Liechtensteiner Volksblatt
Wirtschaft
Mittwoch, 5. Juli 2000 11
Nachrichten
Sunrlse zieht Partner
schaften In Betracht
BERN: Der Schweizer Telekomanbieter Sun-
rise zieht in Zusammenhang mit dem Aufbau des
neuen Mobilfunknetzes UMTS Kooperationen
in Betracht. Dies sagte Konzernchef Urs Fischer
in einem am Dienstag veröffentlichten Inter
view mit der «BernerZeitung». Entweder er
steigere Sunrise eine eigene UMTS-Lizenz,
oder das Unternehmen werde wie im Festnetz-
Bereich Partnerschaften eingehen, sagte Fi
scher. In den kommenden Monaten wUrden
vermutlich nicht nur mit UMTS-Bewerbern
Gespräche geführt, sondern auch mit Medien
unternehmen oder Finanzinstituten.
Gerüchte, wonach Sunrise mit Orange Ver
handlungen führen soll, verneinte Fischer. «Es
gibt keine Verhandlungen zwischen Orange und
Sunrise», sagte er. Generali sei er aber offen für
Kooperationen und könne sich mehrere Partner
vorstellen. Auch verschiedene Zusammenar-
beitsformen seien denkbar.
Auf die Frage, ob Sunrise in einem Jahr noch
eigenständig sein werde, sagte Fischer, es sei
schwierig zu beurteilen, wie die Telekommuni
kationslandschaft künftig aussehe. Bezüglich
der Preise nannte Fischer jedoch Zahlen.
Keine Übernahme von
Commerzbank
FRANKFURT: Die Dresdner Bank hat angeb
liche Pläne für ein formelles Übernahmeange
bot an die Aktionäre der Commerzbank de
mentiert. «Ein solches Übernahmeangebot
wird es nicht geben», kommentierte eine Spre
cherin der Bank am Dienstag in Frankfurt einen
entsprechenden Bericht der «Financial Times
Deutschland».
Der Wirtschaftzeitung zufolge erwarten «in
formierte Kreise» eine derartige Offerte; die
bislang diskutierte «Fusion unter Gleichen» wä
re damit hinfällig. Der Preis für eine Commerz-
bank-Aktie könnte bei einem Übernahmeange
bot zwischen 42 und 45 Euro (69 Fr.) liegen, zi
tierte die «Financial Times Deutschland» Ana
lysten. Der Anteilsschein, der am Montag noch
bei 36,40 Euro geschlossen hatte, legte auf den
Pressebericht hin um fast fünf Prozent auf über
38 Euro zu. Für Dienstag war eine Vorstandssit
zung bei der Dresdner Bank geplant.
EU-Arbeitslosigkeit
erneut bei 8,5 Prozent
BRÜSSEL: Die Arbeitslosigkeit in der Eu
ropäischen Union hat sich im Mai gegenüber
dem Vormonat nicht verändert. Wie das EU-
Statistikamt Eurostat am Dienstag in Brüssel
mitteilte, betrug die Erwerbslosenrate in den 15
EU-Staaten weiter 8,5 Prozent. In der EU wa
ren damit 14,5 Millionen Menschen ohne Ar
beit. Im Mai 1999 lag die Arbeitslosenquote
noch bei 9,2 Prozent. In den elf Euro-Staaten
lag die Arbeitslosenquote im Mai 2000 bei 9,2
Prozent. In der Euro-Zone waren damit 11,9
Millionen Menschen ohne Arbeit.
DP kauft australische
Logistikfirmen
BONN: Die Deutsche Post hat über ihre Toch
ter Deutsche Post Global Mail die australischen
Unternehmen Letterbox und Skymail erwor
ben. Letterbox und Skymail seien zusammen
die grössten privaten internationalen
Brieflogistikfirmen in Australien, teilte die
Deutsche Post am Dienstag in Bonn mit. Der
Kaufpreis wurde nicht bekannt gegeben.
Laut Deutsche Post setzten die beiden Un
ternehmen 1999 rund 16 Millionen DM um.
Durch diese erste australische Akquisition im
Briefbereich wolle der Bonner Konzern seine
Präsenz im australisch- pazifischen Raum aus
bauen, Nach Übernahmen in den USA und
Grossbritannien sei dies eine weiterer Schritt
zu einem weltweit führendem Briefdienstleis
ter.
Meridiana im Sinkflug
ROM: Die italienische Fluggesellschaft Meridi
ana hat das erste Halbjahr positiv abgeschlos
sen. Wie das Unternehmen am Dienstag be
kannt gab, stieg die Zahl der Passagiere in den
ersten sechs Monaten um 15,7 Prozent auf 1,56
Millionen Personen. Die positiven Resultate
beflügeln Meridiana-Präsident FrancoTHvi.der
innerhalb der nächsten Monaten einen 79-pro
zentigen Anteil seiner Fluggesellschaft verkau
fen will.
