Osten schauend den fas 
zinierenden Himmelsanblick zu gemes 
sen, vielleicht auch Fotos zu machen. 
Periodische 
Sternschnuppenströme 
Wenn auch immer mit Unsicherheit 
behaftet, so sap|imauf das zu erwar 
tende Maximum aer Delta-Aquariden 
hingewiesen, das am 27. Juli in den 
frühesten Morgenstunden, also bereits 
bald nach Mitternacht angeblich auftre 
ten wird. Die «Sternschnuppen» schei 
nen aus dem Wassermann, südlich des 
beliebten und bekannten Sommerdrei 
ecks sich erstreckend, zu kommen. Nur 
zwei Tage später, aber ebenfalls nach 
Mittemacht, sollten aus dem westlich 
davon gelegenen Bild des Steinbocks 
die Alpha-Capricorniden ihr Maximum 
zeigen. Ihre sporadische Sichtbarkeits 
dauer liegt zwischen 14. Juli und 9. Au 
gust. 
Der Fixsternhimmel 
«Frühlingssternbilder ade» kann man 
nun sagen, es hat ja auch schon der 
Sommer Einzug gehalten. So sieht man 
im Westen zwar noch Reste des Stern 
bildes Löwe, dessen Hauptstern Regu- 
lus ist aber bereits untergegangen. Tief 
im Südwesten schimmert bläulich Spi- 
ca, der Hauptstern der Jungfrau, höher 
am Westhimmel aber leuchtet der rote 
Arkturus, der Hauptstern des Bootes. 
Nicht weit davon, nur etwas näher zur 
Himmelsmitte, der Halbkreis der Nörd 
lichen Krone mit dem Hauptstern 
Gemma. Noch ein wenig den Blick he 
bend können wir den Grossen Wagen 
ausfindig machen. Der Wagenkasten 
scheint an der Deichsel zu hängen. Sei 
ne beiden letzten Sterne geben uns 
nicht nur die Richtung zur Polaris, zu 
gleich Anfangsstern der Deichsel des 
Kleinen Wagens, sondern helfen uns, 
diese Verbindungslinie nach einem klei 
nen Knick in Richtung Nordost weiter 
ziehen, auch noch mitten in das Grosse 
Himmels-W zu gelangen, was eine an 
dere Bezeichnung des Sternbildes Cas 
siopeia ist. Mit einiger Fantasie kann 
man sich die sagenumwobene äthiopi 
sche Königin vorstellen, wie sie dort in 
ihrem Nachen, auf den Wellen des Mee 
res schaukelnd, sitzt. 
Doch nun zum SUdosthimmel: 
Schnell ist das Sommerdreieck gefun 
den, das aus den Hauptsternen der Lei 
er, des Schwans und des Adlers gebildet 
werden kann, aus Wega, Deneb und 
Atair. Der berühmte Ringnebel liegt 
zwischen dem zweit- und dritthellsten 
Stern der Leierraute, also zwischen de 
ren beiden südlichsten Sternen. Darun 
ter, im Fernrohr gut zu sehen, der Ku 
gelsternhaufen Messier 56 und leicht 
südöstlich der zum Schwan gehörende 
Doppelstern Albireo. Den Südhimmel 
zieren der Schlangenträger mit der 
Schlange, tief im Süden, eigentlich in 
Horizontnähe die Tierkreise Sternbil 
der Skorpion und Schütze. In Richtung 
des Schützen befindet sich viel inter 
stellarer Staub, den jedoch infrarotes 
Licht und Radinwellen durchdringen 
können. In diesem Bereich hatte man 
das Zentrum unserer Milchstrasse ver 
mutet und konnte es dann mit moder 
nen Geräten in einer Entfernung von 
25 000 Lichtjahren ausfindig machen 
und beobachten. So wurde erkannt, 
dass sich bis zu einer Entfernung von 
fünftausend Lichtjahren vom Zentrum 
etwa 1 Milliarde Sonnenmassen befin 
den. Die Rotation erfolgt in diesem Be 
reich wie bei einem starren Körper. Die 
Erhitzung geschieht durch die UV- 
Strahlung des Kerns sowie durch Stoss- 
wellen. 
Russlands «Strasse zu den Sternen» ist holprig geworden 
Auf dem Weltraumbahnhof Baikonur in der Steppe Kasachstans herrscht nur noch wenig Betrieb 
BAIKONUR: Im einst stolzen russi 
schen Weltraumbahnhof Baikonur in 
der weiten Steppe Kasachstans herrscht 
knapp zehn Jahre nach dem Zerfall der 
Sowjetunion nur noch wenig Betrieb. 
Das magere Budget Russlands erlaubt 
keine prestigeträchtigen Weltraumpro 
jekte mehr, das Wettrennen mit den 
USA im All ist schon lange beendet. 
