Liechtensteiner Volksblatt
Ausland
Mittwoch, 5. Juli 2000 23
Nachrichten
Athen muss täglich ho
hes Zwangsgeld zahlen
LUXEMBURG: Zum ersten Mal hat der Eu
ropäische Gerichtshof (EuGH) gestern ein ho
hes Zwangsgeld verhängt, um ein EU-Mit
gliedsland zur Einhaltung eines früheren Ur
teils zu zwingen. Das Urteil kostet' Griechen
land täglich 20000 Euro (31000 Franken). Die
Richter in Luxemburg verurteilten Athen zu
der Busse, weil Griechenland seit Jahren nicht
gegen eine wilde und gefährliche Müllkippe auf
der Insel Kreta vorgegangen ist. Die erste Be
schwerde gegen die Mülldeponie in einem im
Meer mündenden Bach bei der Ortschaft Cha-
nia ging,bei der EU-Kommission in Brüssel be
reits 1987 ein. Die Abfälle stammten aus Mi
litärstützpunkten, Spitälern und Industrieanla
gen und galten als gefährlich und gesundheits
schädigend.
Wälder in Europa
breiten sich aus
GENF: In Europa dehnt sich die Waldober
fläche weiter aus. Pro Jahr kämen eine halbe
Million Hektaren hinzu, hiess es am Dienstag in
einer Studie der UNO-Wirtschaftskommission
für Europa (ECE) und der UNO-Landwirt-
schaftsorganisation (FAO) in Genf. Mit der
jährlichen Ausdehnung könnte in acht Jahren
die Gesamtfläche der Schweiz bedeckt werden.
In den SS Ländern Europas, den USA und Ka
nadas sowie in Australien, Japan und Neusee
land ist demnach knapp die Hälfte der gesam
ten Oberfläche (2,5 Milliarden Hektaren) von
Wald bedeckt. In der Schweiz ist ein Drittel von
Wald bedeckt.
Kämpfe im Kongo
GENF: 10000 Personen.sind wegen des Wie
deraufflammens der Kämpfe in der Demokrati
schen Republik Kongo (Ex-Zaire) in das be
nachbarte Kongo-Brazzaville geflüchtet. Dies
gab das UNO- Flüchtlingshilfswerk (UNHCR)
am Dienstag in Genf bekannt. Zu den neuen
Flüchtlingen gehörten erstmals Bewohner der
Stadt Mbandaka im Zentrum des Landes, sagte
UNHCR-Sprecher Kris Janowski. Die Region
zähle viel mehr Einwohner als die anderen Re
gionen, aus denen in diesem Jahr bisher Bewoh
ner geflüchtet seien. Das UNHCR rechnet da
mit, dass bis zu 100000 Einwohner Mbandakas
flüchten könnten. Im Kongo-Brazzaville halten '
sich bereits zwischen 30000 und 40000 Flücht
linge aus der Demokratischen Republik Kongo
auf.
Zwei Tote bei Gefech
ten auf den Salomonen
HONIARA/SYDNEY: Bewaffnete Milizen auf
den Salomon- Inseln im Südpazifik haben sich
'am Dienstag erneut Feuergefechte geliefert.
Dabei starben zwei Menschen. Der erst am Frei
tag gewählte neue Ministerpräsident Mannes-
seh Sogavare forderte die verfeindeten Parteien
daraufhin zu Friedensgesprächen auf, wie der
staatliche australische Radiosender ABC aus
der Hauptstadt Honiara berichtete.
Auf den Salomonen stehen sich zwei Grup
pen gegenüber. Die Isatabu-Freiheitsbewegung
vertritt die Bewohner der Hauptinsel Guadal-
canal. Sie will die Siedler vertreiben, die von der
benachbarten Insel Malaita kommen. Deren In
teressen werden von den Malaita-Adlern mit
Waffengewalt-verteidigt. In dem seit mehr als 18
Monaten dauernden Konflikt sind nahezu 100
Menschen getötet worden.
Zuchtverbote für
Kampfhunde
BERLIN: In mehreren Bundesländern gilt ab
Ende der Woche ein Zuchtverbot für Kampf
hunde der Rassen Bullterrier, Pit Bull Terrier
und American Staffordshire Terrier. In Nieder
sachsen und Berlin soll zudem die Haltung die
ser Tiere und bestimmter Kreuzungen mit die
sen Rassen nach neuen Verordnungen ab Frei
tag nur noch nach einem «Wesenstest» für die
Hunde erlaubt werden. In Mecklenburg-Vor
pommern ist für die Haltung von gefährlichen
Hunden ab Samstag eine besondere Genehmi
gung nötig.