Die Berater der Gesellschaft, KPMG und
Lloyds Bank,sind bereits auf der Suche nach In
teressenten.
Wie sich Liechtensteiner Unternehmen gegenseitig unter die Arme greifen
Während die Universitäten in
Sachen Grundlagenforschung
top sind, wird hier in Liechten
stein in den Fachgebieten gear
beitet. Den gegenseitigen Ge
dankenaustausch bezeichnet
Dr. Rheinberger als sehr gut
und befruchtend.
Erich Walter de Meijer
«Wir unterstützen uns gegensei
tig. Wir stellen uns hier in Liechten
stein auch gegenseitig Gerätschaf
ten und Ausrüstungen zur Verfü
gung, alles läuft sehr kollegial ab:
Mal greift uns Hilti unter die Arme,
mal Balzers und ein anderes Mal
greifen wir den anderen unter die
Arme. Wir kooperieren regional
auch mit der Fachhochschule - da
haben wir immer wieder Projekte
laufen oder zumindest Teilaspekte
davon.»
Arbeit auf der Matrix
Bei Ivoclar-Vivadent haben For
schung und Entwicklung eine Ma
trix-Struktur - mehrere Bereiche
wie beispielsweise Glasentwicklung
oder Keramikentwicklung werden
bedient. Darüber gelegt sind Funk
tionen wie unsere hausinterne Kli
nik oder der wissenschaftliche
Dienst für Toxikologie - diese Ab
teilungen arbeiten viele Informatio
nen auf oder geben sie weiter, inter
pretieren sie oder klären den Kun
den über die Merkmale auf. Wir ha
ben eine Patentabteilung, wir haben
die Basisforschung - beide wiede
rum arbeiten mit anderen Stellen
zusammen. Andere Abteilungen
wiederum - wie beispielsweise die
Analytische Abteilung - ist ^Qua
litätssicherung und für die Kontrol
le auf globaler Ebene zuständig.»'
Viele Fragen sind offen
Forschung liefert Ergebnisse -
Ergebnisse führen zu neuen Pro
dukten. Bis diese dann am Markt
sind, vergehen doch einige Jahre.
Volker Rheinberger. «Da sind an
fangs viele Fragen offen: Ist das Pro
dukt Uberhaupt markttauglich?
Rentiert sich die Angelegenheit? Ist
genügend Marktvolumen vorhan
den? Bei der Entwicklung von neu
en Produkten müssen wir uns im
mer und immer wieder fragen: Sind
wir noch auf Kurs? Oder müssen wir
anders vorgehen? Dann entstehen
die ersten Prototypen - und es tun
Jährlich betreut die Fachhochschule in Vaduz Hunderte Projekte von Kunden aus Liechtenstein, der Schweiz, aus
Deutschland und Österreich. Oft arbeiten Studenten mit. (Bild: Fachhochschule)
sich weitere Fragen auf: Stimmt die
Qualität? Wie müssen wir produzie
ren? Dann müssen wir die Produk
tionseinrichtungen schaffen. All das
dauert minimal 1 bis 3 Jahre. Wir
kommen dann in die klinische Pha
se (Versuche am Menschen) - und
erst, wenn wir hier positives Feed
back habien,können wir das Produkt
freigeben. Gesamt kann der Prozess
bis zu 5 Jahre dauern ...!»
Politik der Kooperationen
Engagiert in Forschung und Ent
wicklung gibt sich traditionsgemäss
auch Hilti in Schaan: Man hängt von
der Innovation ab. Vor dem Hinter
grund dieses Zieles besteht die Auf
gabe der Konzernforschung darin,
das grundlegende Know-how zu lie
fern und Breakthrough Innovations
vorzubereiten. Die Hilti Konzern
forschung verfolgt eine Politik der
zuverlässigen und erfolgreichen Ko
operationen mit externen Partnern.
Das Konzept geht auf, wie der Er
folg des Unternehmens eindrucks
voll verdeutlicht.
Klaus Näscher: «Unsere Auftragslage
wir keine Konkurrenz.»
ist optimal - in unserer Region haben
(Bild: de Meijer)
Die Fachhochschule Liechten
stein hat Teil am Erfolg der For
schung in Liechtenstein. Hier in Va
duz befindet sich eine richtige
Denkfabrik, die bis Uber die Gren
zen des Landes hinaus bekannt ist.