Günther Chalupa, dpa 
Auf dem knapp 100 Quadratkilometer 
grossen Areal und in der dazugehörigen 
Stadt ist die Ernüchterung darüber ein 
gekehrt, dass die glorreichen Zeiten 
vorbei sind. Dennoch, trotz des langsa 
men Zerfalls der nur noch selten ge 
nutzten Anlagen herrscht in der Bevöl 
kerung ein unverkennbarer Stolz. 
«Hier wurde so viel Geschichte ge 
schrieben», erklärt John Ellwood. Er ist 
einer der Leiter des europäischen Sa 
telliten-Projekts Cluster II, das der be 
währten russischen Trägerrakete Sojus 
anvertraut wurde. 
Er selbst sieht den Beweis für seine 
Behauptung fast täglich bei der Arbeit. 
Denn die Cluster-Fertigungsräume 
wurden in der riesigen Halle 112 unmit 
telbar neben einer verstaubten Energi- 
ja-Trägerrakete errichtet, auf der noch 
der mit viel Ehrgeiz und Industriespio 
nage gebaute Weltraumgleiter «Buran» 
(Schneesturm) ruht. 
«Natürlich kann die Buran jederzeit 
wieder stallen», sagt die Hallenwächte- 
rin Natascha mit ernster Miene. «Ich 
muss das allen Besuchern sagen», fügt 
sie lächelnd und entschuldigend hinzu. 
Neben der eingemotteten Kopie der 
US-Raumfähre hängt an der Wand ein 
übermaltes Lenin-Porträt, dessen Na 
me unter dem Slogan «Die Frage der 
Arbeitsdisziplin ist besonders wichtig» 
durchgestrichen und von einem unbe 
kannten Arbeiter gegengezeichnet 
wurde. 
Von Schlaglöchern übersät 
In einem anderen Teil der Halle ist 
sorgfältig Raketenschrott aufgestapelt, 
unter der angemahnten «Tagesdevise: 
Disziplin, Organisiertheit, Sorgfalt». 
Draussen in der Steppe ist die «Stras 
se zu den Sternen», wie die Betonpiste 
zwischen den Anlagen offiziell heisst, 
inzwischen von tiefen Schlaglöchern 
übersät. Abseits der nicht mehr gewar 
teten Piste verrotten Lagerhallen und 
Anlagen. 
«Bei uns würde man alles abreissen 
und Blumen pflanzen», meint Patrick 
Bonguet vom russisch-europäischen 
Raumfahrtunternehmen Starsem, ohne 
an die brütende Hitze über der Steppe 
zu denken. 
Erinnerungen an Sputnik 
Startplatz 5 ist der Ort, an dem Welt 
raumgeschichte geschrieben wurde. 
Von hier aus wurde am 4. Oktober 1957 
Sputnik ins All geschossen, hier startete 
am 12. April 1961 Juri Gagarin in einer 
Wostok-Raumkapsel zum ersten be 
mannten Flug ins All. 
Und nur wenige Kilometer weiter 
liegt Startplatz 6, von dem Walentina 
Tereschkowa als erste Frau zur Erdum- 
rundung in den Weltraum aufstieg. 
Nichts erinnert an diese Leistungen - 
keine Plakette, kein Denkmal. 
Gagarin-Statue 
Die Denkmäler und Plaketten sind 
dagegen in der Stadt Baikonur am Ran 
de des Areals anzutreffen, nachdem der 
Besucher die strengen Kontrollen an 
der von einer hohen Mauer umgebenen 
Stadt passiert hat. Zwischen verstaub 
ten Plattenbauten hebt die Gagarin- 
Statue beide Arme zum Firmament, nur 
Meter daneben überragt ein Sputnik 
t x 
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••Y.v • 
auf einem Obelisken die wenigen Bäu 
me. 
Fast verschämt wiederum stehen hin 
ter einem westlichen Luxushotel die 
Bäumchen, die von allen Kosmonauten 
nach ihrer Rückkehr auf die Erde in ei 
nem eigens eingerichteten Park ge 
pflanzt wurden. 
Der Pachtvertrag 
Und eine frisch lackierte Sojus-Rake- 
te erinnert daran, dass Baikonur An 
fang Juni den 45. Jahrestag seiner Grün 
dung gefeiert hat. Wie viele Geburtsta 
ge Baikonur noch feiern kann, steht 
vorerst in den Sternen. 
Denn Moskau hat das Gelände von 
der Regierung Kasachstans nur bis zum 
Jahr 2022 gepachtet - für jährlich. 115 
Millionen Dollar. Die Bewohner der 
russischen Enklave sind sich dieser Frist 
bewusst, hegen aber dennoch Hoff 
nung. 
Diese aber setzen sie nicht mehr in 
Moskau, sondern vielmehr in kapital 
starke westliche Firmen. «Die Anlagen 
sind da, es fehlt nur Geld», fasst Chef- 
Ingenieur Anatolij Bolotow zusammen. 
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Vom Wellraumbahnhof Baikonur aus wurde Weltraumgeschichte geschrieben. Auch die MIR startete von dort aus ins All.
	        

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