In Baden-Württemberg wird ein Zuchtverbot
nach Angaben des Innenministeriums Anfang
August in Kraft treten.'Der hessische Innenmi
nister will am Mittwoch eine neue Eilverord
nung gegen Kampfhunde erlassen. Das deut
sche Innenministerium und die Vertreter der
Bundesländer hatten sich bereits in der vergan
genen Woche grundsätzlich auf ein weitgehen
des Zuchtverbot für Kampfhunde geeinigt.
Drohgebärde gegenüber der EU
Österreichs Regierungsparteien beschlossen EU-Volksbefragung im Herbst
WIEN: Die österreichischen
Regierungsparteien haben am
Dienstag eine Volksbefragung
zu den EU-Sanktionen be
schlossen. Bundeskanzler
Woifgang Schüssel nannte als
mögliche Termine den 26. No
vember oder den 29. Oktober.
Sollten bis dahin aber die 14 ande
ren EU-Mitgliedländer ihre bilate
ralen Sanktionen gegen Österreich
aufheben, würde ein auch schon
eingeleitetes Referendum nicht
stattfinden, sagte Schüssel. Insge
samt enthält die Volksbefragung
sechs Punkte. Die sechs Fragen wer
den aber nicht einzeln, sondern in
einem Block mit Ja oder Nein zu be
antworten sein.
Nach sechs Stunden Beratung
Der Entscheid des Koalitionsaus
schusses fiel nach sechsstündigen
Beratungen von Spitzenpolitikern
der konservativen Volkspartei
(ÖVP) und der rechtsgerichteten
Freiheitlichen Partei (FPÖ). An der
Sitzung im Parlament in Wien hatte
auch der zurückgetretene FPÖ-
Chef Jörg Haider teilgenommen.
Der beschlossene Text der Volks
befragung verknüpft die anstehen
den EU-Reformen mit der Aufhe
bung der Massnahmen gegen Öster
reich. Darin heisst es: «Soll die Bun
desregierung im Zuge der bevorste
henden Reform des EU-Vertrages
mit allen geeigneten Mitteln sicher
stellen, dass die von den anderen
Mitgliedsstaaten der Europäischen
Union gegen Österreich ungerecht
fertigt verhängten Sanktionen so
fort aufgehoben werden?»
Der formelle Beschluss für die
Österreichs Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) und Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (FPÖ) informierten
nach dem Entscheid des Koalitionsausschusses über die bevorstehende EU-Volksbefragung im Herbst.
Durchführung der Volksbefragung
solle vom Parlament erst nach der
Sommerpause gefasst werden, sagte
Schüssel. Der Termin der Volksbe
fragung hänge davon ab, wie rasch
der von der EU beauftragte Weisen
rat seinen Bericht zu Österreich
vorlegen werde, hiess es.
Rechtlich nicht bindend
Den österreichischen Wählern
und Wählerinnen werden in der für-
die Regierung rechtlich nicht bin
denden Abstimmung insgesamt
sechs Fragen gestellt, die die Zu
kunft der EU betreffen. Unter an
derem sollen die Wähler ihre Zu
stimmung dazu geben, dass alle EU-
Mitglieder gleichberechtigt behan
delt werden und «keine Vorherr
schaft einiger weniger grosser Staa
ten über die anderen möglich wird».
Ein Veto gegen die Osterweite
rung wird entgegen ursprünglicher
FPÖ-Forderungen nicht ausdrück
lich zur Diskussion gestellt. Bundes
kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP)
hatte zuletzt betont, eine Vetopoli
tik sei nicht im Interesse Öster
reichs.
Haider gibt Frankreich Schuld
Vor Sitzungsbeginn hatte Haider
seine Forderung nach einer Volks
befragung bekräftigt. Er glaube
nicht an die Aufhebung der politi
schen Isolierung Österreichs wegen
der rechtskonservativen Regierung,
begründete der Kärntner Landes
hauptmann seine Position. «Diplo
matisches Geschwätz schätze ich
nicht sehr», sagte Haider mit Blick
auf die vielen Äusserungen in den
14 EU-Partnerländern über ein
eventuelles Ende der Blockade.
«Frankreich trägt die alleinige
Verantwortung für das Scheitern
Europas», kritisierte Haider den
derzeitigen EU-Ratsvorsitzenden.
Der französische Premier Lionel
Jospin hatte zuletzt eine Aufhebung
der EU-Massnahmen gegen Öster
reichs noch in diesem Jahr ausge
schlossen.
Palästina bald unabhängiger Staat?
Palästinenser wollen am 13. September ihren eigenen Staat ausrufen - Jerusalem Hauptstadt
GAZA: Die Palästinenser wollen bis
zum 13. September ihren eigenen
Staat mit der Hauptstadt Jerusalem
ausrufen. Die Ankündigung hat
scharfe Kritik und Drohungen in Is
rael sowie Skepsis in der palästinen
sischen Bevölkerung ausgelöst.