Der Rektor Klaus Näscher freut
sich über Erfolge in der Heimat und
auf internationalem Terrain. Kom
petent sind die Fachleute dort vor
allem in den Bereichen Wirtschafts
wissenschaft und Architektur. Es
gibt zwar derzeit auch noch den Be
reich der Technik (Maschinenbau
und Bauingenieurwesen), in dem
immer viele Projekte zu betreuen
waren. «Diesen Bereich lassen wir
aber per Ende 2001 auslaufen», er
klärt Klaus Näscher. «Wir möchten
unsere Interessen einfach auf die
Wirtschaftswissenschaften und die
Architektur fokussieren.»
Die Fachhochschule Liechten
stein hat eine grosse Tradition.
Welchen Weg sie einschlagen wird,
hat sich eigentlich schon von An
fang an abgezeichnet - dafür spre
chen die Gründer der Schule: Mar
tin Hilti (Gründer der Hilti AG)
und Max Auwärter (Gründer der
Balzers AG). Schon diese Konstel
lation demonstriert den überaus en
gen Bezug zur Wirtschaft und zur
Industrie.
Liechtenstein und die Unis
«Wir sind auch nicht in der
Grundlagenforschung tätig, son
dern in der angewandten For
schung. Unser Ziel ist es, den Unter
nehmen Problemlösungen anzubie
ten. Das ist der Unterschied zur Ar
beit an den Universitäten.», erklärt
Näscher. Erfolg bleibt nicht aus:
«Wir bekommen sehr viele Anfra
gen in Sachen Technologie- und
Wissenstransfer. Wir versuchen, das
theoretische Wissen in praktische
Lösungen umzusetzen. Dabei arbei
ten wir selbstverständlich nicht nur
mit Unternehmen in Liechtenstein
zusammen, sondern auch mit Fir
men in Österreich, der Schweiz und
in Deutschland. Banken zählen da
bei ebenso zu unseren Kunden wie
die Industrie, wie kleine und mittle
re Unternehmen oder wie Architek
ten, Gemeinden und Länder, sowie
Privatleute.» Derzeit verzeichne
man einen Überhang an Anfragen -
«wir setzen uns dann zusammen
und filtern die interessantesten Pro
jekte heraus. Es kommt regelmässig
dann auch immer vor, dass wir die
einzelnen Projekte zum Thema von
Projektarbeiten, einer Thesis oder
von Diplomarbeiten machen. Wir
sind da sehr flexibel», weiss Klaus
Näscher. Man marschiert mit Indus
trie und Wirtschaft Hand in Hand:
«Wir bilden Mitarbeiter aus und
weiter. Wir bekommen auf der an
deren Seite auch Unterstützung von
unseren Kunden.»
Die Studenten werden in der Re
gel für ihre Forschungsarbeit nicht
bezahlt - das ist Uberall so. Die Do
zenten und Professoren hingegen
bekommen ein Honorar. Die Un
ternehmen, die Projekte in Auftrag
geben, finanzieren auch die Ver
suchsreihen und bezahlen die Be
triebskosten.
Geheim und öffentlich
Die meisten Ergebnisse fallen
dann unter Geheimhaltung. Andere,
vor allem jene aus dem Bereich
Architektur, sind öffentlich zu be
gutachten. «Ich denke da beispiels
weise an ein Projekt, das wir zusam
men mit der Gemeinde Buchs zum
Thema «Städtebauliche Planung
und Überbauung des Bahnhofsplat
zes» in Angriff genommen haben.
Auch das ist Forschung. Oder: Zu
sammen mit der VP-Bank haben
wir uns darüber Gedanken ge
macht, wie ein moderner Arbeits
platz aussehen sollte - wir haben
daraufhin ein Konzept für einen
Neubau entwickelt. Es ist im Prinzip
immer dasselbe: Wir entwickeln
einen wissenschaftlichen Unterbau
- und daraus resultiert eine Lösung.
Wir betrachten die Dinge von ver
schiedenen Seiten - der Kunde sieht
sich mit einem Problem weniger
konfrontiert.«
Viele Projekte gleichzeitig
In der Denkfabrik Fachhochschule
arbeiten derzeit 12 Fachleute voll
zeitlich und 150 teilzeitlich. Die
Partner rekrutieren sich in erster
Linie aus der Region, eine Konkur
renzsituation mit anderen Fach
hochschulen ist nicht zu spüren:
«Wir haben mehr Anfragen, als wir
letztendlich erledigen können.«
Derzeit laufen, so Näscher, rund 40
Projekte. Wenn auch Studenten in
volviert sind, dann werden Projekte
in rund fünf Monaten erledigt. So
wird die Schule ihrem Leitziel ge
recht: «Die Fachhochschule Liech
tenstein schafft einen Mehrwert für
den Staat, die Gesellschaft, die Wirt
schaft und die Menschen, die sich
beruflich entwickeln und entfalten
wollen.« Davon profitieren auch die
heimischen Unternehmen.