Am 13. September endet die Frist
für eine Einigung zwischen Israel
und den Palästinensern über ein
endgültiges Abkommen über den
Endstatus der Palästinensergebiete.
Die Verhandlungen sind jedoch im
Juni zum Stillstand gekommen.
Nach zweitägigen Beratungen hatte
der Zentralrat der Palästinen
sischen Befreiungsorganisation
(PLO) die Erklärung verabschie
det, die Palästinenser-Präsident
Arafat ermächtigt, bis zum Ende
der so genannten Interims-Phase
des Friedensprozesses im Westjor-
dänland und im Gazastreifen einen
unabhängigen Staat mit Jerusalem
als palästinensischer Hauptstadt
auszurufen;
Als Zieldatum wurde «der Ab-
schluss (der mit Israel) vereinbarten
Interim-Phase» genannt, die am 13.
September zu Ende geht. Der Paläs
tinenserstaat solle auch dann ausge
rufen werden, wenn Israelis und
Palästinensern sich bis dahin nicht
auf ein umfassendes Friedensab
kommen einigen können.
Ungeachtet der Vorgaben in der
Erklärung machten führende Ver
treter des Zentralrats am Dienstag
deutlich, dass das genannte Datum
für Palästinenser-Präsident Jassir
Arafat nicht bindend ist.
Taisir Koba, Vize-Präsident des
Zentralrats und Mitglied der radi
kalen «Demokratischen Front für
die Befreiung Palästinas» (DFLP),
sagte, die Führung der PLO sei «er
mächtigt, Uber den Zeitpunkt der
Staatsproklamation zu entschei
den». Sollte sich ein anderes Datum
als der 13. September dafür anbie
ten, «wird der Vorstand das tun.»
Ministerpräsident Ehud Barak hat
te bereits am Montag mit der An
nektierung von Palästinensergebie
ten gedroht, falls es zur einseitigen
Staatsausrufung komme. Nach Me
dienberichten trifft die israelische
Armee bereits Vorkehrungen für
mögliche Unruhen in den besetzten
Gebieten. Aussenminister David
Levy sagte am Dienstag vor dem
Parlamentsausschuss für Auswärti
ges und Verteidigung, die Palästi
nenser zögen sich mit ihrem Schritt
nun auch von allen Verpflichtungen
im Rahmen des Friedensprozesses
zurück.
Kein Wahlrecht für Frauen in Kuwait
Das oberste Verfassungsgericht wies Klage von Frauenrechtlerinnen erneut zurück
KUWAIT: FVauen dürfen in Kuwait
weiterhin nicht wählen oder selbst
für politische Ämter kandidieren.
Das oberste Verfassungsgericht
wies gestern eine Klage von Frauen
rechtlerinnen zurück.
Das Gericht des islamischen Emi
rats stellte vier von den Frauen
rechtlerinnen angestrengte Fälle
wegen Verfahrensmängeln ein. Die
Frauen kündigten am Dienstag je
doch eine Fortsetzung ihres Kamp
fes an.
Ziel ihrer Kampagne ist es, das
kuwaitische Wahlrecht für verfas
sungswidrig erklären zu lassen.
Während die Verfassung des Emi
rats Frauen und Männern gleiche
Rechte garantiert, schliesst das
Wahlrecht des Landes Frauen vom
aktiven und passiven Wahlrecht aus.
Sie dürfen weder wählen, noch dür
fen sie sich wählen lassen.
Im September kommt der Fall ei
nes Kuwaiti vor Gericht, der nach
Die beiden kuwaitischen Rechtsanwältinnen Sarah al-DUßij, rechts, und Fa-
ridah Dashti, links, sind die Vorkämpferinnen ßr das Frauenstimm- und
Wahlrecht in Kuwait.
Aussage der Frauenrechtlerinnen
allen Anforderungen des Verfas
sungsgerichtes genügen werde. Der
Mann klage gegen das Verzeichnis
der Wahlberechtigten in seinem
Wahlkreis. Weil es den im Wahlkreis
ansässigen Frauen nicht erlaubt sei,
sich einzuschreiben, widerspreche
es den Vorschriften.
Die nächsten Wahlen auf nationa
ler und kommunaler Ebene finden
im Jahr 2003 statt. Kuwait besitzt als
einziger arabischer Golfstaat ein ge
wähltes Parlament. Zahlreiche
Frauen haben sich den Protesten
der Frauenrechtlerinnen ange
schlossen, als sie sich im Februar
nicht in die Wahllisten eintragen
durften. Das konservative National
parlament hat erst im November
zwei Anläufe gestoppt, Frauen volle
politische Rechte zu gewähren. In
einem der beiden Fälle kam der An
trag von Staatsoberhaupt Scheich
Dschaber ei Ahmed el Dschaber el
Sabah.